Neu im Kino/Buch- und Filmkritik: Über die Stephen-King-Verfilmung „The Boogeyman“

Juni 1, 2023

In den vergangenen Jahrzehnten hat Stephen King, neben seinen Romanen, über zweihundert Kurzgeschichten und Kurzromane geschrieben, die sich alle für eine Verfilmung eignen. Trotztdem ist „Nachtschicht“, seine erste Sammlung von Kurzgeschichten, für Kino- und TV-Verfilmungen immer noch eine äußerst beliebte Sammlung von Kurzgeschichten. Sie wurden erstmals zwischen 1970 und 1978 in verschiedenen Magazinen veröffentlicht. In den USA erschien der Sammelband 1978. In Deutschland sechs Jahre später.

Children of the Corn“, „Trucks“ (verfilmt von Stephen King als „Maximum Overdrive“ [Rhea M. – Es begann ohne Warnung]), „The Lawnmover Man“ (obwohl King erfolgreich gegen die Verwendung seines Namens klagte, weil der Film sich zu sehr von der Kurzgeschichte entfernte), „Graveyard Shift“ und „The Mangler“ (verfilmt von Tobe Hooper) basieren auf Geschichten aus dem Sammelband. Und jetzt „The Boogeyman“ (Das Schreckgespenst). Die Geschichte wurde bereits zweimal verfilmt. Beide Male als Kurzfilm. Und jetzt erstmals als Spielfilm.

Die Drehbuchautoren Scott Beck, Bryan Woods und Mark Heymen und Regisseur Rob Savage nahmen Kings Geschichte als Sprungbrett für ihre Geschichte. Eigentlich übernehmen sie nur die Ausgangslage. Nämlich die Situation, in der ein Mann gegenüber einem Psychiater sagt, er habe seine drei Kinder getötet und er könne nicht zur Polizei gehen, weil sie ihm nicht glauben werde. Und er hat Angst vor geschlossenen Schränken, weil sich in ihnen das Schreckgespenst befinden könnte. Dieses Gespenst ist dabei anscheinend nicht an einen Ort, sondern an eine Person gebunden.

Kings Kurzgeschichte „Das Schreckgespenst“ besteht nur aus dem ersten Gespräch zwischen dem Therapeuten Dr. Harper und seinem neuen Patienten Billings. Die Geschichte endet nach sechzehn Seiten mit einer fiesen Schlusspointe. King liefert schon davor eine Erklärung für den Geist, die heute ‚toxische Männlichkeit‘ genannt wird. Aber schon damals, in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren wurde das konservative Familienmodell und konservative Vorstellungen von Männlichkeit angegriffen. Und damit auch die Stellung und Rolle von Billings als Herr im Haus.

Rob Savage verlegte die letztendlich zeitlose Geschichte von dem Schreckgespenst im Schrank in die Gegenwart, erweiterte sie und veränderte das Thema. Bei ihm geht es um Trauer. Denn Dr. Harper hat erst vor kurzem seine Frau verloren. Er und seine beiden Töchter versuchen noch, den Verlust zu verarbeiten.

Lester Billings hat nur noch eine kleine Nebenrolle. Er bringt sich in den ersten Minuten des Films in Will Harpers Haus während ihrer ersten Begegnung um. Danach beginnt der titelgebende „Boogeyman“ Harpers Kinder, die zehnjährige Sawyer und, später, ihre sechzehnjährige Schwester Sadie zu ängstigen. Sadie will ihre kleine Schwester beschützen. Sie begibt sich auf die Suche nach den Ursprüngen des Boogeymans.

Die sich aus dieser Prämisse entwickelnde Geschichte folgt dann bis zum Finale dem sattsam bekannten Muster dieser Gespentergeschichten. Nur dass Savage seine Geschichte sehr langsam in eher dunklen Räumen erzählt.

The Boogeyman“ besteht aus vertrauten Elementen, die in der vertrauten Reihenfolge mit weitgehend vertrauten Schreckmomente (es geht doch nichts über plötzliche laute Geräusche und plötzlich auftauchende monströse Monsterfinger) präsentiert werden.

Das ist kompetent gemacht, nie überraschend und, wegen des langsamen Erzähltempos, auch länglich. Es ist der Stoff eines Kurzfilms, der auf Spielfilmlänge gedehnt wird.

P. S.: ’nie überraschend‘ stimmt nicht so ganz. Denn am Ende gibt es eine kleine, sehr kleine, fast übersehbare Überraschung.

The Boogeyman (The Boogeyman, USA 2023)

Regie: Rob Savage

Drehbuch: Scott Beck, Bryan Woods, Mark Heyman (nach einer Geschichte von Scott Beck und Bryan Woods)

LV: Stephen King: The Boogeyman, 1973 (Kurzgeschichte, Cavalier 1973) (Das Schreckgespenst) (später erschienen in dem Sammelband „Nightshift“, 1978 [Nachtschicht])

mit Sophie Thatcher, Chris Messina, Vivien Lyra Blair, Marin Ireland, Madison Hu, LisaGay Hamilton, David Dastmalchian

Länge: 99 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Die Vorlage

Wer hätte das vor über vierzig Jahren gedacht? Nämlich dass ein Buch, und dazu noch eine Kurzgeschichtensammlung (die als notorisch unverkäuflich eingeschätzt werden), seit seiner Erstaufflage im Original und in der Übersetzung nie ‚out of print‘ war? Im Fall von „Nachtschicht“ ist Stephen King genau das gelungen. Außerdem inspiriert diese Sammlung von zwanzig spannenden Kurzgeschichten immer noch Filmemacher. 2020 gab es eine neue, anscheinend grottenschlechte Verfilmung von „Children of the Corn“, jetzt eine von „The Boogeyman“ und dazwischen verschiedene Ein-Dollar-Verfilmungen. Das ist eine von Stephen King jungen Filmemachern gewährte Option: sie dürfen für einen eher symbolischen Dollar eine seiner Kurzgeschichten verfilmen. Es gibt nur eine Bedingung: sie dürfen ihren Film danach nur in einem sehr begrenzten, nicht-kommerziellem Rahmen aufführen. Und Stephen King sieht sich das Werk an.

Stephen Kings erste Sammlung von Kurzgeschichten enthält:

Briefe aus Jerusalem (Jerusalem’s Lot, 1978)

Spätschicht (Graveyard Shift, 1970)

Nächtliche Brandung (Night Surf, 1974)

Ich bin das Tor (I Am the Doorway, 1971)

Der Wäschemangler (The Mangler, 1972)

Das Schreckgespenst (The Boogeyman, 1973)

Graue Masse (Gray Matter, 1973)

Schlachtfeld (Battleground, 1972)

Lastwagen (Trucks, 1973)

Manchmal kommen sie wieder (Sometimes They Come Back, 1974)

Erdbeerfrühling (Strawberry Spring, 1975)

Der Mauervorsprung (The Ledge, 1976)

Der Rasenmähermann (The Lawnmower Man, 1975)

Quitters, Inc. (Quitters, Inc. 1978)

Ich weiß, was du brauchst (I Know What You Need, 1976)

Kinder des Mais (Children of the Corn, 1977)

Die letzte Sprosse (The Last Rung on the Ladder, 1978)

Der Mann, der Blumen liebte (The Man Who Loved Flowers, 1977)

Einen auf den Weg (One for the road, 1978)

Die Frau im Zimmer (The Woman in the Room 1978)

Stephen King: Nachtschicht

(übersetzt von Barbara Heidkamp, Harro Christensen, Michael Kubiak, Karin Balfer, Ulrike A. Pollay, Sabine Kuhn, Ingrid Herrmann, Wolfgang Hohlbein, Bernd Seligmann und Stefan Sturm)

Lübbe, 1988

448 Seiten

13 Euro

Deutsche Erstausgabe

Lübbe, 1984

Originalausgabe

Nightshift

Doubleday, 1978

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „The Boogeyman“

Metacritic über „The Boogeyman“

Rotten Tomatoes über „The Boogeyman“

Wikipedia über „The Boogeyman“ (deutsch, englisch) und die Kurzgeschichtensammlung „Nachtschicht“ (deutsch, englisch)

Homepage von Stephen King

Mein Porträt zu Stephen Kings Geburtstag

Meine Besprechung von Stephen Kings/Richard Bachmans „Qual“ (Blaze, 2007)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Nachgelassene Dinge“ (The things they left behind) in Ed McBains „Die hohe Kunst des Mordens“ (Transgressions, 2005)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Colorado Kid“ (The Colorado Kid, 2005)

Meine Besprechung von Joe Hill/Stephen King/Richard Mathesons „Road Rage“ (Road Rage, 2012)

Meine Besprechung der auf Stephen Kings Novelle “The Colorado Kid” basierenden TV-Serie “Haven”

Meine Besprechung von Kimberly Peirces Stephen-King-Verfilmung “Carrie” (Carrie, USA 2013)

Meine Besprechung von Tod Williams‘ Stephen-King-Verfilmung „Puls“ (Cell, USA 2016)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Der dunkle Turm: Schwarz“ (The Dark Tower: The Gunslinger, 1982) und von Nikolaj Arcels Romanverfilmung „Der dunkle Turm“ (The dark Tower, USA 2017)

Meine Besprechung von Andy Muschiettis „Es“ (It, USA 2017)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Friedhof der Kuscheltiere“ (Pet Sematary, 1983) und Kevin Kölsch/Dennis Widmyers Romanverfilmung „Friedhof der Kuscheltiere“ (Pet Sematary, USA 2019)

Meine Besprechung von Andy Muschietti Stephen-King-Verfilmung „Es Kapitel 2″ (It Chapter 2, USA 2019)

Meine Besprechung von Mike Flanagans „Stephen Kings Doctor Sleeps Erwachen“ (Doctor Sleep, USA 2019) (wahrscheinlich einer der Filmtitel, die kein Mensch an der Kinokasse vollständig ausgesprochen hat)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Doctor Sleep“ (Doctor Sleep, 2013)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Später“ (Later, 2021)

Stephen King in der Kriminalakte, in seinem Trailer-Park und auf Europa-Tour


(K)“Ein verdammter Handschlag“ – Ein Gespräch mit Zeichner Jan Bintakies über seinen ersten Comic

Mai 31, 2023

Das ist ein Angebot, das Luca Stoffels unbedingt ablehnen sollte. Aber Stoffels, ein kleinkrimineller, vom Pech verfolgter Loser mit Beziehungsproblemen, steckt gerade in einer saublöden Situation. Da könnten die 6000 Euro, die ihm der bärtige Fremde anbietet, ein Ausweg aus seiner aktuellen Bredouillie sein. Dass er dafür fortan von einem nur für ihn sichtbaren Dämon begleitet wird, ist für Luca kein Problem. Denn was soll schon passieren?

Kurz darauf, als er einem psychopathischem Mörderpärchen, einem waschechten Dämon und einem gewaltgeneigtem Gangsterboss gejagt und er im Kölner Dom in eine Karnevalsversammlung stolpert, merkt er, dass er in gewaltigen Schwierigkeiten steckt und die Nacht nur mit viel Glück überleben wird. Nur Glück hat er normalerweise nicht.

Ein verdammter Handschlag“ ist eine herrlich durchgeknallte schwarzhumorige Fantasy-Horrorgeschichte mit einer wohltuenden Missachtung der körperlichen Unversehrtheit seiner Protagonisten. Diese Mischung kennen wir, vor allem auf diesem Niveau, vor allem von angloamerikanischen Künstlern.

Allerdings spielt die Geschichte von „Ein verdammter Handschlag“ nicht in den USA, sondern in Köln. Geschrieben wurde sie von TV-Drehbuchautor Matze Ross. Gezeichnet wurde sie von Illustrator Jan Bintakies. Beide haben für ihr Comicdebüt in jahrelanger Arbeit (mehr dazu im Video-Interview) ihre inneren Dämonen, ihre Liebe zum Horrorfilm und zu grundsympathischen Loosern entfesselt. Wer will, kann in Luca Stoffels (Was für ein Name!) etwas von „Bang Boom Bang“ Oliver Korittke und „Trainspotting“ Ewan McGregor entdecken. Bintakies‘ satirisch überspitzten Zeichnungen erinnern, immer wieder, etwas an Rob Guillorys „Chew – Bulle mit Biss!“.

Ein verdammter Handschlag“ ist ein großes Vergnügen und ein dämonisch gelungener Einstand.

Das Gespräch mit Jan Bintakies fand am 25. Mai 2023 während des Salon der Graphischen Literatur in Berlin in der Bibliothek am Luisenbad statt.

Wir sprechen über „Ein verdammter Handschlag“, die Entwicklung der Geschichte, warum zwischen der ersten Idee und der Veröffentlichung mehrere Jahre vergingen, welche Einflüsse erkennbar sind, das Crowdfunding für die Deluxe-Edition des Comics und welche Pläne Matze Ross und Jan Bintakies haben.

