Zack Andersen hasst sein Leben als Bürogehilfe im Rathaus in irgendeinem sich in der amerikanischen Provinz befindendem Kaff. Der Höhepunkt seines Lebens ist ein Quickie mit Amanda von der Buchhaltung während der Weihnachtsfeier. Allerdings ist er als Weihnachtsmann verkleidet und sie hält ihn für jemand anderes.
Zack ist auch jemand anderes. Bevor er ins Zeugenschutzprogramm gesteckt wurde, war er Zack Overkill und er machte seinem Namen alle Ehre. Zusammen mit seinem Bruder hinterließen sie mit ihren Verbrechen und den Kollateralschäden eine Spur der Verwüstung. Jetzt ist Zack mit Drogen ruhiggestellt und er lebt ein Leben, das er früher verachtete.
Als Zack die Pillen absetzt, erwachen seine früheren Kräfte wieder und er setzt sie auf seinen nächtlichen Streifzügen ein. Aber nicht, um Verbrechen zu begehen, sondern um Verbrecher zu bestrafen. Zack wundert sich zwar etwas, dass er jetzt die Arbeit der Polizei übernimmt, aber das verkloppen von Räubern gefällt ihm.
Schnell erfahren seine früheren Freunde von seinen nächtlichen Streifzügen und sie schicken einige Männer los, die den Verräter finden und bestrafen sollen.
Zack Andersen/Overkill ist die neueste Schöpfung des genialen Autors Ed Brubakers und seines ihn kongenial ergänzenden Zeichner Sean Phillips. In ihrer ersten Zusammenarbeit „Sleeper“ ließen sie einen guten Menschen Böses tun, indem sie ihn als Undercover-Agent in ein weltumspannendes Gangsterimperium einschleusten und mit der Zeit gefiel Holden Carver das Leben als Verbrecher immer besser.
„Incognito“ liest sich in weiten Teilen wie die Umkehrung von „Sleeper“. Wieder wird ein Mann gezwungen ein Leben zu führen, das er nicht führen will. Wieder spielt sich dieser Kampf des Helden um seine Unabhängigkeit vor dem Kampf verschiedener Verbrecher- und Regierungsorganisationen ab, die in ihrem Handeln über dem Gesetz stehen. Und wieder hat der Held und einige weitere wichtige Charaktere Superkräfte. Oh, und wieder ist die Geschichte als eine sich abgeschlossene Reihe von Comicheften entworfen.
Aber es gibt in „Incognito“ auch den Blick des kleinen Mannes, der in anderen Superhelden-Comics (wozu auch „Sleeper“ gehört) höchstens als Staffage manchmal das Bild füllt. Es gibt Szenen aus dem Berufsleben, dem Strafvollzug und Gespräche mit Arbeitskollegen über Verschwörungstheorien, die für Zack keine Theorien, sondern Teil seines alten Lebens sind.
In „Incognito“ erzählt Ed Brubaker wieder von einem Mann, der sein Leben leben will. Eine feine Lektüre.
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Ed Brubaker/Sean Phillips: Incognito 1 – Stunde der Wahrheit
(übersetzt von Claudia Fliege)
Panini Comics 2009
164 Seiten
19,95 Euro
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Originalausgabe/enthält
Incognito, Heft 1 – 6
Icon Comics/Marvel Comics, Dezember 2008 – September 2009
Dexter: Verflucht/Einfach loslassen (USA 2007, R.: Tony Goldwyn, Marcos Siega)
Drehbuch: Daniel Cerone, Clyde Phillips
Erfinder: James Manos Jr.
LV: Jeff Lindsay: Darkly Dreaming Dexter, 2004 (Des Todes dunkler Bruder; – für die zweite Staffel dann eher Charakter von Dexter)
Ehrlich gesagt, damit habe ich schon nicht mehr gerechnet: nachdem die erste „Dexter“-Staffel quotenmäßig ein Flop war, hätte ich keine fünf Cent auf weitere „Dexter“-Episoden im frei empfangbaren deutschen TV gewettet. Aber die Jungs von RTL II wagen einen zweiten Versuch, zu einer Uhrzeit die stark nach Resterampe aussieht. Denn die zwölf Episoden der zweiten Staffel werden nach dem Spielfilm versendet und das kann dann schon etwas später werden. Nächsten Sonntag mordet Dexter von 22.55 Uhr bis 01.00 Uhr.
