Neu im Kino/Filmkritik: „Pioneer“ oder Tiefseetauchen und Sterben für Öl und Norwegen

Oktober 31, 2014

„Pioneer“ ist der neue Film von Erik Skjoldbjærg, dessen Spielfilmdebüt „Todesschlaf“ (Insomnia, 1997) fünf Jahre später von Christopher Nolan ein Hollywood-Remake erhielt, das dem Original nichts Wesentliches hinzufügte. Auch für „Pioneer“ hat Hollywood sich schon die Remake-Rechte gesichert. George Clooney ist als Produzent im Gespräch.
„Pioneer“ basiert, wie „Pride“, auf wahren Ereignissen, die sich in den frühen Achtzigern ereigneten. Aber es ist kein Feelgood-Movie, sondern ein altmodischer Paranoia-Thriller.
Mitte der Siebziger, kurz nach der Ölkrise, die uns in Deutschland autofreie Sonntage bescherte, wurden auch vor Norwegen in der Nordsee riesige Öl- und Gasvorkommen entdeckt. Norwegen will diesen neuen Reichtum bergen. Dummerweise liegt das Öl so weit unter der Meeresoberfläche, dass die Förderung extrem schwierig ist, weil es keine Erfahrungen mit Tauchgängen in diesen Tiefen gibt und die Anlagen vor Ort montiert und zusammengeschweist werden müssen. Auch heute, gut vierzig Jahre später, liegen die Rekorde beim Tiefseetauchen bei 332 Meter im Gerätetauchen und, seit 2006, bei 610 Metern beim Tauchen mit einem Panzertauchanzug.
Diese gefährliche Arbeit wird von Tiefseetauchern, wie Petter (Aksel Hennie) und seinem Bruder Knut (André Eriksen) erledigt, denen wir zum ersten Mal bei einem simuliertem Tauchgang bis 500 Meter Tiefe in einer Dekompressionskammer begegnen. Dabei soll getestet werden, ob und wie Menschen in dieser Tiefe überleben können und wie sich ihre Wahrnehmung verändert. Schon bei diesen simulierten Tauchgängen arbeitet die norwegische Regierung, die das Nordseeöl fördern will, mit der US-amerikanischen Firma Deep Sea Diving zusammen, die den Tauchern eine spezielle Sauerstoffmischung gab, die sie wie den Heiligen Gral hütete.
Als Petter und Knut drei Monate später den ersten Tauchgang des Projekts auf offener See unternehmen, geschieht in 320 Meter Tiefe ein Unfall, bei dem Knut stirbt. Ferris (Stephen Lang), der Leiter des US-Unternehmens, und seine norwegischen Kollegen versuchen Petter, der sich für den Tod seines Bruders verantwortlich fühlt, zu beruhigen. Unfälle passieren halt. Niemand ist dafür verantwortlich.
Aber Petter stellt Fragen. Denn er glaubt, dass es kein bedauerlicher Unfall war, sondern dass Knuts Tod vermeidbar gewesen wäre.
„Pioneer“ steht gelungen in der Tradition des US-Polit-Thrillers der siebziger Jahre. Erik Skjoldbjærg nennt als Inspiration „Der Dialog“, „Chinatown“ und „Die Unbestechlichen“. Er hätte auch noch „Zeuge einer Verschwörung“ und „Die heiße Spur“ nennen können und wie viele dieser Filme zieht er einen beträchtlichen Teil seiner Spannung aus dem Nichtwissen um die Hintergründe und der Paranoia des Protagonisten. Bis zum Schluss läßt uns Skjoldbjærg nämlich im Ungewissen darüber, ob Petter wirklich einer großen Verschwörung auf der Spur ist oder ob er einfach nur von Schuldgefühlen geplagt ist und diese auf Ferris und die anderen US-Amerikaner lenkt. Es ist auch unklar, wie sehr seiner Wahrnehmung vertraut werden kann. Also ob er nicht nur paranoid ist, sondern Halluzinationen hat.
Und wenn am Filmende das ganze Ausmaß der Verschwörung deutlich wird, wirft Erik Skjoldbjærg elegant die vorherigen Gewissheiten über Bord.
Heute verdankt Norwegen seinen Reichtum dem Nordseeöl. 2013 stellte der Europäische Gerichtshof fest, dass es mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen bei Tauchgängen gab, die zum Tod von Tauchern führten.

Pioneer - Plakat

Pioneer (Pioneer, Norwegen/Deutschland/Schweden/Frankreich/Finnland 2013)
Regie: Erik Skjoldbjærg
Drehbuch: Hans Gunnarson, Kathrina Valen Zeiner, Cathinka Nicolaysen, Nikolaj Frobenius, Erik Skjoldbjærg
mit Aksel Hennie, Wes Bentley, Stephen Lang, Stephanie Sigman, Jorgen Langhelle, Ane Dahl Torp, Jonathan LaPaglia
Länge: 107 Minuten
FSK: ab 12 Jahre

Hinweise
Englische Homepage zum Film
Film-Zeit über „Pioneer“
Moviepilot über „Pioneer“
Metacritic über „Pioneer“
Rotten Tomatoes über „Pioneer“
Wikipedia über „Pioneer“