Matze Ross/Jan Bintakies: Ein verdammter Handschlag

Splitter, 2023

168 Seiten

25 Euro

Hinweise

Splitter über „Ein verdammter Handschlag“

Homepage von Jan Bintakies


Das „Lexikon des Internationalen Films“ blickt auf das „Filmjahr 2022/2023“

Mai 24, 2023

Natürlich blickt das „Lexikon des Internationalen Films“ nicht, wie der Titel „Filmjahr 2022/2023“ auf den ersten Blick suggeriert, auf das aktuelle Filmjahr zurück. Denn einige für dieses Jahr wichtige Filme, wie die aktuell in Cannes laufenden Filme, sind noch nicht in den deutschen Kinos gestartet. In dem jährlich erscheinenden Filmlexikon wird auf das letzte Jahr zurückgeblickt. Und zwar in der seit einigen Jahren etablierten Form.

Das Lexikon besteht aus Kurzkritiken von fast 1400 mindestens einstündigen Spiel-, TV- und Dokumentarfilmen, die in Deutschland 2022 im Kino liefen, gestreamt, im TV ausgestrahlt oder auf DVD veröffentlichet wurden, und aus einem Berichteteil. Dieser nimmt seit einigen Jahren gut die Hälfte des Lexikons ein. Mit seinen zahlreichen bestimmte Aspekte des vergangenen Kinojahres vertiefenden Texten ist dieser Teil ein weiterer Grund, das Lexikon zu kaufen. Es geht in der aktuellen Ausgabe um Perspektiven des ukrainischen Kinos, subversive Filme, die Darstellung von Demenz in aktuellen Spielfilmen, Nordische Mythen und Filme und Serien zur Pandemie. Es gibt Porträts von Filmschaffenden, wie Andrew Dominik, Alex Garland, Bruno Dumont, Céline Sciamma und der immer sehenswerten Tilda Swinton. Es gibt Interviews mit, unter anderem, Aelrun Goette („In einem Land, das es nicht mehr gibt“), Kenneth Branagh („Belfast“), Jacques Audiard („Wo in Paris die Sonne aufgeht“) und Carla Simón („Alcarràs – Die letzte Ernte“). Es gibt kürzere und länger Nachrufe. Unter anderem auf den zu früh verstorbenen Gaspard Ulliel, Alain Tanner, Klaus Lemke und Jean-Luc Godard, der nach seinem Debüt „Außer Atem“ keinen weiteren Film mehr hätte drehen müssen, um eine Legende zu sein. Es gbt, wie in den vorrherigen Jahren, einige Preislisten, von den Oscars über die Gewinner der Festivals in Cannes, Locarno, Venedig und Berlin bis hin zum Deutschen Filmpreis.

Es gibt, von der Redaktion des „filmdienst“ ausgewählt, fünfzehn Serien und zwanzig Kinofilme, die die wichtigsten Filme und Serien des lezten Jahres sind. Sie werden ausführlicher vorgestellt. Bei den in jedem Fall sehens- und diskussionswürdigen Spielfilmen handelt es sich um

Licorice Pizza

Der schlimmste Mensch der Welt (in ihrer ganzen Pracht, fast wie „Lola rennt“, ist Renate Reinsve auf dem Buchcover abgebildet und mit einem sehr freundlichen Blick läuft ‚der schlimmste Mensch der Welt‘ auf den Käufer zu)

Everything Everywhere all at once (der Oscar-Liebling und Everybody’s Darling)

Nope

The Card Counter

Come on, come on

Was sehen wir, wenn wir zum Himmel schauen?

Petite Maman

Corsage

The Batman

Triangle of Sadness

Vortex

Bones and All

Memoria

Belle

Inu-Oh

Crimes of the Future

Guillermo del Torors Pinocchio

EO

Ambulance (Uh, der kommt etwas überraschend.)

Die jährliche Ausgabe des Lexikons des Internationalen Films ist ein Buch, das als gedrucktes Buch in jeden gut ausgestatteten cineastischen Haushalt gehört. Und das jedes Jahr wertvoller wird. Denn während man im Internet immer nur eine spezielle Filmkritik sucht, erschließt sich beim Blättern im „Lexikon des Internationalen Film“ das Filmjahr wieder, inclusive der Erkenntnis, welche gruseligen Filme in dem Kinojahr neben Klassikern anliefen und, manchmal, wie sich im Lauf der Zeit die Bewertung bei einem Film grundlegend ändert.

Filmdienst.de/Katholische Filmkommission für Deutschland (Redaktion: Jörg Gerle, Felicitas Kleiner, Josef Lederle, Marius Nobach): Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2022/2023

Schüren, 2023

528 Seiten

28,00 Euro

(als E-Book 14,99 Euro)

Hinweise

Homepage der Zeitschrift „Filmdienst“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2008“

Meine Besprechung von „Lexikon des internationalen Films – Filmjahr 2009“

Meine Besprechung von “Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2010″

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2011“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2012“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2013“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2014“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2015“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2016“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2017“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2019/2020“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2020/2021“

Meine Besprechung von „Lexikon des Internationalen Films – Filmjahr 2021/2022“


Cover der Woche

Mai 16, 2023


Impressionen aus Berlin: Ben Aaronovitch in Berlin – und ein kurzes Gespräch mit ihm über sein neues Buch, Peter Grant und den ganzen Rest

Mai 8, 2023

Alles begann an einem kalten Dienstag im Januar, morgens um halb zwei, als Martin Turner, Straßenkünstler und nach einengen Worten Gigolo in Ausbildung, vor der Säulenvorhalle von St. Paul’s am Covent Garden über eine Leiche stolperte.“

So beginnt Ben Aaronovitchs erster Roman mit Peter Grant. Peter Grant ist in dem Moment ein junger Police Constable bei der Metropolitan Police. Wenige Zeilen später begegnet er einem Geist. Und der Rest ist Geschichte. Denn „Die Flüsse von London“ war 2011 (in Deutschland ein Jahr später) der Auftakt für eine erfolgreiche Urban-Fantasy-Reihe um Peter Grant, Polizist und Zauberlehrling. Bis heute sind neun reguläre, sich exzellent verkaufende Romane, etliche Kurzromane, Kurzgeschichten und Comics, die sich teils auf bestimmte Figuren aus dem „Die Flüsse von London“-Universum konzentrieren, erschienen. Seit einigen Tagen gibt es außerdem ein Rollenspiel.

In den Geschichten verbindet Aaronovitch gelungen britischen Humor mit Fantasy (Geister, Hexen, Dämonen, Flußgötter, Zauberer) und einer, bis auf die Sache mit der schon erwähnten Zauberei, realistischen Kriminalgeschichte. Damit sind seine Bücher etwas für Krimi- und Fantasy-Fans.

Am Dienstag, den 2. Mai 2023, besuchte Ben Aaronovitch, zwischen Leipziger Buchmesse und weiteren Leseterminen, für eine von der Science-Fiction/Fantasy-Buchhandlung „Otherland“ zusammen mit dtv organisierten Lesung Berlin. Im bis zum letzten Sitzplatz gefüllten Ballhaus Walzerlinksgestrickt sagte Aaronovitch, er habe bereits einige weiter „Die Flüsse von London“-Geschichten geschrieben. Und er werde weitere schreiben.

Vor der Lesung sprach Ben Aaronovitch mit mir über seine beiden neuesten Romane, den neunten Peter-Grant-Roman „Die Silberkammer in der Chancery Lane“ (Amongst our Weapons) und den Kimberly-Reynolds-Kurzroman „Die schlafenden Geister des Lake Superior“ (Winter’s Gifts), Peter Grant, die von ihm geschaffene Welt und das Schreiben.

Zuletzt auf Deutsch erschienen (mehr Infos zu den Werken):

Ben Aaronovitch: Die schlafenden Geister des Lake Superior – Eine Kimberley-Reynolds-Story

(übersetzt von Christine Blum)

dtv, 2023

240 Seiten

11,95 Euro

Originalausgabe (die erst in einigen Tagen erscheint)

Winter’s Gift

Orion, 2023

Ben Aaronovitch: Die Silberkammer in der Chancery Lane

(übersetzt von Christine Blum)

dtv, 2022

416 Seiten

15,95 Euro

Originalausgabe

Amongst our Weapons

Gollancz, London 2022

Ben Aaronovitch (Schöpfer)/Celeste Bronfman (Story)/Andrew Cartmel (Skript-Lektorat)/José María Beroy (Zeichnungen): Die Flüsse von London: Und wenn sie nicht gestorben sind… (Band 10)

(übersetzt von Kerstin Fricke)

Panini, 2023

116 Seiten

17 Euro

Originalausgabe

Rivers of London: Deadly ever after

Titan Comics, Januar 2023

Ben Aaronovitch (Story)/Andrew Cartmel (Story)/José María Beroy (Zeichnungen): Die Flüsse von London: Ein mieser Montag (Band 9)

(übersetzt von Kerstin Fricke)

Panini, 2022

116 Seiten

17 Euro

Originalausgabe

Rivers of London: Monday, Monday

Titan Comics, November 2021

Hinweise

Homepage von Ben Aaronovitch

Blog von Ben Aaronovitch

dtv über Ben Aaronovitch

Blog von Andrew Cartmel

Wikipedia über Ben Aaronovitch (deutsch, englisch) und Andrew Cartmel

Meine Besprechung von Ben Aaronovitchs „Schwarzer Mond über Soho“ (Moon over Soho, 2011)

Mein Besprechung von Ben Aaronivitchs „Geister auf der Metropolitan Line“ (The furthest station, 2017)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Luis Guerreros „Die Flüsse von London: Autowahn“ (Rivers of London: Body Work, 2016)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Luis Guerreros „Die Flüsse von London – Die Nachthexe“ (Rivers of London: Night Witch, 2016)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Luis Guerrero/Paulina Vassilevas „Die Flüsse von London: Wassergras (Band 6)“ (Rivers of London: Water Weed, 2018)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Brian Williamson/Stefani Rennes „Die Flüsse von London: Mit Abstand! (Band 7)“ (Rivers of London: Action at Distance, 2020)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Christoper Jones/Marco Leskos „Doctor Who – Der siebte Doctor: Tanz auf dem Vulkan“ (Doctor Who – The Seventh Doctor: Operation Volcano, 2018)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Mariano Laclaustras „Die Flüsse von London: Motoren, Magie und Märchen! (Band 8)“ (Rivers of London: The Fey and The Furious, 2020)

 

Meine Ankündigung der Lesung mit Besprechungen von:

Ben Aaronovitchs „Die schlafenden Geister des Lake Superior – Eine Kimberley-Reynolds-Story“ (Winter’s Gift, 2023)

Ben Aaronovitchs „Die Silberkammer in der Chancery Lane“ (Amongst our Weapons, 2022)

Ben Aaronovitch (Schöpfer)/Celeste Bronfman (Story)/Andrew Cartmel (Skript-Lektorat)/José María Beroy (Zeichnungen) „Die Flüsse von London: Und wenn sie nicht gestorben sind… (Band 10)“ (Rivers of London: Deadly ever after, 2023)

Ben Aaronovitch (Story)/Andrew Cartmel (Story)/José María Beroy (Zeichnungen) „Die Flüsse von London: Ein mieser Montag (Band 9)“ (Rivers of London: Monday, Monday, 2021)


Spooky. Ben Aaronovitch erzählt am Dienstag in Berlin von schlafenden Geistern und Silberkammern

April 30, 2023

Ben Aaronovitch auf der Leipziger Buchmesse 2023 (Foto: Axel Bussmer)

Ben Aaronovitch besucht das „Otherland“. Aber weil das „Otherland“ nur eine gewöhnliche Buchhandlung und kein magischer Raum ist, in das hunderte, tausende und noch viel mehr Menschen passen (Naja, irgendwie schon. Aber das ist eine andere Geschichte), findet die Lesung am Dienstag, den 2. Mai, um 19.30 Uhr im Ballhaus Walzerlinksgestrickt (Am Tempelhofer Berg 7d, Berlin-Kreuzberg) statt.

Einlass ist ab 19.00 Uhr. Um eine Anmeldung unter service@Otherland-berlin.de wird gebeten. Ebenso um eine Spende.

Im Gepäck hat Ben Aaronovitch, der Erfinder von Peter Grant und der witzigen „Die Flüsse von London“-Urban-Fantasy-Krimiserie, eine Vorspeise (den Kurzroman „Die schlafenden Geister des Lake Superior“), eine Hauptspeise (den Roman „Die Silberkammer in der Chancery Lane“) und zwei Nachspeisen (die Comics „Ein mieser Montag“ und „Und wenn sie nicht gestorben sind“).

Die schlafenden Geister des Lake Supeior“ ist sein neuestes Buch. In Deutschland erschien die Geschichte mit FBI-Agentin Kimberley Reynolds über einen Monat vor der englischen Ausgabe. Die ist erst für den 8. Juni angekündigt.

