James Sallis besucht Deutschland

Oktober 31, 2008

Für „Driver“ erhielt James Sallis den Deutschen Krimipreis, war Jahressieger der KrimiWelt-Bestenliste, sammelte euphorische Kritiken und auch den Lesern gefiel der schmale Band über einen Stuntman und Fluchtwagenfahrer, der in eine böse Geschichte hineingerät und alle seine Prinzipien zur Disposition stellen muss.

Der vor wenigen Wochen erschienene Roman „Deine Augen hat der Tod“ erschien bereits 1999 in der kurzlebigen Dumont-Noir-Reihe und ist eine sperrige Mischung aus Agententhriller und Road-Movie. In ihm muss Ex-Agent David sein beschauliches Leben hinter sich lassen und einen Kameraden suchen, der mordend durch Amerika zieht.

Bei Dumont erschienen auch die ersten beiden Lew-Griffin-Romane „Die langbeinige Fliege“ (The Long-Legged Fly, 1992) und „Nachtfalter“ (Moth, 1993). Griffin ist Privatdetektiv, Professor, Dichter, Blues-Fan, Autor, Alkoholiker und Afroamerikaner. In New Orleans ist das keine erfolgversprechende Mischung. Nach sechs Bänden beendete Sallis die hochgelobte Lew-Griffin-Serie und startete 2003 eine inzwischen aus drei, noch nicht übersetzten, Bänden bestehende Serie mit John Turner. Auch er ist als Ex-Polizist, Ex-Betrüger, Ex-Therapeut und, ab dem zweiten Band, Deputy Sheriff in einer Kleinstadt in der Nähe von Memphis, Tennessee, ein vielschichtiger Charakter. Die Geschichten mit Griffin und Turner sind, im Gegensatz zu den Einzelwerken „Driver“ und „Deine Augen hat der Tod“, tief in den Südstaaten verwurzelt. Vergleiche mit James Lee Burke und seinem Helden Dave Robicheaux liegen nahe und sind auch gar nicht so verkehrt.

Bevor James Sallis unter die Krimiautoren ging, schrieb er mehrere Bücher über Jazzgitarristen, Biographien und Essays über Samuel R. Delany, Chester Himes, Jim Thompson und David Goodis, übersetzte Raymond Queneau und war, als Science-Fiction-Fan, in den Sechzigern Redakteur des avantgardistischen britischen Science-Fiction-Magains „New World“.

Musikalisch ausgedrückt sind die Einzelwerke von James Sallis Cool Jazz und die Serien Blues. Beide Male spielt er souverän mit bekannten Formen. Bei den Lesungen wird es daher literarischen Cool Jazz geben. Den Sallis-Blues wird Liebeskind in den nächsten Jahren veröffentlichen.

Die Tournee:

Sonntag, 2. November, 11:00 bis 13:00 Uhr
Katholische Akademie Schwerte

“Mord am Hellweg“

Bergerhofweg 24 – 58239 Schwerte

Moderation: Ekkehard Knörer

Eintritt: VVK 7/5 €; TK 10/8 €

Karten: Ruhrtal-Buchhandlung 02304 / 18 0 40

Montag, 3. November, 20:00 Uhr

Stage Club in der Neuen Flora

„Krimifestival Hamburg“

Stresemannstraße 163 – 22769 Hamburg

Moderation: Denis Scheck

Deutsche Textlesung: Mechthild Großmann

Eintritt: 10 €

Karten: Buchhandlung Heymann 480 93-0 / Abendblatt-Ticket-Hotline 30 30 98 98

Dienstag, 4. November, 20:00 Uhr
Literaturhaus Stuttgart

Breitscheidstraße 4 – 70174 Stuttgart
Moderation: Denis Scheck

Deutsche. Textlesung: Rudolf Guckelsberger

Eintritt: 8,- € / 6,- €

Karten: Buchhandlung im Literaturhaus, 28 42 90 4

Mittwoch, 5. November, 20:00 Uhr

Ampere / Muffatwerk, München

Zellstraße 4, 81667 München

Moderation/Deutsche. Textlesung: Hans Jürgen Stockerl

Eintritt: VVK 6,- € / Abendkasse 8,- €

Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen und München Ticket, 54 81 81 81

Kooperation: Krimibuchhandlung Glatteis

Donnerstag, 6. November, 20:00 Uhr

Valentin Gasthaus Am Südstern, Berlin

Körtestraße 21 / 10967 Berlin
Moderation Thomas Wörtche

Deutsche Textlesung: Karsten Weinert

In Kooperation mit der Krimibuchhandlung Hammett

Eintritt: € 5 / € 4

Karten bei Hammett 691 58 34

Die derzeit auf Deutsch erhältlichen Werke:

James Sallis: Deine Augen hat der Tod

(Death will have your eyes, 1997)

Aus dem Englischen von Bernd W. Holzrichter

Liebeskind, München 2008 (Neuausgabe)

192 Seiten

16,90 Euro

James Sallis: Driver

(Drive, 2005)

Aus dem Englischen von Jürgen Bürger

Liebeskind, München 2007

160 Seiten

16,90 Euro

Hinweise

Homepage von James Sallis

Meine Besprechung von “Driver” (Drive, 2005)

(Das ist der erste Teil eines sechsteiligen Gesprächs mit James Sallis)


TV-Tipp für den 31. Oktober

Oktober 31, 2008

SRTL, 22.15

Columbo: Mord nach Rezept (USA 1968, R.: Richard Irving)

Drehbuch: Richard Levinson, William Link

LV: Richard Levinson, William Link: Prescription: Murder, 1962 (Theaterstück)

Kurz nach dem zehnten Hochzeitstag wird die Frau von Dr. Flemming von einem Einbrecher ermordet. Lt. Columbo zweifelt an der Einbrechertheorie und knöpft sich den Gatten vor.

Bevor Columbo 1971 als Teil der „NBC Mystery Movies“ in Serie ging, gab es bereits zwei TV-Auftritte des schusseligen Polizisten, die selten gezeigt werden, und daher nicht so richtig zum offiziellen Kanon gehören.

