DVD-Kritik: „Matrioshki“ oder Lustig ist das Stripperinnenleben

Juli 30, 2010

Schon die erste Folge der zehnteiligen belgischen Serie „Matrioshki – Mädchenhändler“ kann einen misstrauisch machen. Es tauchen zwar auch ein Polizist, der den Mädchenhändler Ray van Mechelen jagt, ein Reporter, der mit einer großen Enthüllungsreportage van Mechelen bloßstellen will, und ein Kleingangster, der nach der Exekution von zwei Prostituierten sein Gewissen entdeckt, auf. Aber im Mittelpunkt der Episode steht das langwierige Auswahlverfahren der Mädchenhändler in Vilnius. Dort haben sie ein Vortanzen organisiert und die Mädchen wollen alle die Chance auf das große Geld bei einer Tanztournee durch Europa ergreifen.

In den folgenden Episoden steht dann ihr Schicksal im Mittelpunkt. Die anderen Plots werden nur noch pflichtschuldig fortgeführt. Es gibt sogar Episoden, in denen der Polizist und der Journalist nicht mitspielen.

Dafür entwickelt sich van Mechelens Striplokal immer mehr zu einer Version von „Unsere kleine Familie“, in der die Zuhälter, der Türsteher und die Mädchen sich eigentlich ganz gut verstehen. Doch auch hier kristallisiert sich kein die Handlung tragender Hauptcharakter aus. Fast gleichberechtigt werden die Erlebnisse der Mädchen in der Fremde erzählt. Weil man sich allerdings mit keinem Charakter identifizieren möchte, sieht man sich die Geschichte unbeteiligt an. Die einen werden, kaum identifiziert man sich etwas mit ihren Wünschen und Zielen, teilweise erschreckend schnell fallengelassen. Die anderen, die Verbrecher und die Kollaborateurin, taugen kaum zur Identifikation.

Auch ganze Handlungsstränge werden plötzlich abgebrochen und wichtige Ereignisse bleiben folgenlos. So wird ein Gangster in seinem Wohnwagen in die Luft gejagt. Aber die Polizei beginnt nicht zu ermitteln, sondern steckt die Sache achselzuckend weg. Ein Polizist, der zuerst groß eingeführt wird, wird suspendiert und verschwindet dann endgültig aus der Serie. Irgendwann erscheint die Enthüllungsreportage des Journalisten und bis auf etwas Aufregung in einem Polizeibüro passiert nichts. Eine Prostituierte wird in einem Krankenhaus ermordet. Aber der Polizei ist es egal. Irgendwann stolpern in einem Reihenhaus zwei Gangster über die Leiche eines Mannes, der eines ihrer Mädchen kaufte und von ihr umgebracht wurde, und bringen, im Affekt, auch die neugierige Nachbarin um. Was mit den beiden Leichen geschieht, wird nicht verraten. Aber die Polizei scheint die Leichen nicht gefunden zu haben. Es gibt in einem Puff eine blutige Schießerei mit anderen Gangstern. Aber auch dieses Ereignis – immerhin könnten die Gangster sich rächen wollen – bleibt eine folgenlose Episode.

Die beiden Macher Marc Punt und Guy Goossens konzentrieren sich nach der durchaus vielversprechenden ersten Folgen nur noch auf die Tänzerinnen und ihr gar nicht so unangenehmes Leben im Striplokal.

Die DVD-Ausgabe der Gangsterschmonzette „Matrioshki – Mädchenhändler“ ist – höflich formuliert – sehr minimalistisch. Es gibt kein Bonusmaterial und auch keinen Originalton. Wobei das kaum auffällt, weil – der belgischen Tradition Filme prinzipiell zu untertiteln sei gedankt – es ein buntes Sprachengemisch aus Englisch, Litauisch, Russisch und Flämisch (vielleicht auch noch Französisch) gibt. In der deutschen Fassung wurden nur die wenigen flämischen Dialoge synchronisiert. Die meisten Dialoge sind daher untertitelt.

Trotz der (unverständlichen) Ab-18-Freigabe sind die meisten Folgen „Frei ab 16 Jahre“.

Matrioshki – Mädchenhändler: Staffel 1 (Matrioshki, Belgien 2005)

Regie: Guy Goossens, Marc Punt

Drehbuch: Marc Punt

mit Peter Van den Begin, Axel Daeseleire, Lucas van den Eynde, Eugenia Hirivskaya, Stany Crets, Marc Van Eeghem

DVD

Edel: Motion

Bild: 16:9

Ton: Deutsch (Dolby Digital 2.0)

Untertitel: Deutsch (Zwangsuntertitelung bei den Nicht-synchronisierten Passagen)

Bonusmaterial: –

Länge: 450 Minuten (3 DVD)

FSK: ab 18 Jahre

Hinweise

Homepage zur Serie

Wikipedia über „Matrioshki“


TV-Tipp für den 31. Juli: Verdacht

Juli 30, 2010

RBB, 23.40

Verdacht (USA 1941, Regie: Alfred Hitchcock)

Drehbuch: Samson Raphaelson, Joan Harrison, Alma Reville

LV: Francis Iles (Pseudonym von Anthony Berkeley): Before the fact, 1932 (Vor der Tat)

Hals über Kopf verknallt sich die schüchterne, vermögende Lina McLaidlaw in den Playboy Johnny Aysgarth. Nach ihrer Heirat erfährt sie, dass ihr Mann ein Spieler ist und dringend Geld braucht. Deshalb glaubt sie, dass er sie umbringen will.

Klassiker.

Zur Einordnung: Das ist der Hitchcock, in dem Grant mit einem Glas Milch auf einem Tablett eine Treppe hochgeht.

