
Ausgezeichnet mit dem Wolfe- und dem Hammett-Award. Für den Shamus-Award war „Der gekaufte Tod“ als bestes Krimidebüt nominiert. Diese Preise verraten Krimifans, dass Stephen Mack Jones einen Privatdetektivkrimi geschrieben hat und angesichts der vorherigen mit dem Shamus-, Hammett- und Wolfe-Award ausgezeichneten Krimis dürfte es sich um ein gutes Buch handeln.
Die Story selbst erinnert auf den ersten Blick an unzählige andere Privatdetektivkrimis: Ich-Erzähler August Snow wird von der vermögenden Privatbankbesitzerin Eleanore Paget gebeten, herauszufinden, wer ihr Leben und ihre Bank bedroht. Kurz darauf ist sie tot. Snow, von Schuldgefühlen geplagt, weil er ihre Ängste für unbegründet hielt, beginnt herumzuschnüffeln. Und er entdeckt, was der gestandene Krimifan erwartet: etliche Familiengeheimnisse, einige davon tödlich, illegale Geschäfte, Verbindungen zum Organisierten Verbrechen und ein FBI, das sich für Paget und ihre Bank interessiert.
Aber wie Stephen Mack Jones diese Geschichte erzählt und wie er dabei die Regeln des Genres achtet, die Klassiker zitiert und in die Gegenwart überträgt, ist dann überaus gelungen. Natürlich ist August Snow als Privatdetektiv (auch wenn er in „Der gekaufte Tod“ ohne Lizenz als Amateurdetektiv ermittelt) ein Kind von Sam Spade, Philip Marlowe, Lew Archer, etwas Mike Hammer und Spenser. Er ist Anfang Dreißig, Kriegsveteran, Ex-Polizist (weil seine Entlassung problematisch war, wurde ihm der Abschied mit 12 Millionen Dollar versüßt), Single, hat einige hilfreiche Freunde (teils bei der Polizei, teils nicht) und, jetzt kommen wir zum modernen Teil, er ist tief in seiner Community verwurzelt. Bei Snow ist es Mexicantown, der Teil von Detroit, in dem Mexikaner und Afroamerikaner leben. Sein Vater, ein Polizist, war Afroamerikaner,. Seine Mutter, eine Malerin, war Mexikanerin. Nach seiner Entlassung und einer einjährigen Weltreise lebt Snow jetzt wieder in seinem Elternhaus. Mit seinem Entlassunggeld hat er in der Straße schon einige Häuser gekauft und renoviert. Er ist ein Teil dieser Gemeinschaft und er passt auf sie auf.
Snows Erfinder, Stephen Mack Jones, hat seinen Dashiell Hammett, Raymond Chandler, Ross MacDonald, Mickey Spillane und Robert B. Parker gelesen; um nur einige zu nennen, um nur die zu nennen, die allgemeim bekannt sein dürften und um ein elend langes nur den Rezensenten befriedigendes Name-Dropping zu vermeiden. Jones hat auch George Pelecanos gelesen. Genau wie Pelecanos taucht er tief in die Stadt, in der die Geschichte spielt, ein. Oft hatte ich den Eindruck, eine Mischung aus Reiseführer in die schmuddeligen Ecken Detroits und Sozialreportage zu lesen. Wie Pelecanos thematisiert Jones die sozioökonomischen Verwerfungen in den USA, die Armut, den Rassismus, die alltägliche Gewalt (schon vor dem Tod von Paget verlässt Snow seine Wohnung normalerweise mit einer Pistole in der Hand) und den Alltag der Menschen, die täglich um ihr Überleben kämpfen müssen.
Im Gegensatz zu Pelecanos entwirft Jones allerdings viel stärker die Utopie einer Gesellschaft, in der Menschen sich helfen und über Klassen-, Rassen- und Gendergrenzen hinwegblicken. In den Momenten wird Snow zu einem helfendem Engel, der eine Gemeinschaft aufbaut, die niemanden ausgrenzt. Das ist einerseits ein uralter US-Mythos, andererseits – der Roman wurde im Original 2017 veröffentlicht – ein Gegenentwurft zum Trump-Amerika.
„Der gekaufte Tod“ ist ein Privatdetektivkrimi, der seine Vorbilder kennt, die Tradition behutsam weiterentwickelt und dabei dem Alltag und den Beziehungen des Helden viel Raum gibt. Das geht dann, zugegeben, etwas auf Kosten des Krimiplots. Für etwas Nachbarschaftsarbeit lässt Snow den Mordfall Paget immer wieder links liegen.
In den USA erschien Anfang Mai der dritte Kriminalroman mit August Snow. Für Nachschub ist also gesorgt.
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Stephen Mack Jones: Der gekaufte Tod – Ein Detroit-Krimi
(übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann)
Tropen/J. G. Cotta’sche Buchhandlung 2021
368 Seiten
17 Euro
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Originalausgabe
August Snow
Soho Press, New York 2017
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Hinweise
Homepage von Stephen Mack Jones
Thrilling Detective über August Snow
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