SRTL beschert uns ein kleines Columbo-Wochenende mit „Mord nach Rezept“ (heute), „Lösegeld für einen Toten“ (morgen) und „Tödliche Trennung“ (Sonntag). Der Anlass? Hm, „Vierzig Jahre Columbo“.

Mit Peter Falk, Gene Barry


Kleinkram: Über Tom Piccirilli, Martina Cole, J. D. Rhoades, einige Drehbücher (der neue Eastwood, Darabont-Indiana-Jones,…), und James Bond

Oktober 30, 2008

Tom Piccirilli (Killzone) blogt seit wenigen Tagen unter „The Cold Spot“ (Gleichzeitig der Titel seines neuesten Buches.) eifrig über Filme (eine Ehrenrettung für die schrottige James-M.-Cain-Verfilmung „Butterfly – Der blonde Schmetterling“), Bücher (ein Abfeiern von David Schows Hard-Case-Crime-Buch „Gun Work“ und Tony Hillerman) und warum er vom Horror- zum Thrillergenre/Neo-Noir wechselte:

The older I’ve gotten the less interested I’ve been in the fantastical, for some reason. Maybe it’s just yet another sign of my mid-life crisis, but I find the world at large to be a more disturbing place than anything I’m likely to find in horror/dark fantasy fiction. Maybe this was always the case, but it never felt like it before.

The Rap Sheet berichtet über die Präsentation des neuen Buches „The Business“ von Martina Cole.

J. D. Rhoades (noch kein deutscher Verleger, aber eine Shamus-Nominierung) gesteht:

And the truth is, even though I believe stupidity and chaos are more to blame for the bad stuff in the  world, I like  good conspiracy fiction (even some bad, cheesy conspiracy fiction) as much as the next guy.

Das von George Lucas abgelehnte Drehbuch von Frank Darabont für den vierten Indiana-Jones-Film ist inzwischen hier gelandet.

Universal Pictures und Paramount haben für das Oscar-Rennen bereits die ersten beiden Drehbücher online gestellt. Es sind

„Changeling“ (Der Fremde Sohn, Regie: Clint Eastwood, Drehbuch: Michael Straczynski)

– „Frost/Nixon“ (Regie: Ron Howard, Drehbuch: Peter Morgan, nach seinem Theaterstück)

„Defiance“ (Regie: Edward Zwick, Drehbuch: Clayton Frohman, Edward Zwick)

– „The Ducess“ (Regie: Saul Dibb, Drehbuch: Jeffery Hatcher, Anders Thomas Jensen, Saul Dibb)

Bis auf „Defiance“ (noch kein deutscher Starttermin) sind alle Filme für Februar/März 2009 angekündigt.

Gestern war die Weltpremiere des neuen James-Bond-Films „Ein Quantum Trost“ (Quantum of Solace). Spiegel und Frankfurter Rundschau berichten.

Die Kritiken für den Film sind gemischt, aber im grünen Bereich. In einer Woche, nach der Deutschlandpremiere, wissen wir mehr.

Bis dahin:


Zitat des Tages: Christa Faust über unterschiedliche Krimikulturen

Oktober 30, 2008

Vor einigen Tagen besuchte Christa Faust Deutschland, stellte ihren grandiosen Krimi „Hardcore Angel“ (Money Shot) vor und bemerkte einen gravierenden Unterschied zwischen der deutschen und der amerikanischen Krimikultur:

It took me several days to wrap my brain around this fact, but apparently in Germany hardboiled pulp (vintage or modern) is basically considered lowbrow trash on the level of supermarket romance. I had several interviewers ask me about how it feels not to be taken seriously, and I honestly didn’t get what they meant at first. After all, hardboiled and noir fiction is taken very seriously in the US. It’s more the cozy or chick-lit writers who get no respect. But the Germans have this idea that crime fiction ought to be much more literary and “serious.” Apparently this means no explicit sex or violence, just lots of depressed, angst-ridden (male, of course) detectives brooding and contemplating the meaning of life. In fact, there was a scathing write-up in the local paper about my reading in Leipzig (published before the reading even took place.) The author was complaining that it was stupid and pointless to feature a trashy hardboiled writer at a venue meant for more serious literary fiction. I really had a blast blowing everyone’s expectations out of the water. I may be a trashy pulp writer, but I have no problem talking about the underlying gender issues and other socially relevant “serious” themes in Money Shot. I hope I did my part as a hardboiled missionary in a land of unbelievers. I’ll bet I opened up a mind or two.


TV-Tipp für den 30. Oktober

Oktober 30, 2008

Sat.1, 21.15

Dr. Molly & Karl: Der Mann mit den Kopfschmerzen (D 2008, Regie: Franziska Meyer Price)

Drehbuch: Martin Rauhaus

Mit Sabine Orléans, Susanna Simon

Wiederholung: Freitag, 31. Oktober, 00.15 Uhr (Taggenau! – und auf der Sat.1-Homepage)


Heute läuft die zweite Folge von „Dr. Molly & Karl“, einer neuen Sat.1-Serie, die von etlichen Kritikern ziemlich wohlwollend aufgenommen wurde. Zum Beispiel taz, Spiegel („intelligente Unterhaltung“), Frankfurter Rundschau („verbale Duelle“), Berliner Zeitung („so ziemlich das Beste, was in letzter Zeit an deutschen Serien ausgedacht wurde…großartige Dialoge“), tip („Falls der rhetorische Rambo sein Pulver nicht schon in Folge eins verschossen hat, ist der Donnerstag für Serienfans erst mal gerettet.“ Und „’Scrubs’ trifft ‚Dr. House’“; was eine ziemlich hohe Messlatte ist)

Nach der ersten Folge frage ich mich: Was haben die gesehen?

Und dann fragte ich mich: Wie kann ich meiner Freundin in ein, zwei Sätzen erklären, worum es in der Serie geht und warum sie heute Abend den Fernseher anschalten soll.

Hm. Hm.

Also, die Serie spielt in einem Krankenhaus. Die Hauptpersonen sind eine geniale Hirnchirurgin und eine Psychologin.

Und jetzt komme ich schon ins Schwimmen. Denn das Konzept, soweit es in der ersten Folge erkennbar war, und die Vorwerbung senden so unterschiedliche Signale aus, dass ein Desaster vorprogrammiert ist.