Durchaus spannend, aber auch humorvoll, ist ‚Verdacht‘ eine Kriminalgeschichte ohne ein Verbrechen.” (Meinolf Zurhorst: Lexikon des Kriminalfilms)

mit Joan Fontaine, Cary Grant, Sir Cedric Hardwicke, Nigel Bruce

Hinweise

Wikipedia über „Verdacht“ (deutsch, englisch)

Wikipedia über Alfred Hitchcock (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock präsentiert – Teil 1“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock präsentiert – Teil 2“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock zeigt – Teil 1“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock zeigt – Teil 2“

Meine Besprechung von Thilo Wydras „Alfred Hitchcock“

Alfred Hitchcock in der Kriminalakte


Neue TV-Krimi-Buch-Tipps online

Juli 30, 2010

Bei den Alligatorpapieren sind, mit vielen schönen Bildern, meine neuen TV-Krimi-Buch-Tipps online. In den kommenden zwei Wochen könnt ihr unter anderem diese Krimiverfilmungen im Fernsehen sehen:

Herzlich willkommen, liebe Krimifreunde,
zu zwei sehr ruhigen Wochen. Denn außer Durbridge, Mankell und der TV-Version von „Der Pate“ (Nachdem diese Version jahrelang nicht gezeigt wurde, ist sie jetzt in einer Endlosschleife durch die dritten Programme. Dafür setzen die Kinofilme Staub an.) gibt es nur wenig für das Herz des Krimiliebhaber. Immerhin läuft Alfred Hitchcocks Francis-Iles-Verfilmung „Verdacht“, George Stevens Jack-Schaefer-Verfilmung „Mein großer Freund Shane“ (okay, ein Western), Don Siegels Glendon-Swarthout-Verfilmung „Der letzte Scharfschütze“ (noch ein Western), Philip Noyces Charles-Williams-Verfilmung „Todesstille“, Sam Peckinpahs Jim-Thompson-Verfilmung „Getaway“, Wim Wenders Joe-Gores-Verfilmung „Hammett“, Claude Chabrols fast unbekannte Stanley-Ellin-Verfilmung „Schritte ohne Spur“ (mit einem jungen Jean-Paul Belmondo) und Don Coscarellis Joe-R.-Lansdale-Verfilmung „Bubba Ho-Tep“.


TV-Tipp für den 30. Juli: Fast Food Nation

Juli 30, 2010

ZDFneo, 20.15

Fast Food Nation (GB/USA 2006, R.: Richard Linklater)

Drehbuch: Eric Schlosser, Richard Linklater

LV: Eric Schlosser: Fast Food Nation: The Dark Side of the All-American Meal, 2001 (Fast Food Gesellschaft)

Als Marketingexperte Henderson erfährt, dass in einem von Mickey’s Burgern Kuhmist war, macht er sich auf nach Colorado, um dort die Schlachtfabrik zu inspizieren. Anschließend sind die anderen Abteilungen des Fast-Food-Konzerns an der Reihe.

Basierend auf Eric Schlossers Sachbuch liefert Linklater, mit vielen Gaststars, einen Rundumschlag gegen die amerikanische Esskultur.

Weichgespülter Protest im Gewand eines publikumsnahen Mainstream-Films.“ (Lexikon des internationalen Films)

mit Greg Kinnear, Patricia Arquette. Luis Guzman, Kris Kristofferson, Bruce Willis, Ethan Hawke, Avril Lavigne

Hinweise

Wikipedia über „Fast Food Nation“ (deutsch, englisch)

Film-Zeit über „Fast Food Nation“


R. i. P. Willem Breuker

Juli 29, 2010

R. i. P. Willem Breuker (4. November 1944 – 23. Juli 2010)

Es ist schon einige Tage her, aber so richtig gemeldet wurde es bei uns nicht: der holländische Free-Jazzer Willem Breuker ist tot.

Der Multiinstrumentalist und Leiter des „Willem Breuker Kollektief“ war einer der bekanntesten Vertreter der niederländischen Variante des Free-Jazz, in dem Humor, Burleske, Parodie und kindliche Freude am Spiel Hand in Hand gehen.

Willem Breuker hat Mitte der siebziger Jahre, in einer Zeit, als unausgesprochene Dogmen und übertriebener Ernst den europäischen Free Jazz kennzeichneten, mit seinem burlesken Humor und seinem clownesken Musiktheater befreiend gewirkt. Er verfremdet und persifliert die Populärmusik des 19. Jahrhunderts – Polka, Operette, Walzer, Marsch, Tango -, geht in seinen Verballhornungen aber auch bis zu lebenslustigen, augenzwinkernden Attacken auf die Welt der Avantgarde; man ihn einen ‚Kurt Weill des Jazz‘ genannt.“ (Joachim-Ernst Berendt, Das Jazzbuch, 2007)

Nachrufe gibt es in der Frankfurter Allgemeine Zeitung (Wolfgang Sandner), NMZ – Neue Musikzeitung (Michael Ernst), Stern (die DPA-Meldung) New York Times (Nate Chinen), NPR (Kevin Whitehead) und All about Jazz.

Weitere Infos bei Wikipedia (deutsch, englisch, niederländisch).

Und jetzt eine kurze Dokumentation über das Willem Breuker Kollektief:



Neu im Kino: Inception, Knight and Day (Nachtrag)

Juli 29, 2010

Inception (Inception, USA/GB 2010)

Regie: Christopher Nolan

Drehbuch: Christopher Nolan

In angloamerikanischen Raum zerbrechen sich die Fans schon seit einigen Tagen den Kopf über den Mindfuck von Christopher Nolan, der in den vergangenen Jahren ja schon einige Blockbuster drehte, bei denen man sein Gehirn nicht an der Kasse abgeben musste.

Die Story? Hm, DiCaprio spielt ein Spion, der sich in die Gehirne von anderen Menschen einloggt. Jetzt soll er allerdings nicht etwas ausspionieren, sondern eine schädliche Idee in das Gehirn seines Opfers implantieren.

Die Kritiker sind begeistert. Die Zuschauer ebenso (In der IMDB ist „Inception“ der drittbeste Film aller Zeiten. Das verrät einiges über die IMDB-Benutzer). Die Kinobetreiber zählen strahlend die verkauften Eintrittskarten

mit Leonardo DiCaprio, Joseph Gordon-Levitt, Ellen Page, Tom Hardy, Ken Watanabe, Cillian Murphy, Tom Berenger, Marion Cotillard, Pete Postlethwaite, Michael Caine, Lukas Haas

Hinweise

Amerikanische Homepage zu „Inception“

Deutsche Homepage zu „Inception“

Film-Zeit über „Inception“

Nolan Fans (umfangreiche Homepage, auch mit den Drehbüchern. „Inception“ soll demnächst online sein)

Knight and Day (Knight and Day, USA 2010)