Neu im Kino/Filmkritik: Auf „Pride“ kann jeder Stolz sein

Oktober 31, 2014

Großbritannien, 1984: Premierministerin Margaret Thatcher regiert mit harter Hand das Land. Die streikenden Berg- und Minenarbeiter, die gegen zahlreiche Zechenstilllegungen und Entlassungen von über 20.000 Arbeitern protestierten, werden von der Polizei zusammengeknüppelt und die konservativen Medien schlagen verbal auf die Arbeiter ein.
In London bemerkt der junge Aktivist Mark Ashton Parallelen zwischen der Situation der auf dem Land lebenden Arbeiter und seinem Leben als Homosexueller. Auch er kennt, wie alle Schwulen, die Anfeindungen der Konservativen und die Schläge der Polizei. Also entschließt er sich, ihnen zu helfen und er versucht, zunächst erfolglos, seine schwulen Freunde zu überzeugen, Geld für die Arbeiter zu sammeln. Mit einigen Freunden gründet er die LGSM (Lesbians and Gays Support the Miners). Sie sammeln, wenn sie nicht zusammengeschlagen werden, Geld, das die Gewerkschaft nicht annehmen will. Denn ihre Situation ist nicht und wird niemals schlecht genug sein, um sich von den Perversen aus der Großstadt helfen zu lassen.
Per Zufallsprinzip wählen Mark und seine Freunde, die das gesammelte Geld unbedingt spenden wollen, den kleinen Walisischen Ort Onllwyn aus, der irgendwo im Nirgendwo ist. Die dort lebenden Menschen können jeden Cent gut gebrauchen. Denn sie haben, wie die anderen Streikenden, kein Einkommen, erhalten keine Unterstützung von der Regierung, Strom und Gas wurden abgestellt und die Kinder von der Schulspeisung ausgeschlossen. Der Gemeindevorstand Dai, der den Namen am Telefon nicht richtig versteht, fährt nach London, um das Geld abzuholen. Es ist immerhin die größte Einzelspende, die sie bislang erhielten.
In London kann Dai seinen ersten Schock nur mühsam verbergen. Aber er ist dankbar für das Geld, durchaus offen und er hält es für selbstverständlich, die LGSM nach Onllwyn einzuladen, was für Probleme, neue Einsichten und, auf lange Sicht, zu überraschenden Bündnissen führt.
Denn bis dahin lebten die Arbeiter und die Schwulen in verschiedenen Welten, die nichts miteinander zu tun hatten, außer ihrer tiefen Abneigung gegen die rückständigen Arbeiter (aus Schwulensicht) und die perversen Schwulen, die man ungestraft beleidigen und schlagen durfte (aus Arbeitersicht).
Das unglaublichste an der Geschichte von „Pride“, die sich wie die Geschichte eines auf die Tränendrüse drückenden Feelgood-Movies liest, ist, dass er auf Tatsachen basiert und den historischen Ereignissen auch, abgesehen von kleinen Änderungen, genau folgt.
Die LGSM, die letztendlich elf Abteilungen in Großbritannien hatte, war eine der zahlreichen Unterstützergruppen für die Streikenden, die es damals gab. Sie warb am lautesten für die Solidarität mit den Streikenden und die Londoner Gruppe, die auch das erfolgreiche Benefiz-Konzert „Pits and Perverts“ mit Bronski Beat und anderen Band organisierte, sammelte für die Streikenden mehr Geld als jede andere Gruppierung. Über 20.000 Pfund sammelte sie, was damals ungefähr 80.000 Deutsche Mark waren. Den heutigen Euro-Wert könnt ihr selbst ausrechnen.
Drehbuchautor Stephen Beresford und Regisseur Matthew Warchus, beides vor allem Theatermänner, entfalten in ihrem Film ein großes Ensemble unterschiedlicher Charaktere, von denen jeder, auch dank der guten Schauspieler, schnell zu einem dreidimensionalem Charakter mit nachvollziehbaren Wünschen und Problemen wird. Sie erzählen, kurzweilig und pointiert, immer witzig, mit dem Herzen auf dem rechten Fleck und ohne Beschönigungen, viele kleine Episoden aus dem Kampf der Arbeiter und der LGSM, welche gegenseitigen Vorurteile sie überwinden mussten und wie sie zu Verbündeten und Freunden wurden. Dabei zerfasert „Pride“ nie und bricht auch nicht unter der Last seiner vielen Charaktere und Plots zusammen. Denn in jeder Sekunde geht es um das titelgebende Thema „Stolz“ beziehungsweise Selbstbewusstsein geht. Jede Handlung hat damit zu tun. Jeder Charakter muss für sich und in seinem Verhältnis zu den anderen klären, was für ein Mensch er sein will und wie stolz er auf sich und seine Fähigkeiten ist.
„Pride“ ist einer der schönsten Filme des Jahres. Erzählt in einem rauhen, unsentimentalem, aber auch humorvollem Tonfall, der das Herz wärmt und zeigt, wie Veränderungen geschehen können. So ist das Schlussbild, wenn die Bergarbeiter im gespendeten LGSM-Bus nach London kommen und bei dem Gay-Pride-Marsch mitdemonstrieren ein schönes Schlussbild. Der Schlusstext erwähnt dann noch weitere Veränderungen, die durch die LGSM angestoßen wurden.

Pride - Plakat 4

Pride (Pride, Großbritannien 2014)
Regie: Matthew Warchus
Drehbuch: Stephen Beresford
mit Ben Schnetzer, George Mackay, Dominic West, Andrew Scott, Bill Nighy, Imelda Staunton, Paddy Considine, Jessica Gunning, Paye Marsay
Länge: 120 Minuten
FSK: ab 6 Jahre

Hinweise
Englische Homepage zum Film
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „Pride“
Moviepilot über „Pride“
Metacritic über „Pride“
Rotten Tomatoes über „Pride“
Wikipedia über „Pride“ (deutsch, englisch)
The Guardian über „Pride“ und die historischen Hintergründe (18. September 2014) (es wird ein „A -“ für die historische Genauigkeit vergeben)
The Guardian über „Pride“: Ausführliche Reportage und Interviews über die historischen Hintergründe des Films (31. August 2014)


Neu im Kino/Filmkritik: „Zwei Tage, eine Nacht“, eine Frage, ein Ziel

Oktober 31, 2014

Es ist eine unschöne Entscheidung, die der Chef an seine Angestellten weiterleitete und, beeinflusst durch den sanften Druck des Vorarbeiters, entschieden die Angestellten einer kleinen Firma sich dafür, dass ihre Kollegin Sandra entlassen wird und sie eine Bonuszahlung erhalten. Sandra war die letzten Monate sowieso nicht da, weil sie eine Depression auskurierte.
Aber beeinflusst durch eine Arbeitskollegin und ihren Mann entschließt Sandra sich, nachdem der Chef am Freitag, nach Feierabend, sich einverstanden erklärt, am Montag noch einmal abstimmen zu lassen, an dem Wochenende um ihren Job zu kämpfen. Sie hat die titelgebenden „Zwei Tage, eine Nacht“, in der sie ihre Arbeitskollegen, die sie bislang fast alle nur von der Arbeit kannte, zu Hause besucht, Einblicke in deren Leben erhält und immer wieder sieht, wie dringend viele den Bonus brauchen. Aber sie braucht die Arbeit für sich und ihre Familie.
„Zwei Tage, eine Nacht“ von Jean-Pierre und Luc Dardenne („Der Junge mit dem Fahrrad“, „Das Kind“) ist eine konsequent zugespitzte Versuchsanordnung, die glasklar eine Frage formuliert: Sandra oder Bonus?
Denn welcher Chef lässt nicht gerne seine Angestellten mitbestimmen, wenn er sich so um eine unbequeme Entscheidung drücken oder sich eines Problemes elegant entledigen kann? Dass in dem Moment die Angestellten mit einer Frage konfrontiert werden, die sie eigentlich nicht entscheiden sollten, die nach ihrer Menschlichkeit fragt und die Solidarität der Arbeiter untereinander auf die Probe stellt, ist dem Chef egal oder vielleicht sogar gewünscht. Denn solange die Arbeiter miteinander beschäftigt sind, solidarisieren sie sich nicht.
Und so ist „Zwei Tage, eine Nacht“ mit einer grandiosen Marion Cotillard als zerbrechliche Sandra eine präzise Bestandsaufnahme des Kapitalismus und wie er funktioniert. Der Film stellt Fragen, verurteilt nicht und regt zum Nachdenken an. Es ist auch ein spannendes Drama, weil Sandra die Mehrheit ihrer Kollegen überzeugen muss. Was ihr manchmal gelingt, manchmal nicht; während wir Einblicke in das Leben der Arbeiter und ihrer Nöte erhalten, die niemals gekünstelt wirken. Sowieso ist „Zwei Tage, eine Nacht“ wahrhaftiger als es eine Dokumentation jemals sein könnte.