In der zweiten Staffel muss Dexter Morgan (Forensiker bei der Polizei von Miami und Serienkiller mit okayer Opferauswahl) herausfinden, warum an den Stränden von Miami Leichensäcke mit seinen Opfern liegen.
Inspiriert wurde die in den USA sehr erfolgreiche Serie von Jeff Lindays schwarzhumorigen Romanen. „Des Todes dunkler Bruder“ (Darkly Dreaming Dexter, 2004), „Dunkler Dämon“ (Dearly Devoted Dexter, 2005) und „Komm zurück, mein dunkler Bruder“ (Dexter in the Dark, 2007) erschienen bei Knaur und sind natürlich lesenswert. „Dexter by Design“ (2008) ist noch nicht übersetzt.
Mit Michael C. Hall (Dexter Morgan), Julie Benz (Rita Bennett), Jennifer Carpenter (Debra Morgan), David Zayas (Angelo Batista), Lauren Vélez (Lt. Maria LaGuerta), James Remar (Harry Morgan), Erik King (Sgt. James Doakes), C. S. Lee (Vince Masuka), Jaime Murray (Lila Tourney)
Drehbuch: Larry Marcus, Billy Wilder, Harry Kurnitz
LV: Agatha Christie: The Witness for the Prosecution, 1933 (Kurzgeschichte, ursprünglich erschienen in „The Hound Of Death And Other Stories”, Zeugin der Anklage)
Hat Leonard Vole eine reiche Witwe erschlagen? Für Staranwalt Sir Wilfried hängt alles von der Aussage von Voles Frau Christine ab.
Prototyp aller Gerichtsfilme und immer noch weitaus spannender als die jüngeren Gerichtsthriller (obwohl die Pointe bekannt sein dürfte), mit – in glänzender Spiellaune – Marlene Dietrich, Charles Laughton, Tyrone Power.
Das Drehbuch war für einen Edgar nominiert. „Die zwölf Geschworenen“ gewann ihn.
Bei den Alligatorpapieren sind die, wie immer von Alligator-Alfred wunderschön bebilderten, TV-Krimi-Buch-Tipps online. Ansehen!
Und was gibt’s die nächsten Tage im TV?
Also,
der Auftakt zwischen einem „Tod auf dem Nil“ und dem „Lawinenexpress“ lässt uns alle Wetterextreme von der heimischen Couch miterleben. Danach gibt’s Billy Wilders Agatha-Christie-Verfilmung „Zeugin der Anklage“ (in einem wohltemperiertem Gerichtssaal), Jacques Derays Derek-Raymond-Verfilmung „Mörderischer Engel“, Jean Renoirs Emile-Zola-Verfilmung „Bestie Mensch“, Claude Pinoteaus Francis-Ryk-Verfilmung „Ich – Die Nummer eins“, Lynda La Plantes „Heißer Verdacht“ und „Der Preis des Verbrechens“, Jean-Luc Godards „Peter Cheney“-Verfilmung „Alphaville“ (in der ungekürzten Fassung), Phillip Noyces Graham-Greene-Verfilmung „Der stille Amerikaner“, Alfred Hitchcocks Francis-Iles-Verfilmung „Verdacht“ und seine Ethal-Lina-White-Verfilmung „Eine Dame verschwindet“ und, als TV-Premiere, die Jack-Ketchum-Verfilmung „Blutrot“.
(…) Bob Parker, was my father. He hated to be referred to as „my dad“. He was my father. „My dad“ always struck him (and me) as half-assed, slangy, casual–not befitting the grandeur of the office. He was very serious about being a father and believed it to be a great and marvelous undertaking. Oh, I called him „Dad“ when we were together but when I spoke of him it was always as „my father“.
We all know of his passion for social justice, civil rights and noblesse oblige, and because these traits are enshrined in his work, it’s easy to take them for granted. But we’ve only to remember how hard-won they were. In building his character, he had to reject the narrow-minded and bigoted conservatism of his parents and his parochial upbringing. A larger life beckoned him. He dared to eat the peach. He rode away from his mundane origins on a kind of daft confidence that allowed him to transform himself as needed but without losing his center. In contrast, I didn’t have to reject his values to build my character. I wanted to be like him. (…)
Lesenswert.
