Mit 224 Seiten ist auch der zweite Thriller von Max Annas sympathisch kurz geraten. Wie schon seit Debüt „Die Farm“ spielt auch „Die Mauer“ in Südafrika.
An einem heißen Nachmittag verreckt das Auto des jungen Schwarzen Moses in der Nähe der Gated Community „The Pines“. Dort war der Student einmal bei einem Studienkollegen und jetzt hofft er, dass dieser ihm hilft. Allerdings findet Moses, weil alle Häuser gleich aussehen, das Haus nicht. Stattdessen wird er vom Sicherheitsdienst entdeckt. Moses, der keine Lust auf eine Tracht Prügel hat (wenn er Glück hat), flüchtet.
Zur gleichen Zeit brechen, ebenfalls in „The Pines“, Nozipho und Thembi in ein leeres Haus ein. Das schwarze Einbrecherpärchen entdeckt in einer Schublade einen Haufen Geld und in der Tiefkühltruhe die noch warme Leiche der Hausherrin. Gerne würden sie mit ihrer Beute möglichst schnell die Gated Community verlassen. Dummerweise stehen inzwischen die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes vor dem Haus. Von dort koordinieren sie ihre Suche nach dem flüchtigen Moses.
Und dann kommen die Mörder der Hausherrin zurück.
Mit seinen vielen Szenenwechseln – das Buch hat 115 Kapitel – , der kargen Sprache und der kaum vorhandenen Psychologisierung der Charaktere (wir wissen eigentlich nur, was sie gerade tun) liest sich „Die Mauer“ wie ein „Roman zum Film“, bei dem der Autor ein Drehbuch mit wenigen ausschmückenden Sätzen zu einem Roman umformulierte. Das hat unbestritten Pageturner-Qualitäten. Denn die an einem Ort spielende Geschichte entwickelt sich, je nach Lesegeschwindigkeit, in Echtzeit.
Allerdings simulieren die vielen Szenenwechsel eine Dynamik, die in der Geschichte, wenn Moses über die nächste Mauer springt und wieder entdeckt wird, wenn Nozipho und Thembi sich im Schrank verstecken, nicht wirklich vorhanden ist. Insofern ist es auch etwas rätselhaft, warum „Die Mauer“ zweimal hintereinander auf dem ersten Platz der KrimiZeit-Bestenliste stand und in der mir im Moment noch unbekannten September-Liste wieder auf einem der vorderen Plätze stehen wird.
Max Annas gehört zu den wenigen deutschen Autoren, die längere Auslandserfahrung haben und diese literarisch verarbeiten. Der gebürtige Kölner lebt inzwischen in Berlin. Davor lebte er länger in Südafrika und er arbeitet immer noch an einem Forschungsprojekt der University of Fort Hare über die südafrikanische Jazzmusik. Da lernt man, auch wenn es in „Die Farm“ und „Die Mauer“ keine Anspielungen auf den Cape Jazz gibt, Land und Leute kennen.
Kabel 1, 23.00 Verlockende Falle (USA 1999, Regie: Jon Amiel)
Drehbuch: Ronald Bass, Michael Hertzberg
Versicherungsdetektivin Virginia ‚Gin‘ Baker (Catherine Zeta-Jones) glaubt, dass der vermögende Kunstsammler MacDougal (Sean Connery) ein Dieb ist, der zuletzt ein Rembrandt-Gemälde stahl. MacDougal nimmt die Herausforderung an und das Katz-und-Maus-Spiel kann beginnen.
Einer der letzten Leinwandauftritte von Sean Connery und ein rundum ansehbarer, altmodischer, leichtgewichtiger, eskapstischer Gangsterkrimi mit einer Prise Humor und ohne Gewalt.
mit Sean Connery, Catherine Zeta-Jones, Ving Rhames, Will Patton, Maury Chaykin, Kevin McNally Hinweise Rotten Tomatoes über „Verlockende Falle“
Wikipedia über „Verlockende Falle“ (deutsch, englisch) Sean Connery in der Kriminalakte
Dr. John Lake (Rossif Sutherland; – ja, ein Sohn von Donald Sutherland) arbeitet ehrenamtlich als Arzt in Laos. Während eines kurzen Erholungsurlaubs auf einer Insel sieht er nach einem Barbesuch eine offensichtlich vergewaltigte junge Frau. Er will ihr helfen und gerät mit ihrem Vergewaltiger in eine Schlägerei. Am Ende ist der Vergewaltiger tot und Lake will nach Thailand flüchten, weil; – nun, weil wir Westler ja wissen, wie schlecht die Gefängnisse in Asien sind, wie korrupt und gewalttätig die Polizisten sind, dass gefoltert wird und dass Gerichtsverhandlungen Scheinprozesse sind. Und weil wir Westler das alles wissen, muss der Film es nicht mehr erwähnen.
Während seiner Flucht erfährt Lake, dass der Tote der Sohn eines australischen Senators ist, was den Jagdeifer der Polizei und, nachdem eine Belohnung auf seinen Kopf ausgesetzt wird, der laotischen Bevölkerung anstachelt.
„Mekong Rush – Renn um dein Leben“, der Debütfilm von Jamie M. Dagg, erzählt eine klassische Fluchtgeschichte vor exotischer Kulisse und der Dreh vor Ort in Laos und Thailand trägt zur Qualität des Films bei. Auch das Erzähltempo ist angenehm straff und die Geschichte entwickelt sich mit einigen überraschenden Wendungen, die durchaus realistisch wirken, hin zum Ende.