Regie: James Mangold

Drehbuch: Patrick O’Neill

Die diesjährige Variante von „Ein Vogel auf dem Drahtseil“ (Bird on a wire, USA 1990) Ist schon letzte Woche gestartet. Damals gab’s reichlich Action und Comedy mit Mel Gibson (damals ein richtig großer Star, heute…) und Goldie Hawn. Heute wird das gleiche Programm mit einer anderen Story mit Tom Cruise (supercooler Agent) und Cameron Diaz (superdumme Blondine) präsentiert. Natürlich ist die Action vier Nummern größer geraten und die Story spielt nicht mehr nur in Amerika.

mit Tom Cruise, Cameron Diaz, Maggie Grace, Peter Sarsgaard

Hinweise

Amerikanische Homepage zu „Knight and Day“

Deutsche Homepage zu „Knight and Day“

Film-Zeit über „Knight and Day“


TV-Tipp für den 29. Juli: Tödliche Entscheidung

Juli 29, 2010

ARD, 23.00

Tödliche Entscheidung (USA 2007, R.: Sidney Lumet)

Drehbuch: Kelly Masterson

Andy, der für Drogen Geld aus der Firmenkasse nahm, kann seinen Bruder Hank überreden, das elterliche Juweliergeschäft zu überfallen. Der Überfall, auch weil die Mutter gar nicht daran denkt, irgendwelchen hergelaufenen, maskierten Verbrechern die Juwelen zu geben, geht schief – und dann bröckelt die heile Fassade der Familie verdammt schnell ab.

Mit seinem bislang letztem Film drehte Sidney Lumet, nach einigen schwächeren Werken, mit einer Familientragödie noch einmal so richtig voll auf. Er seziert, wieder einmal, die Kehrseite des amerikanischen Traums anhand. Dieses Mal am Beispiel einer ziemlich kaputten, weißen Mittelstandsfamilie.

Der Pitch war vielleicht: „Family Business“, aber ohne Lacher.

Tödliche Entscheidung“ ist ein feiner Noir und, kein Wunder bei der Besetzung, großes Schauspielerkino.

mit Philip Seymour Hoffman, Ethan Hawke, Albert Finney, Marisa Tomei, Aleksa Palladino, Michael Shannon, Amy Ryan, Sarah Livingston, Brían F. O’Byrne, Rosemary Harris

Wiederholungen

Eins Festival, Samstag, 31. Juli, 22.00 Uhr

Eins Festival, Sonntag, 1. August, 01.25 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Französische Homepage zum Film

Wikipedia über „Tödliche Entscheidung“ (deutsch, englisch)

Film-Zeit über „Tödliche Entscheidung“

Die Zeit: Katja Nicodemus trifft Sidney Lumet (12. April 2008)


DVD-Kritik: Der gemeine Thriller „The Stepfather“

Juli 28, 2010

The Stepfather“ ist ein kleiner, hundsgemeiner Thriller, der in den Achtzigern, als Ronald Reagan Präsident war, der Patriotismus fröhliche Urstände feierte und konservative Familienwerte mal wieder hochgehalten wurde, die Vorstellung von der heilen Familie gründlich entzaubert.

Die pubertierende Stephanie (Jill Schoelen) hat Probleme mit ihrem neuen Stiefvater. Irgendetwas, glaubt sie, stimmt nicht bei ihm. Dabei wird Jerry Blake (Terry O’Quinn, „Millenium“, „Lost“) von allen anderen geliebt und geachtet. Er ist neu in dem kleinen Ort in der Nähe von Seattle, hat aber als Makler innerhalb eines Jahres bereits einen großen Freundeskreis aufgebaut. Ihre Mutter Susan (Shelley Hack, „Drei Engel für Charlie“) liebt den fürsorglich-verständnisvollen Mann. Sie glaubt, dass ihre Tochter nur einige Zeit braucht, um über den Verlust ihres vor einem Jahr gestorbenen Vaters hinwegzukommen und den neuen Mann als ihren neuen Vater zu akzeptieren. Stephanie hat halt die normale Teenage Paranoia, die sich mit der Zeit erledigt. Und, zum Glück, ist Jerry Blake sooo verständnisvoll.

Drehbuchautor Donald E. Westlake verarbeitete in „The Stepfather“ Probleme und Gespräche, die er damals mit seiner Stieftochter hatte. Denn auch sie lehnte ihn, egal was er tat, ab.

Aber wir Zuschauer wissen bereits von der ersten Minute, dass Stephanie sich nicht irrt. Denn Jerry Blake hat seine vorherige Familie umgebracht.

Diese fünfminütige Einführung, die ohne einen einzigen Satz alles verrät, ist, wenn man die Geschichte nicht kennt, genial – und wenn man sie kennt, ist sie immer noch ein tolles, gern zitiertes Beispiel für effektives Geschichtenerzählen: Die Kamera bewegt sich langsam durch eine normale Vorortstraße auf ein zweistöckiges Haus zu. Jerry Blake steht im Badezimmer vor einem Spiegel. Er hat einige rote Spritzer auf seinem Holzfällerhemd und in seinem Gesicht. Wahrscheinlich Farbe von einer Renovierung. Er zieht sich aus, duscht sich, rasiert sich den Bart ab und zieht sich anschließend einen Anzug an. Man könnte meinen, er ist ein Handelsvertreter oder ein Banker, der sich nach einer langen Hausrenovierung, in dem er zum ‚Mann aus den Bergen‘ wurde, wieder auf seine Arbeit vorbereitet.

Er geht durch den Flur, hebt ein Plastikschiff auf und legt, ganz der liebevoll-ordentliche Vater, das Schiff im Kinderzimmer in eine mit Spielzeug randvoll gefüllte Truhe.

Er geht die Treppe hinunter. An der Wand sind einige Blutspritzer. Alles ist, bis auf die Filmmusik, ruhig.

Er geht durch den Eingangsbereich. Im Hintergrund ist das Esszimmer des traditionell geschnittenen Hauses zu sehen und überall liegen verstümmelte Leichen.

Hier hat ein Massaker stattgefunden und er ist der Täter, der jetzt den Tatort verlässt.

Er schließt die Haustür ab und geht eine ganz gewöhnliche Straße einer ganz gewöhnlichen US-amerikanischen Vorstadt hinunter, auf dem Weg zu seiner nächsten Traumfamilie.

In den folgenden knapp neunzig Minuten wird dann der Traum von der heilen Familie gründlich demontiert. Denn die Wirklichkeit kollidiert immer wieder mit Blakes Fantasie. Die Kinder achten den Vater nicht genug. Sie wollen einen Freund und, was noch schlimmer ist, wahrscheinlich vorehelichen Sex haben. Sie sind renitent und widerspenstig. Sie schnüffeln sogar in seiner Vergangenheit herum.

