Was ist schlimmer? Wenn der Freund via SMS die Beziehung beendet oder wenn er ein Spion ist? Also kein langweiliger Sesselfurzer, sondern eher so der durchtrainierte, smarte James-Bond-Typ.
Audrey (Mila Kunis) glaubt zuerst ersteres. Aber dann eröffnet ihr ihr lange spurlos verschwundener Freund, dass er ein Spion sei und gerade mächtig Ärger habe. Angesichts der wilden Schießerei in ihrer Wohnung hätte sie das eh vermutet. Kurz bevor er vor ihren Augen erschossen wird, bittet er sie, einen superwichtigen USB-Stick nach Wien zu bringen. Die supergeheimen und in den falschen Händen extrem gefährlichen Informationen dürfen unter keinen Umständen in die falschen Hände fallen.
Zusammen mit ihrer Kindergartenfreundin Morgan (Kate McKinnon) macht Audrey sich von den USA auf den Weg nach Europa zu dem Übergabeort: ein nobles Café in Wien.
Dort geraten sie in die nächste Schießerei. Denn alle Restaurantgäste sind schwerbewaffnete und extrem tötungswillige Agenten., Killer und Verbrecher. So genau kann man das nicht auseinanderhalten.
Audrey und Morgan können unverletzt entkommen und beginnen ihre Tour durch Europa als extrem schusseliges Damenduo, das den extrem gefährlichen Agenten zeigt, dass „Bad Spies“ in diesem Fall die besseren Spione sind. Dabei haben die beiden chaotischen Quasselstrippen die meiste Zeit überhaupt keine Ahnung davon, in welchen Schlamassel sie hineingeraten sind, wer die Guten und wer die Bösen sind, wem sie vertrauen können und gegen wen sie kämpfen.
Vor drei Jahren schickte Paul Feig Melissa McCarthy in „Spy – Susan Cooper Undercover“ (Spy, USA 2015) auf eine ähnliche Mission und sein Film ist ungleich gelungener als Susanna Fogels „Bad Spies“. Das liegt vor allem an den Witzen, die in „Bad Spies“ nicht besonders witzig sind und oft sogar nerven, wenn Mila Kunis und Kate McKinnon ewig improvisieren, ohne zu einem Punkt zu kommen. Es ist der auch aus anderen US-Komödien bekannte Impro-Klamauk.
Die Action ist dagegen gut gemacht, knackig und ziemlich brutal. Das liegt sicher auch daran, dass Stunt-Koordinator und Second-Unit-Regisseur Gary Powell verpflichtet wurde. Er war bei „Ready Player One“, „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“, den letzten James-Bond-Filmen und den Jason-Bourne-Filmen für die Stunts verantwortlich. Und auch für „Bad Spies“ inszenierte er einige beeindruckende Stunt-Sequenzen. Die Härte bei diesen Szenen war von Regisseurin Fogel gewollt: „Es war mir wichtig, dass die Action genauso skrupellos ist wie in einem Film mit männlichen Helden und dass wir nichts zurückhalten oder abmildern.“.
Diese Härte verträgt sich dann nicht besonders gut mit dem leichten Ton der Comedy.
Die Story bemüht sich gar nicht, mehr als der lose Kitt zwischen Action und Blödeleien zu sein. So ist die Actionkomödie mäßig unterhaltsam und schnell vergessen.
Bad Spies (The Spy who dumped me, USA 2018)
Regie: Susanna Fogel
Drehbuch: David Iserson
mit Mila Kunis, Kate McKinnon, Justin Theroux, Gillian Anderson, Sam Heughan, Hasan Minhaj, Ivanna Sakhno, Paul Reiser, Jane Curtin
Henry ist eine arme Sau, die von allen herumstoßen wird. Als er eines Tages mit einer weißen Maske im Gesicht aufwacht, benutzt er seine neu gewonnene Anonymität, um sich zu rächen.
Zombieloser Romero-Horrorfilms, der bei uns nur auf DVD veröffentlicht wurde.
„Interessant besetzter Horrorthriller, der sich selbst nicht allzu ernst nimmt.“ (Lothar R. Just: Film-Jahrbuch 2003)
„Stimmungsvolles Kino des Schreckens, freilich nicht frei von Längen.“ (Lexikon des internationalen Films)
„Es ist, als würde Romero versuchen, eine ‚Creepshow‘-Episode mit besonderem Ernst zu erzählen. Die Verknüpfung von Horror und sozialer Metapher ist so brillant wie in Romeros besten Filmen zuvor.“ (Georg Seeßlen: George A. Romero und seine Filme)
mit Jason Flemyng, Peter Stormare, Leslie Hope, Tom Atkins
Regie führte Rudi Gaul. Von ihm ist die Doku „Wader Wecker Vater Land“.
Das Drehbuch ist von Rudi Gaul und Friederike Klingholz. Frei nach Arthur Schnitzlers „Reigen“. Naja, Tote können sich nicht mehr wehren. Und der Film ist ein Reigen von Liebesgeschichten und sexuellen Begegnungen in der Großstadt.
Justus von Dohnányi, Sunnyi Melles, Elisa Schlott, Juliane Köhler, Friederike Kempter, Max Mauff, Sebastian Bezzel, Patrick Abozen und Janina Fautz spielen die beziehungssuchenden Großstädter. Wobei sie eher nicht nach der großen Liebe, sondern dem schnellen Sex suchen. Früher funktionierte das über Kleinanzeigen und „Fisch sucht Fahrrad“-Abende. Heute gibt es dafür die titelgebende App „Safari“, die Männlein und Weiblein nach ihren individuellen Vorlieben perfekt zusammenbringen soll. Dass ihre Selbstbeschreibung nicht immer der Realität entspricht: geschenkt. Und dass im Lauf des Films diese Lügen und Selbsttäuschungen aufgedeckt werden, gehört ebenfalls zum Genre. Aber es sollte dann schon etwas interessanter, überraschender und, immerhin will „Safari – Match me if you can“ (es geht doch nichts über einen guten deutschen Titel) eine Komödie, witziger sein.
Denn Gauls Ensemblekomödie ist das filmische Äquivalent zu einem dieser gottseidank der Vergangenheit angehörenden Abende, an denen die Privatsender in unzähligen Sketchshows einen unwitzigen Sketch nach dem nächsten präsentierten. Die Sketche waren fast ausschließlich Blindgänger. Die Sets hatten mit der Realität nichts zu tun und die Schauspieler hatten wahrscheinlich ihren Spaß. Ein größerer Zusammenhang zwischen den Witzen war auch nicht erkennbar.
Aber in einem Spielfilm nervt es, wenn nichts zusammenpasst. So gibt es in „Safari“ einen Tramfahrer, der für seine Sexabenteuer als Pilot auftritt. Er ist mit einer Psychologin, bzw. genaugenommen einer französischen Sex-Therapeutin, verheiratet. Und jetzt sollen wir glauben, dass dieses Ehepaar jemals zusammengefunden hat und dass der Tramfahrer ungestört und unentdeckt in seiner Heimatstadt München unzählige Sexabenteuer haben kann. Denn alle seine Sexabenteuer werden auf der titelgebenden und unglaublich beliebten „Safari“-App zum Besten gegeben. Die App-Nutzer haben Profilfotos von sich hochgeladen und sie bewerten sich gegenseitig nach ihrem, ähem, Geschlechtsverkehr. München ist zwar eine Großstadt, aber so groß ist die Landeshauptstadt von Bayern dann doch nicht.
