Die besten Kriminalreportagen 2008

August 28, 2009

Nach meiner Besprechung von „Ein Mord genügt“ fiel mir wieder ein, dass dieser Post überfällig ist. Ich las mich, einige werden sich erinnern, vor einem Jahr für einen Sammelband mit den besten Kriminalreportagen des Jahres 2008 durch Unmengen von Kriminalreportagen. Im letzten Moment machte dann der Verlag einen Rückzieher (Zweimal dürft Ihr raten warum.) und alles wanderte in mein Privatarchiv.

Aber weil viele der Reportagen immer noch lesenswert sind, auch online gelesen werden können und wir vieles so unglaublich schnell vergessen, präsentiere ich euch heute die Liste der Reportagen, die ich gerne in dem Sammelband veröffentlicht hätte:

Außerdem waren in der engeren Auswahl:

Also dann: Viel Spaß beim Lesen!

Und vielleicht gibt es nächstes Jahr einen Sammelband mit den besten Kriminalreportagen des Jahres 2009.


Mein neues Projekt: ein Sammelband mit Kriminalreportagen

Oktober 24, 2008

Nachdem die Information bereits im Netz gestreut und hierhin verlinkt wird, will ich die Gelegenheit nutzen, es euch zu verraten:

Ich stelle derzeit Kriminalreportagen, die dieses Jahr in deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften erschienen sind, für einen Sammelband, der im Frühjahr bei Das Neue Berlin erscheint, zusammen.

Die Reportagen sollen über ein Verbrechen berichten, einen Einblick in die Welt des Verbrechens, der Täter, Opfer und Ermittler geben, einen Fall (z. B. die verschwundene Madelaine McCann) oder ein Thema (z. B. Drogenhandel) abschließend behandeln und auch in einigen Jahren noch lesenswert sein.

Außerdem muss die längere Recherchearbeit des Journalisten erkennbar sein. Daher suche ich nicht nach Reportagen der Marke „Ein Tag im Gericht“, „Ich beobachte eine Demo“ oder „Ich fahre nach Amstetten und reihe mich brav in die Armada der schon anwesenden Journalisten ein“. Aber ich suche noch nach guten Reportagen über den islamistischen Terrorismus, den Biker-Krieg, Korruption und den Verstrickungen von Politik, Wirtschaft und Organisierter Kriminalität.

Wenn Ihr, liebe Leser, die vergangenen Monate eine gute Kriminalreportage gelesen habt, schickt mir eine Kopie.

Wenn Ihr, liebe Journalisten, dieses Jahr eine Kriminalreportage veröffentlicht habt und glaubt, dass sie in den Sammelband aufgenommen werden sollte, dann informiert mich.


Gedanken zu einem Schenkel-Zitat

Dezember 8, 2007

Im neuen „ZEITmagazin Leben“ 50/2007 (scheint’s nicht online zu geben) beantwortet Andrea Maria Schenkel einige Fragen. Bei ihrer Antwort auf die Frage was sie an ihren Tätern fasziniere musste ich schlucken: „Dass dieses Mörder ganz anders sind als man selbst oder die meisten Menschen. Und dass es diese Mörder wiederum sehr wohl gibt.“

Denn bei diesen Worten fällt mir nur „Freakshow“ ein. Das ist – wenn es gut gemacht ist – unterhaltsam, ohne uns etwas über uns selbst zu verraten, uns zu berühren oder uns zum Nachdenken zu bringen.

Allerdings sollten gute Kriminalromane uns immer wieder vor Augen führen, dass jeder von uns zu bösen Taten fähig ist. Das neue Buch von Thomas H. Cook „Das Gift des Zweifel“ (Red Leaves, 2005) zeigt eindrücklich, zu welch schrecklichen Taten ganz normale Menschen fähig sind oder fähig sein könnten.

Der Film „Hundstage“ (USA 1975, Regie: Sidney Lumet, Drehbuch: Frank Pierson, mit Al Pacino) zeigt eine homosexuelle Liebesgeschichte, die schon damals die Zuschauer als Liebesgeschichte berührte. Die Schwulen waren keine Freaks, sondern Liebende am Ende einer Beziehung. Arte zeigt den Klassiker am Sonntag, den 9. Dezember.