Zusätzliche Spannung erhält der Film durch die kluge Konstruktion, die sicher auch ein Hommage an Alfred Hitchcock und seinen Kleinstadt-Krimi „Im Schatten des Zweifels“ (Shadow of a Doubt, 1943) ist. Beide Filme sind verdächtig ähnlich aufgebaut. In beiden Filmen kommt das Böse von außen und beide Male muss eine junge Frau sich gegen den von allen geachteten Fremden (bei Hitchcock Joseph Cotten, der einen Frauenmörder spielt, bei Ruben Terry O’Quinn, der einen Familienmörder spielt) wehren. Und beide Male, was keine große Überraschung ist, muss sie am Ende den Bösewicht besiegen.

Aber bei Hitchcock wird Charlotte ‚Charlie‘ Newton (Teresa Wright) von ihrem Lieblingsonkel Charlie Oakley enttäuscht. Sie muss erkennen, dass ihr Bild von ihrem Onkel nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt.

Bei Westlake (denn Ruben hat als Regisseur doch ein eher unsortiertes Sortiment mit einem Hang zu Krimis) wird dagegen ein amerikanischer Mythos lustvoll zerstört. Gleichzeitig drehen die Macher in ihrem Drei-Personen-Stück „The Stepfather“ von der ersten Minute an unerbittlich an der Suspense-Schraube.

Zum Gelingen des Films trägt auch der Verzicht auf eine psychologische Erklärung für Jerry Blakes Taten, die auf dem wahren Fall von John List basieren, bei. Er ist, was er ist – und, wenn wir nicht von Anfang an wüssten, dass er ein Mörder ist, wäre er uns ganz sympathisch. Nur sein absolut nachvollziehbares Ziel, der unerfüllbare Traum von der perfekten Familie und seine ewige Suche danach (denn er hat in der Vergangenheit schon mehrere Familien ermordet), ist wichtig. Warum ihm das so wichtig ist, ist egal. Dadurch wirkt er noch dämonischer. Terry O’Quinn spielte ihn hübsch doppelbödig. Für sein Spiel war für den Saturn Award (der Academy of Science-Fiction, Fantasy and Horror Films) und den Independent Spirit Award als bester Darsteller nominiert.

Donald Westlakes Buch für den gut erhaltenen 80er-Jahre-Thriller, dessen Thema inzwischen wieder aktuell ist, war für einen Edgar nominiert.

2009 wurde ein Remake gedreht, das sich bis auf eine kleine, entscheidende Änderung an das Original hielt: aus Stephanie wurde ein Junge. Ein Soldat. Bei Rotten Tomatoes erhält das gleichnamige Remake von den Kritikern einen deprimierenden Frischegrad von elf Prozent. Mehr muss zu dem Remake wohl nicht gesagt werden. Vor allem wenn das wesentlich frischere Original erhältlich ist.

The Stepfather (The Stepfather, USA 1986)

Regie: Joseph Ruben

Drehbuch: Donald E. Westlake (nach einer Geschichte von Carolyn Lefcourt, Brian Garfield und Donald E. Westlake)

mit Terry O’Quinn, Shelly Hack, Jill Schoelen

auch bekannt als „Kill, Daddy, kill“ (Kinotitel) und „Spur in den Tod II“

DVD

Epix

Bild: 1,78:1 (anamorph/16:9)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)

Untertitel: –

Bonusmaterial: Deutscher und Originaltrailer, Wendecover

Länge: 86 Minuten

FSK: ab 18 Jahre (Hm, eigentlich zu hoch. „Ab 16“ wäre angemessen)

Hinweise

Wikipedia über „The Stepfather“ (deutsch, englisch)

Wikipedia über John List

Homepage von Brian Garfield

Homepage von Donald E. Westlake

Kriminalakte: Nachruf auf Donald E. Westlake

Kriminalakte: Covergalerie Donald E. Westlake

Meine Besprechung von Donald E. Westlakes Dortmunder-Roman „What’s so funny?“

Meine Besprechung von Donald E. Westlakes Dortmunder-Roman „Watch your back!“

Meine Besprechung von Donald E. Westlakes Dortmunder-Kurzroman „Die Geldmacher“ (Walking around money; erschienen in „Die hohe Kunst des Mordens“ [Transgressions])

Meine Besprechung von Donald E. Westlakes „Mafiatod“ (361, 1962)

Meine Vorstellung von Westlakes als Richard Stark geschriebener Parker-Serie (mit „Nobody runs forever“)

Meine Besprechung von Richard Starks Parker-Romans „Ask the Parrot“

Meine Doppelbesprechung von Richard Starks Parker-Romanen „Fragen Sie den Papagei“ (Ask the Parrot) und „Dirty Money“


TV-Tipp für den 28. Juli: The Fog of War

Juli 28, 2010

Arte, 20.15

The Fog of War (USA 2003, R.: Erroll Morris)

Drehbuch: Erroll Morris

Doku-Filmer Erroll Morris (The Thin Blue Line) interviewt Robert McNamara, Ex-US-Verteidigungsminister, Präsident der Weltbank und Lieblingsfeind der Linken.

Die Doku gewann unter einem einen Oscar als bester Dokumentarfilm.

Ich komme aus der Studentenbewegung der 60er Jahre, und McNamara galt als unser absolutes Feindbild, als Architekt des Vietnamkrieges und Chefideologe. (…) Ich versuche ihn zu verstehen. Meine Ansicht über den Vietnamkrieg hat sich nicht geändert, aber meine Ansicht über McNamara.“ (Erroll Morris, AZ, 30. Juni 2004)

Wiederholungen

Samstag, 31. Juli, 16.00 Uhr

Dienstag, 10. August, 10.40 Uhr

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Wikipedia über „The Fog of War“ (deutsch, englisch)

Film-Zeit über „The Fog of War“


Kurzkritik: Benjamin Black: Der Lemur

Juli 27, 2010

Beginnen wir mit dem Positiven: Benjamin Blacks neues Buch „Der Lemur“ ist schnell gelesen.

Es ist mit 160 Seiten sogar zu schnell gelesen, um es halbgelesen wegzulegen.

Danach fragt man sich, warum Black so wenig aus der vielversprechenden Prämisse gemacht hat.