Eifrige Leser der Peter-Grant-Romane kennen die FBI-Agentin seit „Ein Wispern unter Baker Street“ (Whispers Under Ground, 2012). In dem Fantasykrimi lernte die tiefreligiöse Kimberley Reynolds bei einem Auslandseinsatz Peter Grant kennen. Der Besuch in London war gleichzeitig ihre erste Begegnung mit der Welt der Magie und der Beginn ihrer Freundschaft zu Peter Grant. Jetzt gibt er ihr den entscheidenden Hinweis im Kampf gegen die „schlafenden Geister des Lake Superior“.

Der Fall beginnt mit einem Anruf des Ex-FBI-Agenten Patrick Henderson. Er warnt vor einem möglichen X-RAY SIERRA INDIA und bittet um eine Einschätzung. Genauere Informationen werde er dem FBI-Einsatzteam geben. Kimberley, die beim FBI in der Abteilung für die seltsamen, okkulten „Akte X“-Fälle arbeitet, wird mitten im tiefsten Winter nach Eloise, Wisconsin, geschickt. Als sie in der Kleinstadt eintrifft, ist Henderson spurlos verschwunden, ein Eistornado hat die Gemeindeverwaltung und das Poliizeirevier zerstört und es geschehen wirklich seltsame Dinge in der Gegend.

Ihr bleiben nur wenige Stunden, um eine Katastrophe zu verhindern.

Die flott gelesene, vergnügliche Geschichte, die Ben Aaronovitch in seinem gewohnt humorvollem Ton erzählt, gehört zu den kürzeren Geschichten, die mal als Kurzroman, mal als Novelle bezeichnet werden. Sie können an einem langen Abend gelesen werden und sie eignen sich gut als Einstieg in die Welt der „Flüsse von London“.

Schon letztes Jahr erschien „Die Silberkammer in der Chancery Lane“, der neunte Roman mit Peter Grant. Der in London lebende Grant ist Polizist. Er gehört zu der bei seinen Kollegen allgemein unbeliebten Einheit für Spezielle Analysen. Sie kümmert sich um abstruse Fälle, die normalerweise irgendetwas mit Zauberei und Okkultismus zu tun haben und mit denen normale Polizisten nichts zu tun haben wollen. Außerdem ist Grant der erste Zauberlehrling seit 1945. Sein Ausbilder, Mentor und Vorgesetzter ist Thomas Nightingale. Sein Alter ist nicht bekannt. Aber der Zauberer hat im Zweiten Weltkrieg gedient und ist seitdem nicht merklich gealtert.

In „Die Silberkammer in der Chancery Lane“ geht es um einen seltsamen Todesfall in der titelgebenden Silberkammer. In der unterirdischen Shoppingmal werden, bestens gesichert vor Diebstählen, seit Ewigkeiten wertvolle Gegenstände aus Silber verkauft. Jetzt wurde in ihr ein Mann, der gerade ein Geschäft überfiel, ermordet. Sein Herz wurde von einer unbekannten Macht herausgerissen. Die zahlreichen Überwachungskameras haben nichts aufgenommen. Also muss Peter Grant herausfinden, welcher böse Geist hier am Werk war. Und warum.

Nach gut vierhundert Seiten haben Peter Grant und seine Kollegen den Fall geklärt.

Aufgrund des großen Erfolgs seiner Peter-Grant-Romane gibt es seit 2015 auch Comics, denn, so Aaronovitch auf der Leipziger Buchmesse: „Wer will nicht Comicautor sein?“. Ben Aaronovitch schreibt die Comics zusammen mit Andrew Cartmel. Beide schrieben Drehbücher für die TV-Serie „Doctor Who“. Cartmel schreibt außerdem die „Vinyl Detektiv“-Krimis, die auf Deutsch bei Suhrkamp erscheinen.

Die Comics gehören zur Kontinuität der Romane. Sie können aber unabhängig von den Romanen gelesen werden. Wie die Romane unabhängig von den Comics gelesen werden können. Sie sind kurze Zwischenhappen, die die Zeit zwischen den Romanen verkürzen.

Zuletzt erschienen, mit jeweils einer großen Geschichte, der neunte und zehnte Comicband. Im neunten Comicband sind außerdem vier einseitige Comics enthalten.

In „Ein mieser Montag“ jagt DI Miriam Stephanopoulos eine Bande Teenager-Taschendiebe. Mehrere Razzien der Metropolitan Police bleiben ohne Ergebnis. Wahrscheinlich wurde die Gang gewarnt. Außerdem geht ein Undercover-Einsatz schief. Der Undercover-Polizist liegt jetzt im Krankenhaus. Er hat einen schwedischen Werwolf gesehen. Und damit handelt es sich um eine Angelegenheit für Peter Grant und die Einheit für okkulte Angelegenheiten.

Aaronovitch und Cartmel erzählen die zu verschiedenen Zeiten spielende Geschichte kapitelweise aus verschiedenen Blickwinkeln mit verschiedenen Protagonisten. Das Ergebnis ist dann eher unbefriedigend.

Der neueste „Die Flüsse von London“-Comic „Und wenn sie nicht gestorben sind…“ wurde von Celeste Bronfman geschrieben. Aaronovitch und Cartmel beaufsichtigten die Arbeit. Im Mittelpunkt ihrer Geschichte stehen die Zwillinge Chelsea und Olympia. Die Töchter der Flussgöttin Themse brechen in einem Park versehentlich einen Bannzauber. Das führt dazu, dass die in einem alten Märchenbuch zusammengestellten und illustrierten Märchen, wie „Der Froschkönig“ und „Schneewittchen“ jetzt zum Leben erweckt werden.

Weil Grant und Nightingale gerade mit anderen Geistern beschäftigt sind, versuchen die beiden Zwillinge das von ihnen angerichtete Unheil rückgängig zu machen.

Und wenn sie nicht gestorben sind…“ ist eine witzige Urban-Fantasy-Geschichte, bei der Peter Grant nur in einem Panel auftaucht.

Nach Berlin geht es für Ben Aaronovitch in Richtung Süddeutschland:

Am 3. Mai liest er um 20.30 Uhr in Würzburg in der Buchhandlung Hugendubel (Kürschnerhof 4-6)

Am 4. Mai liest er um 20.15 Uhr in München in der Buchhandlung Hugendubel am Stachus (Karlsplatz 11-12).

Beide Abende werden von Uve Techner moderiert.

Ben Aaronovitch: Die schlafenden Geister des Lake Superior – Eine Kimberley-Reynolds-Story

(übersetzt von Christine Blum)

dtv, 2023

240 Seiten

11,95 Euro

Originalausgabe (die erst in einigen Tagen erscheint)

Winter’s Gift

Orion, 2023

Ben Aaronovitch: Die Silberkammer in der Chancery Lane

(übersetzt von Christine Blum)

dtv, 2022

416 Seiten

15,95 Euro

Originalausgabe

Amongst our Weapons

Gollancz, London 2022

Ben Aaronovitch (Schöpfer)/Celeste Bronfman (Story)/Andrew Cartmel (Skript-Lektorat)/José María Beroy (Zeichnungen): Die Flüsse von London: Und wenn sie nicht gestorben sind… (Band 10)

(übersetzt von Kerstin Fricke)

Panini, 2023

116 Seiten

17 Euro

Originalausgabe

Rivers of London: Deadly ever after

Titan Comics, Januar 2023

Ben Aaronovitch (Story)/Andrew Cartmel (Story)/José María Beroy (Zeichnungen): Die Flüsse von London: Ein mieser Montag (Band 9)

(übersetzt von Kerstin Fricke)

Panini, 2022

116 Seiten

17 Euro

Originalausgabe

Rivers of London: Monday, Monday

Titan Comics, November 2021

Hinweise

Homepage von Ben Aaronovitch

Blog von Ben Aaronovitch

dtv über Ben Aaronovitch

Blog von Andrew Cartmel

Wikipedia über Ben Aaronovitch (deutsch, englisch) und Andrew Cartmel

Meine Besprechung von Ben Aaronovitchs „Schwarzer Mond über Soho“ (Moon over Soho, 2011)

Mein Besprechung von Ben Aaronivitchs „Geister auf der Metropolitan Line“ (The furthest station, 2017)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Luis Guerreros „Die Flüsse von London: Autowahn“ (Rivers of London: Body Work, 2016)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Luis Guerreros „Die Flüsse von London – Die Nachthexe“ (Rivers of London: Night Witch, 2016)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Luis Guerrero/Paulina Vassilevas „Die Flüsse von London: Wassergras (Band 6)“ (Rivers of London: Water Weed, 2018)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Brian Williamson/Stefani Rennes „Die Flüsse von London: Mit Abstand! (Band 7)“ (Rivers of London: Action at Distance, 2020)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Christoper Jones/Marco Leskos „Doctor Who – Der siebte Doctor: Tanz auf dem Vulkan“ (Doctor Who – The Seventh Doctor: Operation Volcano, 2018)

Meine Besprechung von Ben Aaronovitch/Andrew Cartmel/Lee Sullivan/Mariano Laclaustras „Die Flüsse von London: Motoren, Magie und Märchen! (Band 8)“ (Rivers of London: The Fey and The Furious, 2020)


Impressionen von der Leipziger Buchmesse 2023

April 28, 2023

Sie ist wieder da: die Leipziger Buchmesse.

Wie andere Großveranstaltungen legte sie wegen der Coronavirus-Pandemie eine Zwangspause ein. Letztes Jahr fand sie nur als spontane Ad-hoc-Messe statt.

Dieses Jahr findet sie, bis Sonntag, am gewohnten Ort im gewohnten Rahmen statt.

Für die erste Post-Pandemie-Ausgabe wurde das Hallenkonzept geändert. Comics und Mangas, die immer populärer werden, sind jetzt in zwei von fünf Hallen präsent. Und wer wollte, konnte, schon vor dem Cosplay-Wettbewerb am 29. April, viele Cosplayer fotografieren.

In den restlichen drei Hallen sind Belletristik- und Sachbuchverlage. Dieses Jahr fielen mir, neben den vielen altbekannte, vertrauten und beliebten Verlagen, mehrere Musikbuchverlage auf. Und es gibt einen von mir ignorierten „Fokus Bildung“. Gefühlt gab es mehr Essensstände. Und es gab selbstverständlich viele Buchvorstellungen und Gesprächsrunden.

Ben Aaronovitch, der Erfinder von Peter Grant und der „Flüsse von London“-Krimifantasyserie, und „Panini“ Steffen Volkmer beim Signieren. Also, natürlich nur Ben Aaronovitch. Die deutschen Ausgaben seiner Werke erschienen bei dtv und Panini.

Else Laudan vom Argument Verlag vor ihrem Ariadne-Krimiprogramm und ihrer aktuellen Top-Empfehlung für alle, die einen guten Krimi lesen wollen: der neue Roman von Mary Paulson-Ellis „Das Erbe von Solomon Farthing“.

Die helle Macht hinter den immer lesenswerten Noirs des „Polar“-Verlages: Jürgen Ruckh, Britta Kuhlmann und Wolfgang Franßen (von links nach rechts)

Demnächst: mein auf der Leipziger Buchmesse geführtes ausführliches und, wie ich finde, sehr informatives Gespräch mit Kim Sherwood („James Bond: Doppelt oder Nichts“) und Christopher Golden (zuletzt „Road of Bones – Straße des Todes“).


Neu im Kino/Filmkritik: „Suzume“, der neue Anime von Makoto Shinkai

April 14, 2023

So langsam werden auch bei uns japanische Trickfilme populärer. In den vergangenen Jahren wurden viele Animes auf DVD/Blu-ray veröffentlicht. Sie hatten keinen oder nur einen Pseudo-Kinostart der Marke „nur ein Tag, nur in ausgewählten Kinos“. Manchmal waren es dann doch mehrere Tage oder verdammt lange Tage. „Suzumu“ hat jetzt einen richtigen Kinostart. Die in Japan schon sehr erfolgreiche Fantasy-Romanze läuft mehrere Tage in mehreren Kinos und wird, je nach Zuschauerzahlen, natürlich weiter gezeigt werden.

In Makoto Shinkais neuem Film geht es um die siebzehnjährige Suzume und die Abenteuer, die sie mit Souta erlebt.

Auf dem Weg zur Schule trifft sie auf Souta und sie verliebt sich sofort in ihn. Schließlich sieht er wie ein Rockstar-Traumprinz aus. Seine offensichtliche Traurigkeit und Weltmüdigkeit macht ihn noch attraktiver für Suzume. Er sucht in dem Küstenort nach Ruinen. Sie verfolgt ihn, entdeckt dabei in einem verlassenen Bad eine im Wasser stehende Tür, durch die eine andere Welt betreten werden kann. Sie ist ein Portal in eine andere Dimension. Souta ist ein Portalwächter, der dieses und andere Portale schließen muss, bevor aus der anderen Dimension ein Wurm kommt und in unserer Welt Erdbeben verursacht.