Zwei Tage Eine Nacht - Plakat 4

Zwei Tage, eine Nacht (Deux Jours, Une Nuit, Belgien/Frankreich/Italien 2014)
Regie: Jean-Pierre Dardenne, Luc Dardenne
Drehbuch: Jean-Pierre Dardenne, Luc Dardenne
mit Marion Cotillard, Fabrizio Rongione, Pili Groyne, Simon Caudry, Catherine Salée, Baptiste Sornin, Alain Eloy
Länge: 95 Minuten
FSK: ab 6 Jahre

Hinweise
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „Zwei Tage, eine Nacht“
Moviepilot über „Zwei Tage, eine Nacht“
Metacritic über „Zwei Tage, eine Nacht“
Rotten Tomatoes über „Zwei Tage, eine Nacht“
Wikipedia über „Zwei Tage, eine Nacht“ (englisch, französisch)


Neu im Kino/Filmkritik: Über Wim Wenders‘ Sebastião-Salgado-Dokumentation „Das Salz der Erde“

Oktober 31, 2014

Wenn Wim Wenders einen Dokumentarfilm dreht, will er nicht über Mißstände aufklären (das macht Michael Moore) oder in neue Welten vorstoßen (das macht Werner Herzog), sondern er will von Künstlern und Dingen, die ihm etwas bedeuten, erzählen. Eigentlich sind seine Dokumentation eine Entschuldigung, um Künstlern Nahe zu sein, die er bewundert. So erzählt er in „Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten“ von dem japanischen Modemacher Yohji Yamamoto. „Buena Vista Social Club“ und „Viel passiert – Der BAP-Film“ waren Musikfilme. „Pina – Ein Tanzfilm in 3D“ eine Liebeserklärung an Pina Bausch und ihr Tanztheater. Oft waren diese persönlichen Filmessays an der Kinokasse sogar sehr erfolgreich.
In „Das Salz der Erde“ porträtiert er den Fotografen Sebastião Salgado, dessen Bilder ihn beeindruckten: „Ich kenne Sebastião Salgados Arbeit seit fast 25 Jahren. Ich habe damals zwei Fotoarbeiten von ihm erworben, die mich wirklich tief berührten. Ich habe sie rahmen lassen und seitdem hängen sie über meinem Schreibtisch. Inspiriert von diesen Fotografien, habe ich dann auch die Ausstellung ‚Workers‘ gesehen, die mich ebenfalls sehr beeindruckte. Seitdem habe ich die größte Hochachtung vor Sebastiãos Arbeit.“
Diese aufrichtige Bewunderung für ein Werk und seine Zuneigung zu dem Porträtierten sind für eine kritische Dokumentation natürlich Gift. Wenders ist ein Fanboy und „Das Salz der Erde“ erzählt von seinem Fantum, gewohnt respektvoll und, hauptsächlich, in atemberaubenden Schwarz-Weiß-Bildern, weil Sebastião Salgado ebenfalls in Schwarz-Weiß fotografiert und immer einen sehr kunstvollen Bildaufbau hat.
Wenders inszenierte den Dokumentarfilm zusammen mit Salgados Sohn Juliano Ribeiro, weil Vater und Sohn Salgado für ihr schon länger geplantes Projekt über den fotografierenden Vater einen Blick von Außen haben wollten. Mit Wim Wenders haben sie den richtigen Partner gefunden.
So beeindruckend die Bilder des Films auch sind, so herkömmlich ist die gewählte Struktur, die einfach Salgados Leben chronologisch nacherzählt und auf genauere Nachfragen oder einen kritischeren Blick verzichtet. Denn bei seinen monatelangen Reisen zu den Krisenherden der Welt und in abgelegene Gebiete war Sebastião Salgado für seinen 1974 geborenen Sohn und seine Frau Lélia Wanick, mit der er seit über fünfzig Jahren verheiratet ist und die anscheinend die Geschäfte führt, nicht erreichbar. Aber das wäre ein anderer Film geworden. Ein Film, an dem Wim Wenders, wie in seinen anderen Dokumentationen, kein Interesse hatte. Er wollte die Arbeit von Salgado einem breiten Publikum vorstellen. Dafür erzählt er chronologisch dessen Leben von seiner Kindheit in Brasilien, seiner kurzen Karriere als Ökonom in London, seinen Anfängen als Fotograf ab 1973 und schließlich seine großen, oft in jahrelanger Arbeit erstellten Projekte, die auch zu gefeierten Bildbänden wurden, wie „Other Americans“, „Sahel“, „Workers“, „Exodus“ und „Afrika“ bis hin zu seinem neueste Projekt „Genesis“, das er 2004 begann und in dem er, nachdem er vorher das Elend der Welt in seinen Bildern zeigte, sich der Natur und Gemeinschaften, die im Einklang mit ihren Traditionen leben, widmet. Auch dafür reist er, öfters begleitet von seinem Sohn Juliano Ribeiro Salgado, an entlegene Orte. Gleichzeitig widmet er sich einem Wiederaufforstungsprojekt auf der Familienranch der Salgados in Aimorés. In diesen Momenten stellt sich auch eine gewisse Langeweile ein: noch ein Projekt, noch eine Ausstellung, die buchhalterisch hintereinander von Wenders und Salgado abgehakt werden.

Das Salz der Erde - Plakat
Das Salz der Erde (The Salt of the Earth, Frankreich/Deutschland 2013)
Regie: Wim Wenders, Juliano Ribeiro Salgado
Drehbuch: Wim Wenders, Juliano Ribeiro Salgado, David Rosier
mit Sebastião Salgado, Wim Wenders, Juliano Ribeiro Salgado, Hugo Barbier, Jacques Barthélémy, Lélia Wanick Salgado
Länge: 110 Minuten
FSK: ab 12 Jahre

Hinweise
Homepage zum Film
Filmportal über „Das Salz der Erde“
Film-Zeit über „Das Salz der Erde“
Moviepilot über „Das Salz der Erde“
Rotten Tomatoes über „Das Salz der Erde“
Wikipedia über „Das Salz der Erde“ (deutsch, englisch) und Sebastião Salgado

Meine Besprechung von Wim Wenders’ “Hammett” (Hammett, USA 1982)

Wim Wenders in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 31. Oktober: Inside Man

Oktober 31, 2014

ZDFneo, 20.15

Inside Man (USA 2006, Regie: Spike Lee)

Drehbuch: Russell Gewirtz

Dalton Russell überfällt eine Wall-Street-Bank. Schnell wird sie von der Polizei umzingelt und Detective Keith Frazier beginnt mit den Verhandlungen. Spätestens als Madaline White als Unterhändlerin des Bankgründers auftaucht und sich in die Verhandlungen einmischt, weiß er, dass er es nicht mit einem normalen Banküberfall zu tun hat.