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Bei „The Hollywood Interview“ gibt es
– zwei Interviews mit William Friedkin (French Connection, Exorzist, Leben und Sterben in L. A.). Eines von 1997 anläßlich seines Remakes von „Die zwölf Geschworenen“; eines von 2007 anläßlich der DVD-Ausgabe von „Cruising“ (ein Polizeifilm mit Al Pacino)
– eines mit Anthony Hopkins (vor allem über Hannibal Lector und „Red Dragon“)
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Spiegel Online unterhält sich mit Ulli Lommel vor allem über seine Zeit mit Rainer Werner Fassbinder und Andy Warhol, aber kaum über die vielen von ihm gedrehten (Horror-)Filme, wie „Die Zärtlichkeit der Wölfe“, „The Boogeyman“ und die vielen Direct-to-Video(DVD?)-Filme der vergangenen zehn Jahre.
Manhattan Murder Mystery (USA 1992, R.: Woody Allen)
Drehbuch: Woody Allen, Marshall Brickman
Als eine Nachbarin in ihrem noblen New Yorker Mietshaus überraschend stirbt, glaubt Carol Lipton (Diane Keaton), dass sie ermordet wurde und sie beginnt, mit einem befreundeten Krimiautor, den Mörder zu suchen. Ihr Mann Larry (Woody Allen) ist davon überhaupt nicht begeistert.
Eine Krimikomödie von Woody Allen, bei der sich für die die Wortgefechte vom „Dünnen Mann“ inspirieren ließ und auch sonst lustvoll im Fundes des klassischen Hollywood-Krimis wühlte. Cineasten können also einiges entdecken.
„So unverhohlen publikumsfreundlich war Woody Allen lange nicht mehr.“ (Fischer Film Almanach 1995)
Sein nächster Film war „Bullets over Broadway“.
mit Woody Allen, Diane Keaton, Anjelica Huston, Alan Alda, Jerry Adler, Ron Rifkin, Zach Braff (sein erster Spielfilm), Frank Pellegrino (dito, später war er bei den „Sopranos“)
Bad Lieutenant (Bad Lieutenant: Port of Call – New Orleans, USA 2009)
Regie: Werner Herzog
Drehbuch: William Finkelstein (nach dem Drehbuch von Victor Argo, Paul Calderon, Zoë Lund und Abel Ferrara)
Werner Herzogs Comeback. Jedenfalls in Deutschland. Denn hier verschwand er nach seinen großen Erfolgen in den Siebzigern (Aguirre, der Zorn Gottes; Jeder für sich und Gott gegen alle; Herz aus Glas; Stroszek; Nosferatu; Woyzek) und frühen Achtzigern (Fitzcarraldo; Wo die grünen Ameisen träumen; Cobra Verde [sein Abschied vom Kino]) von der Bildfläche und man hörte nur noch, dass er jetzt vor allem Dokumentarfilme mache. Einige liefen auch auf den üblichen weltabgewandten Plätzen im TV.
Aber in den USA wurde er zu dem Mann. Einem der wenigen Deutschen, die auch in Hollywood anerkannt sind und er wurde sogar in die Parodie „If Filmmakers directed the Super Bowl“ aufgenommen. Neben den Dokus drehte er auch einige Spielfilme, die bei uns – falls überhaupt – unter Ausschluss der Öffentlichkeit liefen.
Doch jetzt, mit dem Remake eines Genrefilms und mit der Präsidentschaft der Berlinale-Jury (was auch zu vielen Interviews führte [es half sicher, dass die Interviews auf Deutsch geführt werden konnten und er auch seinen neuen Film irgendwie promotete]) kehrt er zurück in die deutschen Kinosäle.
Die Story, für alle die Abel Ferraras grandiosen „Bad Lieutenant“ (mit Harvey Keitel) nicht kennen: Nach dem Hurrikan Katrina muss ein drogensüchtiger Cop den Mord an einer schwarzen Familie aufklären.
Mit Nicholas Cage, Val Kilmer, Eva Mendes, Xzibit, Vondie Curtis Hall, Brad Dourif
LV: Dennis Lehane: Shutter Island, 2003 (Shutter Island)
Shutter Island, 1954: U. S. Marshall Teddy Daniels und sein neuer Partner Chuck Aule sollen auf Shutter Island herausfinden, wie die Mehrfachmörderin und Patientin Rachel Solando aus dem streng abgesicherten Hospital entkommen konnte. Schnell ist Daniels einer größeren Verschwörung auf der Spur. Aber kann er seinen Sinnen noch trauen?