Mehr soll hier nicht über die komplexe, vor allem für Mädchen gemachte Fantasy-Romanze, die zwischen Räumen und Zeiten spielt, verraten werden. Wobei alle, die Shinkais frühere Filme kennen, ziemlich schnell eine ziemlich gute und zutreffende Idee über den weiteren Verlauf der Geschichte haben werden. „Suzume“ bedient sich nämlich sehr offensichtlich an dem Plot von Shinkais bislang größtem Erfolg „Your Name. – Gestern, heute und für immer“. Diese Fantasy-Romanze war ein Kritiker- und Publikusliebling und der aktuell dritterfolgreichste Anime. Auf dem vierten Platz steht, im Moment noch mit deutlichem Abstand, „Suzume“.

Shinkais neuer Anime ist absolut sehenswert, aber nicht ganz so gut wie „Your Name. – Gester, heute und für immer“.

Suzume (Suzume no Tojimari, Japan 2022)

Regie: Makoto Shinkai

Drehbuch: Makoto Shinkai

Länge: 123 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Lektürehinweis

Wer mehr über die Welt der Animes erfahren möchte, kommt um die von Michael Leader und Jake Cunningham geschriebenen, reichhaltig illustrierten Bücher „Die Anime-Bibliothek – Die ultimative Guide zum japanischen Animationsfilm“ und „Gibliothek – Der inoffizielle Guide zu den Filmen von Studio Ghibli“.

Lasst euch nicht von der Seitenzahl täuschen. Die umfangreichen Texte sind sehr klein gedruckt. Und sehr informativ.

Michael Leader/Jake Cunningham: Die Anime Bibliothek – Der ultimative Guide zum japanischen Animationsfilm

(übersetzt von Ruben Grest)

Panini, 2022

192 Seiten

30 Euro

Michael Leader/Jake Cunningham: Ghibliothek – Der inoffizielle Guide zu den Filmen von Studio Ghibli

(übersetzt von Katrin Aust)

Panini, 2022

192 Seiten

30 Euro

Hinweise

Homepage zum Film

Moviepilot über „Suzume“

Metacritic über „Suzume“

Rotten Tomatoes über „Suzume“

Wikipedia über „Suzume“ (deutsch, englisch)


Impressionen aus Berlin: Marc Raabe in Berlin

April 12, 2023

Marc Raabe (Marc Raabe, links) und seine Erfindung Art Mayer (Mario Klischies, rechts) am Dienstag, den 11. April 2023, im Berliner Kriminal-Theater.

Der überaus sympathische Thrillerautor Marc Raabe stellte dort seinen neuen Thriller „Der Morgen“ und sein neues Ermittlerteam vor. Der BKA-Ermittler Art Mayer und seine neue Kollegin Nele Tschaikowski suchen den Mörder der Frau des Gesundheitsministers. Und sie wollen herausfinden, warum der Mörder die Adresse des Bundeskanzlers auf ihren Bauch schrieb.

Die nächsten Lesungen von Marc Raabe

Köln, 20. April 2023, 20:15 Uhr, Thalia Neumarkt//Mayersche

Leipzig, 26. April 2023, LangeKriminacht – Blauer Salon im Central Kabarett

Leipzig, 27. April 2023, 14:00 Uhr, Leipziger Buchmesse „Forum Literatur und Audio“, Halle: 2, Stand

Leipzig, 28. April 2023, 19:00 Uhr, KrimiClub

Kerpen, 24. Mai 2023, 19:30 Uhr, Buchhandlung Wortreich

Marc Raabe: Der Morgen

Ullstein, 2023

592 Seiten

17,99 Euro

Hinweise

Homepage von Marc Raabe

Ullstein über Marc Raabe

Krimi-Couch über Marc Raabe

Wikipedia über Marc Raabe

Meine Besprechung von Marc Raabes „Der Morgen“ (2023)


Buchpremiere: Marc Raabe stellt seinen neuen Thriller „Der Morgen“ in Berlin vor

April 11, 2023

Am Dienstag, den 11. April, stellt Thrillerautor Marc Raabe um 20:00 Uhr im Berliner Kriminal-Theater (Palisadenstr 48, 10243 Berlin) seinen neuen Roman „Der Morgen“ und sein neues Ermittlerteam vor.

Anouk Schollähn moderiert den Abend und Schauspieler Mario Klischies verkörpert Art Mayer, Raabes neuen Ermittler, auf der Theaterbühne.

Der Mitt-Dreißiger Mayer ist ein waschechter Berlliner und Ermittler beim BKA. Im Moment ist er suspendiert, weil er den Polizeipräsidenten geschlagen hat.

Als im verschneiten Berlin (Okay, das ist jetzt aber wirklich fiktiv. Denn diese Art Schnee gibt es in Berlin schon seit Jahren nicht. Jedenfalls nicht länger als einige Stunden.) an der Siegessäule auf der Ladefläche eines Lasters die nackte Leiche von Marietta Althauser, der Frau des Gesundheitsministers, gefunden wird und auf ihrem Bauch die mit Blut geschriebene Privatadresse des Bundeskanzlers Henrik Westphal steht, wird Art Mayer gerufen. Er soll den Fall aufklären. Später erfährt er, dass Marietta Althauser die zweite Tote ist, auf deren Bauch die Adresse des Kanzlers stand, und dass Westphal ausdrücklich um die Hilfe von Art Mayer bei den Ermittlungen gebeten hat. Mayer weiß auch nicht, dass seine neue Kollegin, die Kommissaranwärterin Nele Tschaikowski, die Nichte des Polizeipräsidenten ist.

Dafür wissen seine Kollegen nicht, dass Mayer Westphal und seine Frau aus seiner Jugend kennt und sie vor über zwanzig Jahren einige Dinge taten, die nicht bekannt werden sollen.

Marc Raabe veröffentlichte seinen ersten Thriller „Schnitt“ 2012 bei Ullstein. Seitdem veröffentlichte er bei Ullstein ungefähr jedes Jahr einen weiteren dickleibigen Schmöker. Zuerst die Einzelromane „Der Schock“ (2013) und „Heimweh“ (2015). Dann die vier Tom-Babylon/Sita-Johanns-Thriller „Schlüssel 17“ (2018), „Zimmer 19“ (2019) „Die Hornisse“ (2020) und „Violas Versteck“ (2022). Und jetzt den ersten Art-Mayer/Nele-Tschaikowski-Thriller „Der Morgen“. Der Roman steht wenige Tage nach seiner Veröffentlichung auf dem zweiten Platz der Spiegel-Bestsellerliste. Im Frühjahr 2024 soll mit „Dämmerung“ der zweite Einsatz des Teams Mayer/Tschaikowski erscheinen.

Der Morgen“ ist ein Strandkorblektüre, über dessen Story und die aus dem Hut gezauberte Lösung nicht zu genau nachgedacht werden sollte. Denn dann würde auffallen, dass Raabe etliche interessante Punkte nicht weiter vertieft, weil sein neuester Thriller kein Polit-Thriller und kein Rätselkrimi ist. So spielt die Geschichte zwar wenige Tage vor einem G20-Gipfel, der in Berlin stattfindet, aber für die Geschichte ist er letztendlich egal. Gleiches gilt für den gesamten politischen Betrieb. Die Zahl der falschen Fährten, Motive und Tatverdächtigen ist sehr überschaubar.

Weitere Lesungen

Köln, 20. April 2023, 20:15 Uhr, Thalia Neumarkt//Mayersche

Leipzig, 26. April 2023, LangeKriminacht – Blauer Salon im Central Kabarett

Leipzig, 27. April 2023, 14:00 Uhr, Leipziger Buchmesse „Forum Literatur und Audio“, Halle: 2, Stand

Leipzig, 28. April 2023, 19:00 Uhr, KrimiClub

Kerpen, 24. Mai 2023, 19:30 Uhr, Buchhandlung Wortreich

Marc Raabe: Der Morgen

Ullstein, 2023

592 Seiten

17,99 Euro

Hinweise

Homepage von Marc Raabe

Ullstein über Marc Raabe

Krimi-Couch über Marc Raabe

Wikipedia über Marc Raabe


Sven Heuchert erzählt vom „Das Gewicht des Ganzen“

April 5, 2023

Nach zwei Kriminalromanen hat Sven Heuchert jetzt seinen dritten Roman veröffentlicht und es ist, egal was man unter Kriminalliteratur versteht, kein Kriminalroman, sondern ein Roman. Der Verlag nennt ihn einen kraftvollen Roman über Trauer und Neuanfang.

In „Das Gewicht des Ganzen“ geht es um die Freundschaft zwischen dem schön älteren Antiquitätenhändler Russ Graham und der jüngeren Milla Hellstein. Die Deutsche hat nach einem Schicksalsschlag ihre Spedition verkauft und anschließend ihre Heimat verlassen. In der kanadischen Einsamkeit hat sie jetzt ein Haus bezogen. Trotz ihres Altersunterschieds verbringen Milla und Russ, nie viel redend, Zeit miteinander.

Sven Heucherts erster Roman, der Noir „Dunkels Gesetz“, schaffte es zweimal auf die Krimibestenliste und es gab viel Lob für ihn. Auch mir gefiel er mit Einschränkungen und ich war auf seinen nächsten Roman gespannt. Sein zweiter Noir „Alte Erde“ ist deutlich schwächer. Zu nebensächlich ist der Krimiplot, zu episodisch und nebulös die Erzählung. In seinem dritten Roman verzichtet er dann vollständig auf den Krimiteil und eine Story. Es geht nur noch um zwei Menschen, die miteinander die entlaufenen Hühner eines Nachbarn fangen, eine demente Nachbarin suchen, angeln und jagen gehen. Dabei reden sie wenig miteinander und erinnern sich noch weniger an ihre Vergangenheit.

Heuchert schildert das auf knapp zweihundert Seiten sehr sparsam und ohne eine konkreten Plot. Fast immer fehlen konkrete Zeit- und Ortsangaben. So spielt die Geschichte zwar in den frühen neunziger Jahren in Kanada in der Wildnis, aber sie könnte auch in irgendeinem anderen Jahrzehnt oder an irgendeinem anderen Ort spielen, solange es sich um ein ländliches Gebiet mit Ackerbau- und Viehzucht handelt.

Die beiden Hauptfiguren bleiben nebulös. Ihre Erinnerungen gehen nie tiefer als eine sentimentale Erinnerung an einen Schnappschuss. Die Geschichte ist eine Abfolge von unverbundenen Ereignissen und Erinnerungen, die auch in einer anderen Reihenfolge erzählt werden könnten. Vieles ist nur skizziert oder zwischen den Zeilen angedeutet. Nichts davon ist interessant oder bleibt länger im Gedächtnis. „Das Gewicht des Ganzen“ ist ein Buch, das schon beim Lesen dagegen kämpft, vergessen zu werden.

Sven Heuchert: Das Gewicht des Ganzen

Ullstein, 2023

192 Seiten

22,99 Euro

Hinweise

Homepage von Sven Heuchert

Meine Besprechung von Sven Heucherts „Dunkels Gesetz“ (2017)

Meine Besprechung von Sven Heucherts „Alte Erde“ (2020)


„Schiebung“? Vic Warshawski ist ‚Rundum sorglos‘

März 29, 2023

Die am härtesten arbeitende Privatdetektivin ist zurück. Im Gegensatz zu Mike Hammer, der gerne nach einem Kneipenbesuch im nächtlichen New York in dunklen Gassen über seine Fälle stolpert, oder Spenser, der sich schlagend, blödelnd und philosophierend durch seine Fälle kämpft, hetzt Vic Warshawski durch Chicago von einem Kunden zum nächsten und sitzt um Büro, um Berichte und Rechnungen zu schreiben. Daneben hat sie noch Zeit, sich, wie Hammer und Spenser, um richtig spannende und gefährliche Fälle zu kümmern.

In „Schiebung“, dem neuesten auf Deutsch erschienenem Warshawski-Krimi, kümmert sie sich um zwei Fälle aus ihrem privaten Umfeld. So ist ihre Nichte Reno Seale spurlos verschwunden. Sie arbeitete bei der Kreditfirma „Rundum sorglos“, die legal arme Schuldner in den Ruin treibt. Kurz vor ihrem Verschwinden war Reno von ihren Chefs zu einer großen Firmenfeier nach St. Matthieu eingeladen worden. Dort geschah etwas, das sie nachhaltig verstörte.

In Vics zweitem Fall wird bei einer in der Nähe von Chicago in einem Wald gefundenen, unbekannten Leiche die Handy-Nummer von Felix Herschel gefunden. Er ist ein Verwandter von Vics Freundin Lotty Herschel. Der junge Kanadier studiert am Illinois Institute of Technology Ingenieurwissenschaft und ist seit kurzem Mitglied der aktivistischen Gruppe „Ingenieure für eine freie Welt“, die bereits Ärger mit der Einwanderungs- und Zollbehörde hatte. Als Felix von der Polizei zur Leiche geführt wird, erkennt er den Toten nicht.

