Für Noir-Fans ist offensichtlich, dass Chantal Pelletiers „Schießen Sie auf den Weinhändler“ eine Hommage an David Goodis‘ „Schießen Sie auf den Pianisten“ („Tirez sur la pianiste“; der Originaltitel „Down there“ zählt im Moment nicht.) ist. Dabei hat Pelletiers Geschichte, wir ahnen es, nichts mit Goodis‘ Werk zu tun. Denn zwischen einem in einer Vorstadtkneipe vegetierendem Klavierspieler und geachteten, in der Provinz lebendem Weinhändlern gibt es nicht so viele Gemeinsamkeiten.
Gleich auf der ersten Seite erschießt dieser Weinhändler seine Frau, weil sie mal wieder die Sellerie-Remoulade falsch zubereitet hat. Danach bessert sich sein Leben. Jedenfalls in kulinarischer Hinsicht. Er trifft sogar auf eine junge Frau, die er als seine Köchin engagiert. Aber nach kurzem ist er auch mit ihren Leistungen in der Küche unzufrieden.
In der Mitte von „Schießen Sie auf den Weinhändler“ ändert Chantal Pelletier dann plötzlich die Perspektive und erzählt aus der Perspektive einer jüngeren Person, die sich mit einer älteren Frau als Verbrecherpaar durchs Leben schlägt. Erst viel später wird deutlich, dass diese Person die junge Köchin des Weinhändlers wird.
Weil nach diesem Perspektivenwechsel lange unklar ist, wie und ob die die zweite Geschichte mit der ersten zusammenhängt, ist man viel zu lange mit eben dieser formalen Frage beschäftigt und man distanziert sich von der großen Geschichte.
Deshalb ist „Schießen Sie auf den Weinhändler“ der schwächste Noir der ersten, aus vier Kurzromanen bestehenden „Suite Noire“-Lieferung.
Demnächst erscheint im Distel Literturverlag mit Didier Daeninckxs „Nur DJs gibt man den Gnadenschuss“, Marc Villards „Die Stadt beißt“, Laurent Martins „Die Königin der Pfeifen“ und Romain Slocombes „Das Tamtam der Angst“ die zweite „Suite Noire“-Lieferung. Auch diese Bücher wurden verfilmt.
Die DVD-Box mit den Verfilmungen dieser „Suite Noire“-Geschichten erschient im Herbst bei Edel.
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Chantal Pelletier: Schießen Sie auf den Weinhändler
(übersetzt von Katarina Grän)
Distel Literaturverlag, 2010
96 Seiten
10 Euro
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Originalausgabe
Tirez sur la caviste
Éditions La Branche, 2007
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Verfilmung
Tirez sur le caviste (Frankreich 2009)
Regie: Emmanuelle Bercot
Drehbuch: Emmanuelle Bercot
mit Julie-Marie Parmentier, Niels Arestrup, Christine Citti, Pierre-Félix Gravière
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Hinweise
Homepage der „Suite Noire“ (englische Version)
Seite der Éditions La Branche über die „Suite Noire“
Homepage von Chantal Pelletier
Krimi-Couch über Chantal Pelletier
Meine Besprechung von Colin Thiberts „Nächste Ausfahrt Mord“ (Vitrage à la corde, 2007)
Meine Besprechung von José-Louis Bocquets „Papas Musik“ (La musique de papa, 2007)
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