Außerdem sind alle „Safari“-User auf der Suche nach der normalheterosexuellen Liebe unter weißen Deutschen. Als Alibiausländer darf ein sehr südländischer Kleinstadtgigolo Verführungstipps geben, die er – Überraschung! – nicht aus eigener Erfahrung hat.
„Safari – Match me if you can“ ist ein unwitziges Desaster, bei dem ich mich fragte, wer sich so etwas ansehen soll. Denn die moderne Smartphone-Oberfläche verdeckt den Muff und die biedere Sexualmoral der fünfziger Jahre noch nicht einmal notdürftig.
Safari – Match me if you can (Deutschland 2018)
Regie: Rudi Gaul
Drehbuch: Rudi Gaul, Friederike Klingholz (frei nach Arthur Schnitzlers „Reigen“)
mit Justus von Dohnányi, Sunnyi Melles, Elisa Schlott, Juliane Köhler, Friederike Kempter, Max Mauf, Sebastian Bezzel, Patrick Abozen, Janina Fautz
Familienrichterin Fiona Maye (Emma Thompson) ist seit über dreißig Jahren glücklich verheiratet. Ihre Ehe ist kinderlos; vor allem weil für die brillante Juristin die Karriere immer wichtiger war. Ihr Mann Jack (Stanley Tucci) ist Universitätsprofessor und viel mehr erfahren wir über seinen Beruf nicht. Er ist unzufrieden, weil sie inzwischen nebeneinander her leben. Er möchte noch einmal ‚Leben‘. Eines Abends kündigt er ihr daher an, dass er mit einer Studentin eine außereheliche Beziehung beginnen werde. Noch ehe der Ehestreit richtig eskalieren kann, erhält Fiona Maye einen neuen Fall: sie soll entscheiden, ob ein fast achtzehnjähriger Junge, der Leukämie hat, eine lebensrettende Bluttransfusion erhalten soll. Das ist eine medizinischen Routinemaßnahme, die nur deshalb vor Gericht landet, weil die Eltern strenggläubige Zeugen Jehovas sind und aufgrund ihres Glaubens die Bluttransfusionen ablehnen.
Wer jetzt glaubt, in „Kindeswohl“ stünde die mit allen juristischen Finessen vor Gericht ausgetragene Schlacht um das Kindeswohl und die damit verbundene Abwägung, welche Prinzipien wichtiger sind, im Mittelpunkt, irrt sich. Zuerst dauert es in Ian McEwans Roman und jetzt in Richard Eyres Romanverfilmung (nach einem Drehbuch von McEwan) sehr lange, bis die Gerichtsverhandlung, also der erste Vortrag der beiden Konfliktparteien, beginnt und dann ist der Fall ziemlich schnell entschieden. Maye entscheidet, dass Adam Henry (Fionn Whitehead) die lebensrettende Bluttransfusion erhält und damit wieder gesund wird. Diese Entscheidung folgt dem in Großbritannien geltendem Children Act von 1989, wonach die Bedürfnisse von Kindern über die von Erwachsenen gestellt werden. Also das Bedürfnis des Kindes nach Leben ist höher einzustufen als das Bedürfnis der Eltern, einem religiösen Ritus zu folgen, der in diesem Fall zum Tod des Kindes führen wird. Dass Adam in einigen Tagen erwachsen ist und sich dann so entscheiden kann, wie er sich entscheiden möchte, ist für die Urteilsfindung unerheblich. Noch ist Adam ein Kind.
Durch ihre Entscheidung wird Adams Leben gerettet. Kurz darauf versucht er, Kontakt mit ihr aufzunehmen.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht Maye und ihr perfekt durchgeplantes Leben, das auf die Probe gestellt wird. Einerseits ihr Privatleben, in dem ihr Mann – grandios gespielt von Stanley Tucci – die Rolle der Ehefrau übernimmt. Es geht auch um ihre Freunde, wie Kronanwalt Mark Berner (Anthony Cox), mit dem sie musiziert. Hausmusik mit dem Anspruch, vor den kritischen Arbeitskollegen aufzutreten. Sie will die Musik, wie alles in ihrem Leben, möglichst perfekt spielen. Für sie heißt das auch: ohne das Spiel störende Emotionen. Und natürlich und vor allem um ihre Arbeit. Autor McEwan und Regisseur Eyre führen uns hinter die Kulissen eines Familiengerichts. Sie zeigen uns die Abläufe in einem großen Gericht, wie Richter Entscheidungen fällen und wie sie bei der Arbeit miteinander umgehen.
In der Originalfassung werden die Klassenschranken zwischen Maye und ihrem langjährigen juristischen Sekretär Nigel Pauling (Jason Watkins) schon an der Sprache deutlich. Als Sekretär macht er für sie genau das, was früher eine Sekretärin für ihren Chef getan hat. Er kümmert sich um alles, damit sie in Ruhe arbeiten kann und bemüht sich ansonsten, möglichst nicht aufzufallen.
In dieses wohlgeordnete, durchstrukturierte Leben voller rationaler, juristisch gut begründeter Entscheidungen gerät plötzlich auf privater und beruflicher Ebene die Emotio. Einerseits, weil ihr Mann sie verlassen will; andererseits weil sie, entgegen dem normalen Verfahren, Adam am Krankenbett besucht und der feinfühlige, musisch begabte, für sein Alter schon sehr reife Junge sie nach seiner Genesung stalkt. Jetzt steht sie vor Entscheidungen, die, weil sie persönlich davon betroffen ist, nicht mehr mit juristischen Sprüchen verhandelbar sind. Im Roman, der ausschließlich aus Mayes Perspektive erzählt ist, erzählt McEwan, wie Maye sich öfter sagt, dass sie jetzt genauso falsch und emotional (was für sie noch schlimmer ist) handele, wie die betrogene Ehefrau in einer ihrer Gerichtsverhandlungen. Im Film spielt Emma Thompson diesen Konflikt grandios.
„Kindeswohl“ ist ein Schauspielerfilm, der eine fein komponierte Geschichte erzählt, die man so eher in einem Roman findet.
Kindeswohl (The Children Act,Großbritannien 2017)
Regie: Richard Eyre
Drehbuch: Ian McEwan
LV: Ian McEwan: The Children Act, 2014 (Kindeswohl)
mit Emma Thompson, Stanley Tucci, Fionn Whitehead, Anthony Calf, Jason Watkins, Ben Chaplin, Nikki Amuka-Bird, Rosie Cavaliero, Eileen Walsh
Gefühlt Mitte Zwanzig (While we’re young, USA 2014)
Regie: Noah Baumbach
Drehbuch: Noah Baumbach
Dokumentarfilmer Josh doktert seit zehn Jahren an seinem neuen Dokumentarfilm herum. Als er und seine Frau ein zwanzig Jahre jüngeres Hipster-Paar kennen lernen, verändert sich ihr Leben. Zunächst entdecken sie ihre Jugend wieder.