„‘Inside Man’ ist ein typischer Spike-Lee-Film, insofern er in jeder Sekunde ein bisschen mehr ist al ein reiner Genrefilm. Er macht böse Witze ebenso über den kulturellen Reichtum New Yorks wie über Post-9/11-Paranoia und War-on-Terror-Vorurteile. Er analysiert die Mechanik der Macht, verbindet sie mit gesellschaftlicher Hierarchie und bricht sie an der Politik der Hautfarben.“ (Alexandra Seitz: Inside Man, in Gunnar Landsgesell/Andreas Ungerböck, Hrsg.: Spike Lee, 2006)

Ein feiner Thriller

mit Denzel Washington, Clive Owen, Jodie Foster, Willem Dafoe, Chiwetel Ejiofor, Christopher Plummer

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Wikipedia über „Inside Man“ (deutsch, englisch)

Film-Zeit über „Inside Man“

Rotten Tomatoes über „Inside Man“

Drehbuch “Inside Man” von Russel Gewirtz (Fassung vom 17. Januar 2005)

Meine Besprechung von Spike Lees „Buffalo Solders ’44 – Das Wunder von St. Anna“ (Miracle at St. Anna, USA/Italien 2008)

Meine Besprechung von Spike Lees „Oldboy“ (Oldboy, USA 2013)


Neu im Kino/Filmkritik: „5 Zimmer Küche Sarg“ oder das tödliche Leben in einer Vampir-WG

Oktober 30, 2014

Natürlich könnte man „5 Zimmer Küche Sarg“ schauspielerische und technische Unzulänglichkeiten vorwerfen.
Ebenso natürlich könnten die Macher erwidern, dass das zum Konzept ihrer Pseudo-Dokumentation über Vampire gehört. Sie schildern das Leben einer Fünfer-Wohngemeinschaft von Vampiren in Wellington (Neuseeland), beginnend mit dem Aufstehen (zum Sonnenuntergang) und der WG-Sitzung, die auch bei Vampiren genauso ätzend wie bei Menschen ist. Denn das schmutzige Geschirr stapelt sich seit Ewigkeiten und es gibt Probleme beim Putzen. Danach erfahren wir mehr über die Bewohner der WG, die sich in die Kamera sprechend, leicht unbeholfen, vorstellen und von sich, ihrer Herkunft und ihren Hobbys erzählen. Wir begleiten sie bei ihren Ausflügen in die Stadt, beim Abendessen mit Menschen (deren Überlebensaussichten denkbar gering sind) und dem großen Ereignis der Vampir-Community, dem alljährlichen Maskenball. Wir erfahren auch, dass die Vampire Ärger mit den Werwölfen haben.
Die Regisseure Jemaine Clement und Taika Waititi inszenieren diesen Einblick in das Vampir-WG-Leben wie eine dieser menschelnden, aber auch gähnend langweiligen Privat-TV-Dokumentationen. Aufgrund des Sujets ist „5 Zimmer Küche Sarg“ dann doch ziemlich witzig geraten. Einfach weil vieles genau beobachtet und vollkommen absurd ist.
Dabei wird die satirische Qualität von „Mann beißt Hund“ nie erreicht. In der medien- und gesellschaftkritischen Pseudo-Dokumentation begleitet ein dreiköpfiges Reporterteam einen Auftragskiller und hilft ihm auch bei der Arbeit. Die Reporter in „5 Zimmer Küche Sarg“ greifen dagegen niemals in das Geschehen ein.
Für Horror- und Vampirfilmfans ist „5 Zimmer Küche Sarg“ (nicht „5 Zimmer, Küche, Sarg“) ein kurzweiliges Halloween-Vergnügen, das allerdings nie über einen eher groben Spaß für die Horrorfilmfangemeinde hinausgeht.

5 Zimmer Küche Sarg - Plakat

5 Zimmer Küche Sarg (What we do in the Shadows, Neuseeland 2014)
Regie: Taika Waititi, Jemaine Clement
Drehbuch: Taika Waititi, Jemaine Clement, Emanuel Michael
mit Taika Waititi, Jemaine Clement, Jonathan Brugh, Ben Fransham, Cori Gonzales-Macuer, Stu Rutherford, Jackie van Beek, Rhys Darby
Länge: 82 Minuten
FSK: ab 12 Jahre

Hinweise
Englische Homepage zum Film
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „5 Zimmer Küche Sarg“
Moviepilot über „5 Zimmer Küche Sarg“
Rotten Tomatoes über „5 Zimmer Küche Sarg“
Wikipedia über „5 Zimmer Küche Sarg“


TV-Tipp für den 30. Oktober: Erbarmungslos

Oktober 30, 2014

Als Vorbereitung für „The Unforgiven“ (mit Ken Watanabe; Kinostart 4. Dezember 2014) sehen wir uns heute noch einmal „Erbarmungslos“ an, weil schon ein Blick auf den Trailer zeigt, wohin die Reise bei diesem Remake geht.

Also: zuerst „The Unforgiven“ (so der derzeitige deutsche Titel für „Yurusarezaru Mono“)

Und jetzt „Erbarmungslos“

Kabel 1, 20.15

Erbarmungslos (USA 1992, R.: Clint Eastwood)

Drehbuch: David Webb Peoples

Wyoming, 1880: Als der ehemalige Revolverheld William Munny erfährt, dass die Huren von Big Whiskey ein Kopfgeld von 1000 Dollar auf zwei Cowboys aussetzten, die eine von ihnen verstümmelte, schnallt er wieder seinen Colt um. Denn er braucht das Geld für sich und seine beiden Kinder; – auch wenn er es mit zwei Gefährten teilen muss.

„‘Erbarmungslos’ ist offensichtlich ein feinfühlig gemachter und ausbalancierter Film, und, wenn man seine Einsichten in die menschliche Natur bedenkt, so düster, wie ein Genrefilm überhaupt nur sein kann. Aber er präsentiert sich nicht finster, was er teilweise seinen Autoren verdankt. (…) Abgesehen von ‘revisionistisch’ , war das von den Kritikern am häufigsten verwendete Wort ‘Meisterstück’.“ (Richard Schickel: Clint Eastwood – Eine Biographie)

„ein vorzüglicher Spätwestern, der wie seit Peckinpahs ‘The Wild Bunch’ nicht mehr verstört.“ (Fischer Film Almanach 1993)

„Erbarmungslos“ erhielt vier Oscars, unter anderem als bester Film. Clint Eastwood erhielt für seine Regie und sein Spiel zahlreiche Preise und Nominierungen.

Das Drehbuch war für den Edgar, Oscar, Golden Globe und WGA Award nominiert und erhielt von den Western Writers of America den Spur Award als bestes Western-Drehbuch.

Außerdem erhielt „Erbarmungslos“ den Bronze Wrangler der Western Heritage Awards.

Bei Rotten Tomatoes liegt der Frischegrad für diesen Western bei 96 Prozent.