Das beginnt schon bei den Namen der beiden Hauptcharaktere. Dr. Susanne Molberg, genannt „Molly“, manchmal auch „Dr. Molly“, ist, wie der Name vermuten lässt mollig und soll eine menschliche Dampframme mit null Mitgefühl sein.

Ihre Gegenspielerin, die Psychologin Dr. Carlotta Edelhardt, von Molberg „Karl“ genannt (Nee, sind wir heute wieder witzisch.) ist sehr edelmütig. Blond ist sie auch noch.

Beide Namen platzieren die Serie zwischen Unterhaltung für Kleinkinder und hirnloser Comedy. Das restliche Team ist mit ähnlich idiotischen Namen gesegnet: Priester Jack Gildenstein, Professor Werner Klarholdt und Sonnenschein (Hm, das kann natürlich auch ein Spitzname sein….). Das klingt alles nach sehr seichten Gewässern.

Aber „Dr. Molly & Karl“ wurde als deutsches „Dr. House“ angekündigt. „tip“ sah sogar eine Mischung aus „Scrubs“ und „Dr. House“; also eine hundsgemeine, tiefschwarze Satire auf das menschliche Verhalten, teils avantgardistisch dargestellt.

Jedenfalls wäre Molberg ein menschenverachtenes Ekelpaket. Einige vorher eifrig kolportierte, nur auf den Effekt und die Zitierfähigkeit ausgelegte plumpe Beleidigungen von Molberg, wie „Ihre Brüste sprechen zu mir! Sie sagen: ‚Wir sind zu zweit, alleinstehend und hängen hier nur so rum.’“, tendieren in diese Richtung.

Dann tun die Macher alles, um Molberg (allein schon die Verniedlichung „Molly“ nimmt ihr jeden Schrecken. Oder haben Sie schon mal gehört, wie jemand „Housi“, „Bondi“ oder „Rambolein“ gesagt hat?) als mitfühlenden Menschen erscheinen zu lassen. Sie heult fast Rotz und Wasser, wenn der Patient Angst vor einer Untersuchung hat und nimmt ihn mütterlich in den Arm. Sie ist nicht Dr. House, sondern, auch wenn die Serie in Frankfurt am Main spielt und alle Hochdeutsch reden, eine typische Berlinerin mit Herz und Schnauze. Also eigentlich ganz sympathisch.

Das ist nur genau das, was sie nach dem postulierten Konzept nicht sein sollte! Ein Ekelpaket würde dem Patienten nichts von ihren Ängsten erzählen, sondern einfach eine Spritze in den Hintern rammen und dann mit der Untersuchung fortfahren.

Nachdem der Hauptcharakter schon widersprüchlich angelegt ist (der Rest fungiert nur als austauschbarer Stichwortgeber), ist auch der Tonfall der Serie unklar. Für eine Comedy ist sie nicht witzig genug. Ich konnte ein-, zweimal schmunzeln. Aber lachen?

Für eine Krankenhaus-Soap ist es nicht seifig genug. Und für ein Drama nicht dramatisch genug. Es ist von allem etwas und von nichts etwas.

Da ist die panische Angst vor guten Szenen verständlich. Denn in diesen Momenten müssten die Macher Farbe bekennen. Sie müssten sagen, ob sie Comedy oder Drama oder Soap wollen.

Betrachten wir einmal den zentralen Konflikt des Pilotfilms: In der ersten Folge lehnt die Mutter ab, dass Dr. Molberg die Operation durchführt, weil sie sie nicht mag. Ihr Assistent soll es tun. Wir aber wissen, dass der Assistent bei einer Trockenübung der Operation versagte. Er hätte den Patienten getötet.

Schnitt zu einer Montage aus OP-Vorbereitungen und OP. Da dauert es dann einige Zeit, bis deutlich wird, dass die Operation doch von Molberg durchgeführt wird.

Also hat sie die Mutter überzeugt, dass doch der beste Arzt die gefährlich-komplizierte Operation machen soll.

Nur wie?

Das erfahren wir nicht; aber es könnte sein, dass Molberg mit der Mutter von Mutter zu Mutter gesprochen hat. Das wäre in der Wirklichkeit sicher eine gute Methode, jemand zu überzeugen. Die Psychologin hat diese Methode vorgeschlagen. Aber nachdem Molberg als nicht mitfühlendes Ekelpaket angekündigt wurde, ist die Soap-Lösung nicht glaubwürdig. Außerdem wird Molberg in der ersten Folge nicht müde zu betonen, dass sie von der Meinung der Psychologin nichts hält.

Die Drama-Lösung, in der der Assistent mit der Operation beginnt, versagt, Molberg in letzter Sekunde in den OP stürmt und das Leben des Jungen rettet, geht auch nicht. Sie leitet die Operation ja von der ersten Sekunde an.

Also, wie hat sie die Mutter überzeugt?

Wir wissen es nicht.

Aber diese Szene wäre eine starke Szene gewesen. Denn in ihr hätte die Ärztin auf ihre ganz eigene Art die Mutter überzeugen müssen, das Beste für ihr Kind zu tun.

Die „Dr. House“-Methode des Überzeugens sieht so aus:

Wow, das ist eine starke Szene! Davon will ich mehr sehen. Die „Dr. Sommerfeld“-Methode können Sie sich denken.

Aber „Dr. Molly & Karl“ (Argh, was für ein Titel!) will es allen Recht machen und macht so alles falsch. Denn: In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod.

Hinweis

Sat.1-Seite zu „Dr. Molly & Karl“


Blicke in die Vergangenheit in die Zukunft

Oktober 29, 2008

Dieses Buch ist eine Frechheit! Jedes Jahr wirft Wolfgang Jeschke, inzwischen zusammen mit Sascha Mamczak, auf’s schäbigste unterstützt vom Heyne Verlag ein über tausendseitiges Werk auf den Markt. Dieses Jahr hat „Das Science Fiction Jahr 2008“ 1504 Seiten. Als Taschenbuch! Es kann kaum in der Hand gehalten werden. Es passt in keine Hosentasche. Auch nicht in die großen Taschen einer dieser modischen Cargo-Hosen oder einer Jacke. Es kann nur zu Hause gelesen werden. Und dann scheint den Autoren auf die Frage „Wie lang soll mein Text sein?“ immer „Ist egal. Wir haben Platz.“ gesagt worden zu sein. Immerhin schreibt Uwe Neuhold 100 Seiten über den Klimawandel: „Science oder Fiction?“. Für den Besuch im Museum des neuen Menschen benötigt er nur knappe 80 Seiten.

