Vor einigen Tagen schrieb ich, dass ich ein altes Manuskript herausgekramt habe und überarbeiten will. Das Ende gefällt mir immer noch. Redigiert habe ich in der zweiten Hälfte wenig. Aber die erste Hälfte gefällt mir nicht.
Derzeit denke ich, dass der Anfang gut ist. Immerhin erhält der Detektiv auf den ersten Seiten den Auftrag. In der zweiten Hälfte gibt es dann genug Überraschungen, um die Geschichte alle paar Seiten in eine andere Richtung zu bewegen. Und, wie gesagt, das Ende ist gut, denn hier erfahren wir in wenigen Zeilen, dass der Detektiv und Ich-Erzähler sich geirrt hat.
Also einfach in der ersten Hälfte etwas kürzen?
Nein. Denn hier wird natürlich einiges vorbereitet. Außerdem, denke ich, ist das nicht das größte Problem der Geschichte.
Größere Probleme liegen für mich in der Motivation von einigen Charakteren. Warum sollen sie so und nicht anders handeln? Warum konnten sie bestimmte Aktionen vorausplanen? Woher wussten sie, dass ihre Pläne funktionieren? Halt genau das, was mir bei einem schlechten Verschwörungsthrillern nicht gefällt. Da wird dann ein unglaublich komplizierter Plan entworfen, der nur funktionieren kann, wenn der Held zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort ist und irgendetwas tut. Das haben die Bösen geplant, weil sie wussten, dass der Held, wenn seine Frau umgebracht wird, er fünf Tage um 9.10 Uhr später seinen besten Freund besuchen wird. Pfui.
Blöderweise muss bei mir am Ende ein Charakter genau so etwas tun.
Das nächste Problem ist, dass ich im Prinzip eine Variante von „Laura“ geschrieben habe. Sie kennen den Film? Ein Polizist verliebt sich in das Bild einer Toten. Nun, auch bei mir ist eine Frau verschwunden. Sie wird gesucht. Die Menschen reden über sie und wir bekommen über ihre Aussagen ein Bild von ihr. Als Idee fand ich das toll. Aber jetzt ist mir zu wenig Spannung drin. Denn im Wesentlichen ist „Verschwunden“ (Arbeitstitel!!!) eine Charakterstudie ohne Konflikte.
Und hier kommen wir zum nächsten Problem. Mein Erzähler tut einfach seine Arbeit. Er kriegt den Auftrag. Er ermittelt. Er löst den Fall. Aber er wird als Charakter nicht wirklich fassbar. Denn für ihn steht nichts auf dem Spiel. Wenn er den Fall löst, ist es okay. Wenn nicht, dann ist es auch okay. Er hat auch keine Konflikte. Er löst ganz einfach den Fall. Interessanter wäre, wenn er die verschwundene Studentin bereits früher findet und vor der Frage steht, ob er sie zu ihrem Vater bringen soll oder nicht.
Und hier liegt, denke ich, auch die Möglichkeit, meinen Text besser zu machen. Ich streiche viel von den ersten Seiten, verlagere im zweiten Teil die Schwerpunkte und lasse den Helden aktiver in die Familiengeheimnisse vorstoßen; und zwar so, dass er eine Tragödie verhindern will.
Dann steht mein Erzähler vor Entscheidungen und er hat mindestens einen Gegner.
Es gibt mehr Konflikte und damit mehr Spannung und letztendlich ein besseres Buch.
Das klingt jetzt nach viel Arbeit? Ich denke nicht. Denn das Grundgerüst der Geschichte steht. Viele Szenen und Dialoge gefallen mir immer noch (Wobei ich dran denke, den Erzähler US-PI-witziger zu machen.). Ich kenne die Charaktere (und sie haben Namen, mit denen ich zufrieden bin). Ich kenne die falschen Fährten. Ich weiß, was geschieht. Ich muss es nur noch Schreiben. Fünf Seiten pro Tag. In einem Monat sind das 150 Seiten, in zwei Monaten 300 Seiten und das ist dann schon ein ganz ordentliches Buch.