Und was kann bei dem Team Scorsese/DiCaprio schon schief gehen? Vor allem wenn sie als Spielmaterial einen spannenden Thriller von Dennis Lehane haben.
Mit Leonardo DiCaprio, Ben Kingsley, Mark Ruffalo, Max von Sydow, Michelle Williams, Emily Mortimer, Patricia Clarkson, Jackie Earle Haley, Ted Levine, John Carroll Lynch, Elias Koteas
Es hat einige Tage gedauert, aber weil ich zu den altmodischen Menschen gehöre, die ihre Jahrescharts nicht als Verkaufsempfehlung für das Weihnachtsgeschäft im Oktober/November erstellen, sondern erst nach dem Weihnachtstrubel und Alfred mal wieder einen verdammt guten Job bei der Suche nach den richtigen Bildern gemacht hat, sind meine „Tops und Flops 2009“ erst jetzt in der Spurensuche.
Dafür kann ich jetzt sagen, dass ich einige potentielle Preisträger dabei habe.
Die Liste taugt natürlich auch als Einkaufsliste für Ostern.
Noch bevor ich meine erste Frage stellen kann, erzählt Jonas T. Bengtsson mir in der Lobby des Grand Hotel Esplanade von der vor wenigen Stunden erfolgten Premiere von „Submarino“ auf der Berlinale im Wettbewerb.
Der Roman „Submarino“
In dem Noir „Submarino“ erzählt Bengtsson von zwei jungen Männern, die nach ihrer Adoption zu Brüdern erklärt wurden. Ihre Jugend verbrachten sie in Pflegeheimen und -familien. Jetzt ist der eine ein Junkie, der versucht seinem Sohn ein normales Leben zu geben. Dafür wird er zum Drogenhändler. Der andere verbringt seine Zeit, nach einer Haftstrafe, in einem Fitness-Studio, übernimmt Prügeljobs und begeht kleinere Verbrechen. Eines Tages fällt ihm ein Obdachloser auf, den er von früher als den Bruder seiner großen Liebe kennt. Er will ihm helfen.
Als Bengtsson mit dem Schreiben von „Submarino“ begann, wusste er nicht, wie die Geschichte endet. Er begann mit einigen Charakteren und Themen.
Doch schon schnell entwarf er die Struktur des Romans und damit auch das Ende. In der ersten Hälfte „Ivan“ steht Nick und sein Versuch dem Obdachlosen Ivan zu helfen, im Mittelpunkt. In der zweiten, längeren Hälfte, „Martin“, erzählt er die Geschichte von Nicks Bruder und seinem Sohn Martin.
„Ich wollte zwei nur lose miteinander verknüpfte Geschichten erzählen. Sie sollten sich aber beeinflussen“, erklärt Bengtsson. „Sie sind verbunden durch das schlimme Ereignis in ihrer Kindheit und die Themen Vaterschaft und Liebe. Ich erzähle eine griechische Trägodie im heutigen Kopenhagen.“
Für beide Brüder ist die Vergangenheit sehr lebendig und sie unterbricht immer wieder den Fluss der Erzählung, ohne dass „Submarino“ zu einem sich aus bedeutungslosen Splittern zusammensetzendem Werk wird. In ihrem Leben gibt es zwischen der Gegenwart und den Traumata der Vergangenheit keinen Bruch. Das liegt weniger daran, dass für sie die Vergangenheit noch lebendig ist, sondern mehr daran, dass sie kein Ziel habe. Ihr Leben ist statisch.
Sie haben vielleicht, wie Nick, viele Bekannte, aber keine Freunde. Bengtsson erzählt von Menschen, denen wir täglich in der Großstadt auf der Straße oder in der U-Bahn begegnen, die aber nicht am normalen gesellschaftlichen Leben teilnehmen wollen: „Es sind Menschen, die am Rand unseres Bewusstseins leben.“
Insofern könne „Submarino“, so Bengtsson, auch in einer anderen nordeuropäischen Großstadt spielen. Aber in Marokko würde die Geschichte der beiden Brüder nicht funktionieren, weil sie dann mit vollkommen anderen Problemen zu kämpfen hätten. Dort müssten sie um ihr überleben kämpfen, aber in Kopenhagen (wo „Submarino“ spielt) gäbe es ein soziales Netz mit Übergangswohnheimen und Familienbetreuern. Die beiden Brüder haben ihr Leben als Verbrecher und Süchtige selbst gewählt. Aber sie versuchen, aus dem Leben auszubrechen. Denn, so Bengtsson: „Niemand ist eine Insel.“
Allerdings haben sie in ihrer hoffnungslos verkorksten Erziehung kein Instrumentarium zum Bewältigen von Problemen erlernt. Daher enden all ihre Bemühungen unglücklich.