Dieser Text ist ein Teil des über 300-seitigen Schwerpunkts „Utopia mon amour“, in dem es – und das ist die nächste Frechheit des Werkes – zu viele lesenswerte Texte zu den Vorstellungen von Zukunft im Wandel der Zeit gibt: von den großen Zukunftsentwürfen der vergangenen Jahrhunderte über das ambivalente Verhältnis von positiver und negativer Utopie (Betrachten Sie einmal die positiven Utopien und fragen sich dann, ob Sie, erstens, wirklich in dieser Welt leben wollen und, zweitens, zu welchem Preis dieses Paradies erkauft wurde.), wie wir die großen Utopien des vergangenen Jahrhunderts, wie die Besiedlung des Weltalls, in den letzten Jahrzehnten immer stärker ad acta legten und welche Utopien es heute gibt.

Es gibt selbstverständlich auch lesenswerte Texte von bekannten S-F-Autoren. Thomas M. Disch fragt: „Was wird aus der Science Fiction, wenn wir alle intelligenter und gleichzeitig dümmer werden?“. Die Rede von John Clute vor dem „Centre for the Future“ vom September 2007 ist abgedruckt. Es gibt Interviews mit Ursula K. Le Guin, Charles Stross und Andreas Brandhorst.

Auf über 200 Seiten werden die S-F-Filme und S-F-Serien des Jahres 2007 Revue passieren gelassen. Auch dies geschieht, wie in den vergangenen Jahren, mit einem Gesamtüberblick, Schwerpunktartikeln (hier über Hollywoods Hang zu nicht immer geglückten Remakes) und Nachrufen auf Michelangelo Antonioni (eine eher ungewöhnliche Wahl, aber einige Seiten vorher wurde Christian Petzolds „Yella“ mit fünf von sechs möglichen Sternen gewürdigt), Freddie Francis und Curtis Harrington, zwei in Fankreisen anerkannte Regisseure. Die Nachrufe auf die unlängst verstorbenen Autoren, wie Arthur C. Clarke, Kurt Vonnegut, Ira Levin, Marc Behm und John Gardner (die auch Krimis schrieben), gibt es einige hundert Seiten früher.

Es gibt Kapitel über „Kunst“ (unter anderem über Michael Moorcocks Beziehung zu den Rockbands „Hawkwind“, „Blue Öyster Cult“ und „The Deep Fix“), „Hörspiel“ (die S-F-Hörspiele des vergangenen Jahres), „Comic“ (aufgeteilt wie die „Film“-Kategorie), „Computer“, „Rezensionen“ (knappe 100 Seiten mit oft mehrere Seiten langen Buchbesprechungen) und die „Marktberichte“ aus Deutschland, USA und England. Oh, und die 2007 vergebenen S-F-Preise werden ebenfalls aufgelistet.

Den Abschluss bildet, wie gewohnt und soviel Eigenwerbung darf sein, die Bibliographie der 2007 bei Heyne erschienenen phantastischen Literatur.

Damit wurde das seit dem ersten „Science Fiction Jahr“-Buch 1986 erprobte Konzept kein Jota geändert. Und das ist gut so. Denn einen besseren Überblick (in jeder Hinsicht) über das Science-Fiction-Jahr gibt es in Deutschland nicht. Deshalb ist es erfreulich, dass der Heyne Verlag jedes Jahr einen neuen Band vorlegt. Denn ein Verkaufsschlager kann das voluminöse Werk nicht sein. Aber für S-F-Fans und an dem S-F-Genre Interessierte ist es unverzichtbar.

Sascha Mamczak/Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Jahr 2008

Heyne Verlag, 2008

1504 Seiten

22 Euro

Hinweis

Das vollständige Inhaltsverzeichnis


TV-Tipp für den 29. Oktober

Oktober 29, 2008

ZDF, 00.55 (VPS 00.40)

Letzter Aufruf Tempelhof: Abschied von einer Berliner Legende

Die Mainzer bringen nur eine nach Mitternacht versteckte Sendung zu der Schließung des Westberliner Flughafens (Ich sag nur „Rosinenbomber“).

Unser Hauptstadtsender RBB widmet dagegen ab 20.15 Uhr das gesamte morgige Abendprogramm dem Ende des Flugbetriebs auf Tempelhof. Nach dem Winterschlaf soll dann im Frühjahr das Flughafengelände für die Berliner geöffnet werden. Warten wir’s ab. Denn der rot-rote Senat ist immer wieder für eine Überraschung gut.


Cover der Woche: Tony Hillerman Sonderausgabe

Oktober 28, 2008


R. i. P. Tony Hillerman

Oktober 28, 2008

R. i. P. Tony Hillerman (27. Mai 1925 – 26. Oktober 2008)

Als Tony Hillerman das Manuskript für „The Blessing Way“ (Wolf ohne Fährte) herumreichte, rieten die Verleger ihm, das Indianerzeug wegzukürzen und sich auf den Kriminalfall zu konzentrieren. Hillerman tat’s nicht, fand schließlich einen Verleger und mit der Serie um die Navajo-Polizisten Joe Leaphorn und Jim Chee, die anfangs allein und später gemeinsam auftraten, wurde er ab 1970 zu dem Chronist einer untergehenden Kultur. In seinen besten Indianerromanen waren die Verbrechen und die Mythen der Navajos und der benachbarten Indianerstämme untrennbar miteinander verbunden. Seine letzten Romane erreichten nicht mehr die Qualität der ersten Romane. Für seine Romane erhielt er unter anderem den Edgar, den Anthony, den Macavity, den Nero Wolfe Award, den Western Writers Silver Spur und 1991 wurde er zum Grandmaster der Mystery Writers of America (MWA). Aber am meiste bedeutete Hillerman der ihm 1987 von den Navajos verliehene „Special Friends of the Dine“-Preis.