Allerdings hat „Mekong Rush“ mit zunehmender Laufzeit auch ein Problem: es ist nicht nachvollziehbar, warum Lake flüchtet. Er macht sich damit zunehmend verdächtig. Außerdem hat der gute Samariter die Tat begangen. Juristisch würde sie wohl als irgendetwas zwischen Totschlag im Affekt und Notwehr mit verminderter Schuldfähigkeit behandelt werden. Schließlich war auch Lake betrunken. Mit einem guten Anwalt und etwas internationaler Öffentlichkeit könnte das für ihn ziemlich bis sehr glimpflich ausgehen. Er hätte sich also, auch weil die Polizisten, die im Film auftauchen, vernünftig wirken, gleich stellen können. Er flüchtet und sagt im Film immer nur, dass er nicht ins Gefängnis gehen könne. Warum das so ist, sagt er allerdings nicht. Entsprechend irrational wirkt sein Verhalten mit zunehmender Laufzeit, während wir uns fragen, warum wir für einen Mörder, der sich nicht für seine Tat verantworten möchte, also für einen Feigling, Sympathie empfinden sollen.
Das Bonusmaterial ist mit einer Sammlung Trailer enttäuschend. Dabei wäre gerade wegen der Dreharbeiten in Laos ein Hintergrundbericht sicher interessant gewesen.
Mekong Rush – Renn um dein Leben (River, Kanada/Laos 2015)
Regie: Jamie M. Dagg
Drehbuch: Jamie M. Dagg
mit Rossif Sutherland, Douangmany Soliphanh, Sara Botsford, Ted Atherton, David Soncin, Aidan Gillett
Der introvertierte Sicherheitsbeamte Harry Caine sucht den Mörder seiner Frau. Er glaubt, dass er den Täter auf den Überwachungsbändern einer Shopping-Mall findet. Da entdeckt er in einen Nachbarhaus einen Hinweis und er macht sich auf den Weg nach Montana.
The Night Manager – Teil 1 (The Night Manager, Großbritannien/USA 2016)
Regie: Susanne Bier
Drehbuch: David Farr
LV: John le Carré: The Night Manager, 1993 (Der Nachtmanager)
Nachtmanager Jonathan Pine will im Auftrag des britischen Geheimdienstes den skrupellosen Waffenhändler Richard Onslow Roper überführen. Dazu muss er erst einmal dessen Vertrauen erlangen.
Gut sechstündige BBC-Verfilmung, die das ZDF als Dreiteiler zeigt. An der Qualität der überaus sehenswerten und gelungenen, inzwischen aber auch etwas überbewerteten John-le-Carré-Verfilmung ändert sich dadurch nichts.
Das ZDF zeigt den zweiten und dritten Teil an den kommenden Montagen.
„Was macht das Leben eines Schriftstellers aus? Mit dem Welterfolg „Der Spion, der aus der Kält kam“ gab es für John le Carré keinen Weg zurück. Er kündigte seine Stelle im diplomatischen Dienst, reiste zu Recherchezwecken um den halben Erdball – Afrika, Russland, Israel, USA, Deutschland –, traf die Mächtigen aus Politik- und Zeitgeschehen und ihre heimlichen Handlanger. John le Carré ist bis heute ein exzellenter und unabhängiger Beobachter, mit untrüglichem Gespür für Macht und Verrat. Aber auch für die komischen Seiten des weltpolitischen Spiels.
In seinen Memoiren blickt er zurück auf sein Leben und sein Schreiben.“
LV: Topps Company: 55-teilige Sammelkartenserie aus den Sechzigern (Neuauflage 1994)
Außerirdische besuchen die Erde. Der Präsident und einige Wissenschaftler glauben an ein friedliches Zusammenleben der Welten, aber die Marsmenschen wollen einfach nur alles kaputtmachen.
Schön schräge, respektlose Satire und Liebeserklärung an die S-F-Filme der Fünfziger. Burtons Werk wurde damals als Gegenentwurf zu dem patriotisch-ironiefreien Roland Emmerich-Werk „Independence Day“ gesehen. Einmal dürfen sie raten, welcher Film der bessere ist. Und einmal, welcher Film das bessere Einspielergebnis hat.
„Eine der kompromisslosesten Demontagen des Hollywood-Kinos.
Zuerst wären da die Schauspieler zu nennen, eine Crew voller Berühmtheiten, denen nacheinander Schreckliches passiert: Sie alle scheiden in kürzester Zeit dahin, sterben einen wenig ruhmreichen Tod. (…) Mars Attacks! Karikiert nicht nur die patriotische, militaristische Variante des Invasionsfilms, sondern auch die ‚liberale’ Spielart, die den Außerirdischen mit pazifistisch und neuerdings esoterisch motiviertem Wohlwollen begegnet.“ (Helmuth Merschmann: Tim Burton)
Mit Jack Nicholson, Glenn Close, Annette Bening, Pierce Brosnan, Danny DeVito, Martin Short, Sarah Jessica Parker, Michael J. Fox, Rod Steiger, Tom Jones (als er selbst), Lukas Haas, Natalie Portman, Jim Brown, Sylvia Sidney, Pam Grier, Joe Don Baker, Christina Applegate, Jerzy Skolimonkski (Regisseur, als Dr. Zeigler), Barbet Schroeder (Regisseur, als französischer Präsident),
Ein wichtiges Thema, ein Autor, der schon öfter gelungen komplexe Themen behandelte, eine Regisseurin, die damit ebenfalls darin Erfahrung hat. Viel besser könnten die Umstände nicht sein für diese zwischen Spanien und Deutschland spielende Geschichte, die auch und vor allem ein Kommentar zur spanischen Wirtschaftskrise sein will. In, so die Regisseurin Icíar Bollain, der Form eines Märchens mit einem realen Bezugspunkt.