Außerdem, das wird gerne vergessen, sind ganz normale Menschen nicht nur zu sehr bösen, sondern auch zu sehr heldenhaften Taten fähig.  Barbara D’Amato machte im „Outfit“vor wenigen Tagen diesen Punkt: „Heroism“:

„To crime writers, who spend a lot of time dwelling on the idea of a bit of evil in all of us, it’s a boon to think there is a bit of hero in all of us as well.“

P. S.:  Karlheinz Stockhausen verstarb am Mittwoch, den 5. Dezember. 


Gegenwart oder Vergangenheit?

August 30, 2007

Vor längerem habe ich bereits geschrieben, dass ich ein altes Manuskript überarbeiten werde. Die erste Fassung hat mir nicht gefallen. Ich fand sie nicht spannend genug. Wenn ich einen meiner Texte auch beim fünften Mal noch Wort für Wort lese und nicht gegen den Schlaf ankämpfen muss, dann kann er nicht ganz schlecht sein. Wenn ich beginne, die Seiten zu überfliegen, dann, tja, dann stimmt etwas nicht. Bei „Verschwunden“ (so ist immer noch der Arbeitstitel; ich könnte es aber in „Katharina“ umbenennen; hm, der Titel gefällt mir) hat mich die erneute Lektüre nicht gepackt, aber es gibt zahlreiche gute Szenen und die Schlusspointe ist auch gut. Allerdings wird es jetzt ein anderes Ende geben.

Die Arbeit geht, wie ich mir gedacht habe, ziemlich gut voran. Nur gestern stieß ich auf ein Problem. Die Geschichte wird bis auf zwei Szenen (jedenfalls bis jetzt) aus der Sicht des ermittelnden Privatdetektivs erzählt. Sie ist ganz traditionell in der ersten Person Vergangenheit (Ich kam, sah und siegte) geschrieben.

Doch bei den erwähnten beiden Szenen wechsele ich die Perspektive und erzähle aus der Sicht einer anderen Person. Mein Held erfährt später davon. Ich fand es beim Schreiben interessant, die Sicht zu wechseln und länger mit einer anderen Stimme zu erzählen. Außerdem wechselte ich in der ersten Szene in die Gegenwartsform. Ich hatte dafür zwei Gründe. Einmal wollte ich so die beiden Stimmen noch unterscheidbarer machen. Denn niemand würde ein „ich kam, sah, siegte“ mit einem „ich komme, sehe, siege“ verwechseln. Außerdem passte es zu dem von mir für ihn gewählten leicht atemlosen Stream-of-Consciousness-Stil. Während der Detektiv ruhig und überlegt vorgeht, plant der andere nicht. Er nimmt die Ereignisse mit jugendlicher Begeisterung einfach auf.

In der zweiten Szene mit diesem Charakter fiel ich dann doch wieder in die üblichere Vergangenheitsform zurück und jetzt stehe ich vor der Frage, in welcher Zeitform der Charakter von seinen Erlebnissen erzählt.

Theoretisch habe ich die freie Wahl. Außerdem ist die Gegenwartsform derzeit besonders bei deutschen Autoren sehr beliebt. Für diese Zeit spricht natürlich das Handeln des Charakters. Er unternimmt einiges und plant dabei seine Aktionen nicht groß voraus. Er agiert einfach. Das kann in der Gegenwartsform gut erzählt werden.

Dagegen spricht, dass die Vergangenheitsform die seit Jahrhunderten gebräuchliche Form zum Erzählen von Geschichten ist. Es scheint also keinen Leser zu stören, wenn der Held von vergangenen Ereignissen berichtet. Als Leser erleben wir es trotzdem gegenwärtig. Als Vielleser bin ich sogar so sehr an Vergangenheitsform  gewöhnt, dass ich immer „kam, sah, siegte“ lese, auch wenn da steht „komme, sehe, siege“. Irgendwann stoppe ich dann leicht irritiert, lese den Absatz noch einmal und bin aus meinem Lesefluss gerissen. Außerdem lesen sich die meisten in der Vergangenheit erzählten Texte auch besser, weil in dieser Zeitform flüssiger formuliert werden kann. Hier ist es möglich eine Vorschau auf künftige Ereignisse zu machen. Hier ist es möglich, Gespräche zu raffen. Wenn ich in der Gegenwartsform schreibe, ist das schwieriger.  Denn rein logisch kann ich nicht in einem Satz sagen „ich komme, sehe, siege“. Zwischen den einzelnen Aktionen vergeht immer wieder eine bestimmte Zeit.