Vic beginnt sich in beiden Fällen umzuhören und dabei möglichst viele Leute, unter anderem ihren Ex-Mann, einen gut verdienenden Anwalt mit entsprechend zweifelhaften Geschäftspartnern und Mandanten, zu nerven. Sie wird, wie es sich für einen guten literarischen Privatdetektiv gehört, mehrmals zusammen geschlagen, wehrt sich, muss sich mit der Polizei herumärgern und sie trifft den überaus netten Archäologen und Institutsleiter Peter Sansen. Er beschäftigte, wie Vic vor der Polizei herausfindet, in seinem Institut Leroy Fausson, den unbekannten Toten aus dem Wald. Er war Doktorand und vor Jahren bei Ausgrabungen in Syrien dabei.

Wer vor oder während der Lektüre einen Blick ins Glossar wirft, hat auch eine gute Ahnung von der Lösung. Es geht um den Raub von Artefakten (mehr), Blackwater (weniger), halb- und illegale Finanzgeschäfte und die aktuelle US-Politik gegenüber Immigranten, die den der dafür zuständigen Behörde ICE gnaden- und auch maßlos durchgesetzt wird.

Wie üblich verpackt Sara Paretsky diese aktuellen Themen gekonnt in eine spannende Geschichte.

Sara Paretsky: Schiebung

(übersetzt von Else Laudan)

Ariadne/Argument Verlag, 2022

512 Seiten

25 Euro

Originalausgabe

Shell Game

William Morrow/HarperCollins, 2018

Bonushinweis

Jetzt als Taschenbuch erhältlich: ein etwas älterer, ebenfalls lesenswerter Fall von Vic Warshawski:

Sara Paretsky: Kritische Masse

(übersetzt von Laudan & Szelinski)

Ariadne, 2023

544 Seiten

18 Euro

Gebundene Ausgabe

Ariadne/Argument Verlag, 2018

Originalausgabe

Critical Mass

G. P. Putnam’s Sons, 2013

Hinweise

Homepage von Sara Paretsky

Wikipedia über Sara Paretsky (deutsch, englisch)

Thrilling Detective über Vic Warshawski

Meine Besprechung von Sara Paretskys „Kritische Masse“ (Critical Mass, 2013)

Meine Besprechung von Sara Paretskys „Altlasten“ (Fallout, 2017)


Cover der Woche

März 21, 2023

Weil am Sonntag der Todestag von Raymond Chandler (23. Juli 1888 in Chicago, Illinois – 26. März 1959 in La Jolla, Kalifornien) ist.

Weil Diogenes seine Bücher in einer vorzüglichen Neuediton in neuen Übersetzung wieder herausbringt. Der bislang letzte Band dieser Neuausgabe ist „Das hohe Fenster“ (The High Window, 1942). In dem Privatdetektivkrimi beauftragt Mrs. Murdock Philip Marlowe mit der Suche nach ihrer Schwiegertochter, einer früheren Nachtclub-Sängerin, und einer wertvollen Goldmünze.

Weil diese Übersetzung von Ulrich Blumenbach ist.

Weil es einen neuen Marlowe-Spielfilm gibt. Der Film „Marlowe“ basiert basiert auf Benjamin Blacks Roman „Die Blonde mit den schwarzen Augen – Ein Philip-Marlowe-Roman“ (The Black-Eyed Blonde, 2014), William Monahan schrieb das Drehbuch, Co-Autor Neil Jordan inszenierte, Liam Neeson spielt den Detektiv, der Trailer ist ernüchternd und die bisherigen Kritiken sind verheerend. Ein deutscher Starttermin ist noch nicht bekannt.

Weil ich so die TV-Sender auffordern kann, endlich mal wieder einige Chandler-Verfilmungen zu zeigen. So lief „Tote schlafen fest“ mit Humphrey Bogart als Marlowe schon seit Jahren nicht mehr im Fernsehen. Das muss sich ändern! Gerne im Rahmen einer Best-of-Noir-Reihe. Arte, übernehmen Sie!

(Ach, die wahnwitzigen Fieberträume des kleinen Noir-Fans.)

Raymond Chandler: Das hohe Fenster

(übersetzt von Ulrich Blumenbach, mit einem Nachwort von Margaret Atwood)

Diogenes, 2022

320 Seiten

24 Euro

Hinweise

Thrilling Detective über Philip Marlowe

Thrilling Detective über Raymond Chandler

Krimi-Couch über Raymond Chandler

Mordlust über Raymond Chandler

Rotten Tomatoes über „Die Dame im See“

Wikipedia über Philip Marlowe (deutsch, englisch) und Raymond Chandler (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Raymond Chandlers „Die Lady im See“ (The Lady in the Lake, 1943)


Über Joe R. Lansdales neuen Thriller „Moon Lake“

März 7, 2023

Dass „Moon Lake“ auf dem achten Platz der Februar-Krimibestenliste stand, war sehr schön. Es ist auch sehr schön, dass Joe R. Lansdale wieder einen Roman geschrieben hat, der auf Deutsch veröffentlicht wurde. Aber sein bestes Werk ist „Moon Lake“ nicht.

Der Krimi ist, wie die meisten Romane des sehr produktiven Erfinders von Hap Collins und Leonard Pine, ein Einzelroman und er spielt, wie eigentlich alle seine Romane, in Osttexas.

Die Geschichte beginnt im Oktober 1968 als der vierzehnjährige Daniel Russell seinen Vater verliert. Sein Vater fährt, in einem Versuch sie beide zu töten, seinen Buick über ein Brückengeländer in den titelgebenden Moon Lake.

Daniel wird von der ungefähr gleichaltrigen Ronnie Candles gerettet. Weil Daniels Mutter spurlos verschwunden ist und seine Tante auf einer längeren Weltreise ist, nehmen die Candles ihn auf. Es ist eine schwarze Familie. Als seine Tante Monate später wieder in den USA ist, nimmt sie ihn auf und er verbringt die nächsten Jahre bei ihr.

Zehn Jahre später wird, als der See während einer Dürreperiode sehr niedriges Wasser hat, das Auto und die Leiche seines Vaters gefunden. Im Kofferraum entdeckt die Polizei eine Frauenleiche. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um Daniels Mutter.

Daniel, der auch als Reporter arbeitet, besucht nach zehn Jahren wieder New Long Lincoln. Wenig scheint sich in dem Ort geändert zu haben. Er trifft Ronnie Candles wieder. Sie arbeitet dort inzwischen als Polizistin. Als sie im See nach weiteren Spuren suchen, entdecken sie in den Kofferräumen von weiteren, ebenfalls im See versunkenen und jetzt aufgetauchten Autos, weitere Leichen.

Daniel beginnt sich umzuhören. Er will, zusammen mit Ronnie, die Wahrheit herausfinden.

Dieses Mal packte mich Lansdales Prosa nicht wie gewohnt. Der aus seinen anderen Geschichten bekannte schwarze Humor blitzt hier nur in sehr wenigen Momenten auf. Sein Ich-Erzähler Daniel Russell ist, das ist auf jeder Seite offensichtlich, einfach kein Hap Collins. Auch wenn er sich am Ende mit einem Schwarzen zusammentut, der in bestimmten Momenten wie ein geistiger Bruder von Leonard Pine wirkt. Gemeinsam ziehen sie in den Kampf gegen die Bösewichter. Ohne die herzerfrischend respektlosen Sprüche von Hap und Leonard, die auf die Intelligenz des Publikums vertrauen. In „Moon Lake“ wird dann mehr als nötig erklärt.

Gleichzeitig störten mich etliche zeitliche Inkonsistenzen, die für die Geschichte nicht entscheidend sind, sich aber durchgehend falsch anfühlten (auch wenn mir jetzt irgendjemand schreibt, dass das damals in Texas so war). So wird, ohne irgendeine Diskussion, 1978 eine DNA-Untersuchung bei der Leiche von Daniels Mutter beauftragt. Dabei wurde die Technik des DNA-Profiling erst 1984 entdeckt. In Deutschland wurde der Genetische Fingerabdruck als Beweis in einem Strafprozess erstmals 1988 anerkannt. Die Provinzpolizei von New Long Lincoln und die örtliche Bibliothek benutzen Computer und niemand wundert sich darüber. Damals, vor der Erfindung des Heimcomputers, des C64, waren Computer noch keine allgegenwärtigen Alltagsgegenstände. In normalen Büros waren sie sehr, sehr selten.

Die Story selbst ist ein Best-of-Lansdale. So ist der Erzähler ein Weißer, seine Freundin eine Schwarze und die Stadt wird von einigen mächtigen Männern beherrscht. Aber in dem East Texas Gothic Noir „Moon Lake“ wirkt das alles wie lieblos und beliebig zusammengesetzt und lustlos vor sich hin erzählt. Für den Serienkillerplot, den Lansdale nach ungefähr einem Drittel des Romans, mit der Entdeckung der Leichen in den Autowracks beginnt, interessiert er sich nicht weiter. Gleiches gilt für Daniels später beginnenden Kampf gegen die erstaunlich gesichtslos und blass bleibenden Stadtoberhäupter, die seit Jahrzehnten unangefochten über die Stadt herrschen und sich skrupellos bereichern. Und über Daniels Vater und die Familie Russell erfahren wir kaum etwas.

Moon Lake“ ist, wie gesagt, ein erstaunlich schwacher Lansdale.

Und nun zum Positiven: Der Festa Verlag will weitere Bücher von Joe R. Lansdale veröffentlichen.

Joe R. Lansdale: Moon Lake

(übersetzt von Patrick Baumann)

Festa, 2022

464 Seiten

26,99 Euro

Originalausgabe

Moon Lake

Mulholland Books, 2021

Hinweise

Book Marks über „Moon Lake“

Wikipedia über Joe R. Lansdale (deutsch, englisch)

Homepage von Joe R. Lansdale

Stuttgarter Zeitung: Thomas Klingenmaier hat Joe R. Lansdale getroffen (25. März 2013)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales „Rumble Tumble“ (Rumble Tumble, 1998 )

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales “Der Gott der Klinge” (The God of the Razor, 2007)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales “Der Teufelskeiler” (The Boar, 1998)

Meine Besprechung  von Joe R. Lansdales „Akt der Liebe“ (Act of Love, 1981)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales „Die Wälder am Fluss“ (The Bottoms, 2000)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales “Kahlschlag” (Sunset and Sawdust, 2004)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales “Gauklersommer” (Leather Maiden, 2008)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales “Ein feiner dunkler Riss” (A fine dark Line, 2003)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales „Dunkle Gewässer“ (Edge of Dark Water, 2012)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales „Straße der Toten“ (Deadman’s Road, 2010)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales „Machos und Moneten“ (Captains Outrageous, 2001)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales „Wilder Winter“ (Savage Season, 1990)

Mein Interview mit Joe R. Lansdale zu „Das Dickicht“ (The Thicket, 2013)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales „Mucho Mojo“ (ursprünglich „Texas Blues“) (Mucho Mojo, 1994)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales „Bissige Biester! (Rusty Puppy, 2017)

Meine Besprechung von Joe R. Lansdales „Hap & Leonard – Die Storys“ (Hap and Leonard, 2016)


Der Horror. Über die Joe „Hill House Comics“ „Daphne Byrne – Besessen“ von „See Dogs – Blutige Wellen“ im „Schiff der lebenden Toten“ und „Ein Kühlschrank voller Köpfe“

März 1, 2023

In den USA erschien „Sea Dogs – Blutige Wellen“ ursprünglich in den US-Heftausgaben von anderen Geschichten der „Hill House Comcis“-Reihe. Meist wurden in einem Heft nur zwei Seiten der von Joe Hill geschriebenen und Dan McDaid gezeichneten Geschichte veröffentlicht.

Die Geschichte spielt während des US-amerikanischen Unabhängigkeitskrieges (1775 – 1783). Die Kolonisten, die um ihre Unabhängigkeit von der britischen Krone kämpfen, scheinen den Kampf zu verlieren. Denn die britischen Kriegsschiffe verhindern die Lieferung des für den Sieg dringend benötigten Nachschubs.

Da hat Benjamin Tallmadge, ein Geheimdienstoffizier der Kolonisten, eine brillante Idee. Er schleust unter falscher Identität drei Werwölfe auf die HMS Havoc. Das Kriegsschiff ist wegen seiner vielen Kanonen und seinem Kapitän allseits gefürchtet. Ein Schlag gegen die HMS Havoc wäre daher ein entscheidender Schritt zum Sieg.

Kurz nachdem das Kriegsschiff den Hafen verlassen hat, beginnen die Werwölfe in den Nächten die anderen Besatzungsmitglieder zu töten. Tagsüber sehen sie wie normale Männer aus.