„Tony Hillerman was one of the great writers and great gentlemen of mystery fiction.“ sagt Ed Gorman.

Hillermans letzter Leaphorn/Chee-Roman „The Shape Shifter“ erschien 2006 und ist noch nicht ins Deutsche übersetzt worden.

Bei „The Rap Sheet“ gibt es neben einem Nachruf weitere Links.  Ebenso bei Sarah Weinman. Sie verlinken auch auf den Nachruf der AP-Journalistin Amanda Lee Myers (abgedruckt in der Washington Post oder Huffington Post),

In Deutschland wird Hillermans Tod (nach dem James-Crumley-Armutszeugnis) nicht nur in den einschlägigen Seiten, wie Alligatorpapiere und Krimiblog, sondern auch in einigen Tageszeitungen, wie der Frankfurter Rundschau (dpa-Meldung),  erwähnt.


TV-Tipp für den 28. Oktober

Oktober 28, 2008

ARD, 02.05

Haben und Nichthaben (USA 1944, R.: Howard Hawks)

Drehbuch: Jules Furthman, William Faulkner

LV: Ernest Hemingway: To have and have not, 1937 (Haben und Nichthaben)

Kutterkapitän Morgan kümmert sich um seine Geschäfte und den regelmäßigen Zufluss von Alkohol. Da lernt er Marie kennen und lieben. Sie kämpft gegen die Vichy-Regierung und reißt ihn aus seiner Passivität.

Hawks Abenteuerfilm hat mit dem Buch nichts mehr zu tun. Ist trotzdem die bekannteste Verfilmung des Romans – wegen Bogart und Bacall, die sich während der Dreharbeiten ineinander verliebten und zu einem von Hollywoods Traumpaaren wurden.

Mit Humphrey Bogart, Lauren Bacall, Walter Brennan


Straßenfeger, die Erste

Oktober 27, 2008

Als vor zwei Jahren die letzte offizielle Francis-Durbridge-Verfilmung „Die Kette“ auf DVD erschien, schrieb ich, es sei nur eine Frage der Zeit, bis alle Durbridge-Verfilmungen der ARD, die vor allem in den Sechzigern „Straßenfeger“ waren, auf DVD veröffentlicht würden.

Jetzt ist es soweit. Mit „Der Andere“, „Es ist soweit“, „Das Halstuch“ und „Die Schlüssel“ liegen in der dafür eigens von ARD-Video/Studio Hamburg initiierten zehnteiligen Straßenfeger-Reihe die ersten vier Durbridge-Verfilmungen vor. Die restlichen sechs Durbridge-Verfilmungen, „Percy Stuart“, „Butler Parker“ „Es muss nicht immer Kaviar sein“ und die Wilkie-Collins-Verfilmungen „Die Frau in Weiß“ und „Der rote Schal“ werden bis Mitte Febuar veröffentlicht.

Als erstes fällt bei den DVDs auf, wie kurz die damaligen Straßenfeger waren. „Der Andere“ und „Es ist soweit“ wurden jeweils als Sechsteiler ausgestrahlt und jede Folge dauerte keine vierzig Minuten. Als zweites fällt auf, dass im Gegensatz zu fast allen DVD-Veröffentlichungen von deutschen TV-Serien, die Filme nicht einfach auf die DVDs geklatscht wurden. Die Filme wurden restauriert. Bei dem fast fünfzig Jahre altem Mehrteiler „Der Andere“ ist die Bildqualität trotzdem immer noch historisch. Bei dem ein Jahr später ausgestrahlten „Es ist soweit“ ist sie deutlich besser. Und es gibt extra für die DVD-Ausgabe produziertes Bonusmaterial! „Der Andere“ enthält ein gut einstündiges Interview mit Siegurd Fitzek. „Es ist soweit“ ein gut fünfundvierzigminütiges Interview mit Eva-Ingeborg Scholz und ein Featurette über die Restaurierung. Außerdem wurden noch einige Trailer für andere Straßenfeger und TV-Krimioldies draufgepackt; – diese Art der Werbung ist bei deutschen Serien- und Film-DVDs immer noch so selten, dass sie extra erwähnt werden muss.

Die erste deutsche Verfilmung eines Buches von Francis Durbridge war 1959 „Der Andere“. Es ist die deutsche Version eines drei Jahre vorher inszenierten britischen Fernsehspiels und, wie wahrscheinlich auch das Original, ist es ein bebildertes Hörspiel. Denn niemals wird sich um eine Visualisierung bemüht. Die meiste Zeit stehen oder sitzen die Schauspieler, wie in einem Theaterstück, in geschlossenen Räumen und reden. Auch wenn der eine dem anderen ein Buch mit einer Inschrift zeigt, dann liest der andere die Inschrift vor. Kamerabewegungen gibt es kaum. Schnitte innerhalb einer Szene sind ebenfalls eine Seltenheit. So können die Schauspieler oft mehrere Minuten lang durchspielen.

Die Außenaufnahmen des gesamten Mehrteilers können locker an einer Hand abgezählt werden.

Die Story beginnt mit dem Tod des italienischen Tauchers und Wissenschaftlers Paolo Rocello. Er wurde auf dem Hausboot des spurlos verschwundenen James Cooper gefunden. Der erste Verdacht des ermittelnden Detective Inspektor Mike Ford fällt auf den ehrbaren Internatslehrer David Henderson. Immerhin wurde er ungefähr zur Tatzeit von Katherine Walters auf dem Boot beobachtet. Wir Zuschauer wissen allerdings, dass Henderson als er von Walters beobachtet wurde, nicht Rocello umbrachte, sondern seine Armbanduhr mit der des Opfers austauschte.

Und damit sind bereits nach wenigen Minuten die zwei großen Fragen für die restlichen gut zweihundert Minuten etabliert: Wer ist der Mörder? Und warum tauscht Henderson die Uhr aus?