Sie versuchen das Beste zu tun. Aber es führt sie, auf verschiedenen Wegen, ins Gefängnis. Dabei haben sie durchaus edle Motive. Der eine will einem Freund helfen, der als Penner auf der Straße lebt. Der andere will seinem Sohn ein besseres Leben ermöglichen. Dafür wird der Junkie zum Drogenhändler.
In „Submarino“ zeichnet Bengtsson einen Zirkel von Gewalt und Hoffnungslosigkeit, der durch den Titel und die Erklärung des Titels noch verstärkt wird. „Submarino“ (U-Boot) ist eine in Chile während der Pinochet-Diktatur angewandte Foltermethode, bei der der Kopf einer Person bis zur Erstickungsgrenze unter Wasser gedrückt wird. In den vergangenen Jahren erlangte das sehr ähnliche „Waterboarding“ wieder traurige Berühmtheit.
Weil die Geschichten der Brüder schlecht ausgehen, zeigt Bengtsson in „Submarino“ einen fast schon deterministischen, sich von Generation zu Generation fortpflanzenden Zyklus von Gewalt und Hoffnungslosigkeit. Diese fatalistische Lesart gefällt Bengtsson nicht.
Denn, so Bengtsson: „Ich wollte nicht generalisieren. Der Roman ist keine Aussage über die Welt. Ich war an den beiden Brüdern und ihrem individuellem Kampf interessiert. Denn in ‚Submarino‘ gibt niemand auf.“
Sie sind am Anfang isoliert und versuchen wieder ein Teil der Gesellschaft zu werden. So will Nick das Richtige tun, aber das Ergebnis ist fatal und sogar die von ihm gewünschte Buße wird ihm vom Staat verwehrt.
„Ich wollte, dass es etwas anonym und zeitlos ist“ erklärt Bengtsson die auf den ersten Blick vorhandene Austauschbarkeit der Orte. Denn Straßen, Fitnessstudios und MacDonalds gibt es in jeder größeren Stadt. „Dennoch sind die Orte für mich und meine Freunde gut erkennbar.“
Das Schreiben als alleinerziehender Vater
Am liebsten würde er nachts schreiben. Aber mit einem vierjährigem Sohn gehe das nicht, erklärt der alleinerziehende Vater. Nachdem er seinen Sohn ins Bett gebracht habe, müsse erst einmal ein, zwei Stunden ausspannen und wenn er danach mit dem Schreiben begönne, wäre er am nächsten Tag zu müde.
Deshalb schreibt er seinen dritten Roman vor allem tagsüber. Er ist strukturell an ein Märchen (vor allem aus dem slavischen und deutschen Sprachraum) angelehnt, wird umfangreicher als „Submarino“ sein und soll in Dänemark gegen Jahresende erscheinen.
Viel Zeit verwende er wieder auf die Struktur. Die Geschichte als eine Abfolge von Plottwists, Wendepunkten, Set-ups und Pay-offs, interessiert ihn weniger. Das wirke auf ihn beim Lesen von Romanen oft zu mechanisch und zu sophisticated. Er versuche dagegen möglichst natürlich zu erzählen.
Für Bengtsson ist ein Kind der beste reality check den es gibt. Im Moment liebt sein Sohn Superhelden und Bengtsson bekennt freimütig: „Ich könnte wahrscheinlich mehr über Superhelden als über meine Bücher reden.“
Und wir unterhalten uns dann einige Minuten über Superman, Spiderman und Batman, der Bengtsson immer besser als die braveren Superhelden gefallen hat. Entsprechend gut gefällt ihm auch Frank Millers Reinterpretation von Batman und – Bengtsson ist ein großer Robert-Downey-jr.-Fan – Iron-Man.
„‚Der Pate“ und „25 Stunden‘ waren gute Romanverfilmungen“, sagt Bengtsson. David Benioffs gleichnamiger Roman habe ihm auch gefallen. Dessen zweiter Roman „Stadt der Diebe“ erinnerte ihn dann zu sehr an eine Vorlage für ein Hollywood-Drehbuch. Er ist ein Freund von kürzeren Romanen, gerne unter zweihundert Seiten, und der Kurzgeschichten von Heinrich Böll.