Deshalb hat die Suche nach ihnen auch etwas von einem Whodunit.

Die von Joe Hill erfundene Geschichte leidet etwas unter ihrem Format, das ihn und Zeichner McDaid dazu zwingt, alle zwei, drei Seiten einen Cliffhanger zu produzieren. Entsprechend kurz sind die einzelnen Szenen. Umgekehrt passiert ständig etwas und es gibt keine Atempause bei der Suche nach den Werwölfen, die währenddessen munter die Besatzung töten.

Und jetzt kommen wir zu einigen anderen Hill House Comics, die in den vergangenen Jahren in der von Joe Hill herausgegebenen Reihe erschienen sind und die hier noch nicht abgefeiert wurden. Nämlich Laura Marks‘ „Daphne Byrne – Besessen“, Joe Hills „Schiff der lebenden Toten“ und Rio Youers‘ „Ein Kühlschrank voller Köpfe“.

Daphne Byrne – Besessen“ ist der schwächste der hier besprochenen Comics. Die im Original in sechs Heften erschienene, von Theater- und Drehbuchautorin Laura Marks geschriebene, von Kelley Jones gezeichnete Geschichte spielt 1886 in New York.

Die Schülerin Daphne Byrne glaubt, dass ihre Mutter von einem Medium, das behauptet, mit den Geistern der Verstorbenen reden zu können, ein Betrüger ist und sie finanziell ruinieren möchte. Dabei können sie nach dem Tod ihres Vaters jeden Cent gut gebrauchen. Deshalb versucht Daphne ihre Mutter zu überzeugen, dass sie an eine Betrüger geraten ist.

Zur gleichen Zeit trifft Daphne auf dem Friedhof am Grab ihres Vaters einen charismatischen jungen Mann, der behauptet so etwas wie ihr Bruder zu sein. Er entführt sie in eine fremde Welt in der es vielleicht doch Geister und Dämonen gibt. Falls sie nicht an Wahnvorstellungen leidet. Denn dieser für andere unsichtbare Mann könnte durchaus nur eine Fantasiefigur sein.

Das ist der Auftakt für eine durchaus spannende Geistergeschichte, in der auch sehr diesseitige Betrüger mitspielen und es teilweise wirklich gruselig wird. Wer also solche Geschichten mag, sollte hier zuschlagen.

Über hundert Jahre später spielt „Schiff der lebenden Toten“, das schon vom Titel an andere Geschichten mit lebenden Toten erinnert. Die Macher, Autor Joe Hill und Zeichner Stuart Immonen, nennen ihre Horrorgeschichte eine Hommage an H. P. Lovecraft und John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“. Und genau wie Carpenters Horrorfilm spielt Hills Horrorgeschichte in einer eisigen Umgebung.

Im April 1983 verschwindet die Derleth, ein Vermessungsschiff einer Ölbohrgesellschaft, spurlos in der Arktis. Vierzig Jahre später wird auf einem Marinestützpunkt das automatische Notsignal der Derleth empfangen.

Die Besitzer des Schiffes beauftragen Kapitän Gage Carpenter mit der Bergung des Schiffes, das in einem Atoll liegt, das die USA und Russland für sich beanspruchen. Carpenter fährt mit einer kleinen Besatzung los.

In einem Atoll entdecken sie das Schiff und, entgegen aller Wahrscheinlichkeit und gegen den gesunden Menschenverstand, die Besatzung der Derleth, die in den vergangenen vierzig Jahren nicht alterte.

Und mehr soll über diesen spannenden Horrorthriller nicht verraten werden.

Aus der Gegenwart geht es wieder zurück in die Vergangenheit. „Ein Kühlschrank voller Köpfe“ spielt 1984, ein Jahr nach den Ereignissen von „Ein Korb voller Köpfe“, wieder auf Brody Island, Maine. Arlene und Calvin, ein junges Pärchen, mieten sich auf der Insel ein. Sie suchen Artefakte aus der Wikinger-Zeit. Vor allem eine sagenumwobene Axt. Wenn man mit dieser Axt einen Menschen enthauptet, bleibt der Kopf am Leben.

Dummerweise sind sie nicht die einzigen, die diese Axt suchen. Und schnell, sehr schnell füllt sich der titelgebende Kühlschrank mit sprechenden Köpfen, die über ihr körperloses Dasein wenig erfreut sind und entsprechend lautstark darüber meckern..

Die von Autor Rio Youers und Zeichner Tom Fowler erzählte Geschichte „Ein Kühlschrank voller Köpfe“ kann ebenfalls als John-Carpenter-Horrorfilm oder präziser als Grindhouse-Film in der Tradition von „Planet Terror“ und „Machete“ bezeichnet werden. Denn die Geschichte ist äußerst blutig, sehr schwarzhumorig und überaus witzig. Jedenfalls wenn man sprechende Köpfe, die über ihr Schicksal jammern, fluchen und immer noch frech und vulgär sind, witzig findet.

Wie es sich für eine Anthologieserie gehört,kann jede Geschchte ohne die Kenntnis der anderen Geschichten genossen werden und ein Zusammenfügen der einzelnen Geschichten in einem gemeinsamen Universum ist auh nicht geplant. Zum Glück. Es sind einfach nur spannende Horrorgeschichten.

Von mir aus könnte das ewig so weitergehen. Auch wenn aktuell auf der dazugehörigen DC-Seite keine weiteren Hill House Comics angekündigt sind.

Joe Hill/Dan McDaid: See Dogs – Blutige Wellen

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini, 2023

100 Seiten

13 Euro

Originalausgabe/ursprünglich publiziert in

Basketfull of Heads # 1 -7, 2019/2020

The Dollhouse Family # 1 – 6, 2020

The low, low Woods # 1 – 6, 2020

Daphne Byrne # 1 – 6, 2020

Plunge # 1- 5, 2020

Laura Marks/Kelley Jones/Michelle Madsen: Daphne Byrne – Besessen

(übersetzt von Gerlinde Althoff)

Panini, 2021

164 Seiten

19 Euro

Originalausgabe/enthält

Daphne Byrne # 1 – 6

DC Black Label/Hill House Comics, März 2020 – September 2020

Joe Hill/Stuart Immonen/Dave Stewart: Schiff der lebenden Toten

(übersetzt von Gerlinde Althoff)

Panini, 2021

172 Seiten

19 Euro

Originalausgabe/enthält

Plunge # 1 – 6

DC Black Label/Hill House Comics, April – Oktober 2020

Rio Youers/Tom Fowler: Ein Kühlschrank voller Köpfe

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini, 2022

164 Seiten

19 Euro

Originalausgabe/enthält

Refrigerator Full of Heads # 1 – 6

DC Black Label/Hill House Comics, Oktober 2021 – Juni 2022

Hinweise

Homepage von Joe Hill

Wikipedia über Joe Hill (deutsch, englisch)

Joe Hill in der Kriminalakte

Meine Besprechung von Scott Derricksons Joe-Hill-Verfilmung „The Black Phone“ (The Black Phone, USA 2022)

Meine Besprechung von Joe Hill/Stephen King/Richard Mathesons „Road Rage“ (Road Rage, 2012)

Meine Besprechung von Joe Hill/Gabriel Rodriguez‘ „Tales from the Darkside – Geschichten aus der Schattenwelt“ (Tales from the Darkside # 1 – 4, 2016)

DC über Hill House Comics

Meine Besprechung von Joe Hill/Leomacs/Dave Stewarts „Ein Korb voller Köpfe“ (Basketful of Heads # 1 – 7, 2019/2020) (DC Black Label/Hill House Comics)

Meine Besprechung von M. R. Carey/Peter Gross‘ „Das Puppenhaus“ (The Dollhouse Family # 1 – 6, 2020) (DC Black Label/Hill House Comics)

Meine Besprechung von Carmen Maria Machado/Danis „Im tiefen, tiefen Wald“ (The low, low Woods # 1 – 6, 2020) (DC Black Label/Hill House Comics)


TV-Tipp für den 24. Februar (und Lesetipps): Shutter Island

Februar 23, 2023

Pro7, 22.55

Shutter Island (Shutter Island, USA 2009)

Regie: Martin Scorsese

Drehbuch: Laeta Kalogridis

LV: Dennis Lehane: Shutter Island, 2003 (Shutter Island)

Shutter Island, 1954: U. S. Marshall Teddy Daniels und sein neuer Partner Chuck Aule sollen auf Shutter Island herausfinden, wie die Mehrfachmörderin und Patientin Rachel Solando aus dem streng abgesicherten Hospital entkommen konnte. Schnell ist Daniels einer größeren Verschwörung auf der Spur. Aber kann er seinen Sinnen noch trauen?

Und was kann bei dem Team Scorsese/DiCaprio schon schief gehen? Vor allem wenn sie als Spielmaterial einen spannenden Thriller von Dennis Lehane haben.

Nun, entgegen der allgemeinen Euphorie fand ich „Shutter Island“ todsterbenslangweilig und ungefähr so subtil wie Scorseses John-D.-MacDonald-Verfilmung „Kap der Angst“ (Cape Fear, USA 1991). Lehanes Roman ist dagegen grandios.

Mit Leonardo DiCaprio, Ben Kingsley, Mark Ruffalo, Max von Sydow, Michelle Williams, Emily Mortimer, Patricia Clarkson, Jackie Earle Haley, Ted Levine, John Carroll Lynch, Elias Koteas

Lesetipps

natürlich die Vorlage

Dennis Lehane: Shutter Island

(übersetzt von Steffen Jacobs)

Diogenes, 2015

432 Seiten

14 Euro

Originalausgabe

Shutter Island

William Morrow, 2003

Außerdem will ich die Gelegenheit wahrnehmen, um auf die Neuübersetzung von Dennis Lehanes Kenzie-&-Gennaro-Krimi „Kalt wie dein Herz“ hinzuweisen. Dieses Mal fragt Privatdetektiv Patrick Kenzie sich, ob er den Suizid von Karen Nichols hätte verhindern können. Einige Monate vor ihrem Tod war sie bei ihm, weil ein Stalker sie belästigte. Er übernahm lustlos den Auftrag.

Kalt wie dein Herz“ ist Lehanes fünfter Krimi mit den Privatdetektiven Patrick Kenzie und Angela Gennaro.

Ihr sechster und bislang letzter Fall „Moonlight Mile“ erschien erst elf Jahre später.

In den USA ist, nach einer sechsjährigen Pause, für Ende April sein neuer, im Sommer 1974 in Boston spielender Kriminalroman „Small Mercies“ angekündigt. Wir freuen uns schon jetzt auf die Übersetzung.

Dennis Lehane: Kalt wie dein Herz

(übersetzt von Peter Torberg)

Diogenes, 2022

512 Seiten

18 Euro

Originalausgabe

Prayers for Rain

William Morris, New York, 1999

Deutsche Erstausgabe

Regenzauber

(übersetzt von Andrea Fischer)

Ullstein, 2001

Hinweise

Metacritic über „Shutter Island“

Rotten Tomatoes über „Shutter Island“

Wikipedia über „Shutter Island“ (deutsch, englisch)

The Boston Globe: Interview mit Dennis Lehane über “Shutter Island” (14. Februar 2010)

Kriminalakte über den Film „Shutter Island“

Homepage von Dennis Lehane

Meine Besprechung von Dennis Lehanes „Coronado“ (Coronado, 2006)

Meine Besprechung von Dennis Lehanes „Moonlight Mile“ (Moonlight Mile, 2010)

Meine Besprechung von Dennis Lehanes „Shutter Island“ (Shutter Island, 2003)

Meine Besprechung von Dennis Lehanes “In der Nacht” (Live by Night, 2012)

Meine Besprechung von Dennis Lehanes „The Drop“ (The Drop, 2014) (Buch und Film)

Meine Besprechung von Ben Afflecks Dennis-Lehane-Verfilmung „Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel“ (Gone Baby Gone, USA 2007)

Meine Besprechung von Ben Afflecks Dennis-Lehane-Verfilmung „Live by Night“ (Live by Night, USA 2016)

Meine Besprechung von Christian De Metters Comicversion von Dennis Lehanes „Shutter Island“ (Shutter Island, 2008 [Comic])

Dennis Lehane in der Kriminalakte

Wikipedia über Martin Scorsese (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Martin Scorseses “Hugo Cabret” (Hugo, USA 2011)

Meine Besprechung von Martin Scorseses “The Wolf of Wall Street” (The Wolf of Wall Street, USA 2013)

Meine Besprechung von Martin Scorseses „Silence“ (Silence, USA 2016)

Martin Scorsese in der Kriminalakte


Neu im Kino/Buch- und Filmkritik: Über Ari Folmans „Das Tagebuch der Anne Frank“ und „Wo ist Anne Frank“

Februar 23, 2023

Die Geschichte von Anne Frank, ihrem Leben und Tod, dürfte allgemein bekannt sein. Nur Kitty, die beste Freundin von Anne Frank, kennt sie nicht vollständig. Denn Kitty ist eine Fantasiefigur. Erfunden wurde sie von Anne, weil sie ihre Tagebucheinträge nicht an sich selbst, sondern an eine andere Person richten wollte.