TV-Premiere einer sehr lebensweisen, traurigen und gleichzeitig vergnüglichen Midlife-Crisis-Komödie.
Durch Susanna Nicchiarellis sehenswertes, vor wenigen Wochen gestartetes Biopic „Nico, 1988“ dürfte die Biographie von Nico, bürgerlich Christa Päffgen wieder bekannter sein. Sie wurde am 16. Oktober 1938 in Köln geboren, zog als Kind mit ihrer Mutter nach Berlin, wurde in den Fünfzigern zum Fotomodell, spielte als sie selbst in Federico Fellinis „La dolce vita“ mit, hatte Sex mit ungefähr jedem prominenten Musiker und Schauspieler, von Alain Delon bekam sie 1962 einen Sohn (den dieser niemals anerkannte), hing in Andy Warhols Factory herum, trat in etlichen Warhol-Filmen auf, sang bei der legendären, legendären Kult-Band „The Velvet Underground“ mit, veröffentlichte selbst einige LPs, von denen vor allem die ersten legendär sind, und war drogensüchtig.
Am 18. Juli 1988 starb sie, noch keine fünfzig Jahre alt, auf Ibiza. Sie stürzte während einer Fahrradtour und starb an den Folgen eines zu spät erkannten geplatzten Aneurysmas.
Heute ist sie, als erstes It-Girl, vor allem bekannt für die wenigen Lieder, die sie für „The Velvet Underground“ (mehr oder weniger gegen den Willen der Band) sang, und für die von John Cale produzierte und arrangierte LP „The Marble Index“ (1969). Sie war und ist als Pop-Platte so weit entfernt vom Mainstream, wie es nur möglich ist. Mit dieser LP, ihrer Musik und ihrem Image wurde sie einige Jahre später zum Vorbild für etliche Musikerinnen und die Gothic-Gemeinde, die sie fortan kultisch verehrt.
Tobias Lehmkuhl, der als freier Journalist für die „Zeit“, die „Süddeutsche Zeitung“ und den „Deutschlandfunk Kultur“ arbeitet, schrieb jetzt die erste deutschsprachige Biographie über Nico. In „Nico – Biographie eines Rätsels“ zeichnet er ihr Leben chronologisch nach, versucht einige ihrer Provokationen einzuordnen und entlarvt einige Geschichten, die über sie in Umlauf sind, als falsch. Dabei war Nico als immer wieder unzuverlässige Erzählerin ihrer eigenen Biographie die Quelle dieser mehr oder weniger frei erfundenen Geschichten über ihre Herkunft, ihre Kindheit und Jugend.
Er konzentriert sich in seiner Biographie auf die Zeit bis zur Veröffentlichung ihren ersten LPs. So schreibt er ab Seite 206 (von 271) über die Produktion von „The Marble Index“, ihrer zweiten LP und die LP, in der sie ihre Stimme fand. Die folgenden Jahre, in denen sie lange mit dem Avantgarde-Regisseur Philippe Garrel liiert war und nur sehr unregelmäßig LPs bei kleinen Labels veröffentlichte, fasst er auf wenigen Seiten zusammen.
Er erzählt Nicos Leben in einem gefühligen Stil. Immer wieder stellt er verständnisheischende, sich in sie hinein versetzende Fragen, anstatt die Fakten hinzuschreiben oder verschiedene Zeitzeugen zu Wort kommen zu lassen. Dieser Mangel an Gesprächspartnern und Texten, aus denen er zitieren kann, ist angesichts des Lebens von Nico schon auffällig. Es entspricht aber auch dem Bild, das er von ihr zeichnet. So sind viele Punkte einfach unklar. Zum Beispiel wie sie ihr Geld verwaltete. Sie war auch eine Frau ohne besondere Interessen. Sie war zuerst ein It-Girl, das möglichst ohne eigene Anstrengung berühmt sein wollte. Entsprechend schnell brach sie als als Zwölfjährige nach wenigen Stunden die Ballettschule ab. Sie besuchte nur wenige Jahre die Schule und sie gefiel sich in ihrer Dummheit. Einige ihrer Bekannten, so Lehmkuhl, hielten sie sogar für eine Analphabetin. Später war Nico eine drogensüchtige Musikerin, die nicht spielen und singen konnte. Das kultivierte sie aber perfekt.
Sie taumelte wie Forrest Gump durch ihr Leben. Anfangs war sie, auf der Suche nach Berühmtheit, an den richtigen Orten. Es waren die Orte, an denen Künstler und vergnügungssüchtige High Society sich trafen. Ab den frühen siebziger Jahren war sie nicht mehr in den In-Locations, sondern lebte in einer Abbruchbude, das als Künstlerrefugium fungierte. Immer hatte sie Sex. Meistens waren die Männer jünger als sie und eigentlich nie hielt die Beziehung länger. Als Mutter war sie eine Vollkatastrophe.
Exemplarisch für Lehmkuhls Stil und die Schwierigkeiten beim Beschaffen von Informationen über Nico zeigt diese Passage aus seinem Buch: „…wie überhaupt die Beweggründe für Nicos Tun und Lassen sehr oft nicht nachvollziehbar sind. Ihre Reisebewegungen dieser Jahre bilden ein engmaschiges Netz über Europa und Nordamerika, aber weder gibt es Aufzeichnungen von ihr über die eigenen Umtriebe, noch besaß Nico eine Agentur, die über ihre zahlreichen Modeljobs Buch geführt hätte.
Überhaupt ist schwer nachvollziehbar, wie die Niederungen des Alltags in Nicos Leben der sechziger Jahre ausgesehen haben mögen. Da sie kein Konto besaß: Wie fand das Geld zu ihr? Wie buchte sie ihre Flüge? Kaufte sie ihr Essen im Supermarkt, oder aß sie ausschließlich außer Haus? Was waren ihre irdischen Besitztümer? Gab es einen Plattenspieler, auf dem sie ihre oder die Musik ihrer Bekannten hörte? Alte Donizetti- oder Zarah-Leander-Aufnahmen? Oder hörte sie Musik nur auf Konzerten und im Studio? Was tat sie, wenn sie nicht mit Musik, Modeln oder Männern beschäftigt war? Las sie, sah sie fern, oder sinnierte sie vor sich hin?“
Diese verständnisheischenden Fragen, die den Leser einbeziehen sollen, nerven mich. Sie und zahlreiche Abschweifungen, die wenig bis nichts über Nico verraten, blähen die Biographie unnötig auf.
Am Ende erfährt man in der Biographie nicht mehr über die Sängerin als in einer gut recherchierten Reportage. Und man erfährt mehr über ihre Zeit als It-Girl als über ihre Musik und ihren Einfluss auf andere Musiker. Das liegt sicher auch daran, dass Tobias Lehmkuhl vor allem ein Literatur- und kein Musikkritiker ist.
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Tobias Lehmkuhl: Nico – Biographie eines Rätsels
Rowohlt, Berlin, 2018
288 Seiten
24 Euro
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Lesung
Am Montag, den 1. Oktober, liest Tobias Lehmkuhl in der Fahimi Bar (Skalitzer Straße 133, Berlin) um 20.00 Uhr aus seinem Buch vor.