Das Drehbuch ist von ihrem Lebensgefährten Paul Laverty, der bereits für ihren mit mehreren Goyas ausgezeichneten Film „Und dann der Regen“ das Buch schrieb. Der Ken-Loach-Stammautor weiß, wie man eine scharfe Kritik aus linker Perspektive am Kapitalismus, an herrschenden Institutionen und Strukturen in eine unterhaltsame Geschichte verpackt, die Partei für die kleinen Leute, die Unterdrückten, ergreift und zur Empörung und zum Handeln gegen die herrschenden Verhältnisse auffordert. In „El Olivo“ ist die Gesellschaftskritik dann so unspezifisch, dass alles in einer sentimentalen Wohlfühl-Watte endet.
Im Mittelpunkt von „El Olivo – Der Olivenbaum“ steht die junge, etwas burschikose Spanierin Alma, die in einer Geflügelfarm einer schlecht bezahlten Arbeit nachgeht. Ihre Familie hatte einmal viele Olivenbäume. Für sie und ihren zunehmend dementen Großvater, den sie abgöttisch liebt, ist dabei vor allem ein uralter Olivenbaum besonders wichtig. Viele Erinnerungen und die halbe Familiengeschichte sind mit ihm verbunden. Aber ihre Eltern verkauften den Baum schon vor längerem und steckten das Geld in ein inzwischen bankrottes Restaurant.
Als Alma erfährt, dass der Baum nicht vernichtet wurde, sondern in Düsseldorf im Empfangsbereich eines Öko-Energiekonzerns steht, entschließt sie sich, den Baum zurückzuholen und so ihrem schweigsamen Großvater einen letzten Wunsch zu erfüllen.
Bis Alma mit ihrem Onkel Alcachofa und dem in sie verliebten Arbeitskollegen Rafa, die beide keine Ahnung von ihrem Plan haben, in einem LKW losfährt, vergeht allerdings viel Zeit, in der wir mit vielen Rückblenden zwar einiges über sie, ihr Umfeld und die Familiengeschichte erfahren, aber die ganze Zeit auf den Beginn der Geschichte, – den Aufbruch, die Fahrt nach Deutschland und die Befreiung des Baumes -, warten. Die Fahrt nach Deutschland ist dann nur die Anhäufung einiger eher belangloser Anekdoten und Streitigkeiten in der Fahrerkabine.
In Düsseldorf, das immer der austauschbare Handlungsort für irgendeine Großstadt bleibt, fällt der Film endgültig in sich zusammen. Zwischen Streitigkeiten und Versöhnungen untereinander und campieren vor der Bank, erhält Alma dann auch noch die Hilfe einiger flugs herbeigeeilter, Happening-süchtiger Freizeitkapitalismusgegner, die von einer Frauen-Wohngemeinschaft die nötigen Informationen für ihren Protest erhielten.
Diese studentische WG, die wie ein Befehl der Filmförderung wirkt, redet vorher arg didaktisch auf biederem TV-Niveau über die bösen Banken, den Kapitalismus, den Naturschutz und ob man überhaupt etwas tun solle. Sie initiieren dann doch eine „Free the Tree“-Bewegung, die Alma in Düsseldorf helfen soll, den Olivenbaum zu befreien. Den Anstoß dafür erhielten die WG-Damen durch einen Internet-Post von Almas Freundin und natürlich hätte man hier im Rahmen der Filmgeschichte etwas über die guten Seiten der sozialen Medien bei der Vernetzung und Gemeinschaftsbildung über Ländergrenzen erzählen können. So wie Jon Favreau es in seinem Road-Movie „Kiss the Cook“ in kulinarischem Zusammenhang tat. Bei „El Olivo“ wirkt dieser irgendwann lieblos fallengelassene Handlungsstrang allerdings durchgehend wie ein Fremdkörper, weil die Internetöffentlichkeit für die Baumrettungs-Kampagne nur am Ende, bei einer kindischen Protestaktion, eine realweltliche Entsprechung findet.
Dieser für die Haupthandlung letztendlich erschreckend unerhebliche Handlungsstrang ist wie der gesamte Film zwar gut gemeint, aber mehr als ein milde kapitalismuskritisches Feelgood-Movie mit unantastbar strahlender Heldin und, sicher auch wegen ihres idiotischen „ich gehe in die Bank und hole den Riesenbaum heraus“-Plans, unklarer Stoßrichtung der Kritik kommt dabei nicht heraus.
El Olivo – Der Olivenbaum (El Olivo, Spanien/Deutschland 2016)
Regie: Icíar Bollaín
Drehbuch: Paul Laverty
mit Anna Castillo, Javier Gutiérrez, Pep Ambròs, Manuel Cucala, Miguel Angel Aladren, Carme Pla, Ana Isabel Mena, María Romero
Vollkommen abgebrannt landet Michael Williams in dem Kaff Red Rock. Dort wird er für einen Profikiller gehalten und erhält auch gleich das Honorar für den Mordauftrag. Dummerweise trifft kurz darauf der wirkliche Killer ein.
„‚Red Rock West‘ ist ein Film noir mit allen Qualitäten eines modernen Western, wie sie in den Romanen und Figuren von Jim Thompson zu finden sind. Es geht um Liebe, Mord und Verrat – schnörkellos, direkt und lakonisch inszeniert.“ (Fischer Film Almanach 1994)
Besser hätte ich es auch nicht formulieren können.