„Es ist soweit“, ein Jahr später ausgestrahlt, markiert einen wahren Quantensprung. Während für „Der Andere“ anscheinend überhaupt nicht in England gedreht wurde, wurde jetzt gleich drei Wochen in England gedreht. Innerhalb von Szenen wird wesentlich öfter geschnitten – meist wird traditionell mit Schuss und Gegenschuss gearbeitet. Die Kamera bewegt sich, verfolgt einzelne Schauspieler und die Schauspieler mussten nicht mehr erklären, dass in einem Schulheft Worte stehen. Jetzt werden uns die Worte gezeigt. Kurz: es wird alles das gemacht, was auch schon damals seit langem zu einem Spielfilm gehörte.

Die von Francis Durbridge erfundene Geschichte ist noch einen Tick absurder als in „Der Andere“. Die zehnjährige Tochter des Wissenschaftlers Clive Freeman verschwindet. Die Polizei findet keine Spur. Die Entführer melden sich nicht. Das ist, gleich in der ersten Folge, ein typisches Durbridge-Rätsel. Denn während der restlichen fünf Folgen wird die Frage nach dem Motiv der Entführer (Geld ist es nicht) nicht beantwortet.

Ziemlich schnell beginnen Clive Freeman und seine Frau Lucy, die sich am Anfang scheiden lassen wollten, oft ohne die Hilfe der Polizei ihre Tochter zu suchen. Die erste Spur führt sie, dank einer sehr assoziativen Deduktion aufgrund einiger Worte in einem Schulheft, in das Fotoatelier von Pelford. Und irgendwann, wie in „Der Andere“ mischt sich der Geheimdienst in die Angelegenheit ein.

Die ersten beiden Durbridge-Verfilmungen der Straßenfeger-Edition sind mit ihrem langsamen Erzähltempo auch heute noch ansehbar. Denn die Geschichte bewegt sich immer voran. Durbridge sorgt für genug Verwirrung, um einem weiterrätseln zu lassen, ohne dass man den Überblick verliert und die Namensnennugen allzu penetrant ausfallen. Und jede Folge endet mit einem Cliffhanger.

Allerdings wird ein großer Teil der Spannung dadurch gewonnen, dass am Anfang von „Der Andere“ der Internatslehrer David Henderson und am Anfang von „Es ist soweit“ die Entführer sich irrational verhalten (Haben Sie schon einmal Entführer gesehen, die ein Kind wochenlang versteckt halten und keine Forderung an die Eltern richten, in der Hoffnung sie so weichzukochen?) und so dem Zuschauer ein Rätsel aufgeben, das erst nach sechs Folgen gelöst wird. Außerdem agieren die einzelnen Charaktere oft psychologisch unplausibel. Manchmal, weil sie ein doppeltes Spiel spielen. Manchmal, weil Durbridge so den Verdacht in eine falsche Richtung lenken will. Dabei entwickeln sich die Geschichten in „Der Andere“ und „Es ist soweit“ nicht aus den einzelnen Charakteren heraus, sondern aus einem Spiel mit Überraschungen und Tricks. Insofern ist Francis Durbridge weniger ein Magier als ein Bluffer.

Aber in der beschaulichen Welt des britischen Cozy (Alle Menschen bei Durbridge benehmen sich immer furchtbar gesittet und höflich.) ist er ein unterhaltsamer Bluffer, der in Deutschland, wie Edgar Wallace, bekannter als in seiner Heimat ist.

Straßenfeger 01: Der Andere/Es ist soweit

Studio Hamburg

Sprache/Ton: Deutsch (2.0 Mono)

Bild: 4:3, SW

Bonusmaterial: Kurzdokumentation Straßenfeger – Das Phänomen, Interview mit Darsteller Siegurd Fitzek,

TV Juwelen – Die Straßenfeger im neuen Glanz, Interview mit Hauptdarstellerin Eva-Ingeborg Scholz

Freigegeben ab 12 Jahre

Enthält

Der Andere (Deutschland 1959, 200 Minuten)

Regie: Joachim Hoene

Drehbuch: Francis Durbridge (Übersetzung: Marianne de Barde)

Mit Albert Lieven, Wolf Frees, Heinz Klingenberg, Helmuth Rudolph, Ingeborg Körner, Sigurd Fitzek, Werner Schumacher

Es ist soweit (Deutschland 1960, 236 Minuten)

Regie: Hans Quest

Drehbuch: Francis Durbridge (Übersetzung: Marianne de Barde)

Mit Jürgen Goslar, Eva-Ingeborg Scholz, Gaby Jaeger, Peter Pasetti, Siegfried Lowitz, Annemarie Holtz, Benno Sterzenbach, Karl Lieffen, Wolf Petersen

Die Straßenfeger-Editon im Überblick:

1) Der Andere/Es ist soweit

2) Das Halstuch/Die Schlüssel

3) Percy Stuart – Folge 1 – 26

4) Percy Stuart – Folge 27 – 52

5) Tim Frazer/Tim Frazer: Der Fall Salinger

6) Melissa/Ein Mann namens Harry Brent

7) Wie ein Blitz/Das Messer

8) Butler Parker – Folge 1 – 26

9) Es muss nicht immer Kaviar sein

10) Die Frau in Weiß/Der rote Schal

Hinweise

Homepage zur Straßenfeger-Edition

Meine Besprechung der Francis-Durbridge-Verfilmung „Die Kette“

Krimi-Couch über Francis Durbridge

Wikipedia über Francis Durbridge (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 27. Oktober

Oktober 27, 2008

Das Vierte, 23.20

Der Einzelgänger (USA 1981, R.: Michael Mann)

Drehbuch: Michael Mann

LV: Frank Hohimer: The home invaders: Confessions of a Cat Burglar, 1975

Musik: Tangerine Dream

Ganove Frank will mit dem letzten, großen Coup seine Verbrecherlaufbahn beenden. Dafür lässt sich Frank auch mit einem Gangstersyndikat ein. Und das hätte er nicht tun sollen.

Das Kino-Debüt des „Miami Vice“-Machers ist ein perfekt durchgestylter Gangsterthriller.