Auf einer 2008 veröffentlichten Liste der zehn besten Western setzte das American Film Institute „Erbarmunglos“ auf den vierten Platz.

mit Clint Eastwood, Gene Hackman, Morgan Freeman, Richard Harris, Jaimz Woolvett, Saul Rubinek, Francis Fisher, Jeremy Ratchford

Wiederholung: Freitag, 31. Oktober, 01.30 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Erbarmungslos“

Wikipedia über „Erbarmungslos“ (deutsch, englisch)

Drehbuch „Unforgiven“ von David Webb Peoples (Production Draft Sript, 23. April 1984)

epd Film: Rudolf Worschech über Clint Eastwood (2010)

Meine Besprechung von Pierre-Henri Verlhacs (Herausgeber) „Clint Eastwood – Bilder eines Lebens“ (2008)

Meine Besprechung von Clint Eastwoods „Hereafter – Das Leben danach“ (Hereafter, USA 2010)

Meine Besprechung von Clint Eastwoods „Jersey Boys“ (Jersey Boys, USA 2014)

Clint Eastwood in der Kriminalakte

 


Der Brenner nennt sich jetzt „Brennerova“

Oktober 29, 2014

Haas - Brennerova - 2

Jetzt ist schon wieder was passiert. Aber der neue Brenner-Roman „Brennerova“ von Wolf Haas beginnt nicht, wie schon „Der Brenner und der liebe Gott“, mit den klassischen Brenner-Worten, sondern so: „Früher hat man gesagt, die Russinnen.“
Und das ist nicht das einzig neue. Denn während Simon Brenner, Jahrgang 1950, früher als Privatdetektiv ermittelte, hat der Gerade-noch-Frührentner sich inzwischen vollständig aus dem Berufsleben zurückgezogen. Er lebt bei Herta. Als die zwangspensionierte Lehrerin ihn für einige Tage allein lässt, probiert Brenner gelangweilt eine Online-Kontaktseite aus. Er nennt sich Brennerova und erhält auf seine wenigen persönlichen Angaben auch eine Antwort von einer atemberaubend aussehenden Russin, die sich gerne mit ihm Treffen würde, aber letztendlich kein Geld hat. Brenner, immer noch der abgebrühte Polizist der alten Schule, ist davon nicht überrascht.
Als er sie dann in Nischni Nowgorod an der Wolga besucht (Frag nicht! Der Brenner hat halt eine weiche Seele und die Herta ist auch unterwegs.), ist die Frau, die ihn empfängt, auch nicht die Frau auf dem Bild. Das war Nadeshdas etwas schönere Schwester Serafima. Sie wurde von einem Fotograf überredet, mit ihm in den Westen zu gehen und dort eine Karriere als Model zu beginnen. Seitdem ist sie spurlos verschwunden. Brenner verspricht Nadeshda halbherzig, sich nach Serafima umzuhören. Denn eine Frau in irgendeinem Bordell irgendwo in Europa zu finden, ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Zurück in Österreich erlebt er sein blaues Wunder. Denn Nadeshda steht plötzlich vor seiner Tür. Herta nimmt sie auf und fordert Brenner auf, Serafima ernsthaft zu suchen. Sowieso verstehen die beiden Frauen sich prächtig, während Brenner im Wiener Halbweltmilieu abtaucht.
„Brennerova“, der achte Brenner-Roman, markiert die endgültige Abkehr vom Kriminalroman. Natürlich ging Wolf Haas schon immer an die Genregrenzen. Brenners Ermittlungen gestalteten sich schon früher chaotisch und Haas‘ ganz eigene Sprache entzückte oder ließ einen entnervt nach der ersten Seite aufhören. Diese Sprache ist immer noch da. Auch der Ich-Erzähler, der die Brenner-Geschichte kommentierend erzählt und sie mit Betrachtungen über Gott und die Welt und Österreich anreichert. Aber während er sich früher (so mein damaliges Lesegefühl) zurückhielt, drängt er sich jetzt immer mehr in den Vordergrund, bis der Brenner zu einem Statisten in seiner Geschichte wird.
Wobei „Brennerova“ eigentlich keine Geschichte erzählt. Denn Brenners Suche nach Serafima im Milieu versandet ziemlich schnell und wird durch eine Entdeckung auf Seite135 beendet. Schon während seiner Suche nach Serafima arrangiert Herta eine Hochzeit zwischen Nadeshda und Brenner, damit die schöne Russin, die sie in ihr Herz geschlossen hat, in Österreich bleiben kann. Aber die Ausländerbehörde ist misstrauisch.
Die restlichen hundert Seiten, nachdem der Aufenthalt von Serafima geklärt ist, füllt Haas dann vor allem mit einer Reise von Herta in die Mongolei, wo sie prompt entführt wird, als Ex-Lehrerin schnell zur Sprecherin der Entführten und Geliebten des Anführers der Entführer aufsteigt. Sie verlangt auch, dass Brenner das Lösegeld übergibt.
Für Brenner-Fans ist „Brennerova“ natürlich ein willkommenes Wiedersehen mit dem Privatermittler, das sich vergnüglich lesen lässt, aber auch wie die beliebige Chronik aus einigen Monaten im Leben Brenners wirkt. Einen Kriminalfall gibt es nicht. Brenner stochert nur lustlos herum, lässt sich von den Frauen herumschubsen, sitzt am Krankenbett und überlässt Herta die Bühne. Dazu passt auch das offene Ende.

Wolf Haas: Brennerova
Hoffmann und Campe, 2014
240 Seiten
20 Euro


Jetzt besucht der Brenner auch noch Berlin
Am Mittwoch, den 5. November, liest Wolf Haas im Fritzclub aus Brennerova und plaudert mit dem Publikum.

Hinweise

Krimi-Couch über Wolf Haas

Lexikon der deutschen Krimiautoren über Wolf Haas

Wikipedia über Wolf Haas

Meine Besprechung von Wolf Haas’ “Brenner und der liebe Gott” (2009)