Der Ex-Journalist John Glass soll die Memoiren seines Schwiegervaters William Big Bill Mulholland schreiben. Mulholland ist Multimilliardär und Ex-CIA-Agent. Glass beauftragt Dylan Riley, den titelgebenden „Lemur“, mit Hintergrundrecherchen. Riley findet auch etwas heraus, er will eine hohe Beteiligung am Buchvertrag (Böse Menschen würden von Erpressung reden.) und kurz darauf ist er tot. Ein Schuss ins linke Auge.

Man muss kein Genie sein, um zu vermuten, dass Riley von irgendjemand in Mulhollands Umfeld, der so ein Geheimnis bewahren wollte, umgebracht wurde.

Theoretisch gibt es jetzt eine Unzahl Verdächtiger: Mulholland selbst, seine Familie, seine Geschäftspartner und, selbstverständlich die CIA, der geübte Krimileser und Paranoiker alles zutrauen. Glass selbst glaubt eher, dass Riley ihn wegen seiner außerehelichen Affäre erpressen wollte. Weil sein Schwiegervater Mulholland strenggläubig ist, hätte Riley damit auch ein gutes Mordmotiv. Zum Glück hat er ein bombensicheres Alibi (Womit der tragfähige Plot des unschuldig Verdächtigten, der seine Unschuld beweisen muss, gestorben wäre.).

Glass und Captain Ambrose vom NYPD tappen, trotz der vielen potentiellen Täter, im Dunkeln. Denn Riley ist wahrscheinlich der Rechercheur mit den wenigsten Telefonaten, der saubersten Festplatte und den wenigsten Dokumenten.

Benjamin Black erzählt diese Geschichte, die er als Serial für das New York Times Magazine schrieb, assoziativ und lustlos. Denn der passiv-introvertierte, von Ängsten geplagte Glass sucht nie zielgerichtet den Täter. Er lässt sich von Gefühlen und Vermutungen leiten. Die anderen Charaktere bleiben austauschbar und blass. Sogar die zahlreichen, eher verwirrenden Rückblenden verraten letztendlich erstaunlich wenig über Mulhollands und Glass‘ Vergangenheit, aber John Huston tritt auf.

Auch die auf den ersten Blick vielversprechende CIA-Geschichte wird nicht weiterverfolgt. Am Ende erweist sie sich, wie vieles in „Der Lemur“, als verzichtbarer pseudo-interessanter Farbtupfer in Mulhollands weitgehend im Dunkeln bleibender Biographie.

Insgesamt entsteht beim Lesen von „Der Lemur“ sowieso der Eindruck, dass Black keine Ahnung hatte, was er mit seiner Prämisse anfangen sollte, er aber jede Woche eine Fortsetzung liefern musste und am Ende nach der Methode „Der Gärtner ist der Mörder“ irgendeine Lösung aus dem Hut zauberte.

Benjamin Black: Der Lemur

(deutsch von Gerlinde Schermer-Rauwolf und Thomas Wollermann)

rororo, 2010

160 Seiten

11 Euro

Originalausgabe

The Lemur

Picador, New York, 2008

Hinweise

Homepage von Benjamin Black

Wikipedia über Benjamin Black (deutsch, englisch)

Krimi-Couch über Benjamin Black

KiWi: John Banville interviewt Benjamin Black (oder umgekehrt; englisch)


Cover der Woche

Juli 27, 2010


TV-Tipp für den 27. Juli: Let’s Make Money

Juli 27, 2010

ARD, 22.45

Let’s Make Money – machen wir Geld (Österreich 2008, R.: Erwin Wagenhofer)

Drehbuch: Erwin Wagenhofer

Spielfilmlange Doku über globale Finanzströme und was unsere Rente mit der Ausbeutung in Ghana und Indien und millionenteuren sinnlosen Hotels und Wohnsiedlungen in Spanien zu tun hat. Einige Aussagen von Investoren und Fondsmanagern sind schön entlarvend, aber letztendlich bestätigt „Let’s Make Money“ nur, hübsch bebildert, eigene Vorurteile gegen die Globalisierung.

Denn bei seiner Hatz um den halben Globus kratzt Wagenhofer (We feed the world) immer nur an der Oberfläche.

Ein aufwändig recherchierter, über weite Strecken erhellender Film, der sich nahtlos in die Reihe der dokumentarischen Globalisierungskritik der letzten Jahre fügt.“ (Lexikon des internationalen Films)

Hinweise

Homepage zum Film

Film-Zeit über „Let’s Make Money“

Wikipedia über „Let’s Make Money“ (deutsch, englisch)

Tagesspiegel über „Let’s Make Money“ (26. Juli 2010)


DVD-Kritik: Die Charakterstudie „Der Uhrmacher von St. Paul“

Juli 26, 2010

Ein Vater steht vor der Frage, wie er damit umgeht, dass sein Sohn ein Mörder ist. Das ist die Geschichte von „Der Uhrmacher von St. Paul“, die der über Dreißigjährige Bertrand Tavernier in den frühen Siebzigern in seinem in seinem Geburtsort spielendem Debütfilm erzählte. Dafür nahm er einen bereits 1954 erschienenen Roman von Maigret-Erfinder Georges Simenon und passte ihn seinen Bedürfnissen an. So verlegte er die Geschichte in die Gegenwart und nach Lyon.

Dort ist Michel Descombes (Philippe Noiret) ein geachteter Uhrmacher, der sich regelmäßig mit seinen bourgeoisen Freunden in einer Gaststätte trifft, allein lebt und allein einen Sohn großgezogen hat. Er glaubt, dass sie sich gut verstehen und Bernard keine Geheimnisse vor ihm hat. Umso schockierter ist er, als die Polizei ihm sagt, Bernard habe einen Mord begangen und sei mit seiner Freundin auf der Flucht.

Descombes fragt sich, warum Bernard zum Mörder wurde und warum er nichts von seiner Freundin wusste. In den Medien wird der Mord schnell und entsprechend dem Zeitgeist zu einer politischen Tat gegen einen Ausbeuter umgedeutet.

Dieser politische Hintergrund ist in „Der Uhrmacher von St. Paul“ immer, ohne sich jemals in den Vordergrund zu drängen, präsent. Auch die 68er kämpften gegen ihre Eltern, fragten sie nach ihrer Verantwortung für Hitler und die Kollaboration (das dunkle Kapitel in Frankreichs Geschichte), kämpften für eine antikapitalistische Gesellschaft, wollten alles anders machen als ihre Eltern und stellten sie als Mitläufer an den Pranger. Dieser Generationenkonflikt, der in den Sechzigern auf den Pariser Straßen ausgetragen wurde, ist auch in der Provinz angekommen. Eine Versöhnung schien 1973, als der Film gedreht wurde, immer noch unmöglich.