„Anstelle des Einbruchs rückt die melodramatische Komponente des Plots in den Mittelpunkt, was ‚Thief’ gemeinsam mit der von Mann kultivierten Neon-Ästhetik zu einem prägenden Vertreter des Noir der frühen 1980er Jahre macht.“ (Andreas Rauscher in „Filmgenres: Film noir“, 2008)

Mit James Caan, Tuesday Weld, Willie Nelson, James Belushi, Dennis Farina, Chuck Adamson, William Petersen

Auch bekannt als “Thief – Der Einzelgänger”

Hinweise

Senses of Cinema über Michael Mann

Drehbuch „Thief“ von Michael Mann (Final Draft, März 1980)

Und hier, weil der Trailer nicht so toll ist, die erste Minuten des Films (den Rest gibt es auch bei YouTube):


KrimiWelt-Bestenliste November 2008

Oktober 26, 2008

Etwas später als erwartet trudelte die November-Bestenliste der KrimiWelt bei mir ein. Im Gegensatz zu meiner Prognose haben es Ian Rankin und George Pelecanos nicht auf die aktuelle Liste geschafft. Aber dafür ist Allan Guthries Debüt „Post Mortem“ (Two-Way Split, 2005) auf der Liste vertreten. Ebenfalls, wenig überraschend, der neue Jerome Charyn und der neue Norbert Horst; – Besprechungen demnächst.

Die gesamte, nicht allzu überraschende Liste sieht so aus:

1 (1) Heinrich Steinfest: Mariaschwarz

2 (3) Jean-François Vilar: Die Verschwundenen

3 (-) Jerome Charyn: Citizen Sidel

4 (-) Norbert Horst: Sterbezeit

5 (4) Deon Meyer: Weißer Schatten

6 (6) Leonardo Padura: Der Nebel von gestern

7 (-) Allan Guthrie: Post Mortem

8 (9) Bernhard Jaumann: Die Augen der Medusa

9 (2) Richard Stark: Fragen Sie den Papagei

10 (-) Fred Vargas/Baudoin: Das Zeichen des Widders

Oh, der zehnte Platz ist eine Überraschung. Denn bis jetzt hat es noch kein Comic auf die Liste geschafft. Ein einmaliges Versehen oder der Beginn einer Erweiterung des Begriffes Kriminalroman? In einigen Monaten werden wir’s wissen. Ich melde schon mal vorsorglich die nächsten Werke von Ed Brubaker an.


TV-Tipp für den 26. Oktober

Oktober 26, 2008

ARD, 00.05

Good Night, and Good Luck (USA 2005, R.: George Clooney)

Drehbuch: George Clooney, Grant Heslov

In den Fünfzigern veranstaltet US-Senator Joseph McCarthy eine Hetzjagd gegen wenige Kommunisten und viele vermeintliche Kommunisten. 1954 beginnt CBS-Moderator Edward R. Murrow die Politik von McCarthy in seiner Sendung „See it now“ zu hinterfragen. Mit den von ihm präsentierten Reportagen und, später, von ihm gemachten Interviews mit McCarthy trug er zu dessen Sturz bei.

Böswillig gesagt ist “Good Night, and Good Luck” Schulfernsehen, bei dem zuerst die historischen Fakten vermittelt und anschließend die Botschaft hinausposaunt wird. Objektiv gesehen ist Clooneys Film gutes altmodisches Kino mit einer zeitlos aktuellen Botschaft über die Verantwortung der Medien (hier des Fernsehens). Denn selbstverständlich wurde der in dem Film geschilderte wahre Fall des TV-Moderators Edward R. Murrow gegen Senator Joseph McCarthy auch als Diagnose des Verhaltens der US-amerikanischen Medien vor dem Irak-Krieg gesehen und der historisch verbürgte Aufruf von Murrow an seine Kollegen am Ende des historisch genauen Films kritisch gegen die Machthaber zu sein, konnte 2005 nur tagespolitisch verstanden werden.

Abgesehen davon ist „Good Night, and Good Luck“ mit seiner eleganten SW-Kamera (Robert Elswit, auch „Michael Clayton“, „There will be Blood“ und, uh, „James Bond – Der Morgen stirbt nie“), dem stimmungsvollen Soundtrack, den pointierten Dialogen und den guten Schauspielern einfach ein Fest für Filmfreunde – und, dank der Sendezeit, ein Pflichttermin für den Videorekorder.

Mit David Strathairn, George Clooney, Patricia Clarkson, Alex Borstein, Robert Downey Jr., Jeff Daniels, Ray Wise, Robert Knepper, Dianne Reeves, Frank Langella

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Film-Zeit über “Good Night, and Good Luck

Wikipedia über Edward R. Murrow (deutsch, englisch [viel umfangreicher])

The Museum of Broadcast Communication über Edward R. Murrow

PBS über Edward R. Murrow


TV-Tipp für den 25. Oktober

Oktober 25, 2008

Kabel 1, 20.15

JAMES BOND: Liebesgrüsse aus Moskau (GB 1963, R.: Terence Young)

Drehbuch: Richard Maibaum, Johanna Harwood

LV: Ian Fleming: From Russia with love, 1957 (Liebesgrüße aus Moskau)

James Bond soll ein Dechiffriergerät und eine in ihn verliebte Sekretärin aus der Sowjetunion schmuggeln. Aber er hat seine Rechnung ohne die bösen Russen gemacht.

Zweiter Auftritt von James Bond in einer harten, ziemlich realistischen Agenten-Story (im Verhältnis zu seinen späteren Auftritten), mit Sean Connery, Lotte Lenya (Frau von Kurt Weill und hochgelobte Brecht-Interpretin), Robert Shaw (ein Autor und Shakespeare-Darsteller, der später den Weißen Hai jagen durfte), Daniela Bianchi (die, nun ja, auf Neudeutsch das Love-Interest von Bond war)

Wiederholung: Sonntag, 26. Oktober, 18.00 Uhr

Hinweis

Meine Besprechung von Sebastian Faulks’ James-Bond-Roman „Der Tod ist nur der Anfang“ (Devil may care, 2008)


Mein neues Projekt: ein Sammelband mit Kriminalreportagen

Oktober 24, 2008

Nachdem die Information bereits im Netz gestreut und hierhin verlinkt wird, will ich die Gelegenheit nutzen, es euch zu verraten:

Ich stelle derzeit Kriminalreportagen, die dieses Jahr in deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften erschienen sind, für einen Sammelband, der im Frühjahr bei Das Neue Berlin erscheint, zusammen.