Es gibt diese Tage, an denen man einfach genug hat und zurückschlägt. Damián Szifrón erzählt in seinem argentinischen Kinohit sechs solcher Geschichte, die alle überzeugen und nicht nachgeahmt werden sollten. „Wild Tales“ ist ein großer Spaß, der heute zum ersten Mal im Fernsehen läuft.
mit Ricardo Darin, Dario Grandinetti, Oscar Martinez, Leonardo Sbaraglia, Érica Rivas, Rita Cortese, Julieta Zylberberg, Maria Marull, Mónica Villa, César Bordón, Walter Donado, Ricardo Darín, Nancy Dupláa, María Onetto, Alan Daicz, Osmar Núnez, German de Silva, Diego Gentile
Rachel Childs hat alles, was man sich erträumt: ein Leben ohne finanzielle Sorgen, einen gutaussehenden, liebevollen Ehemann. Doch im Bruchteil einer Sekunde macht ausgerechnet dieser Mann ihr Leben zu einer Farce aus Betrug, Verrat und Gefahr. Nichts ist mehr, wie es scheint, und Rachel muss sich entscheiden: Wird sie kämpfen für das, was sie liebt, oder im Strudel einer unglaublichen Verschwörung untergehen?
Mit „Sherlock Holmes – Seine Abschiedsvorstellung“ liegt jetzt der achte Band der Kriminalfälle von Sherlock Holmes vor. In der neuen Übersetzung von Henning Ahrens. Bevor wir jetzt zu der Frage kommen, ob sich die Übersetzung lohnt, zuerst einmal die Fakten. In „Seine Abschiedsvorstellung“ sind folgende von Sir Arthur Conan Doyle geschriebenen Holmes-Geschichten enthalten:
Das Abenteuer der Wisteria Lodge (The Adventure of Wisteria Lodge)
Das Abenteuer mit der Pappschachtel (The Adventure of the Cardboard Box)
Das Abenteuer mit dem Roten Ring (The Adventure of the Red Circle)
Das Abenteuer mit den Bruce-Partington-Plänen (The Adventure of the Bruce-Partingon Plans)
Das Abenteuer mit dem sterbenden Detektiv (The Adventure of the dying Detective)
Das Verschwinden von Lady Frances Carfax (The Disappearance of Lady Frances Carfax)
Das Abenteuer mit der Teufelsfußwurzel (The Adventure of the Devil’s Foot)
Seine Abschiedsvorstellung (His last Bow)
Die Geschichten erschienen zwischen 1892 und 1917 im Strand Magazine. Gesammelt erschienen sie 1917 als „His last Bow“. Seitdem wurden die Geschichten des Sammelbands mehrmals übersetzt und sind in verschiedenen Zusammenstellungen und Gesamtausgaben gut erhältlich. Sehr gelobt wurde die Neuübersetzung aller Sherlock-Holmes-Geschichten im Haffmans Verlag. Krimiautor Gisbert Haefs übersetzte damals einige Geschichten. Leslie Giger übersetzte „His last Bow“. Diese Übersetzung wurde von Kein und Aber, insel Taschenbuch und Weltbild nachgedruckt und sie war die Grundlage für die Hörbuchfassungen des NDR mit Friedrich Schoenfelder, des Hörverlags mit Oliver Kalkofe und den Hörspielfassungen des SWF mit Walter Renneisen. Diese Übersetzung habe ich nicht zur Hand.
Aber eine andere Übersetzungen habe ich in greifbarer Nähe. Für einen schnellen Vergleich reicht sie vollkommen aus.
Nehmen wir, blind herausgegriffen, die ersten Zeilen von „The Adventure of the Red Circle“:
„Well, Mrs. Warren, I cannot see that you have any particular cause for uneasininess, nor do I understand why I, whose time is of some value, should interfere in the matter. I really have other things to engage me.“ So spoke Sherlock Holmes and turned back to the great scrapbook in which he was arranging and indexing some of his recent material.
But the landlady had the pertinacity and also the cunning of her sex. She held her ground firmly.
Margarethe Nedem übersetzte diese Zeilen so (zitiert nach „Sherlock Holmes Geschichten“, Diogenes):
„Nun, Mrs. Warren, weder kann ich einen besonderen Grund zur Besorgnis erkennen, noch verstehe ich, warum ich, dessen Zeit so wertvoll ist, mich in diese Angelegenheit einmischen sollte. Ich muss mich wirklich anderen Dingen widmen.“ So sprach Sherlock Holmes und wandte sich wieder seiner Kartei zu; er war gerade mit dem Einordnen und Indexieren von neuem Informationsmaterial beschäftigt.
Aber die Wirtin besaß die Beharrlichkeit und Schlauheit ihres Geschlechts. Sie hielt standhaft ihre Stellung.
Henning Ahrens so:
„Tja, ich glaube nicht, dass Sie einen Grund zur Beunruhigung haben, Mrs. Warren, sehe auch nicht ein, warum ich in dieser Sache ermitteln sollte, denn meine Zeit ist kostbar. Ich habe wirklich Besseres zu tun.“ So sprach Sherlock Holmes und wandte sich wieder dem Buch zu, in dem er neues Material sortierte und einklebte.
Aber die Pensionsbetreiberin zeichnete sich nicht nur durch die Hartnäckigkeit, sondern auch durch die Listigkeit ihres Geschlechts aus. Sie ließ nicht locker.
Hier gefällt mir Nedems Übersetzung besser. Sie liest sich moderner und flüssiger, während Ahrens im ersten Satz stolpert und „Listigkeit“ heute doch sehr ungebräuchlich ist. Auch an anderen Stellen wirkt seine Übersetzung altertümlicher und verschnörkelter als nötig. Vor allem im direkten Vergleich mit dem Original.
Der letzte Band der Neuübersetzung, das „Buch der Fälle“ (The Case-Book of Sherlock Holmes), ist für September 2019 angekündigt.
Wer Sir Arthur Conan Doyles Sherlock-Holmes-Geschichten im Original lesen will, kann zwischen zahlreichen, oft sehr günstigen Ausgaben wählen. Weil die Texte immer gleich sind, kann man hier die Ausgabe nehmen, die einem am besten gefällt hinsichtlich Cover, Druckbild und Handhabbarkeit. Jedenfalls wenn man die immer noch spannenden und flott zu lesenden Geschichten auch lesen will.
Und das sollte man. Egal in welcher Ausgabe. Insofern ist die Fischer-Ausgabe mit ihrer modernen Umschlaggestaltung ein guter Startpunkt.
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Arthur Conan Doyle: Sherlock Holmes – Seine Abschiedsvorstellung
Der gerade aus Afrika zurückkehrte, junge, wohlhabende Tony engagiert Barrett als seinen Kammerdiener. Aber langsam verändern sich die Machtverhältnisse.