„Red Rock West“ ist ein Film aus einer Zeit, als man sich noch auf den nächsten Nicolas-Cage-Film freute.
mit Nicolas Cage, Dennis Hopper, Lara Flynn Boyle, J. T. Walsh
Nancy (Blake Lively) will in der einsam gelegenen, traumhaften Bucht nur etwas surfen. Aber dann wird sie von einem Hai angegriffen, kann auf ein Felsstück, das bei Ebbe aus dem Wasser ragt, flüchten und sie fragt sich, wie sie sich aus ihrer misslichen Lage befreien kann. Denn Hilfe ist nicht in Sicht und ihr Handy liegt am Strand, der nur wenige hundert Meter entfernt ist. Meter, in denen ein extrem schlecht gelaunter Weißer Hai schwimmt, der sie und alle weiteren Eindringlinge in sein Revier als Mahlzeit betrachtet.
Gut, die Prämisse wirkt auf den ersten Blick etwas weit hergeholt, aber da bei Überschwemmungen schon Menschen in ihrem Keller ertrinken, ist Nancys Malaise durchaus glaubwürdig und Regisseur Jaume Collet-Serra erzählt die Geschichte nach einem ruhigen Anfang, der wie ein Werbevideo für Traumurlaube an unberührten Stränden und Surfen wirkt, in knackigen achtzig Minuten (ohne den Abspann). Es ist ein Thriller mit einem klaren Konflikt, ohne Subplots und Umwege. Es geht nur um eine junge Frau, die um ihr Überleben kämpft.
Das erinnert in seiner konsequenten Reduktion an J. C. Chandors Seglerdrama „All is lost“, in dem Robert Redford mitten im Indischen Ozean gegen sein sinkendes Schiff kämpfte. Oder, auch wenn es dort kein Wasser gibt, an Alfonso Cuaróns „Gravity“, in dem Sandra Bullock im Weltraum um ihr Überleben kämpfte. Da folgte die Geschichte etwas zu starr dem Drehbuchratgeber, aber dafür beeindruckten im Kino auf der großen Leinwand die Bilder vom dunklen Weltraum und 3D wurde endlich einmal sinnvoll eingesetzt.
Und genau wie bei diesen Filmen waren die Dreharbeiten für „The Shallows“ schwierig. Gedreht wurde, auch wenn die Filmgeschichte aus was für Gründen auch immer in Mexiko spielt, auf der zu Australien gehörenden Lord-Howe-Insel, die Teil des Unesco-Weltkulturerbes ist. Der Drehort war abgelegen. Die gesamte für den Dreh nötige Technik musste dorthin gebracht werden. Der im Film unberührte Strand musste, nachdem die Filmcrew durchmarschiert war, immer wieder in den unberührten Zustand versetzt werden. Die Möwe, mit der Nancy sich unterhält, musste trainiert werden. Immerhin musste der Hai nicht trainiert werde, weil er, beängstigend echt, aus dem Computer kommt. Allerdings mussten während dem Dreh die Bewegungen des Hai und das von ihm verdrängte Wasser erzeugt werden. Das sind dann Herausforderungen, die erklären, warum bestimmte Geschichten so selten verfilmt werden.
Für Jaume Collet-Serra war „The Shallows“ auch eine Auszeit von seinen Filmen mit Liam Neeson in der Hauptrolle. Er inszenierte mit Neeson die durchweg sehenswerten Thriller „Unknown Identity“, „Non-Stop“ und „Run all night“. Derzeit dreht er mit ihm „The Commuter“. Der Thriller soll im November 2017 bei uns anlaufen.
Und Blake Lively, die wir aus der TV-Serie „Gossip Girl“, der Don-Winslow-Verfilmung „Savages“ und der Romanze „Für immer Adaline“ kennen, zeigt, dass sie ganz allein einen Film tragen kann. Auch wenn sie bis zum Ende viel zu gut aussieht für die Strapazen, die sie erleiden muss.
Am Ende von „The Shallows“ erscheint ein rappelvoller Strand mit nervigen, oft viel zu knapp bekleideten Badegästen als eine gar nicht mehr so schlechte Option; wenn es da nicht die Sache mit „Der weiße Hai“ gäbe.
The Shallows – Gefahr aus der Tiefe(The Shallows, USA 2016)
Regie: Jaume Collet-Serra
Drehbuch: Anthony Jaswinski
mit Blake Lively – außerdem, nicht unwichtig, aber im Cameo-Bereich Óscar Jaenada, Angelo Jose, Lozano Corzo, Jose Manual, Trujillo Salas, Brett Cullen, Sedona Legge, Pablo Calva, Diego Espejel, Janelle Bailey, Ava Dean, Chelsea Moody, Sully ‚Steven‘ Seagall (Debüt!)
Drehbuch: Ronan Bennett, Ann Biderman, Michael Mann
LV: Bryan Burrough: Public Enemies, 2004
Melvin Purvis (Christian Bale) jagt John Dillinger (Johnny Depp).
Die Version von Michael Mann.
Da waren meine Erwartungen entsprechend hoch – und sie wurden enttäuscht. Denn im Vergleich zu „Dillinger“ von John Milius mit Warren Oates als John Dillinger und Ben Johnson als Melvin Purvis ist Manns Version doch ein eher laues Lüftchen mit Starpower und einer die Atmosphäre zerstörenden Digitalkamera (wobei das allerdings auch am Kino gelegen haben kann. Denn ein Kumpel meinte, er hätte eine Vorführung gesehen, bei der Mann die Technik überwachte und die Bilder seien grandios gewesen).