Der Göhre, der „Rocker“, der „Supermarkt“ – eine Lesung in Hamburg am Samstag

Oktober 29, 2014

Eine richtige Lesung, in der der Autor seinen Text herunternuschelt und schüchtern die Fragen des wohlgesonnenen und gesitteten Publikums beantwortet, wird es am Samstag, den 1. November, im Alabama Kino (Jarrestraße 30, 22303 Hamburg) ab 21.00 Uhr nicht geben. Frank Göhre wird zwar seinen neuen Text „Die Härte, der Reichtum und die Weite“ (Culturbooks) vorstellen, aber zwei gut abgehangene, immer noch und immer wieder sehenswerte Filme werden die meiste Zeit beanspruchen. Denn zwischen den Leseteilen gibt es, endlich mal wieder im Kino, „Supermarkt“ (1973) von Roland Klick und „Rocker“ (1972, ursprünglich ein TV-Film) von Klaus Lemke.
Beide Filme spielen in Hamburg in den frühen Siebzigern und Zeigen die Schattenseiten der Großstadt. In „Supermarkt“ will ein kleinkrimineller Achtzehnjähriger einem Mädchen helfen, indem er einen Geldtransporter überfällt. In „Rocker“ rutscht ein Fünfzehnjähriger, nachdem sein älterer Bruder ermordet wird, in die Welt der Rocker und Zuhälter ab.
Frank Göhre, der mit seinen Romanen in den vergangenen Jahrzehnten eine Gegenchronik zu Hamburgs offizieller Stadtgeschichte schrieb, befasste sich in mehreren Essays auch mit anderen Autoren und Filmen, die ebenfalls die verbrecherische Seite Hamburgs zeigen.
In seiner Ankündigung schreibt CulturBooks:
Zu mehreren Hamburg-Filmen hat der Krimi- und Drehbuchautor Frank Göhre zwei eBooks veröffentlicht: „Du fährst nach Hamburg, ich schwör´s dir“ (CulturBooks, Mai 2014) und „Die Härte, der Reichtum und die Weite“ (CulturBooks, November 2014). Er erinnert an Filme, deren großes Thema die Stadt ist, oder besser, das Porträt eines Stadtviertels: Hamburg St. Pauli im Wandel der Zeit. Hier haben so unterschiedliche Regisseure wie Francesco Rosi, Jürgen Roland, Klaus Lemke, Roland Klick und Vadim Glowna ihre Geschichten von Gastarbeitern, Gangstern und anderen Ausgegrenzten erzählt.
Zugleich aber lässt sich in ihnen die Entwicklung der Organisierten Kriminalität verfolgen. Von der „rechten Hand“ des berühmt-berüchtigten Mafiosi Lucky Luciano bis hin zur Etablierung der „Hell´s Angels“ und dem Auftraggeber des St. Pauli Killers Werner Pinzner spannt sich der Bogen dieser „Heimatfilme“.
Frank Göhres Texte eröffnen eine neue Sicht auf sie. Es ist der stadtgeschichtlich erhellende Film aus Worten hinter den Kinofilmen, ein Stück Kultur- und Sittengeschichte der Freien und Hansestadt Hamburg.
Göhre - Du fährst nach Hamburg ich schwör s dir - Ein HeimatfilmGöhre - Die Härte der Reichtum und die Weite - Ein Heimatfilm
Frank Göhre: Du fährst nach Hamburg, ich schwör’s dir
CulturBooks, 2014
65 Seiten
4,99 Euro

Frank Göhre: Die Härte, der Reichtum und die Weite
CulturBooks, 2014
45 Seiten
3,99 Euro

Hinweise

Homepage von Frank Göhre

Meine Besprechung von Frank Göhres „Der letzte Freier“ (2006)

Meine Besprechung von Frank Göhres „Zappas letzter Hit“ (2006)

Meine Besprechung von Frank Göhres „St. Pauli Nacht“ (2007, überarbeitete Neuausgabe)

Meine Besprechung von Frank Göhres „MO – Der Lebensroman des Friedrich Glauser“ (2008)

Meine Besprechung von Frank Göhres „An einem heißen Sommertag“ (2008)

Meine Besprechung von Frank Göhres „Abwärts“ (2009, Neuausgabe)

Meine Besprechung von Frank Göhres „Seelenlandschaften – Annäherungen, Rückblicke“ (2009)

Meine Besprechung von Frank Göhres „Der Auserwählte“ (2010)

Meine Besprechung von Frank Göhres “Die Kiez-Trilogie” (2011)

Meine Besprechung von Frank Göhres „I and I – Stories und Reportagen“ (2012)

Meine Besprechung von Frank Göhres “Geile Meile” (2013)

Frank Göhre in der Kriminalakte


Marvel – die nächsten Filme

Oktober 29, 2014

Für Fanboys und Langplaner: Die Titel und Starttermine der nächsten Marvel-Filme, der „Phase Three“ im „Marvel Cinematic Universe“ (hm, wie soll ich das übersetzen?), sind draußen:
– AVENGERS: AGE OF ULTRON: 01. Mai 2015 – deutscher Starttermin: 30. April 2015
– ANT-MAN: 17. Juli 2015 – deutscher Starttermin: 23. Juli 2015
– CAPTAIN AMERICA: CIVIL WAR: 06. Mai 2016
– DOCTOR STRANGE: 04. November 2016
– GUARDIANS OF THE GALAXY 2: 05. Mai 2017
– THOR: RAGNAROK: 28. Juli 2017
– BLACK PANTHER: 3. November 2017
– AVENGERS: INFINITY WAR PART I: 4. Mai 2018
– CAPTAIN MARVEL: 6. Juli 2018
– INHUMANS: 2. November 2018
– AVENGERS: INFINITY WAR PART II: 3. Mai 2019
Den Trailer für „Age of Ultron“ habt ihr schon gesehen?
Nein? Nun, hier ist er:

Ich finde ihn irgendwie lahm, weil er einfach zu sehr an die vorherigen Marvel-Filme erinnert und der Film halt genauso sein dürfte. Inclusive der Überlänge.
Außerdem wird, mal wieder, zur Weltrettung eine Großstadt zerstört.
Früher haben die Bösewichter das ohne die Hilfe der Guten erledigt.


TV-Tipp für den 29. Oktober: Snatch – Schweine und Diamanten

Oktober 29, 2014

Kabel 1, 22.35

Snatch – Schweine und Diamanten (Großbritannien/USA 2000, Regie: Guy Ritchie)

Drehbuch: Guy Ritchie

Franky Four Fingers klaut in Antwerpen einen wertvollen Diamanten. Zurück in London kriegt er Ärger mit einem Russengangster, alle wollen den Stein haben, Gangster werden verletzt und sterben, die Gypsies spielen mit und dann gibt es noch einen Boxkampf, bei dem jeder jeden betrügt.

Wie schon in seinem Debüt „Bube, Dame, König, GrAs“ und seinem neuesten Werk „RocknRolla“ ist die Handlung ein einziges Chaos aus größeren und kleineren Katastrophen, die meisten Gangster sind geistig eher minderbemittelt und latschen, zu unserem Vergnügen, von einem Missgeschick in das nächste, meist ebenso blutige, Missgeschick.