Auf der Liste des British Film Institute der besten britischen Filme des 20. Jahrhunderts steht dieser klaustrophobische Thriller über die englische Klassengesellschaft auf dem 22. Platz.
mit Dirk Bogarde, James Fox, Sarah Miles, Wendy Craig, Richard Vernon, Patrick Magee, Harold Pinter
Biopic über den Multimillionär Howard Hughes und sein Leben in den dreißiger und vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Gut gespielt, liebevoll ausgestattet, straff erzählt mit einem Blick auf die dunklen Seiten des Porträtierten, aber von Scorsese erwarte ich mehr.
Denn letztendlich ist „Aviator“ Ausstattungskino.
Mit Leonardo DiCaprio, Cate Blancett, Kate Beckinsale, John C. Reilly, Alan Alda, Jude Law, Alec Baldwin, Alan Alda, Ian Holm, Danny Huston, Gwen Stefani, Willem Dafoe
Xavier Legrand beginnt sein genau beobachtendes Drama „Nach dem Urteil“ mit einem Ende. In Echtzeit zeigt er eine Sorgerechtsverhandlung. Nach der Scheidung muss eine Richterin darüber entscheiden, wer von den Eltern das Sorgerecht erhält und wie das Besuchsrecht geregelt wird. Dafür hat sie wenige Minuten, einige Schriftstücke und, vor allem, die Argumente der Anwälte von Antoine (Denis Ménochet) und Miriam Besson (Léa Drucker). Miriam möchte nicht, dass ihr Ex-Mann ihren Sohn Julien (Thomas Gioria) besuchen darf. Er sei übergriffig und stalke sie. Auch Julien möchte, so ein vor der Richterin verlesener Brief, seinen Vater nicht sehen. Ebenso wie seine volljährige Schwester. Antoine möchte Zeit mit seinem Sohn verbringen. Außerdem habe er alles, was seine Ex-Frau ihm vorwirft, nur aus Sorge um Julien getan. Mit ihren ständigen Umzügen und Wechseln ihrer Telefonnummer verhindere sie, dass er den Kontakt zu ihr und seinen beiden Kindern aufrecht erhalten könne.
Es ist eine typische „er sagt“/“sie sagt“-Situation, in der die Richterin danach entscheidet, wer seine Argumente schlüssiger vorträgt. Am Ende urteilt sie, dass Julien bei seiner Mutter lebt. Jedes zweite Wochenende soll der Elfjährige bei seinem Vater verbringen.
Schon am ersten gemeinsamen Wochenende würde Julien, der panische Angst vor seinem Vater hat, am liebsten bei seiner Mutter bleiben. Sie weigert sich, mit ihrem Ex-Mann zu sprechen. An den folgenden Wochenenden spitzt sich die Situation zu.
Legrand konzentriert sich in seinem Spielfilmdebüt auf Antoine, Miriam und Julien. Er liefert keine Hintergründe, sondern er zeigt nur, wie die drei nach dem Urteil miteinander umgehen. Alleine oder im Gespräch oder einer Interaktion mit einer anderen Person sehen wir sie fast nie. Wir erfahren auch nichts über ihre Vorgeschichte. Jedenfalls nichts, was über Hörensagen hinaus geht. Entsprechend schwer fällt es einem, sich spontan mit einem der drei zentralen Charaktere zu identifizieren.
Gerade weil Legrand den Zuschauer so auf Distanz hält, sucht man nach den kleinsten Hinweisen, die einem verraten, wer hier der Gute und wer der Böse (bzw. die Gute und die Böse) ist. Man identifiziert sich während des gesamten Films nie wirklich mit einem der Charaktere, sondern beobachtet sie wie ein Forscher, der keine Empathie oder Mitleid empfindet. Legrands Erzählhaltung ähnelt der von Claude Chabrol oder Michael Haneke.
Erst am Ende wird hundertprozentig deutlich, dass es um schwere häusliche Gewalt geht und wer der Täter ist. Weil bis zu diesem Moment, teils in quälend langen Szenen, in denen Menschen in unangenehmen Situationen ununterbrochen beobachtet werden und jede einfache Zuspitzung oder platte Dramatisierung vermieden wird, ist das Ende etwas enttäuschend. Es ist zu spektakulär und zu eindeutig geraten. In dem Moment wischt Legrand alle Zweifel weg zugunsten einer gewalttätigen Katharsis, die keine Befreiung ist und aus der Antoine, Miriam und Julien seelisch und körperlich verletzt hervorgehen.
Insgesamt ist „Nach dem Urteil“ ein starker, nicht auf vordergründige Emotionen setzender Film, der einen sehr alltäglichen Fall schildert. Keine leichte Kost.
Schauspieler Xavier Legrand erhielt in Venedig für sein Regiedebüt „Nach dem Urteil“ den Silbernen Löwen für die beste Regie.
Nach dem Urteil(Jusqu’á la garde, Frankreich 2017)
Regie: Xavier Legrand
Drehbuch: Xavier Legrand
mit Léa Drucker, Denis Ménochet, Thomas Gioria, Mathilde Auneveux, Mathieu Saikaly, Saadia Bentaieb, Émilie Incerti-Formentini, Sophie Pincemaille
Drehbuch: Phil Alden Robinson, Walter F. Parkes, Lawrence Lasker
Martin Bishop und sein Team brechen im Auftrag von Firmen in Computersysteme ein. Als sie einen halbseidenen Regierungsauftrag erhalten, geraten sie in Teufels Küche.
Sozusagen die unglamouröse Variante von „Ocean’s Eleven“. Was den Film nicht weniger unterhaltsam macht.
mit Robert Redford, Sidney Poitier, Dan Aykroyd, Ben Kingsley, Mary McDonnell, River Phoenix, David Strathairn, Timothy Busfield, James Earl Jones
USA, in naher Zukunft: nach Jahren voller Konflikte in jeder nur denkbaren Beziehung, beschließt die Regierung reinen Tisch zu machen. In einer großen Aktion wird die Bevölkerung fast vollständig vernichtet. Seitdem ist die Gesellschaft, wie wir sie kennen, zusammengebrochen. Marodierende Banden und Quartalsirre ziehen durch das Land. Es empfiehlt sich daher in den sicheren heimischen vier Wänden zu bleiben. Aber Nina (Kate Bosworth) will unbedingt zu ihrer Mutter. Ihr Mann Mark (Tyler Hoechlin) macht sich, auch weil er hofft, so ihre Ehe zu kitten, mit ihr auf den Weg.
Sie müssen zweihundert Meilen fahren. Ihr Weg führt sie durch von verschiedenen Gangs beherrschte Gebiete. Und alle Gangs haben einen mangelnden Respekt vor dem Leben.
Gut. Mike P. Nelson erfindet in seinem Spielfilmdebüt (davor inszenierte er mehrere Kurzfilme und TV-Episoden) das Genre nicht neu, aber er liefert einen netten Gang durch die bekannten Dystopie-Situationen ab. Die Bösewichter bedienen sich bei ihrem Outfit und ihrer Fahrzeuggestaltung exzessiv bei der von den „Mad Max“-Filmen etablierten Bilderwelt. Die Guten verhalten sich teilweise strunzdämlich. So hören sie im Feindesland laut Musik (okay, da passiert nichts) oder sie zünden nach Einbruch ein Licht an. Und einige Bösewichter haben ein erstaunlich langes Leben.