„spannende Genre-Bricolage“ (Lexikon des internationalen Films)
Mit Johnny Depp, Christian Bale, Marion Cotillard, Giovanni Ribisi, Billy Crudup, Stephen Dorff, James Russo, Rory Cochrane, Channing Tatum, Diana Krall
Robert Redford, der inzwischen achtzigjährige Kinostar der siebziger Jahre, der immer wieder jahrelang keinen Film drehte, hat in den letzten Jahren ein beeindruckendes Arbeitspensum vorgelegt und bei dem Ein-Personen-Seglerdrama „All is lost“ sogar einen ganzen Film mit einer auch körperlich anstrengenden Rolle gestemmt. Da ist die Rolle von Mr. Meacham, bei dem die größte Gefahr darin bestand, sich beim Holzschnitzen zu schneiden, einfach dagegen.
Mr. Meacham ist der bei den Kindern von Milhaven, einer Kleinstadt im Pazifischen Nordwesten, beliebte Märchenonkel. Denn er erzählt ihnen Geschichten von einem Drachen, der in den Wäldern lebt und den er vor langer, langer Zeit gesehen hat.
Seine Tochter Grace (Bryce Dallas Howard), die als Försterin arbeitet, hält das, wie alle vernünftigen Erwachsene, für ein Märchen. Denn Drachen gibt es nicht.
Zur gleichen Zeit lebt Pete (Oakes Fegley) seit dem tödlichen Autounfall seiner Eltern vor sechs Jahren im Wald. Beschützt, behütet und befreundet mit einem Drachen.
Als Graces Freund und Sägewerkbesitzer Jack (Wes Bentley), dessen jüngerer Bruder Gavin (Karl Urban) und deren Männer den Wald abholzen, wird Pete entdeckt. Grace nimmt das zehnjährige Findelkind auf und weil auch „Elliot, der Drache“, Pete folgt, ist das beschauliche Milhaven-Kleinstadtleben zwischen Unglauben („Drachen gibt es nicht!“) und Sensationsgier bald vorbei. Denn Gavin will den Drachen fangen und zu Geld machen.
„Elliot, der Drache“ ist ein sehr loses Remake von „Elliot, das Schmunzelmonster“ (USA 1977), einem Disney-Musical mit einem gezeichneten Drachen und realen Menschen. Für den neuen Film erfanden Toby Halbrooks und David Lowery, der auch Regie führte, eine komplett neue Geschichte, die in einer zeitlich nicht näher spielenden Vergangenheit ohne Handys und Computer spielt und die bis auf die Beziehung zwischen Pete und Elliot nichts mit dem 1977er-Film zu tun hat. Deshalb bringt es auch nichts, die Filme miteinander zu vergleichen und den einen Film gegen den anderen auszuspielen. In dem Remake wurde außerdem auf das Singen verzichtet und Elliot ist ein CGI-Drache, der daher ziemlich echt aussieht, aber keine Angst einflößt, weil er Kinder liebt, selbst ziemlich kindisch ist und gerne quitschvergnügt durch die unendlichen nordamerikanischen Wälder pflügt und über sie hinwegfliegt.
Die nach Petes Entdeckung in Graces Familie und Umfeld entstehenden Konflikte, wie die Frage nach Bewahrung oder Nutzbarmachung der Natur und des Umgangs mit Elliot, werden etwas plakativ in ein simples Gut-Böse-Schema gepresst. Das ist dann für Erwachsene zu banal und auch etwas zu eindimensional. Aber für sie ist „Elliot, der Drache“ nicht gemacht. Obwohl auch sie sich, wie Pete und Elliot, mit der Frage, wo sie hingehören, beschäftigen können.
„Elliot, der Drache“ ist, wie man es von Disney erwartet, ein gelungener, liebenswert-charmanter Kinderfilm, der sein Publikum ernst nimmt.
Elliot, der Drache (Pete’s Dragon, USA 2016)
Regie: David Lowery
Drehbuch: David Lowery, Toby Halbrooks (basierend auf einem Drehbuch von Malcolm Marmorstein und einer Geschichte von Seton I. Miller und S.S. Field)
mit Bryce Dallas Howard, Oakes Fegley, Robert Redford, Wes Bentley, Karl Urban, Oona Laurence
Wie bei dem ebenfalls heute anlaufendem Jason-Statham-Actionfilm „Mechanic: Resurrection“ hat auch bei der Caper-Komödie „Die Unfassbaren“ niemand wirklich eine Fortsetzung erwartet. Denn die Geschichte der Illusionisten „The Four Horsemen“ war erzählt. Sie verwirklichten, im Auftrag von Dylan Rhodes, einen ziemlich elaborierten Racheplan, der natürlich auch deshalb so elaboriert war, um möglichst gut von den wahren Absichten abzulenken und bei dem, wie es sich für einen guten Zauberertrick gehört, fast alles schon vorher geplant war. Die starbesetzte Krimikomödie war ein großer Spaß und das Einspielergebnis waren mit weltweit über 350 Millionen Dollar so überzeugend, dass es jetzt die Fortsetzung gibt, die genau daran leidet, dass die Geschichte fertig erzählt war.
Für die Fortsetzung mussten die Macher nun überlegen, wie sie die „Four Horsemen“, die irgendwo zwischen Ruhestand und Shows auf den großen Las-Vegas-Showbühnen leben könnten, wieder zurück bringen: ob sie zu einer „Ocean’s Eleven“-Verbrecherbande werden oder ob sie ihre Fähigkeiten als moderne Robin Hoods, sozusagen als „Leverage“-Team mit Zaubershow, einsetzen.
Mit Ach und Krach entschlossen sich die Macher für eine Mischung aus komplettem Neuanfang und Weitererzählung der Geschichte von „Die Unfassbaren“, weil jetzt die inhaftierten und blamierten Bösewichter des ersten Teils sich rächen wollen und die „Four Horsemen“ in Richtung Verbrechensbekämpfung auf der großen Showbühne gehen, während Dylan Rhodes (Mark Ruffalo) noch immer beim FBI arbeitet und dort fanatisch jede Spur der spurlos verschwundenen Illusionisten verfolgt. Seine Kollegen zweifeln zwar an seinem Verstand, aber so kann er die spurlos verschwundenen „Four Horsemen“ am besten schützen. Denn er ist der Kopf der „Four Horsemen“ und Mitglied des Magier-Geheimbundes „Das Auge“.