Mit Benicio Del Toro, Dennis Farina, Vinnie Jones, Brad Pitt, Rade Sherbedzija, Jason Statham, Alan Ford, Goldie

Wiederholung: Donnerstag, 30. Oktober, 03.00 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über “Snatch – Schweine und Diamanten”

Wikipedia über „Snatch – Schweine und Diamanten“

IGN: Interview mit Guy Ritchie und Vinnie Jones zu “Snatch”

Meine Besprechung von Guy Ritchies “Sherlock Holmes: Spiel im Schatten” (Sherlock Holmes: A Game of Shadows, USA 2011)

Guy Ritchie in der Kriminalakte


Die Dagger-Gewinner 2014

Oktober 28, 2014

Die diesjährigen Specsavers Crime Thriller Awards wurden in London verliehen. Die Gewinner und Nominierungen der 2014er Daggers, den Krimipreis der britischen Crime Writers‘ Association (CWA), sind:
CWA Goldsboro Gold Dagger for Best Crime Novel of the Year
This Dark Road to Mercy, von Wiley Cash (Doubleday/Transworld)
nominiert
The First Rule of Survival, von Paul Mendelson (Constable)
How the Light Gets In, von Louise Penny (Sphere/Little Brown)
Keep Your Friends Close, von Paula Daly (Bantam/Transworld)

CWA John Creasey (New Blood) Dagger
The Axeman’s Jazz, von Ray Celestin (Mantle)
nominiert
The Devil in the Marshalsea, von Antonia Hodgson (Hodder & Stoughton)
The Silent Wife, von A.S.A Harrison (Headline)
The Strangler Vine, von M.J. Carter (Penguin Fig Tree)

CWA Ian Fleming Steel Dagger
An Officer and a Spy, von Robert Harris (Random House)
nominiert
Apple Tree Yard, von Louise Doughty (Faber and Faber)
I Am Pilgrim, von Terry Hayes (Transworld)
Natchez Burning, von Greg Iles (Harper Collins)

Crime Thriller Book Club Best Read
Entry Island, von Peter May (Quercus)
nominiert
Before We Met, von Lucie Whitehouse (Bloomsbury)
Letters to My Daughter’s Killer, von Cath Staincliffe (C&R Crime)
Treachery, von S.J. Parris (HarperCollins)
The Tilted World, von Tom Franklin und Beth Ann Fennelly (Mantle)
Watch Me, von James Carol (Faber & Faber)

The Film Dagger
Cold in July (nach einem Roman von Joe R. Lansdale!)
nominiert
Dom Hemingway
Filth (Drecksau)
Prisoners
Starred Up

The TV Dagger
Happy Valley
nominiert
Line of Duty, Series 2
Sherlock, Series 3
The Bletchley Circle, Series 2
The Honourable Woman

The International TV Dagger
True Detective, Season 1
nominiert
Fargo, Season 1
Inspector Montalbano, Series 9
Orange Is the New Black, Season 2
The Bridge, Series 2

The Best Actor Dagger
Matthew McConaughey für True Detective
nominiert
Benedict Cumberbatch für Sherlock
Shaun Evans für Endeavour
Martin Freeman für Fargo und Sherlock (aber nicht den Hobbit)
Steve Pemberton für Happy Valley

The Best Actress Dagger
Keeley Hawes für Line of Duty
nominiert
Brenda Blethyn für Vera
Maggie Gyllenhaal für The Honourable Woman
Sarah Lancashire für Happy Valley
Anna Maxwell Martin für Death Comes to Pemberley und The Bletchley Circle

The Best Supporting Actor Dagger
James Norton für Happy Valley
nominiert
Mark Gatiss für Sherlock
David Leon für Vera
Mandy Patinkin für Homeland
Billy Bob Thornton für Fargo

The Best Supporting Actress Dagger
Amanda Abbington für Sherlock
nominiert
Vicky McClure für Line of Duty
Helen McCrory für Peaky Blinders
Gina McKee für By Any Means
Michelle Monaghan für True Detective

British Crime Writers’ Association’s Hall of Fame (aufgenommen)
Denise Mina
Robert Harris
(via The Rap Sheet)


Über James Lee Burkes „Regengötter“

Oktober 28, 2014

James Lee Burke gehört zu den US-amerikanischen Krimiautoren, die alle wichtigen Preise gewonnen haben, in ihrer Heimat erfolgreich sind, im Jahrestakt hochgelobte Kriminalromane veröffentlichen und die seit Ewigkeiten nicht mehr ins Deutsche übersetzt werden. Von James Lee Burke, dem Erfinder von Dave Robicheaux, erschien die letzte neue Übersetzung 2002. Danach war für die Fans Englisch lernen angesagt.
Jetzt erschien bei Heyne Hardcore „Regengötter“, eine Übersetzung seines Romans „Rain Gods“ von 2009, bei dem der über siebzigjährige Sheriff Hackberry Holland im Mittelpunkt steht. Einige James-Lee-Burke-Fans kennen ihn aus „Lay down my Sword and Shield“ (1971, nicht übersetzt). Er ist auch verwandt mit Billy Bob Holland, dem Protagonisten in vier Burke-Romanen, die zwischen 1997 und 2004 erschienen und von denen die ersten drei übersetzt wurden.
Im Zentrum von Burkes Werk steht allerdings Dave Robicheaux, der erstmals 1987 in „Neonregen“ (The Neon Rain) auftrat. Damals noch als alkoholabhängiger Mordermittler bei der Polizei von New Orleans. In den folgenden, bis jetzt zwanzig Romanen, ist er, abgesehen von einem kurzen Intermezzo als Privatdetektiv, Sheriff von New Iberia, wo er seinen Job immer wieder unter Mißachtung aller Dienstvorschriften ausübt. Von seiner Attitüde ist Robicheaux nämlich der klassische Hardboiled-Privatdetektiv. „Mississippi Delta – Blut in den Bayous“ (Heaven’s Prisoners, 1988) und „Im Schatten der Mangroven“ (In the electric mist with Confederate Dead, 1993) wurden verfilmt; mit durchwachsenem Ergebnis. Die Vorlagen sind unbedingt lesenswert.
Diese Mißachtung der Dienstvorschriften würde Hackberry Holland nicht einfallen. Der Ex-Trinker, Ex-Bürgerrechtsanwalt und Witwer stößt, nach einem Anruf, bei einer alten Kirche auf neun Frauenleichen. Asiatinnen, die Heroin in ihrem Bäuchen hatten. Er will den Täter finden und dem Anrufer helfen, während er von anderen Behörden, wie dem FBI und der Einwanderungs- und Zollbehörde, vor allem behindert und nicht informiert wird.
Neben diesem Hauptplot erzählt Burke, ziemlich gleichberechtigt, mehrere Geschichten, die mit dem Massenmord zusammenhängen. Es ist die Flucht von Pete Flores, einem psychisch kranken Irakkriegsveteran, der den Anruf tätigte, und jetzt mit seiner Freundin Vikki Gaddis, einer Country-Sängerin und Kellnerin, auf der Flucht ist. Sie flüchten vor Jack Collins, einem durchgeknallten Killer mit sagenhaften Fähigkeiten, der sich für einen Prediger hält und deshalb „Preacher“ genannt wird. Manchmal schickt er auch seine beiden Handlanger mit blutig endenden Suchaufträgen los. Gleichzeitig hat Stripclub-Besitzer Nick Dolan, der für die Morde verantwortlich sein soll, Ärger mit Hugo Cistranos und Arthur Rooney, die gerne an seine Lokale kommen würden.
Und am Rand ist auch noch die Russenmafia involviert.
Oh, und irgendwann tauchen auch einige Biker auf, die den Preacher umbringen sollen und schnell von ihm mit seiner MP niedergemäht werden.
„Regengötter“ reiht sich – und sage ich als Fan – nahtlos in das enttäuschende Spätwerk von James Lee Burke ein, in dem die Geschichte arg chaotisch, ziemlich spannungsfrei und wenig interessant auf ihr Ende zutaumelt. Der Roman liest sich, als hätte Burke nur eine Ausgangsidee und das Ziel, eine bestimmte Menge Seiten zu füllen, gehabt. Dieses nachlässige Plotting ist vor allem bei dem Bösewicht des Buches offensichtlich. Als Bösewicht darf er erst am Ende sterben. Gleichzeitig dürfen einige der Guten, vor allem Hackberry, Pete und Vikki, nicht sterben. Also endet jede der zahlreichen Begegnungen zwischen ihnen, damit, dass Collins freiwillig auf die Chance verzichtet, sie umzubringen. Auch wenn er sich vorher in ihre Wohnung geschlichen hat. Er erfindet dann schnell einen weit hergeholten Grund, der mit seinem Preacher-Sein etwas zu tun hat. Und trotz der menschenleeren texanischen Landschaft laufen die Guten und die Bösen sich ständig, zufällig über den Weg.
Das größte Problem bei „Regengötter“ ist aber, dass er sich wie eine Nacherzählung von „No Country for Old Men“, dem Roman von Cormac McCarthy (2005) und dem Film der Coen-Brüder (2007), liest. Die Story von „Regengötter“ hat so viele offensichtliche Ähnlichkeiten mit „No Country for Old Men“, dass ich mich fragte, ob Cormac McCarthy sich schon beschwerte.
Während der gesamten Lektüre sah ich vor meinem geistigen Auge Tommy Lee Jones als Hackberry Holland, Javier Bardem als Preacher, Josh Brolin als Pete Flores, der nach einem missglückten Drogendeal mit seiner Freundin vor dem Killer flüchtet.
Mit gut 660 Seiten ist der Roman auch viel zu lang geraten. Er ist ungefähr doppelt so lang wie James Lee Burkes früheren Romane, die alle wesentlich eindrucksvoller und gelungener sind.