Weil Nelson seine Geschichte recht flott als Road-Movie erzählt, Schauspieler und Ausstattung ordentlich sind und es einige Überraschungen gibt, ist „The Domestics“ für Genrejunkies durchaus einen Blick wert.
The Domestics (The Domestics, USA 2018)
Regie: Mike P. Nelson
Drehbuch: Mike P. Nelson
mit Kate Bosworth, Tyler Hoechlin, Sonoya Mizuno, Lance Reddick
Es klingt wie ein Witz: Ein Afroamerikaner wird Mitglied beim Ku-Klux-Klan.
Aber das passierte wirklich und Spike Lee verfilmte jetzt diese Geschichte. Wobei man wohl besser sagt „inspiriert von einer wahren Geschichte“ als „basierend auf einer wahren Geschichte“.
In den Siebzigern bewirbt sich Ron Stallworth (John David Washington) beim Colorado Springs Police Department. Er wird der erste afroamerikanische Polizist des Reviers. Wobei man damals nicht afroamerikanisch, sondern schwarz sagte. Oder gleich noch diskriminierendere Worte benutze und den neuen Kollegen, der zuerst einmal in das Archiv verbannt wird, seine Abneigung deutlich spüren lässt. Aber Stallworth bewegt sich schon ab dem ersten Tag mit seinem Afro (damals modisch der letzte Schrei) so selbstsicher durch das Revier, dass klar ist, dass er die Botschaft von „I’m Black and I’m Proud“ verinnerlicht hat und seinen Shaft kennt.
Eines Tages sieht er in der Tageszeitung eine Anzeige des Ku-Klux-Klans. Es werden Mitglieder für eine örtliche KKK-Gruppe gesucht. Stallworth ruft an und am Diensttelefon verkörpert er so gut den weißen Rassisten, dass sein Gesprächspartner begeistert über das zukünftige Mitglied ist. Etwas später ist auch KKK-Anführer David Duke (Topher Grace) begeistert. Am Telefon überzeugt Stallworth die Rassisten mühelos. Er kann, und das ist einer der zahlreichen witzigen Dialoge, in den Rassenstereotype aufgespießt werden, ’schwarz‘ und ‚weiß‘ klingen (Keine Ahnung, ob der Witz in der deutschen Synchronisation noch funktioniert). Für eine persönliche Begegnung, die sich irgendwann nicht vermeiden lässt, muss dann ein weißer Kollege einspringen. Das soll Flip Zimmerman (Adam Driver), ein Jude, tun.
Damit sind wir beim grandiosen zweiten Witz des Films: ein Schwarzer und ein Jude infiltrieren den Ku-Klux-Klan und fügen ihm eine empfindliche Schlappe zu.
Bis es dahin kommt, zeigt Spike Lee sich in seinem neuen Film „BlacKkKlansman“ in Hochform und es ist ein typischer Spike-Lee-Joint: etwas zu lang, etwas chaotisch zwischen Stilen und Stimmungen wechselnd, eklektisch in jeder Beziehung, voller Humor, gespickt mit mal mehr, mal weniger subtilen Anspielungen und satirischer Zuspitzungen und immer unterhaltsam. Wie man, um jetzt nicht all seine Klassiker zu erwähnen, es beispielsweise aus seiner grandiosen Mediensatire „It’s Showtime“ (Bamboozled, 2000) kennt. Das ist, obwohl „BlacKkKlansman“ auch ein Thriller ist, nicht der Spike Lee, der mit „Inside Man“ (2006) und „Oldboy“ (2013, seinem letzten bei uns im Kino gelaufenem Film) straffe Thriller erzählte. In „BlacKkKlansman“, erleben wir den Filmemacher wieder mit seiner bekannten politischen Agenda und, auch ohne die letzten Filmminuten, in denen er Bilder der rechtsextremen „Unite the Right“-Demonstration, die 2017 in Charlottesville stattfand, zeigt, sind die Bezüge zur Gegenwart für jeden im Kinosaal glasklar. Vor allem, wenn man hört, woher die bekannten Trump-Sprüche kommen.
„BlacKkKlansman“ ist eine wütende Anklage gegen Rassisten und ihre Weltsicht. Spike Lee macht sich über sie lustig, aber er dämonisiert sie nicht. Er reißt ihnen nur die Maske vom Gesicht und lässt immer wieder, auch wenn sie es nicht ahnen, deren schlimmsten Alpträume wahr werden. Denn „BlacKkKlansman“ zeigt, was das schlimmste ist, was White-Supremacy-Anhänger sich ausdenken können.
Seine Premiere hatte die Komödie in Cannes. Dort erhielt sie den Großen Preis der Jury. In den USA lief der Film am 10. August, dem ersten Jahrestag der Charlottesville-Demonstration, an.
Fun Fact: Hauptdarsteller John David Washington ist der Sohn von Denzel Washington. Sein Leinwanddebüt, ein Cameo, hatte er als Kind 1992 in Spike Lees „Malcolm X“.
BlacKkKlansman (BlacKkKlansman, USA 2018)
Regie: Spike Lee
Drehbuch: Charlie Wachtel, David Rabinowitz, Kevin Willmott, Spike Lee
LV: Ron Stallworth: Black Klansman, 2014
mit John David Washington, Adam Driver, Topher Grace, Laura Harrier, Ryan Eggold, Jasper Pääkkönen, Corey Hawkins, Paul Walter Hauser, Alec Baldwin, Harry Belafonte
Side Effects – Tödliche Nebenwirkungen (Side Effects, USA 2013)
Regie: Steven Soderbergh
Drehbuch: Scott Z. Burns
Psychiater Jonathan Banks will Emily Taylor helfen, indem er ihr nach einem missglückten Suizidversuch ein neues, noch nicht erprobtes Medikament verschreibt. Das hat tödliche Nebenwirkungen Emilys Ehemann und der ehrbare Psychiater muss um seine Existenz kämpfen.
Lässig-verschachtelter Neo-Noir mit einem hübsch zynischem Ende, den Soderbergh damals als seinen letzten Spielfilm ankündigte. Was schon damals nicht glaubwürdig war. Inzwischen ist er nach einem TV-Film (der bei uns im Kino lief) und einer TV-Serie wieder im Kino angekommen.
„Gundermann“ ist der neue Film von Andreas Dresen und die meisten Kritiken sind, so mein Überblick, überaus positiv. Ich fand den Film, und das kann ich schon jetzt sagen, ärgerlich.
Bevor wir uns mit dem Biopic beschäftigen, muss ich einiges über Gerhard ‚Gundi‘ Gundermann erzählen. Im Osten war er bekannt wie ein bunter Hund. Im Westen nicht. Nicht vor der Wende, was natürlich auch daran lag, dass DDR-Musiker vor einer Westtour eine Ausreisegenehmigung brauchten und diese nicht so einfach bewilligt wurde. Nach der Wende war die große Zeit der Liedermacher vorbei. Grunge und Techno wurden gehört. Aus der ehemaligen DDR, den fünf neuen Ländern, kam in den Neunzigern musikalisch Mittelalter-Metal und „Rammstein“. Sogar Gundermanns Tod am 21. Juni 1998 wurde im Westen ignoriert. Jedenfalls ist mir kein Nachruf bekannt. Auch in den einschlägigen Musikzeitschriften wurde lieber über Grunge, Techno und die Hamburger Schule geschrieben und gesprochen, während die Kneipenboxen zur „Wonderwall“ wurden.