Während einer Produktpräsentation geht ein arg amateurhafter Überraschungsauftritt der „Four Horsemen“, bei dem sie die schändlichen Absichten des Veranstalters der Welt verraten wollen, gründlich schief. Die tapferen vier Reiter, bestehend aus Illusionist J. Daniel Atlas (Jesse Eisenberg), Mentalist Merritt McKinney (Woody Harrelson), Kartentrickser Jack Wilder (Dave Franco) und Neuzugang Lula (Lizzy Caplan), die sich zur Begrüßung schon einmal selbst enthauptet, müssen untertauchen.
Sie alle reisen, mehr oder weniger freiwillig, nach Macau, wo Walter Mabry (Daniel Radcliffe) sie in seinem Penthouse empfängt. Für den zurückgezogen lebenden Milliardär sollen sie einen unvorstellbar leistungsfähigen Computerchip/-software (der MacGuffin des 21. Jahrhunderts) stehlen. Die fünf Illusionisten sind einverstanden. Allerdings wissen sie nicht, dass Mabry der Sohn von Arthur Tressler (Michael Caine), dem Bösewicht des vorherigen Films, ist und Mabry und Tressler sich an ihnen für die damaligen Ereignisse rächen wollen.
Außerdem kann Thaddeus Bradley (Morgan Freeman), der ebenfalls aus „Die Unfassbaren“ bekannte, jetzt inhaftierte Berufsenttarner von Zauberertricks, aus dem Gefängnis entkommen.
Während in „Die Unfassbaren“ noch viel Zeit auf die Tricks der Illusionisten und deren Erklärung verwandt wurde, spielen sie in „Die Unfassbaren 2“ eigentlich keine Rolle mehr. Die meisten Tricks so elaboriert und groß, dass die Macher auf jede Erklärung verzichten. Es wäre ihnen auch nicht gelungen. Für den Rest gibt es dann gut versteckte Falltüren und Kartentricks, die keiner Erklärung bedürfen.
Stattdessen konzentriert Regisseur Jon M. Chu sich auf die Action und die Drehbuchautoren Peter Chiarelli und Ed Solomon, einer der Autoren des ersten Films, schrieben eine Geschichte, die in der Tradition der klassischen Pulp-Geschichten und B-Pictures aus den Dreißigern und Vierzigern, wie den „Mr. Moto“-Filmen mit Peter Lorre, steht. Immer wenn es nicht weiter geht, gibt es eine ausgewalzte Actionszene, immer wieder taucht plötzlich jemand aus dem Nichts auf, immer wieder gibt es, wenn man sich geade in eine erzählerische Sackgasse manövrierte, eine Erklärung, die alle vorherigen Ereignisse auf den Kopf stellt, und es passiert so viel so schnell, dass man über die Geschichte nicht weiter nachdenkt. Denn aus den einzelnen Szenen ergibt sich keine wirklich sinnvolle Geschichte.
Die Action inszenierte Jon M. Chu, der vorher vor allem die „Step Up“-Tanzfilme und das kindische Actiondesaster „G.I. Joe 3D: Die Abrechnung“ (USA/Kanada 2013) inszenierte, in „Die Unfassbaren 2“ nachvollziehbar, mit weniger Schnitten als in „G.I. Joe 3D: Die Abrechnung“ und, wenn unsere Helden gerade einen komplizierten Diebstahl aus einem bestens bewachtem Gebäude unter den wachsamen Augen des Sicherheitspersonals durchführen, mit viel Slo-Mo, wie einen Tanz. Das bringt die Handlung zwar genauso wenig voran wie ein Fred-Astaire-Tanznummer in einem Musical, aber das Auge (vielleicht auch „Das Auge“) verfolgt entzückt die überaus komplizierte Aktion, während das Hirn anmerkt, dass die Zauberer auch leichter und schneller an ihr Ziel kommen könnten.
Als gut gemachte, durchaus familienfreundliche Samstagabendunterhaltung mit gut aufgelegten Schauspielern (und Woody Harrelson in einer Doppelrolle) im Stil eines Vierziger-Jahre-B-Pictures funktioniert „Die Unfassbaren 2“ gut.
Es ist aber auch ein Film, der gerade die besonderen Aspekte des ersten Films – die Tricks der Illusionisten und der große Plan, in dem alles miteinander zusammenhängt (wobei ich immer noch glaube, dass der Plan bei einer genaueren Betrachtung schneller als ein Soufflé in sich zusammenfällt) – zugunsten einer 08/15-Gaunergeschichte links liegen lässt, die noch nicht einmal versucht, die Szenen in eine kohärente Geschichte oder einen großen Zauberertrick, der sich erst am Ende enthüllt, einzufügen.
Schon vor dem US-Kinostart wurde ein dritter „Die Unfassbaren“-Film angekündigt, bei dem Jon M. Chu wieder die Regie übernehmen soll. Über den Plot und die Besetzung ist noch nichts bekannt.