Die Verfilmung von „Submarino“
„Thomas Vinterberg war an den Charakteren und den Themen von ‚Submarino‘ interessiert. Ich hatte das starke Gefühl, dass er wirklich an dem Buch interessiert war“, sagt Bengtsson. Vinterberg ist bei uns als Mitbegründer der „Dogma“-Bewegung bekannt. Zusammen mit anderen Filmemachern, wie Lars von Trier, stellten sie Mitte der Neunziger ein Reinheitsgebot für Filme auf, gegen das sie dann mehr oder weniger bewusst verstießen. Vinterberg drehte den auch kommerziell erfolgreichen „Dogma“-Film „Das Fest“, „It’s all about Love“ und „Dear Wendy“.
Bengtssons erster positiver Eindruck bestätigte sich. Er war für den Autor einer Vorlage ungewöhnlich stark in die Produktion involviert. Er zeigte Vinterberg die Schauplätze von seinem Roman. Er las mehrere Drehbuchfassungen und er war auch öfters bei den Dreharbeiten.
„Wenn die Dreharbeiten nicht im Januar gewesen wären, wäre ich wahrscheinlich jeden Tag am Set gewesen“, bekennt er freimütig und auch der so entstandene Film gefällt ihm sehr gut.
Die Premiere von „Submarino“ war wenige Stunden vor unserem Gespräch auf der Berlinale im Wettbewerb läuft. „Die Leute waren während der Vorstellung ganz still.“ Danach wurde gefeiert.
Die ersten Kritiken für das düstere Drama fallen positiv aus. „Submarino“ wird frühestens im Herbst in den deutschen Kinos laufen. Ein Starttermin steht noch nicht fest.
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Jonas T. Bengtsson: Submarino
(übersetzt von Günther Frauenlob)
Tropen Verlag, 2009
384 Seiten
19,90 Euro
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Originalausgabe
Submarino
People’s Press, Kopenhagen 2007
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Verfilmung
Submarino (Dänemark 2010)
Regie: Thomas Vinterberg
Drehbuch: Tobias Lindholm, Thomas Vinterberg
mit Jakob Cedergren, Peter Plaugborg, Patricia Schumann, Marten Rose, Gustav Fischer Kjærulff
The Minus Man – Der nette Mörder von nebenan (USA 1999, R.: Hampton Fancher)
Drehbuch: Hampton Fancher
LV: Lew McCreary: The Minus Man, 1991 (Der Schrecken des letzten Lächelns; The Minus Man)
Der neue Nachbar Vann hat ein Geheimnis. Er ist ein Serienkiller. Als er sich in Ferrin verliebt, hat er die Chance auf ein neues Leben – oder sein nächstes Opfer.
Langsam erzähltes Regiedebüt von Blade-Runner-Drehbuchautor Hampton Fancher mit einem überraschendem Ende.
„Aus dem Widerspruch zwischen Kleinstadtidylle und dem leisen Grauen zieht der Film seine Spannung. Der Serienkiller ist nun auch im letzten heimeligen Ort angekommen.“ (Martin Schwarz, Zitty 20/2000)
Mit Owen Wilson, Brian Cox, Mercedes Ruehl, Janeane Garofalo, Dwight Yoakam, Dennis Haysbert, Sheryl Crow, Lew McCreary (Cameo als Mann Wendy’s Place Diner)
Urban Priol und Georg Schramm begrüßen in der heutigen Ausgabe ihrer Satiresendung Josef Hader, Jochen Malmsheimer und Volker Pispers. Es dürfte also ziemlich schwarzhumorig werden.
Die Tage ist die Taschenbuch-Ausgabe von Georg Schramms „Lassen Sie es mich so sagen… – Dombrowski deutet die Zeichen der Zeit“ (Heyne, 8,95 Euro) erschienen. Eine höchst vergnügliche, vom Meister selbst liebevoll kommentierte Sammlung seiner schönsten Auftritte von den Anfängen (zum Beispiel als katholischer Hassprediger auf dem Ostermarsch) bis zur Gegenwart.