Dieser teils politisch, teils familiär ausgetragene Konflikt zwischen den Vätern und ihren Söhnen steht im Zentrum des Films. Dabei nimmt der 1941 geborene Tavernier die Perspektive der Eltern ein. Er fragt sich, wie Eltern mit den Taten ihrer Kinder umgehen sollen.

Und er wählte eine zutiefst ironische Struktur. Am Anfang wohnt Bernard noch bei seinem Vater, sie verstehen sich gut und haben keine Geheimnisse voreinander. Descombes legt sich auch, nachdem er von der Tat erfahren hat, in das Bett seines Sohnes. Sie sind, wie das Bild sagt, zwar körperlich voneinander getrennt, aber seelisch zusammen. Jedenfalls glaubt Descombes das und er beginnt das ihm unbekannte Leben seines Sohnes zu erforschen. Er erfährt, dass er und sein Sohn zwar zusammenlebten, aber er nichts von seinem Sohn wusste.

Nach über einer Stunde, vor dem ersten Auftritt von Bernard, wird von dem ermittelndem, immer betont freundlichem Inspektor Guilboud (Jean Rochefort) gegenüber Descombes die zentrale Frage für den Film und die damalige Zeit gestellt: „Da man seine eigenen Kinder nicht versteht, wofür Sie ein Beispiel sind, versucht man wenigstens die der anderen zu verstehen. Es ist mein Beruf Mördern und Gangstern nachzujagen, aber deren Motive sind mir egal. Die Geschichte ihres Sohnes ist viel wichtiger. Sie ist symptomatisch für unsere Zeit. Ich frage mich, was wir den jungen Leuten getan haben.“

Descombes weiß darauf keine Antwort und auch der Film verweigert die Antwort.

Das Ende wird mit der Gerichtsverhandlung vorbereitet, die nur aus einem Satz besteht. Descombes, leicht von unten aufgenommen erinnert an einen Priester ohne Talar, sagt: „Ich erkläre mich hiermit völlig solidarisch mit meinem Sohn.“

Damit gibt Tavernier eine damals sicher utopische, heute fast schon selbstverständliche Antwort auf den tobenden Generationenkonflikt: die Eltern müssen sich auf die Seite ihrer Kinder stellen. Auch wenn sie vielleicht nicht alle Beweggründe verstehen. Auch wenn die Kinder nicht mit ihnen reden wollen.

Im Gefängnis besucht Descombes seinen zu zwanzig Jahren Haft verurteilten Sohn. Jetzt sind sie zwar physisch voneinander getrennt. Sie können sich durch die Gitter und den sie trennenden Gang noch nicht einmal berühren, aber dafür sind sie psychisch wieder vereinigt.

Das ist das Ende einer ruhigen Charakterstudie über einen introvertierten Menschen und eines beeindruckenden Debütfilms, der auch aufgrund seines langsamen Erzähltempos keine leichte Kost ist. Außerdem ist „Der Uhrmacher von St. Paul“ eine Liebeserklärung an Taverniers Geburtsort.

In den folgenden Jahrzehnten drehte Tavernier wahrscheinlich in jedem Genre spannende Filme und er verfilmte immer wieder Krimis. 1981, wieder mit Noiret in der Hauptrolle, Jim Thompsons „Pop. 1280“ (1280 schwarze Seelen) als „Der Saustall“. 2009 James Lee Burkes „In the electric mist with confederate dead“ (Im Schatten der Mangroven) als „In the electric mist“.

Der Uhrmacher von St. Paul (L’horloger de Saint-Paul, Frankreich 1974)

Regie: Bertrand Tavernier

Drehbuch: Bertrand Tavernier, Jean Aurenche, Pierre Bost

LV: Georges Simenon: L’horloger d’Everton, 1954 (Der Uhrmacher von Everton)
mit Philippe Noiret, Jean Rochefort, Jacques Denis, Sylvain Rougerie, Christine Pascal

DVD

Arthaus

Bild: 1,66:1 (anamorph)

Ton: Deutsch, Französisch (Mono Dolby Digital)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Bildergalerie, Wendecover

Länge: 101 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Wikipedia über „Der Uhrmacher von St. Paul“ (deutsch, englisch, französisch)

Deutsche Georges-Simenon-Fanseite

Senses of Cinema: Carloss James Chamberlin über Bertrand Tavernier (August 2003)

Meine Besprechung der von Bertrand Tavernier inszenierten James-Lee-Burke-Verfilmung „In the electric mist“


TV-Tipp für den 26. Juli: Spione

Juli 26, 2010

Arte, 23.55 (VPS 00.00)

Spione (D 1928, R.: Fritz Lang)

Drehbuch: Fritz Lang, Thea von Harbou

LV: Thea von Harbou: Spione, 1928

Detektiv No. 326 wird auf den gelähmten Bankier Haghi angesetzt. Dieser soll auch der Kopf eines internationalen Spionagerings sein. Haghi setzt eine Agentin auf No. 326 an – und los geht die muntere Hatz, die heute gerne mit den Bond-Filmen verglichen wird. Immerhin ist Haghi der Prototyp eines Meisterspions und Meisterverbrechers.

Lang nannte „Spione“ „einen kleinen Film mit viel Action“.

Nach „Metropolis“, der damals ein gigantischer Kassenflop war, inszenierte Fritz Lang den heute eher unbekannten Agententhriller „Spione“ . Danach drehte er „Frau im Mond“ (sein letzter Stummfilm), den Klassiker „M – Mörder unter uns“ (sein erster Tonfilm) und „Das Testament des Dr. Mabuse“ (sein letzter Film vor der Flucht aus Deutschland).