Die Unfassbaren 2 – Now you see me (Now you see me 2, USA 2016)
Regie: Jon M. Chu
Drehbuch: Ed Solomon, Peter Chiarelli
mit Jesse Eisenberg, Mark Rufallo, Woody Harrelson, Dave Franco, Daniel Radcliffe, Lizzy Caplan, Jay Chou, Sanaa Lathan, Michael Caine, Morgan Freeman
Nachdem Jason Statham sich, abgesehen von den „Fast & Furious“-Filmen, in den vergangenen Jahren von seinem unkaputtbaren „Transporter“/“Crank“-Image in Richtung anspruchsvollerer Action-Rollen, also so in Richtung düsterer Siebziger-Jahre-Actionfilm, entwickelte, spielt er jetzt wieder Arthur Bishop; einen Charakter den er bereits vor fünf Jahren in dem Action-Thriller „The Mechanic“ spielte.
Am Ende von „The Mechanic“ tauchte der Profikiller Arthur Bishop, der seine Morde als Unfälle tarnte, unter. Offiziell war er tot.
Jetzt lebt Bishop in Rio de Janeiro und, nach etwas Hin und Her und romantischen Sonnenuntergängen, wird in Phuket seine neue Freundin Gina (Jessica Alba) von Crains Männern entführt. Sein früherer Freund Riah Crain (Sam Hazeldine) erpresst ihn, innerhalb weniger Tage drei Morde zu begehen. Wenn ihm das nicht gelingt, wird Gina sterben.
Bishop geht, weil das Drehbuch es so will, auf die Erpressung ein – und es entwickelt sich eine wenig spektakuläre Geschichte, in der der Profikiller möglichst spektakulär seine Morde an den Köpfen des weltweiten Kinder- und Waffenhandels (also sehr, sehr bösen Menschen) wie Unfälle erscheinen lässt.
Als anspruchsloses B-Picture mit einer durchaus erkleckliche Zahl bekannter Schauspieler, neben Statham sind Jessica Alba, Tommy Lee Jones und Michelle Yeoh dabei, und etlichen für die Actionszenen fotogen in Szene gesetzten Touristenlocations unterhält „Mechanic: Resurrection“ leidlich. Wenn man nicht, vor allem angesichts des Endes und der immer wieder dick aufgetragenen Botschaft, nach der Moral von der Geschichte fragt. Wenn man sich keine Gedanken über die Logik macht. Denn Bishop ist hier der Mann, der nicht schläft und schneller als die Zeit ist. Sonst könnte er die Auftragsmorde, die alle eine aufwendige Planung erfordern, unmöglich innerhalb der wenigen Stunden erledigen, die ihm Crain gewährt. Gleichzeitig versucht Bishop Gina zu befreien. Und wenn man sich mit der formelhaften Dramaturgie zufrieden gibt, nach der nacheinander einige Männer ermordet werden, bis es zu der finalen Konfrontation zwischen Bishop und Crain kommt.
Wenn man sich allerdings fragt, warum die Macher von „Mechanic: Resurrection“ die letztendlich logikfreie Geschichte mit so geringen Ambitionen herunterspulen und dabei niemals den Charakter Bishop ernst nehmen, dann verzweifelt man – und überlegt schon während des Films, was die Macher alles hätten besser machen können.
Denn eigentlich ist Bishop ein schlaues Kerlchen und die Drehbuchautoren hätten einen entsprechend intelligenten Plan von Bishop gegen Crain erfinden können. Bei den Auftragsmorden gelang es ihnen ja auch.
Dann hätte „Mechanic: Resurrection“ ein Film werden können, der sich als Actionfilm mit Hirn nahtlos in Stathams aktuelle Filme einreiht. Stattdessen wurde es ein Film, der sich in Stathams „Transporter“-Phase einreiht. Mit wenig Logik in der Geschichte und den Charakteren, vielen explodierenden Booten und einem Statham, der hier mehr als in all seinen anderen Filmen im Wasser ist.
Das erinnert Statham-Fans dann an seine Karriere als erfolgreicher Wasserspringer. Die war noch vor seiner Filmkarriere.
Die Träumer (Großbritannien/Italien/Frankreich 2002, Regie: Bernardo Bertolucci)
Drehbuch: Gilbert Adair
LV: Gilbert Adair: The holy innocents – A Romance, 1988 (später überarbeitet zu „The Dreamers“ und dann auf Deutsch als „Träumer“ erschienen)
Paris, Frühling 1968: Die Cinémathèque Francaise wird geschlossen. Drei Studenten, Matthew und die Zwillinge Isabelle und Theo, ziehen sich in die riesige Wohnung der Zwillinge zurück und spielen anfangs Filme nach. Später wird es immer mehr zu einem Spiel sexueller Obsessionen.
Bertoluccis Liebeserklärung an das Kino und sein bester Film seit langem. Adair meinte, so sein Agent in einem Gespräch, Bertolucci habe in dem Film das gesagt, was er in seinem Roman habe sagen wollen. Ein schöneres Kompliment hat wahrscheinlich noch kein Regisseur gehört.
Mit Michael Pitt, Eva Green, Louis Garrel, Anna Chancellor, Robin Renucci, Jean-Pierre Kalfon, Jean-Pierre Léaud
Ein Hochhaus in der südchinesischen Millionenstadt Guangzhou, ein heißer Tag, eine achtlos weggeworfene Zigarette und schneller als der Pizza-Service liefern kann, steht das Haus in Flammen. Diese Katastrophe gibt nun den Regisseuren Danny und Oxide Pang die Gelegenheit, tapfere Feuerwehrleute gegen das Feuer kämpfen zu lassen und dabei möglichst viele der vom Feuer bedrohten Menschen zu retten, während eine Explosion nach der nächsten, ein plötzlich auftauchender Brandherd nach dem nächsten und ein versperrter Fluchtweg nach dem nächsten die Rettung erschweren. Und diese vor den Flammen flüchtenden Menschen sind ein repräsentativer Querschnitt durch die Gesellschaft, die in der Not ihre Tapferkeit oder ihre Feigheit beweisen können. Im Mittelpunkt stehen ein Feuerwehrmann, dessen schwangere Frau in dem Gebäude ist und der den Einsatz leitet; sein Bruder, mit dem er seit vier Jahren nicht mehr gesprochen hat und der für den Brandschutz in dem Gebäude verantwortlich ist; ein Ehepaar mit einer kleinen Tochter; zwei Juwelendiebe, die die sich durch das Feuer bietende Chance genutzt haben, und ein Arzt, der kein Held sein will.