1 Do not place a photograph of your favourite author on your desk, especially if the author is one of the famous ones who committed suicide. (…)
6 Do keep a thesaurus, but in the shed at the back of the garden or behind the fridge, somewhere that demands travel or effort. Chances are the words that come into your head will do fine, eg „horse“, „ran“, „said“. (…)
Hm, das sagt auch Elmore Leonard.
Jonathan Franzen:
1 The reader is a friend, not an adversary, not a spectator.
2 Fiction that isn’t an author’s personal adventure into the frightening or the unknown isn’t worth writing for anything but money. (…)
4 Write in the third person unless a really distinctive first-person voice offers itself irresistibly. (…)
Gut, das gilt nicht für Privatdetektivromane.
David Hare:
3 Style is the art of getting yourself out of the way, not putting yourself in it. (…)
9 Never complain of being misunderstood. You can choose to be understood, or you can choose not to.
10 The two most depressing words in the English language are „literary fiction“.
Ian Rankin:
1 Read lots.
2 Write lots.
3 Learn to be self-critical. (…)
Will Self:
10 Regard yourself as a small corporation of one. Take yourself off on team-building exercises (long walks). Hold a Christmas party every year at which you stand in the corner of your writing room, shouting very loudly to yourself while drinking a bottle of white wine. Then masturbate under the desk. The following day you will feel a deep and cohering sense of embarrassment.
This is a formula, a master plot, for any 6000 word pulp story. It has worked on adventure, detective, western and war-air. It tells exactly where to put everything. It shows definitely just what must happen in each successive thousand words.
No yarn of mine written to the formula has yet failed to sell.
The business of building stories seems not much different from the business of building anything else.
Das Strand Magazine hat die Nominierungsliste für den diesjährigen Strand Magazine Critics Awards bekannt gegeben. Die Jury besteht aus Buchkritikern und Journalisten großer Zeitungen wie Washington Post, Chicago Tribune, Wall Street Journal und Boston Globe. Verliehen wird der noch junge Krimipreis am 7. Juli in New York.
Nominiert sind
Best Novel
Nine Dragons von Michael Connelly (Little, Brown and Company)
The Mystic Arts of Erasing All Signs of Death (Das Clean-Team) von Charlie Huston (Ballantine Books)
Life Sentences von Laura Lippman (William Morrow)
The Renegades von T. Jefferson Parker (Dutton)
The Little Stranger von Sarah Waters (Riverhead Books)
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Best First Novel
Beat the Reaper von Josh Bazell (Little, Brown and Company)
The Manual of Detection von Jedediah Berry (Penguin Press)
A Reliable Wife von Robert Goolrick (Algonquin Books)
JAMES BOND: Moonraker – Streng geheim (GB 1979, R.: Lewis Gilbert)
Drehbuch: Christopher Wood
LV: Ian Fleming: Moonraker, 1955 (Mondblitz)
Buch zum Film: Christopher Wood: James Bond and Moonraker, 1979 (Moonraker – Streng geheim)
Der stinkreiche Hugo Drax hält wenig von seinen Mitmenschen. Deshalb will er sie umbringen und mit einigen Auserwählten einen neuen Start machen. James Bond macht ihm einen Strich durch die Rechnung.
Natürlich hat der Film mit dem Buch eigentlich nichts mehr gemeinsam und das Ende – im Orbit – ist – auch heute – reinste Zukunftsmusik. Aber die bekannten Bond-Elemente wurden locker-flockig über den Globus verteilt. Das Ergebnis ist eine vergnügliche Mischung aus Action, leichtbekleideten Frauen, Witzen und einem glänzend aufgelegten Roger Moore. „Moonraker“ ist einer der guten Moore-Bonds.
Mit Roger Moore, Lois Chiles, Michael Lonsdale, Richard Kiel, Corinne Clery
Historische Fakten sind nicht schützbar, ein Sachbuch ist kein Roman, und „Dr. Hope“ ist weder die Adaption noch die Verfilmung eines Sachbuches (oder einer anderen Quelle).
Die Klage ähnelt der zu Andrea Maria Schenkels „Tannöd“.
Und das sieht nach einigen Stunden Lesezeit aus: Classic Movies Digest. Zum Beispiel über „The Maltese Falcon“ oder „The Public Enemy“ oder „Meet John Doe“ (Hier ist John Doe; ein unbekannterer Film von Frank Capra mit Gary Cooper, der an den Erfolg von „Mr. Deeds goes to Town“ anknüpfen sollte).