Spionage ist hier kein Mittel fremder Mächte, sie ist selbst die fremde Macht. ‚Spione‘ steht darin ‚M‘ und den späteren Mabusefilmen näher als den frühen.“ (Enno Patalas in Fritz Lang, Hanser Reihe Film Band 7)

Arte zeigt die 2003 und 2004 von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung restaurierte 144-minütige Fassung.

mit Rudolf Klein-Rogge, Gerda Maurus, Lien Deyers, Louis Ralph, Willy Fritsch, Paul Hörbiger, Fritz Rasp

Hinweise

Arte über „Spione“

Wikipedia über „Spione“ (deutsch, englisch)

Senses of Cinema über „Spione“


IAMTV verleiht Sribe Awards

Juli 25, 2010

Auf der Comic-Con hat die „International Association of Media Tie-In Writers“ (IAMTV) zum vierten Mal ihre Scribe-Awards verliehen:

BEST NOVEL (GENERAL FICTION)

As The World Turns: The Man From Oakdale, von „Henry Coleman“ und Alina Adams

BEST ORIGINAL NOVEL (SPECULATIVE FICTION)
Terminator Salvation: Cold War, von Greg Cox (Tie)
Enemies & Allies, von Kevin J. Anderson (Tie)

BEST ADAPTATION (GENERAL & SPECULATIVE)
The Tudors: Thy Will Be Done, von by Elizabeth Massie

BEST YOUNG ADULT (ORIGINAL & ADAPTED)
Bandslam: The Novel, von Aaron Rosenberg

GRANDMASTER

WILLIAM JOHNSTON

Die Nominierungsliste finden Sie hier.

Erste, kurze Eindrücke von der Verleihung liefern Lee Goldberg und Max Allan Collins.


Die neue Seite der ÖR-Sender

Juli 25, 2010

In den vergangenen Wochen haben die Öffentlich-rechtlichen Sender einen großen Teil ihres Internetauftritts gelöscht. Jetzt sehen wir, wenn wir zum Beispiel bei 3sat die für eine frühere Ausstrahlung von „Subway“ erstellte (ziemlich informative) Seite anklicken das:

Sehr geehrte Zuschauerin,
sehr geehrter Zuschauer,

leider können wir Ihnen diese Seite nicht mehr anbieten, weil wir sie nicht unbegrenzt vorhalten dürfen. Das bestimmt die Änderung des Rundfunkstaatsvertrags der 16 deutschen Bundesländer (RÄStV § 11d Absatz 2 Ziffer 3) vom 1. Juni 2009.

  • Auf Sendungen bezogene und programmbegleitende Elemente (einschließlich Foren und Chats) der 3sat-Onlineangebote können bis zwölf Monate zum Abruf bereitgehalten werden.
  • Die Inhalte (einschließlich Foren und Chats) zu Reihen, zu seriellen Produktionen und Mehrteilern bleiben bis zwölf Monate nach Ausstrahlung der letzten Folge im Angebot.
  • Inhalte zu Programmschwerpunkten werden grundsätzlich für zwölf Monate in der Mediathek zur Verfügung gestellt.
  • Inhalte und Angebotsteile aus dem Bereich Bildung, die Wissenschaft, Technik, Theologie oder Ethik zum Gegenstand haben, werden bis zu fünf Jahre zur Verfügung gestellt.
  • Informationen, Tabellen, Ergebnisse, Statistiken und interaktive Module im Bereich wiederkehrender Ereignisse (z.B. Wahlen, kulturelle Veranstaltungen) werden im zeitlichen Umfeld der jeweiligen Ereignisse oder bis zum Beginn der nächsten Saison bzw. bis zur Wiederkehr des Ereignisses vorgehalten. Dies betrifft auch historische Daten, soweit sie für die aktuelle Berichterstattung relevant sind.
  • Alle anderen Inhalte bleiben für die Dauer von maximal sechs Monaten nach Einstellung in ein Angebot abrufbar.
  • Vorhandene Inhalte können wieder eingestellt werden, wenn es in Verbindung mit einem Ereignis bzw. der Wiederholung einer Produktion im 3sat-Fernsehprogramm oder einer Berichterstattung dafür einen redaktionellen Bedarf gibt, insbesondere bei Wiederauflage oder Wiederholung einer Reihe oder Serie. Sie können auch in komprimierter Form als Rückblick zum Abruf bereitgestellt werden.
  • Inhalte, die sich auf konstante Elemente oder regelmäßig wiederkehrende Themen von Fernsehsendungen beziehen oder diese abbilden, können solange im Netz bereit gehalten werden, wie sie auch in Sendungen von 3sat relevant sind. Beispiele sind programmbegleitende Informationsmodule oder staatsbürgerliche Informationen, etwa zum deutschen Staatsaufbau.
  • Informationen über ZDF, ORF, SRG und ARD, ihre Programme und Dienste, z.B. zu Moderatoren, den Studios, Hinweise auf Veranstaltungen von ARD und ZDF oder 3sat und Basisinformationen zu Sendungen, zum öffentlichrechtlichen Rundfunk und seinen Rechtsgrundlagen, zur Technik und zur Empfangbarkeit der Angebote können ohne zeitliche Begrenzung vorgehalten werden.

Zum Weiterlesen: das 3sat-Telemedienkonzept.

Damit dürften dann so langsam auch alle Hintergrundinformationen zu Filmen und Serien bei ARD, ZDF, 3sat, Arte, den dritten Programmen und den Spartensendern verschwinden.

Und was sagen die Zeitungsverleger zum Dreistufentest? „Der Dreistufentest wird zur Farce, die Rundfunkräte haben die Onlineauftritte der ARD einfach abgenickt“

Farce: lächerlicher Streich; Verhöhnung; als wichtig hingestellte, im Grunde aber belanglose Angelegenheit (Wahrig Fremdwörterlexikon)

Tja, nun.


TV-Tipp für den 25. Juli: Subway

Juli 24, 2010

3sat, 21.45

Subway (F 1985, R.: Luc Besson)

Drehbuch: Luc Besson, Pierre Jolivet, Alain Le Henry, Marc Perrier, Sophie Schmit

Fred flüchtet mit geklauten Papieren in die Metro. Dort lernt er eine fremde Welt kennen und vereinbart ein Treffen mit der schönen Helena. Für eine Nacht mit ihr will er ihr die Papiere zurückgeben.

Die Story ist bestenfalls ein luftiges Nichts, aber das Zusammenspiel von Bild, Musik und Schauspielern in einer künstlich-realen Welt ist pures Kino.