Gundermanns Leben in einigen Daten
Gerhard Gundermann wurde am 21. Februar 1955 in Weimar geboren. 1967 ziehen seine Eltern mit ihm nach Hoyerswerda. Nach seinem Abitur 1973 studiert er in Löbau an der Offiziershochschule der Landstreitkräfte. Weil er ein Loblied auf einen Vorgesetzten nicht singen will, wird er exmatrikuliert. Danach beginnt er als Hilfsarbeiter im Tagebau Spreetal und wird schließlich Baggerfahrer im Braunkohletagbau. Die Lausitz ist seine Heimat. Über sie, seine Arbeitskollegen und ihr Leben schreibt er Lieder.
Er wird Mitglied im „Singeklub Hoyerswerda“, der damals durch seinen mehrstimmigen Gesang begeistert. Bei ihren Auftritten zeigen sie, dass sie das Musizieren ernster als andere Chöre nehmen. Aus dem Singeklub entsteht die „Brigade Feuerstein“, für die Gundermann die Lieder schreibt, in denen er sein Leben und den Alltag reflektiert. Ohne Mitgesangserlaubnis (Öhm, das gab es im Westen nicht.). Die „Brigade Feuerstein“ präsentiert eine Mischung aus Gesang und Kleinkunst. Sie treten auch mit Musicals auf. Die Gruppe hat in der DDR zahlreiche Auftritte.
Während dieser Zeit, von 1976 bis 1984, ist Gundermann als „Grigori“ Inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Stasi. Die Stasi beendet die Zusammenarbeit, weil Gundermann ‚prinzipiell eigenwillig‘ ist. Ebenfalls 1984 wird er, nach mehreren Verwarnungen aus der SED ausgeschlossen. Als Idealist hatte er an die Partei geglaubt und gehofft, durch das Hinweisen auf Probleme die gesellschaftlichen Ziele zu erreichen.
1983 heiratet er, nach jahrelangem Werben, seine Jugendliebe Conny. Sie war damals bereits verheiratet. Sie hat zwei Kinder von ihrem ersten Mann, der ebenfalls mit Gundermann musizierte und später in dessen alte Wohnung zieht.
Musikalisch geht es in diesen Jahren für Gundermann weiter aufwärts. 1989 schreibt er Songs für „Silly“. Er tourt. Er erhält Preise. Er tritt auf und er bleibt weiterhin Baggerfahrer. Er wolle den Kontakt zur arbeitenden Klasse nicht verlieren und seine Unabhängigkeit von der Musikindustrie bewahren.
In der Wendezeit mischt der überzeugte Kommunist sich aktiv politisch ein. Er kandidiert auch für das Aktionsbündnis Vereinigte Linke. Erfolglos.
Nach der Wende tritt er mit der Band „Die Seilschaft“ auf. Im Westen bleibt er unbekannt. Zu seiner IM-Tätigkeit bekennt er sich 1995 während eines Konzerts. Seine Fans verübeln ihm das nicht weiter.
Zwischen seinen Auftritten, seiner Arbeit als Baggerfahrer (die er finanziell nicht mehr hätte ausüben müssen) und seinem Familienleben mit mehreren Kindern, hat er kaum Schlaf. Am 21. Juni 1998 stirbt er im sächsischen Spreetal an einem Gehirnschlag. Er wurde nur 43 Jahre alt.
Dresens Film über den Liedermacher
Das ist ein Leben, aus dem man ein Biopic machen kann. Man muss nur den Aspekt herausfiltern, der im Mittelpunkt des Films stehen soll. In „Gundermann“ ist es für Regisseur Andreas Dresen und seine langjährige Drehbuchautorin Laila Stieler Gundermanns Stasi-Verstrickung und der Film ist letztendlich eine ärgerliche Stasi-Weißwaschung, die einen immer wieder stutzen lässt und ihren Höhepunkt am Filmende erreicht. Dazu später mehr.
Dresen erzählt seinen Film auf zwei Zeitebenen. Einmal ab Mitte der siebziger Jahre, wenn Gundermann seine Stelle als Baggerfahrer im Braunkohletagebau antritt; einmal ab den frühen neunziger Jahren, wenn er zum ersten Mal mit seiner Stasi-Vergangenheit konfrontiert wird. Dieser Erzählstrang endet mit Gundermanns IM-Bekenntnis auf offener Bühne. Und, ja, seine Fans hatten anscheinend kein Problem damit.
Ein Problem bei dieser Erzählweise ist in diesem Fall, dass Gundermanns Aussehen sich innerhalb der zwanzig Jahre, die im Film erzählt werden, kaum verändert. So ist immer wieder im ersten Moment unklar, wann die Szenen genau spielen. Bei den zahlreichen Konzertausschnitten ist das Problem noch offensichtlicher. Auch weil die Musiker, wie fast alle anderen Charaktere, Staffage bleiben.
Die Musik, neu eingespielt von Hauptdarsteller Alexander Scheer (der im Film wirklich wie Gundermann aussieht) und Mitgliedern von Gisbert zu Knyphausens Band, klingt ‚ostig‘.
Für ein Publikum, das Gerhard Gundermann nicht kennt, wird im Film auch nicht deutlich, wie wichtig und groß er für sein Publikum und die DDR-Musik- und -Kleinkunstszene war. Nur bei einem DDR-Auftritt sehen wir sein Publikum und es ist überschaubar: er klampft in einer matschigen Grube vor seinen Kollegen und sie sind gerührt, wie treffend er sie beschreibt. Bei diesem und auch seinen anderen Auftritten ist unklar, ob es sich um eine lokale Berühmtheit so in Richtung „unser Kollege, der Gitarre spielt“ oder um mehr handelt. Auch weil Gundermann niemals seinen Beruf als Baggerfahrer aufgibt, scheint sich seine Situation nicht zu ändern. Es ist keine Entwicklung von einem Feierabendmusiker zu einem Profimusiker, der mit seiner Arbeit Geld verdient, erkennbar.
Immerhin wird in dem Film deutlich, wie wichtig für Gundermann diese Arbeit ist. Und es gibt verklärende Bilder von der Braunkohlegrube, in der die Kumpels Tag und Nacht schuften, um die Wirtschaft am Laufen zu halten.
Dazwischen wird immer wieder, schon ab dem Filmanfang, Gundermanns Spitzeltätigkeit angesprochen. In dieser Szene spricht ein früherer Freund ihn auf seine Spitzeltätigkeit an. Gundermann behauptet, er könne sich nicht daran erinnern und beginnt, als er allein im Zimmer ist, sofort in der Akte zu blättern. Diese Einführung von Gundermann setzt das Thema des Films und sie macht ihn im gleichen Moment sehr unsympathisch. Denn er ist ein Mensch, der seine Vergangenheit leugnet, verdrängt, herumschnüffelt und nur auf seinen Vorteil bedacht ist. Dass er in der nächsten Szene einen Igel vor dem Tod rettet und liebevoll pflegt, ändert nichts an dem ersten Eindruck.