Nein, einen Innovationspokal wird es für den Katastrophenfilm „Out of Inferno“ der Pang-Brüder nicht geben. Logikfans werden, auch wenn sie nichts über die chinesischen Brandschutzvorschriften wissen, sicher mehr als einmal die Stirn runzeln. Und einige der Tricks sind auch, nach unzähligen CGI-gesättigten Action-Thrillern, sehr offensichtlich.
Trotzdem gefällt das Drama mit etlichen spektakulären Szenen, Explosionen und viel Feuer als flott erzählter, entsprechend kurzweiliger und eher unpathetischer Katastrophenfilm in der Tradition von „Flammendes Inferno“ mit weniger Stars (jedenfalls für uns Westler) und mit hundert Minuten deutlich kürzer als das Hollywood-Dreistundenepos.
Als Bonusmaterial gibt es ein unspektakuläres 16-minütiges „Making of“, das auch zeigt, wie bei einigen Szenen getrickst wurde.
Danny Pang und sein Zwillingsbruder Oxide Pang (manchmal auch Oxide Chung Pang), die auch als „The Pang Brothers“ firmieren, inszenierten bereits „The Eye – Mit den Augen einer Toten“, „Bangkok Dangerous“ und das gleichnamige Hollywood-Remake mit Nicolas Cage.
Out of Inferno (Táo Chūshēng Tiān, China/Hongkong 2013)
Regie: Danny Pang, Oxide Pang
Drehbuch: Tang Nicholl, Danny Pang, Oxide Chun Pang, Szeto Kam-Yuen, Tang Nicholl, Wu Meng Zhang
mit Louis Koo, Sean Lau, Chen Si Cheng, Crystal Lee, Marc Ma, Jin Qiao Qiao, Crystal Lee, Zang Jin Sheng
Sehr sehenswerte und äußerst informative Dokumentation über das titelgebende Haus Tugendhat, eine von Mies von der Rohe gestaltete Villa, die im tschechischen Brünn steht und seit 2001 zum Weltkulturerbe gehört.
Dieter Reifarth erzählt die Geschichte des Bauhaus-Hauses von seiner Erbauung zwischen 1928 und 1930 bis zur Gegenwart anhand seiner Bewohner, der damit verbundenen vielfältigen Nutzungen und der Familie Tugendhat, die während der Nazi-Diktatur flüchten musste.
mit Daniela Hammer-Tugendhat, Ruth Guggenheim-Tugendhat, Ernst Tugendhat, Ivo Hammer, Lukas Hammer, Josef Guggenheim, Michael Guggenheim, Irene Kalkofen
Hawaii Crime Story (USA 2003, Regie: George Armitage)
Drehbuch: Sebastian Gutierrez
LV: Elmore Leonard: The big bounce, 1969 (Ein schlechter Abgang)
Jack Ryan jobbt auf Hawaii in einem Strandmotel und genießt das Leben, bis Nancy ihn zu einem Diebstahl überredet.
George Armitage inszenierte vor der „Hawaii Crime Story“ (der Originaltitel ist „The big bounce“) die Charles-Willeford-Verfilmung „Miami Blues“ und „Ein Mann, ein Mord“ (Grosse Pointe Blank), zwei herrlich gemeine schwarze Komödien und entsprechend hoch waren die Erwartungen. Sebastian Gutierrez schrieb davor das Buch für den bestenfalls halbgaren Thriller „Gothika“ und danach „Snakes on a Plane“.
Elmore Leonards erster Kriminalroman „The big bounce“ (nach mehreren Western) wurde bereits in den späten Sechzigern verfilmt und Leonard mag beide Verfilmungen nicht.
Denn auch die zweite Verfilmung von „The big bounce“ ist, nun ja, eine Gaunerkomödie, „die nie recht in Gang kommt“ (Lexikon des internationalen Films)
„Trotz prominenter Vorlage und ebensolcher Besetzung bleibt diese gemütliche Krimikomödie ein wenig fade.“ (Lothar R. Just: Filmjahrbuch 2005)
Extrem selten gezeigte Leonard-Verfilmung, die vor der Premiere heftig umgeschnitten wurde, in den USA floppte und bei uns nur auf DVD veröffentlicht wurde.
mit Owen Wilson, Morgan Freeman, Sara Foster, Charlie Sheen, Vinnie Jones, Gregory Sporleder, Butch Helemano, Willie Nelson, Gary Sinise, Harry Dean Stanton
Blau ist eine warme Farbe (La vie d’Adèle, chapitres 1 & 2, Frankreich 2013)
Regie: Abdellatif Kechiche
Drehbuch: Abdellatif Kechiche, Ghalya Lacroix
LV: Julie Maroh: Le bleu est une couleur chaude, 2010 (Blau ist eine warme Farbe)
Abdellatif Kechiche erzählt die Geschichte der Liebe zwischen der 17-jährigen Adèle und der etwas älteren Emma, einer lesbischen Kunststudentin.
Ein wundervoller Film, der 2013 in Cannes die Goldene Palme erhielt und heute zu einer unmöglichen Zeit seine TV-Premiere erlebt. Immerhin dauert der Film drei Stunden.