Die Reportagen sollen über ein Verbrechen berichten, einen Einblick in die Welt des Verbrechens, der Täter, Opfer und Ermittler geben, einen Fall (z. B. die verschwundene Madelaine McCann) oder ein Thema (z. B. Drogenhandel) abschließend behandeln und auch in einigen Jahren noch lesenswert sein.

Außerdem muss die längere Recherchearbeit des Journalisten erkennbar sein. Daher suche ich nicht nach Reportagen der Marke „Ein Tag im Gericht“, „Ich beobachte eine Demo“ oder „Ich fahre nach Amstetten und reihe mich brav in die Armada der schon anwesenden Journalisten ein“. Aber ich suche noch nach guten Reportagen über den islamistischen Terrorismus, den Biker-Krieg, Korruption und den Verstrickungen von Politik, Wirtschaft und Organisierter Kriminalität.

Wenn Ihr, liebe Leser, die vergangenen Monate eine gute Kriminalreportage gelesen habt, schickt mir eine Kopie.

Wenn Ihr, liebe Journalisten, dieses Jahr eine Kriminalreportage veröffentlicht habt und glaubt, dass sie in den Sammelband aufgenommen werden sollte, dann informiert mich.


TV-Krimi-Buch-Tipps online

Oktober 24, 2008

Wie jeden zweiten Freitag hat Don Alfred sich die TV-Krimi-Buch-Tipps geschnappt und die Bleiwüste mit vielen, vielen Bildern verschönert. Das Ergebnis können Sie hier bewundern. Für die Kriminalakte blieben mal wieder nur einige bleihaltige Worte übrig:

Als Vorbereitung für den neuen Bond-Film gibt es eine tröstliche Menge alter Bond-Abenteuer. Miss Marple löst, geplagt von Schlaflosigkeit, in einer Nacht zwei Fälle und dann gibt es noch diese empfehlenswerten Filme: Martin Scorseses Nicholas-Pileggi-Verfilmungen „GoodFellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia“ und „Casino“, Joseph Sargents John-Godey-Verfilmung „Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123“, Michael Manns Frank-Hohimer-Verfilmung „Der Einzelgänger“, Howard Hawks‘ Ernest-Hemingway-Verfilmung „Haben und Nichthaben“, ein kleines Columbo-Festival mit „Mord nach Rezept“, „Lösegeld für einen Toten“ und „Tödliche Trennung“ (oder die beiden selten gezeigten Piloten und die erste Folge), René Clements Sébastien-Japrisot-Verfilmung „Der aus dem Regen kam“, Jean-Luc Godards Lionel-White-Verfilmung „Elf Uhr nachts“, Barry Levinsons Larry-Beinhart-Verfilmung „Wag the dog“ (als Vorbereitung für die Wahlnacht), Alfred Hitchcocks John-Trevor-Story-Verfilmung „Immer Ärger mit Harry“, Henri Verneuils selten gezeigte Félicien-Marceau-Verfilmung „Der Körper meines Feindes“ (mit Jean-Paul Belmondo), Damiano Damianis Leonardo-Sciascia-Verfilmung „Don Mariano weiß von nichts“ und die letzten beiden Teile der TV-Fassung von „Der Pate“ werden gezeigt.


TV-Tipp für den 24. Oktober

Oktober 24, 2008

Tele 5, 20.15

Wenn der Postmann zweimal klingelt (USA 1981, R.: Bob Rafelson)

Drehbuch: David Mamet

LV: James M. Cain: The postman always rings twice, 1934 (Wenn der Postmann zweimal klingelt, Die Rechnung ohne den Wirt)

Frank Chambers verliebt sich in Cora, die gelangweilte Frau des Tankstellenbesitzers Nick. Gemeinsam planen sie seinen Tod.

Düsteres Drama mit Jack Nicholson und Jessica Lange. – Das schmale Buch von Cain wurde fünfmal verfilmt und mindestens drei Verfilmungen sind Klassiker: „Ossione“ (I 1942, R.: Lucino Visconti), „Die Rechnung ohne den Wirt“ (USA 1946, R.: Tay Garnett) und „Wenn der Postmann zweimal klingelt“.

Wiederholung: Samstag, 25. Oktober, 00.40 Uhr (Taggenau!)

Hinweis

Meine Besprechung von David Mamets “Bambi vs. Godzilla – Über Wesen, Zweck und Praxis des Filmbusiness” (Bambi vs. Godzilla – On the Nature, Purpose, and Practice of the Movie Business, 2007)

Krimi-Couch über James M. Cain

Mordlust über James M. Cain

Kirjasto über James M. Cain


YouTube kostet Geld

Oktober 23, 2008

Die letzten CDs von Joe Jackson fand ich nett, aber, wie die Staubschicht auf den Hüllen beweist, letztendlich belanglos. Als seine neueste CD „Rain“ erschien und die Kritiken durchwachsen waren, dachte ich mir: „Muss nicht sein. – Naja, vielleicht später mal, wenn sie billiger ist. Aber jetzt – nee.“ Dann habe ich diese Clips von Jacksons neuer CD auf YouTube gesehen:

und mir das Teil gekauft. „Rain“ ist Jacksons beste Platte seit fast zwanzig Jahren. Berlin war für den Engländer und New-York-Flüchtling (wegen des Rauchens) eine wirkliche Frischzellenkur.


TV-Tipp für den 23. Oktober

Oktober 23, 2008

Das Vierte, 20.15

Der Unbeugsame (USA 1967, R.: Stuart Rosenberg)

Drehbuch: Donn Pearce, Frank Pierson

LV: Donn Pearce: Cool Hand Luke, 1965

Betrunken demoliert der brave Luke Parkuhren. Dafür wird er für zwei Jahre ins Arbeitslager geschickt und trifft dort auf eine ganz andere Gesellschaft. Luke will sich nicht anpassen.

Beeindruckendes Knastdrama

Mit Paul Newman, George Kennedy, J. D. Cannon, Lou Antonio, Strother Martin, Dennis Hopper, Harry Dean Stanton

Vorschautipp: Am Donnerstag, den 30. Oktober, zeigt Arte, ab 21.00 Uhr „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ (mit Paul Newman) und „Inside the Actors Studio“ (ein Interview mit Paul Newman). Der Grund?


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