Weil ich letztendlich an einem flüssig zu lesenden Text interessiert bin, werde ich jetzt auch die erste, von diesem Charakter erzählte, Szene in die Vergangenheitsform setzen.

 

Und James Lee Burke ist im deutschen Fernsehen. Wow!


„Verschwunden“: Erste Gedanken zur Überarbeitung

Juli 29, 2007

Vor einigen Tagen schrieb ich, dass ich ein altes Manuskript herausgekramt habe und überarbeiten will. Das Ende gefällt mir immer noch. Redigiert habe ich in der zweiten Hälfte wenig. Aber die erste Hälfte gefällt mir nicht.

Derzeit denke ich, dass der Anfang gut ist. Immerhin erhält der Detektiv auf den ersten Seiten den Auftrag. In der zweiten Hälfte gibt es dann genug Überraschungen, um die Geschichte alle paar Seiten in eine andere Richtung zu bewegen. Und, wie gesagt, das Ende ist gut, denn hier erfahren wir in wenigen Zeilen, dass der Detektiv und Ich-Erzähler sich geirrt hat.

Also einfach in der ersten Hälfte etwas kürzen?

Nein. Denn hier wird natürlich einiges vorbereitet. Außerdem, denke ich, ist das nicht das größte Problem der Geschichte.

Größere Probleme liegen für mich in der Motivation von einigen Charakteren. Warum sollen sie so und nicht anders handeln? Warum konnten sie bestimmte Aktionen vorausplanen? Woher wussten sie, dass ihre Pläne funktionieren? Halt genau das, was mir bei einem schlechten Verschwörungsthrillern nicht gefällt. Da wird dann ein unglaublich komplizierter Plan entworfen, der nur funktionieren kann, wenn der Held zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort ist und irgendetwas tut. Das haben die Bösen geplant, weil sie wussten, dass der Held, wenn seine Frau umgebracht wird, er fünf Tage um 9.10 Uhr später seinen besten Freund besuchen wird. Pfui.

Blöderweise muss bei mir am Ende ein Charakter genau so etwas tun.

Das nächste Problem ist, dass ich im Prinzip eine Variante von „Laura“ geschrieben habe. Sie kennen den Film? Ein Polizist verliebt sich in das Bild einer Toten. Nun, auch bei mir ist eine Frau verschwunden. Sie wird gesucht. Die Menschen reden über sie und wir bekommen über ihre Aussagen ein Bild von ihr. Als Idee fand ich das toll. Aber jetzt ist mir zu wenig Spannung drin. Denn im Wesentlichen ist „Verschwunden“ (Arbeitstitel!!!) eine Charakterstudie ohne Konflikte.

Und hier kommen wir zum nächsten Problem. Mein Erzähler tut einfach seine Arbeit. Er kriegt den Auftrag. Er ermittelt. Er löst den Fall. Aber er wird als Charakter nicht wirklich fassbar. Denn für ihn steht nichts auf dem Spiel. Wenn er den Fall löst, ist es okay. Wenn nicht, dann ist es auch okay. Er hat auch keine Konflikte. Er löst ganz einfach den Fall. Interessanter wäre, wenn er die verschwundene Studentin bereits früher findet und vor der Frage steht, ob er sie zu ihrem Vater bringen soll oder nicht.

Und hier liegt, denke ich, auch die Möglichkeit, meinen Text besser zu machen. Ich streiche viel von den ersten Seiten, verlagere im zweiten Teil die Schwerpunkte und lasse den Helden aktiver in die Familiengeheimnisse vorstoßen; und zwar so, dass er eine Tragödie verhindern will.

Dann steht mein Erzähler vor Entscheidungen und er hat mindestens einen Gegner.

Es gibt mehr Konflikte und damit mehr Spannung und letztendlich ein besseres Buch.

Das klingt jetzt nach viel Arbeit? Ich denke nicht. Denn das Grundgerüst der Geschichte steht. Viele Szenen und Dialoge gefallen mir immer noch (Wobei ich dran denke, den Erzähler US-PI-witziger zu machen.). Ich kenne die Charaktere (und sie haben Namen, mit denen ich zufrieden bin). Ich kenne die falschen Fährten. Ich weiß, was geschieht. Ich muss es nur noch Schreiben. Fünf Seiten pro Tag. In einem Monat sind das 150 Seiten, in zwei Monaten 300 Seiten und das ist dann schon ein ganz ordentliches Buch.

 


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