Regie, Drehbuch, Kamera und die hervorragend geführten Darsteller lassen den Zuschauer tief in jene phantastische ‚falsche’ Realität eintauchen, die jenseits der ‚richtigen’ Wirklichkeit originäres Kino bildet, wie man es leider viel zu selten geboten bekommt.“ (Fischer Film Almanach 1987)

Der Stil ist die Story. Besson nutzt das Cinemascope-Format voll aus und kombiniert geschickt reale Schauplätze des Pariser Metro-Systems mit den von Alexander Tanner nachgebauten Sets (César-prämiert)…In Frankreich avancierte Subway zum Kassenschlager.“ (TV Spielfilm: Das große Filmlexikon)

Mit Isabelle Adjani, Christopher Lambert, Richard Bohringer, Michel Galabru, Jean-Hugues Anglade, Jean Reno

Hinweise

Wikipedia über „Subway“ (deutsch, englisch, französisch)

Kamera.co.uk über „Subway“

Films de France über „Subway“ (englisch)


Dagger-Verleihungen 2010, die Erste

Juli 24, 2010

Am Freitag wurden auf dem Theakstons Old Peculiar Crime Writing Festival in Harrogate die ersten Daggers der British Crime Writers’ Association (CWA) verliehen:

CWA International Dagger Award

The Darkest Room, von Johan Theorin (Doubleday)

CWA Gold Dagger for Non-fiction

Aftermath: The Omagh Bombing and the Families’ Pursuit of Justice, von Ruth Dudley Edwards (Harvill Secker)

Besondere Erwähnung

The Monster of Florence, von Douglas Preston, with Mario Spezi (Virgin/Random House).

CWA Short Story Dagger

Can You Help Me Out There, von Robert Ferrigno (aus „Thriller 2“, herausgegeben von Clive Cussler; Mira)

Besondere Erwähnung

The Weapon, von by Jeffery Deaver (aus „Thriller 2“)

CWA Dagger in the Library (“awarded to an author for a body of work, not one single title”)

Ariana Franklin (Random House)

Besondere Erwähnung

Simon Beckett (Bantam)

CWA Debut Dagger (“a new-writing competition open to anyone writing in the English language who has not yet had a novel published commercially”)

A Place of Dying, von Patrick Eden (UK)

Besondere Erwähnung

Case No. 1, von Sandra Graham (Australia)

Die Nominierungslisten finden Sie hier.

(via The Rap Sheet)


Die Nominierungen für den Gold-, Ian-Fleming- und John-Creasey-Dagger

Juli 24, 2010

Die British Crime Writers’ Association (CWA) hat weitere Dagger-Nominierungen veröffentlicht:

CWA Gold Dagger 2010

Blacklands, von Belinda Bauer (Corgi)

Blood Harvest, von S.J. Bolton (Bantam Press)

Conman, von Richard Asplin (No Exit Press)

Rain Gods, von James Lee Burke (Orion)

Shadowplay, von Karen Campbell (Hodder & Stoughton)

The Strange Case of the Composer and His Judge, von Patricia Duncker (Bloomsbury)

Still Midnight, von Denise Mina (Orion)

The Way Home (Kein Weg zurück, rororo), von George Pelecanos (Orion)

CWA Ian Fleming Steel Dagger 2010

61 Hours, von Lee Child (Bantam Press)

A Loyal Spy, von Simon Conway (Hodder & Stoughton)

Gone, von Mo Hayder (Bantam Press)

Slow Horses, von Mick Herron (Robinson)

The Dying Light, von Henry Porter (Orion)

Innocent, von Scott Turow (Macmillan)

The Gentlemen’s Hour (Pacific Paradise, suhrkamp), von Don Winslow (Heinemann)

CWA John Creasey (New Blood) Dagger 2010

Acts of Violence, von Ryan David Jahn (Pan)

Cut Short, von Leigh Russell (No Exit Press)

Martyr, von Rory Clements (John Murray)

Random, von Craig Robertson (Simon & Schuster)

Stop Me, von Richard Jay Parker (Allison & Busby)

Rupture, von Simon Lelic (Picador)

The Holy Thief, von William Ryan (Mantle )

The Pull of the Moon, von Diane Janes (Robinson)

Die Finalisten werden am Montag, den 9. August, bekannt gegeben.

Die Preisverleihung ist am Freitag, den 8. Oktober, im Grosvenor House Hotel in London.

(via The Rap Sheet)


TV-Tipp für den 24. Juli: Nummer 6

Juli 24, 2010

Arte, 21.55/22.45/23.35

Nummer 6: Die Ankunft/Die Glocken von Big Ben/A, B und C (GB 1967, R.: Don Chaffey, Pat Jackson)

Drehbuch: George Markstein, David Tomblin, Vincent Tilsley, Anthony Skene

Der ehemalige Geheimagent John Drake wird an einem geheimnisvollen Ort entführt. Dort wird er „Nummer 6“. Er versucht, immer wieder, erfolglos zu flüchten.

Britische Kultserie, von der bei uns als „Nummer Sechs“ anno dunnemals einige Folgen gezeigt wurden. Arte zeigt jetzt, immer drei Folgen hintereinander, heute und an den kommenden Samstagen alle 17 Folgen.

Die Idee von Serienerfinder und Hauptdarsteller Patrick McGoohan, Drehbuchautor, -berater und Krimiautor George Markstein und Produzent David Tomblin war wohl, den Surrealismus von „Mit Schirm, Charme und Melone“ (The Avengers) noch zu steigern.

Anspruchsvoller als in The Prisoner wurde SF weder davor noch danach jemals im Fernsehen präsentiert, wenngleich Puristen ein rückhaltloses Bekenntnis zur Science-Fiction vermissen mögen.“ (David Pringle: Das ultimative Science-Fiction-Lexikon)

Nummer 6 hat die Fernsehserie zur eigenständigen Kunstform erhoben, auf einem Niveau, das seitdem nie mehr erreicht wurde. (…) Keine andere Serie hat so konsequent philosophische, psychologische oder soziologische Theorien in Spielhandlung umgesetzt.“ (Martin Compart: Crime TV)

Mit Patrick McGoohan, Guy Doleman, George Baker, Leo McKern, Colin Gordon

Wiederholung

Die Ankunft: Montag, 9. August, 18.10 Uhr

Die Glocken von Big Ben: Dienstag, 10. August, 18.10 Uhr

A, B und C: Mittwoch, 11. August, 18.10 Uhr

Hinweise

Arte über „Nummer 6“

Wikipedia über „Nummer 6“ (deutsch, englisch)

Umfangreiche „The Prisoner“-Fanseite

RetroWeb über „The Prisoner“


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