Im Film kann Gundermann sich ziemlich lange nicht an seine IM-Tätigkeit erinnern. Wir sollen glauben, dass er sich nicht an seine wenige Jahre zurückliegenden zahlreichen Gespräche mit seinem Führungsoffizier und an die Aufträge, die er von ihm bekommen hat, erinnert. Das wirkt nicht besonders glaubwürdig. Vor allem, weil in den frühen Neunzigern in Deutschland ausführlich darüber gesprochen wurde. Und wenn er später beginnt, mit den von ihm bespitzelten Menschen darüber zu reden, entwickeln diese Gespräche sich in ihrer fast immergleichen Dramaturgie zu einem schlechten Running Gag: Gunderman sagt, er habe gespitzelt. Der Gesprächspartner nimmt den Vertrauensbruch achselzuckend hin. Einmal lädt er ihn zum gemeinsamen Schnaps trinken ein, weil er ja auch Gundermann bespitzelt habe. Über den Verrat scheint dagegen niemand irgendwie schockiert zu sein.
Das Filmende steigert den Running Gag zu einem grotesken Höhepunkt: Gundermann tritt mit seiner Band auf. Er bekennt sich zu seiner IM-Vergangenheit. Die Band rockt los und alle, auch die von ihm früher bespitzelten Menschen, jubeln begeistert. Das ist eine klassische Überwältigungsstrategie, die dem Publikum – äußerst plump – eine bestimmte Meinung und Reaktion aufzwingt. Es kann dem vorher gesagten nur noch bedingungslos zugestimmt. Dem Konzert- (es ist eine wahre Szene) und Kinopublikum bleibt nur eine Möglichkeit: den Spitzel für eine coole Socke zu halten und ihm mit dem ersten Rockriff jubilierend die Absolution erteilen.
Dresen zwingt das Publikum emotional, einem Spitzel seine Tätigkeit zu vergeben. Und er lässt durch seine Montage keinen Zweifel daran, dass er das für die einzig richtige Reaktion hält. Schließlich hätte Dresen Gundermanns Stasi-Outing auch anders inszenieren können.
Angesichts der Diskussionen, die es in den Neunzigern über IM-Tätigkeiten und andere Verstrickungen mit der SED gab, angesichts der Diskussionen, die es in Berlin vor der ersten rot-roten Koalition gab (in Gesprächen traf ich damals viele Ostler, die eine Beteiligung der jetzigen Linkspartei vehement ablehnten) und angesichts des sehr schnell zu seiner Entlassung als Staatssekretär führenden Aufschreis, als 2016/2017 Andrej Holms Tätigkeit als Hauptamtlicher Mitarbeiter beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) von Ende September 1989 bis Ende Januar 1990 herauskam, ist Dresens Umgang mit Gundermanns IM-Vergangenheit umso ärgerlicher. Dieses Ende ist in dem Film kein Ausrutscher, sondern es wird schon von der ersten Minute an vorbereitet. Dabei, um es noch einmal klar zu sagen, ist das Problem des Biopics nicht, dass ich für einen Spitzel Sympathie empfinden soll, sondern mit welchen erzählerischen Methoden ich sein Handeln gutheißen soll.
Gundermann (Deutschland 2018)
Regie: Andreas Dresen
Drehbuch: Laila Stieler
mit Alexander Scheer, Anna Unterberger, Axel Prahl, Thorsten Merten, Eva Weißenborn, Benjamin Kramme, Kathrin Angerer, Milan Peschel, Bjarne Mädel, Peter Sodann, Alexander Schubert, Horst Rehberg
Länge: 127 Minuten
FSK: ab 0 Jahre
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Das Buch zum Film
Zum Film erschien das von Andreas Leusink herausgegebene Begleitbuch „Gundermann“. Es enthält ausführliche Interviews mit Conny Gundermann (seiner Frau), Hauptdarsteller Alexander Scheer, Drehbuchautorin Laila Stieler, Regisseur Andreas Dresen und den Musikern Tina Powileit, Mario Ferraro (beide „Die Seilschaft“), Sebastian Deufel (Gisbert-zu-Knyphausen-Band) und dem Film-Music-Supervisor Jens Quandt. Gundermann-Musiker Lutz Kerschowski erinnert sich an seine 1977 beginnende sieben Jahre währende Zusammenarbeit mit Gundermann. Ingo ‚Hugo‘ Dietrich erinnert sich an seine Zeit mit Gundermann bei der „Brigade Feuerstein“. Beide Texte geben einen interessanten und persönlichen Einblick in die DDR-Musikszene. Es gibt Texte über Gundermanns Eltern (und seine schwierige Beziehung zu seinem Vater), sein Verhältnis zur SED und über seine Spitzeltätigkeit (mit Originaldokumenten) und viele Bilder. Teils historische, teils aus dem Film. Das Buch ist, wie schon Andreas Leusink in seinem Vorwort schreibt eine Ergänzung zu den vorhandenen Büchern über Gundermann.
Damit ist es vor allem eine gelungene Ergänzung und Vertiefung des Films.
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Andreas Leusink (Herausgeber): Gundermann – Von jedem Tag will ich was haben, was ich nicht vergesse…
Die Veranstaltung ist eine Kooperation des Ch. Links Verlags, literatur live berlin, der Thalia Buchhandlung und dem Pfefferberg Theater, präsentiert von radio eins und tip. Tickets kosten im Vorverkauf 12 Euro (plus Gebühren) und an der Abendkasse 13,50 Euro.
Drehbuch: Mel Gibson, Stacy Perskie, Adrian Grunberg
Ein namenloser Fluchtwagenfahrer wird kurz hinter der Grenze von der mexikanischen Polizei verhaftet und in einen von einem Gangsterboss regierten Knast gesteckt. Jetzt will er überleben, ausbrechen und seine Kohle wieder haben.
Das B-Picture „Get the Gringo“ ist eine unterhaltsame Hardboiled-Krimikomödie mit etwas Action und einem lakonischen Voice-Over des Fahrers, der auch über die Auslassungen und Unwahrscheinlichkeiten der Geschichte hinwegerzählt.
mit Mel Gibson, Kevin Hernandez, Daniel Giménez Cacho, Jesús Ochoa, Dolores Heredia, Peter Gerety, Roberto Sosa Martinez, Peter Stormare, Mario Zaragoza, Gerardo Taracena
Drehbuch: Pablo Trapero, Esteban Student (Mitautor), Julián Loyala (Mitautor)
Argentinien in den frühen achtziger Jahren, kurz nach dem Ende der Militärdiktatur: Patriarch Puccio und seine Familie sichern sich ihren Lebensstandard, indem sie Mitglieder reicher Familien. Als sein Sohn aussteigen will, hängt der Haussegen schief.
Unglaublich, aber wahr: „El Clan“ basiert auf einem wahren Fall. Pablo Trapero inszenierte das auch gut, aber seine assoziative Erzählweise raubt dem Film viel, fast alles von seinem Potential.