Als in Amsterdam im Anne-Frank-Haus „Heute in einem Jahr…“ ein Blitz einschlägt, erwacht Kitty zum Leben. Sie kennt das Haus, aber jetzt sind in ihm nicht mehr Anne, ihre Familie, die Familie van Daan und der später hinzugekommene Albert Dussel, sondern viele fremde Menschen. Kitty will ihre beste und einzige Freundin finden.

Dafür verlässt sie das Haus und stellt dabei fest, dass sie im Haus unsichtbar ist. Vor dem Haus ist sie, wenn sie das originale Tagebuch von Anne Frank dabei hat, sichtbar und sie kann sich mit Menschen unterhalten. Also nimmt sie es mit. Dummerweise wird die rothaarige Kitty jetzt als die Diebin des wertvollen Tagebuchs gesucht.

Das ist der zugegeben fantastische Auftakt von Ari Folmans Animationsfilm „Wo ist Anne Frank“ (ohne Fragezeichen). Folman ist vor allem bekannt für „Waltz with Bashir“. Vor inzwischen zehn Jahren wurd er vom Anne Frank Fonds gefragt, ob er einen Film über Anne Frank machen möchte. Daraus entstand dann zunächst, zusammen mit seinem „Waltz with Bashir“-Partner David Polonsky, eine Graphic Novel des Tagebuchs. Dieser Comic bleibt sehr nah am Text des Tagebuchs. Sie übernahmen sogar längere Tagebucheinträge direkt.

In „Wo ist Anne Frank“ versucht Folman einem heutigen, jüngerem Publikum die Geschichte von Anne Frank nahe zu bringen. Gleichzeitig will er erzählen, was nach Anne Franks letztem Eintrag in ihr Tagebuch geschah. Das gelingt ihm, indem er Kitty zur Protagonistin macht.

Während Kitty versucht herauszufinden, was mit Anne nach ihrem letzen Tagebucheintrag geschah, fügt Folman animierte Ausschnitte aus Anne Franks Tagebuch in den Film ein, Kitty sieht überall in Amsterdam die Spuren von Anne Frank (Letztendlich wurde jedes zweite Gebäude nach ihr benannt) und sie verliebt sich in den jugendlichen Taschendieb Peter. Über ihn lernt sie aus nordafrikanischen Ländern geflüchtete Menschen, wie das Mädchen Awa, kennen. Sie leben in Amsterdam teilweise ohne Papiere in einer geheimen Unterkunft. Folman verbindet hier zunächst unaufdringlich und rein assoziativ das Schicksal von Anne Frank mit dem Schicksal von heute aus ihren Heimatländern Geflüchteten.

Wo ist Anne Frank“ ist ein überaus ambitioniertes Werk, das sich etwas unglücklich zwischen Kinder- und Erwachsenenfilm setzt. Für die einen zu anspruchsvoll, für die anderen, wenigstens in Teilen, zu naiv. Wobei die Macher ihn für Kinder ab 12 Jahren und auch die Bildungsarbeit empfehlen. Denn der Anne Frank Fonds, der diesen Film initiierte, ist eine von Anne Franks Vater Otto Frank gegründete Stiftung, die sich in zahlreichen Projekten für einen würdigen Umgang mit Anne Franks Werk, dem Gedenken an den Holocaust und der Verwirklichung von Kinderrechten einsetzt. Zwölfjährige dürften mit der komplexen Struktur des Films zurechtkommen. Jüngere eher nicht. Erwachsene dürften sich eher über das überaus naive Finale des Films an der Flüchtlingsunterkunft ärgern, das sogar die Geduld des gutmütigsten Zuschauers strapaziert. Und Kitty muss sich bei ihrer Suche nach Anne manchmal wirklich dumm verhalten.

Doch das ist jammern auf hohem Niveau. Denn, wie die Pixar-Filme, spricht Folman in „Wo ist Anne Frank“ schwierige Themen an, behandelt sie vielschichtig und wird nur selten zu didaktisch. Deshalb ändert meine Kritik nichts daran, dass dieser Animationsfilm viel, viel besser ist als andere Animationsfilme, die sich ausschließlich an Kinder unter zehn Jahren richten.

Parallel zum Film erschien im S. Fischer Verlag die Graphic Novel „Wo ist Anne Frank“. Dabei handelt es sich um die gelungene gezeichnete Version des Films.

Wo ist Anne Frank (Where is Anne Frank, Belgien/Frankreich/Niederlande/Luxemburg/Israel/Deutschland/USA 2021 )

Regie: Ari Folman

Drehbuch: Ari Folman

mit (in der deutschen Fassung den Stimmen von) Sarah Tkotsch, Anni C. Salander, Jaron Müller, Oliver Szerkus, Bernhard Völger, Jessica Walther-Gabory, Laura Oettel, Iris Berben

Länge: 104 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Lesenswerter Lesestoff zum Film

Während Ari Folman an „Wo ist Anne Frank“ arbeitete, schrieb er eine gelungene Comic-Version des Tagebuchs von Anne Frank. Sie verkaufte sich gut und half so auch bei der schwierigen Finanzierung von „Wo ist Anne Frank“. Der Spielfilm wurde ebenfalls zu einem Comic verarbeitet. Der Comic unterscheidet sich kaum vom Film.

Ari Folman/Lena Guberman: Wo ist Anne Frank – Eine Graphic Novel

(übersetzt von Klaus Timmermann und Ulrike Wasel)

S. Fischer, 2022

160 Seiten

22 Euro

Ari Folman/David Polonsky: Das Tagebuch der Anne Frank

(übersetzt von Mirjam Pressler, Ulrike Wasel und Klaus Timmermann)

S. Fischer, 2017

160 Seiten

20 Euro

Außerdem gibt es natürlich immer noch den Originaltext

Wer nach (oder vor) dem Film so richtig in die Schriften von Anne Frank einsteigen möchte, sollte sich die Gesamtausgabe, die auch ganz banal „Gesamtausgabe“ heißt, zulegen. In ihr sind die verschiedenen Versionen ihres Tagebuchs (es gibt das ursprüngliche Tagebuch, eine von ihr für eine Veröffentlichung schon überarbeitete Fassung, die von ihrem Vater Otto Frank für die Veröffentlichung erstellte Fassung und die von Mirjam Pressler 2001 im Auftrag des Anne Frank Fonds erstellte und autorisierte „Version d“, die die heute verbindliche Fassung ist und in der für frühere Veröffentlichungen gekürzte und weggelassene Teile wieder aufgenommen wurden), die „Geschichten und Ereignisse aus dem Hinterhaus“ (ihre Erzählungen, die teils auf selbst Erlebtem basieren und die auch teils von ihr in ihr Tagebuch übernommen wurden), weitere Erzählungen, Briefe, Einträge in Poesiealben, „Das Schöne-Sätze-Buch“ (das hauptsächlich eine Sammlung von Texten, die ihr gefielen und die sie im Versteck abschrieb, ist) und ‚Das Ägyptenbuch‘ (das ebenfalls vor allem aus anderen Texten besteht und das Anne Franks Faszination für das alte Ägypten dokumentiert) abgedruckt. Damit ist ihr schriftstellerisches Gesamtwerk in diesem Buch enthalten.

Ergänzt wird der Sammelband durch Fotos und Dokumente über sie und ihre Familie und vier Aufsätze über Anne Frank, ihre Familie, den zeitgeschichtlichen Kontext und die Rezeptionsgeschichte.

Diese umfassende Ausgabe eignet sich vor allem für das vertiefte und auch vergleichende Studium.

Für den Hausgebrauch reicht natürlich die Ausgabe ihres Tagebuchs.


Anne Frank: Gesamtausgabe

(herausgegeben vom Anne Frank Fonds)

(übersetzt von Mirjam Pressler)

Fischer, 2015

816 Seiten

12,99 Euro


Deutsche Erstausgabe

Fischer, 2013

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Wo ist Anne Frank“

Moviepilot über „Wo ist Anne Frank“

Metacritic über „Wo ist Anne Frank“

Rotten Tomatoes über „Wo ist Anne Frank“

Wikipedia über „Wo ist Anne Frank“ (deutsch, englisch) und Anne Frank (deutsch, englisch)

Der Anne Frank Fonds

Meine Besprechung von Hans Steinbichlers „Das Tagebuch der Anne Frank“ (Deutschland 2016)

Meine Besprechung von Ari Folmans „The Congress“ (The Congress, Deutschland/Irland/Polen/Frankreich/Belgien/Luxemburg 2013)


„Inside James Bond“ „Mit der Absicht zu töten“ auf geheimer Mission

Februar 22, 2023

In seinem dritten James-Bond-Roman springt Anthony Horowitz wieder zu einem anderen Abschnitt im Leben von James Bond, wie es von Bond-Erfinder Ian Fleming aufgeschrieben wurde. In „Trigger Mortis – Der Finger Gottes“ (Trigger Mortis, 2015) erzählte Horowitz ein Abenteuer aus Bonds Agenten-Hochphase. Genaugenommen spielt der Roman 1957 nach dem Bond-Roman „Goldfinger“. In „Ewig und ein Tag“ (Forever and a Day, 2018) erzählte er James Bonds erstes Abenteuer als Geheimagent. Deshalb spielt die Geschichte vor Ian Flemings erstem Bond-Roman „Casino Royale“. Jetzt erzählt Horowitz quasi Bonds letztes Abenteuer. „Mit der Absicht zu töten“ spielt nach Ian Flemings letztem Bond-Roman „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (The Man with the golden Gun, 1965). Bond überlebte den Kampf gegen den Profikiller Scaramanga nur schwer verletzt.

Nach seiner Genesung wird Bond auf eine neue gefährliche Mission geschickt. Allerdings fragt der Weltkrieg-II-Veteran sich, ob er nach fünfzehn Jahren als Geheimagent überhaupt noch die Arbeit machen will und kann. Denn inzwischen ist er, so seine Einschätzung, langsam zu alt und zu langsam für die gefährliche Mission an vorderster Front. Sonst hätte er Scaramanga leichter besiegt. Und er weiß nicht, nachdem er in sowjetischer Gefangenschaft war und dort von Oberst Boris einer Gehirnwäsche unterzogen wurde, ob er seinem Gedächtnis und seinem Willen vertrauen kann. Denn diese Gehirnwäsche führte dazu, dass er einen Mordanschlag auf seinen Vorgesetzten M verübte,

Dieses Mal soll James Bond in Moskau eine geheime, neu gegründete Gruppe infiltrieren. Stalnaja Ruka ist ein Zusammenschluss von SMERSCH, KGB, GRU und Stasi, deren Beziehung zum Kreml unklar ist. Die Gruppe, zu der auch Oberst Boris gehört, plant etwas, das das Gleichgewicht der Kräfte zwischen Ost und West vollständig zerstören soll. Mehr weiß M nicht.

Melancholischer, an sich selbst zweifelnd und auch müde von den physisischen und psychischen Herausforderungen und Verletzungen seiner vorherigen Einsätze dürfte James Bond bislang in keinem anderen Abenteuer gewesen sein. Anthony Horowitz präsentiert in „Mit der Absicht zu töten“ einen reiferen James Bond.

Seit seinem ersten Agentenabenteuer „Ewig und ein Tag“, in das er sich erlebnishungrig und neugierig stürzte, sammelte er Erfahrungen und veränderte sich. Das zeigt sich auch an seinem Verhältnis zu den Frauen, die ihm in „Mit der Absicht zu töten“ begegnen. Außerdem veränderte sich von den frühen fünfziger Jahren bis Mitte der sechziger Jahre die Gesellschaft und gesellschaftliche Ansichten.

Das reflektiert Horowitz in seinem dritten und, leider, finalen Bond-Roman, der zur Hochzeit des Kalten Krieges spielt. Es gibt böse, sehr, sehr mächtige Russen, Intrigen, Geheimpläne, Verschwörungen, Gedankenexperimente wie in „Der Manchurian Kandidat“ und viel Kalter-Kriegs-Atmosphäre bis hin zum Finale in Ost-Berlin und an der Mauer.

Mit der Absicht zu töten“ ist ein spannender und würdiger Abschluss von Anthony Horowitz‘ James-Bond-Trilogie. Gleichzeitig sind seine drei Bond-Romane eine gelungene Erweiterung der von Ian Fleming geschriebenen James-Bond-Geschichten.

Für die Fans des Kino-James-Bond gibt es mit „Inside James Bond“ ein vom Filmmagazin cinema herausgegebenes Buch über James Bond. Es ist, wie die anderen von cinema zuletzt herausgegebenen Filmbücher eine gelungene, kurzweilige und informative Mischung aus kurzen Texten und vielen Bildern.

In den Texten geht es einmal durch die Geschichte von James Bond. Es beginnt mit einem Kapitel zu Bond-Erfinder Ian Fleming. Weiter geht es mit Kapiteln über die Produzenten und die Bond-Darsteller Sean Connery, George Lazenby, Roger Moore, Timothy Dalton, Pierce Brosnan und Daniel Craig. In diesen Kapiteln stehen ihre James-Bond-Filme eindeutig im Mittelpunkt. Sie werden hier auch schon kritisch eingeordnet. Weiter geht es mit kurzen Kapiteln über die Bond-Girls, die Bösewichter, die Titelsongs, Drehorte und Sets, die gerne am Filmende zerstört werden. Es gibt teils brandneue Interviews mit den Bond-Darstellern und anderen an den Bond-Filmen beteiligten Personen, wie den Bond-Produzenten Barbara Broccoli und Michael G. Wilson.

Abschließend werden alle Bond-Filme, auch „Casino Royale“ (1967) und „Sag niemals nie“ (1983, das „Feuerball“-Remake mit Sean Connery), noch einmal kritisch gewürdigt.

Über die dabei vorgenommene Punktebewertung sollte allerdings noch einmal gesprochen werden. So kommt die kommerziell sehr einträgliche Craig-Ära zu gut weg. Für mich sind nur zwei seiner fünf Filme gelungen und vier von fünf möglichen Patronen für „Ein Quantum Trost“ sind mindestens zwei zu viel. Fünf Bewertungskugeln für „Liebesgrüße aus Moskau“ und „Goldfinger“ sind natürlich in Ordnung.

Insgesamt ist „Inside James Bond“ ein gelungenes Buch, das auch Bond-Fans, die bereits einige Bücher über den Geheimagenten ihrer Majestät im Regal stehen haben, noch ein, zwei neue Erkenntnisse vermittelt.

Anthony Horowitz: Mit der Absicht zu töten

(übersetzt von Stephanie Pannen)

Cross Cult, 2022

320 Seiten

18 Euro

Originalausgabe

James Bond – With a mind to kill

Jonathan Cape, 2022

cinema (Hrsg.): Inside James Bond

Panini, 2022

224 Seiten

30 Euro

Hinweise

Wikipedia über James Bond (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ian Flemings ersten drei James-Bond-Romane “Casino Royale”, “Leben und sterben lassen” und “Moonraker”

Meine Besprechung von John Gardners “James Bond – Kernschmelze” (James Bond – Licence Renewed, 1981; alter deutscher Titel “Countdown für die Ewigkeit”)

Meine Besprechung von John Gardners „James Bond – Der Mann von Barbarossa“ (James Bond – The Man from Barbarossa, 1991)

Meine Besprechung von Sebastian Faulks’ James-Bond-Roman „Der Tod ist nur der Anfang“ (Devil may care, 2008)

Meine Besprechung von Jeffery Deavers James-Bond-Roman “Carte Blanche” (Carte Blanche, 2011)

Meine Besprechung von William Boyds James-Bond-Roman “Solo” (Solo, 2013)

Meine Besprechung von Anthony Horowitz’ “James Bond: Trigger Mortis – Der Finger Gottes” (James Bond: Trigger Mortis, 2015)

Meine Besprechung von Anthony Horowitz‘ „James Bond – Ewig und ein Tag“ (James Bond – Forever and a day, 2018)

Meine Besprechung der TV-Miniserie „Fleming – Der Mann, der Bond wurde“ (Fleming, Großbritannien 2014)

Meine Besprechung von Sam Mendes’ James-Bond-Films „Skyfall“ (Skyfall, GB/USA 2012)

Meine Besprechung von Sam Mendes’ James-Bond-Film “Spectre” (Spectre, USA/GB 2015)

Meine Besprechung von Cary Joji Fukunaga James-Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“ (No time to die, Großbritannien 2021)

Meine Besprechung von Danny Morgensterns „Unnützes James Bond Wissen“ (2020)

Kriminalakte: Mein Gespräch mit Danny Morgenstern über „Keine Zeit zu sterben“ und sein Buch „Das ultimative James-Bond-Quizbuch“ (1. Oktober 2021) (Sehbefehl?)

James Bond in der Kriminalakte

Ian Fleming in der Kriminalakte

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Homepage von Anthony Horowitz

Meine Besprechung von Anthony Horowitz’ „Das Geheimnis des weißen Bandes“ (The House of Silk, 2011)

Meine Besprechung von Anthony Horowitz‘ „Der Fall Moriarty“ (Moriarty, 2014)

Die “Inspector Barnaby”-Fälle von Anthony Horowitz

Meine Besprechung von Anthony Horowitz‘ „James Bond: Trigger Mortis – Der Finger Gottes“ (James Bond: Trigger Mortis, 2015)

Meine Besprechung von Anthony Horowitz‘ „James Bond – Ewig und ein Tag“ (James Bond – Forever and a day, 2018)

Meine Besprechung von Anthony Horowitz‘ „Ein perfider Plan – Hawthorne ermittelt“ (The Word is Murder, 2017)

Meine Besprechung von Anthony Horowitz‘ „Mord in Highgate – Hawthorne ermittelt“ (The Sentence is Death, 2018)

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Homepage von Cinema

Meine Besprechung von Cinema (Hrsg) „Making of – Hinter den Kulissen der größten Filmklassiker aller Zeiten“ (2019)

Meine Besprechung von Cinema (Hrsg.) „Filmstars: Die 30 größten Ikonen der Kinogeschichte“ (2021)

Meine Besprechung von Cinema (Hrsg.) „Making of – Hinter den Kulissen der größten Klassiker aller Zeiten: Band 2“ (2022)


„Jetzt ist Sense“ – Hans Rath liest vor

Februar 20, 2023

An ihrem 50. Geburtstag klingelt noch vor dem Frühstück der Tod bei Dr. Olivia Bentele. Er ist ein überaus apart aussehender Grieche. Allerdings hat er sich in der Tür geirrt.

Kurz darauf trifft die Psychologin ihn wieder. Zino Angelopoulos, wie er sich in dieser Welt nennt, bittet Olivia um Therapiesitzungen. Einerseits, weil er sie sympathisch findet, andererseits befindet er sich in einer Sinnkrise. Er hat nach Jahrhunderten und ohne die Aussicht auf eine Verrentung einfach keine Lust mehr.

So beginnt Hans Raths neuer Roman „Jetzt ist Sense“. Und der Tod erscheint bei seinem ersten Auftritt als eine tiefenentspannte Figur, die, wie wir seit Ingmar Bergmans „Das siebente Siegel“ wissen, immer Zeit für ein Schachspiel hat.

Doch dann vertieft Rath sich nicht in philosophische, theologische oder therapeutische Fragen oder forciert die Beziehung zwischen Olivia und Zino, der ein lebenslustiger Geist und notorischer Lügner ist. Auch die Frage, ob Zino wirklich der Tod oder nur einer der zahlreichen in der Hauptstadt lebenden Spinner ist, interessiert Rath nicht. Stattdessen lässt er die Geschichte ziellos vor sich hin plätschern. Spannender oder interessanter wird es auch nicht, als der Tod Olivia sagt, er habe sich nicht in der Tür geirrt. Der Tod mache keine Fehler und der Zeitpunkt ihres baldigen Ablebens stehe fest.

Es gibt einige Nebengeschichte, die sich um einen wertlosen Hof im benachbarten Brandenburg und Liebes- und Beziehungsprobleme zwischen Männern und Frauen und Eltern und Kindern drehen.

Rath erzählt das mit vielen knappen Beschreibungen der Handlungsorte und den Rest der Seiten ausfüllenden Dialogen. Diese sind eher funktional als witzig; wobei, das muss der Ehrlichkeit halber gesagt werden, „Jetzt ist Sense“ wird als „Roman“ beworben und nirgends steht, dass die Begegnung mit dem Sensemann zum Lachen ist.

Jetzt ist Sense“ liest sich wie der „Roman zum Film“ des „TV-Films der Woche“ zu. Mit einer niemals auch nur im Ansatz die Möglichkeiten seiner Geschichte auslotend und mit einem minimalem Schmunzelfaktor. Denn selbstverständlich gibt es, wenn die Welten aufeinanderprallen und in seiner Nähe fast immer Menschen sterben, etwas Humor. Und wenn es nur der Witz ist, der dadurch entsteht, dass der Tod im Bildvordergrund mit Olivia plaudert, während im Hintergrund wieder eine Leiche abtransportiert wird.

Die Buchpremiere:

Am Mittwoch, den 22. Februar, stellt Hans Rath um 20:00 Uhr im Kriminaltheater Berlin (Palisadenstraße 48, 10243 Berlin) seinen neuen Roman vor und beantwortet Fragen. Benno Fürmann liest vor und Michaela Wiebusch moderiert den Abend.

Hans Rath: Jetzt ist Sense

dtv, 2023

288 Seiten

15,95 Euro

Hinweise

Homepage von Hans Rath

Wikipedia über Hans Rath


Der aktuelle Deutsche-Krimipreis-Gewinner „Die Stunde der Hyänen“ – in Berlin vorgelesen von Johannes Groschupf

Februar 14, 2023

Im Moment steht Johannes Groschupfs neuer Kriminalroman „Die Stunde der Hyänen“ auf dem zweiten Platz der monatlichen Krimibestenliste. Auf der Jahresbestenliste 2022 stand der Thriller ebenfalls und er erhielt vor wenigen Wochen mit dem Deutschen Krimipreis.

In dem ausgezeichneten Krimi geht es um einen Autobrandstifter und zwei Frauen, die ihn jagen. Die eine ist Romina Winter, eine junge Polizistin, die sich im Dezernat für Branddelikte ihren Ruf erarbeiten will. Vor allem weil die älteren Kollegen sie mit langweiligen Hilfsarbeiten abspeisen. Also beginnt sie in nächtlichen Streifzügen den Täter auf eigene Faust zu suchen. Die andere ist die Journalistin Jette Geppert. Sie schreibt eine Reportage über Radek Malarczyk und soll danach weitere Reportagen über die Jagd nach dem Brandstifter in ihrem Kiez schreiben.

Als der Alkoholiker Radek am 10. Februar in seinem Bulli schläft, wird der Wagen von einem Brandstifter angezündet. Radek entkommt den Flammen in letzter Sekunde, sieht den Täter in einer gegenüberliegenden Toreinfahrt stehen und zieht, nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus, als durch den Brand in seinem Bulli zu Gott bekehrter, alle lautstark bekehren wollender selbsternannter Heiliger durch Kreuzberg.

Ebenfalls durch Kreuzberg zieht der Brandstifter. Es ist der zwanzigjährige Maurice Jaenisch. Der Postbote ist Mitglied der Gemeinde der Jünger Jahwes und seit Jahren verliebt in die zwei Jahre jüngere Britta. Sie gehört ebenfalls zur Gemeinde.

Johannes Groschupf lässt sie durch das meist nächtliche, winterlich kalte Kreuzberg irren. Ihre Wege kreuzen sich in schönster „Short Cuts“-Manier immer wieder und schnell erscheint die Großstadt wie ein Dorf.

Die Stunde der Hyänen“ unterscheidet sich, wie Groschupfs vorherige Thriller, wohltuend vom formatierten Einerlei vieler deutscher Krimis. Seine Figuren haben keine nervigen Marotten. Sie sind individuell und lebensnah gezeichnet. Die Beschreibungen der nächtlichen Großstadt sind dicht. Die Geschichte bewegt sich auf deutlich unter dreihunder Seiten flott voran.

Er spricht, während Jette und Romina den Täter suchen, alle gesellschaftlich relevanten Themen und Schlagzeilen an. Oft nur in wenigen, prägnanten Sätzen und Szenen. Dazu gehören die durch Kreuzberg ziehende proto-faschistische Bürgerwehr, die Beziehung von Jette zu ihrem Freund und, in vielen Schattierungen, sexuelle Gewalt und religiösen Wahn

Er behandelt diese Themen nicht sozialpädagogisch-sozialdemokratisch (wie einst im Soziokrimi) oder nett-humoristisch, sondern im illusionslosen Hardboiled-Stil. Und das ist gut so.

Auf Einladung der Krimibuchhandlung Hammett (meine liebste Kreuzberger Buchhandlung) stellt Johannes Groschupf „Die „Stunde der Hyänen“ am Mittwoch, den 15. Februar 2023, ab 19.00 Uhr im Mühlenhauptmuseum (Fidicinstraße 40, Nähe U-Bahnhof Platz der Luftbrücke, Karten: karten@muehlenhaupt.de) vor.

Johannes Groschupf: Die Stunde der Hyänen

Suhrkamp, 2022

272 Seiten

16 Euro

Hinweise

Perlentaucher über „Die Stunde der Hyänen“

Suhrkamp über Johannes Groschupf

Wikipedia über Johannes Groschupf

Meine Besprechung von Johannes Groschupfs „Berlin Prepper“ (2019)


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