Burke - Regengötter - 2

James Lee Burke: Regengötter
(übersetzt von Daniel Müller)
Heyne Hardcorre, 2014
672 Seiten
16,99 Euro

Originalausgabe
Rain Gods
Simon & Schuster, 2009

Hinweise

Homepage von James Lee Burke

Wikipedia über James Lee Burke (deutsch, englisch)

Mein Porträt von James Lee Burke

James Lee Burke in der Kriminalakte

„In the Electric Mist“ in der Kriminalakte

Meine Besprechung von Bertrand Taverniers „In the Electric Mist – Mord in Louisiana“ (In the Electric Mist, USA 2009)

Und damit endet mein Tommy-Lee-Jones-Tag.


Denn heute Morgen konnte ich mir „The Homesman“ (Kinostart 18. Dezember) ansehen und der von Tommy Lee Jones inszenierte Western mit ihm und „Million Dollar Baby“ Hilary Swank in den Hauptrollen ist grandios. Denn, im Werbe- und Empfehlungssprech, wenn Ihnen „Erbarmungslos“ (Unforgiven), „Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada“, „No Country for Old Men“ und „True Grit“ gefallen haben, werden Sie „The Homesman“ lieben.


Cover der Woche

Oktober 28, 2014

McCarthy - No Country for old Men


TV-Tipp für den 28. Oktober: No Country for Old Men

Oktober 28, 2014

Pro7 Maxx, 22.25

No Country for Old Men (USA 2007, Regie: Ethan Coen, Joel Coen)

Drehbuch: Ethan Coen, Joel Coen

LV: Cormac McCarthy: No Country for Old Men, 2005

Lewellyn Moss findet in der texanischen Wüste die Überreste eines gescheiterten Drogendeals: Leichen, Heroin und zwei Millionen Dollar. Er schnappt sich die Kohle und steht auf der Abschussliste eines gnadenlosen Killers.

Feine McCarthy-Verfilmung der Coen-Brüder, die, neben vielen anderen Preisen, auch den Oscar als bester Film des Jahres gewann und für den Edgar nominiert war (aber das war auch mit dem Gewinner “Michael Clayton”, “Tödliche Versprechen”, “Zodiac – Die Spur des Verbrechers” und “Die Regeln der Gewalt” ein starkes Jahr für Krimifreunde).

Mit Tommy Lee Jones, Javier Bardem, Josh Brolin, Woody Harrelson, Kelly Macdonald

Wiederholung: Mittwoch, 29. Oktober, 02.25 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Amerikanische Homepage zum Film

Metacritic über “No Country for Old Men”

Rotten Tomatoes über “No Country for Old Men”

Wikipedia über “No Contry for Old Men” (deutsch, englisch)

„You know, for kids!“  – The Movies of the Coen Brothers (eine sehr umfangreiche Seite über die Coen-Brüder)

Drehbuch „No Country for Old Men“ von Joel & Ethan Coen (28. November 2005)

Drehbuch „No Country for Old Men“ von Joel & Ethan Coen (Shooting Draft)

Film-Zeit über “No Country for Old Men”

Offizielle Webseite der Cormac-McCarthy-Gesellschaft

Time: Cormac McCarthy und die Coen-Brüdern reden über „No Country for Old Men“

Meine Besprechung von John Hillcoats Cormac-McCarthy-Verfilmung “The Road“ (The Road, USA 2009)

Meine Besprechung von Bill Green/Ben Peskoe/Will Russell/Scott Shuffitts „Ich bin ein Lebowski, du bist ein Lebowski – Die ganze Welt des Big Lebowski“ (I’m a Lebowski, you’re a Lebowski, 2007)

Meine Besprechung von Michael Hoffmans “Gambit – Der Masterplan” (Gambit, USA 2012 – nach einem Drehbuch von Joel und Ethan Coen)

Meine Besprechung des Coen-Films „Inside Llewyn Davis“ (Inside Llewyn Davis, USA/Frankreich  2013)

Die Coen-Brüder in der Kriminalakte


Jan Philipp Albrecht will: „Finger weg von unseren Daten!“

Oktober 27, 2014

Albrecht - Finger weg von unseren Daten - 2

Wie soll ich meine Besprechung von Jan Philipp Albrechts „Finger weg von unseren Daten! – Wie wir entmündigt und ausgenommen werden“ bloß beginnen? Täglich gibt es eine neue Horrormeldung – und die Bundesregierung tut nichts, wenn sie nicht gerade mit voller Energie versucht, die Aufklärung der Umtriebe der Geheimdienste von einem Bundestags-Untersuchungsausschuss oder durch die Medien möglichst umfassend zu verhindern. Der Merkel-Regierung ist es halt egal, wenn Grundrechte verletzt und Bundesbürger auch von deutschen Geheimdiensten ausgespäht werden.

Wenn schon einmal halbherzig auf Verschlüsselungstechniken hingewiesen wird und damit ein Problem, das politisch gelöst werden muss, privatisiert wird, wird gleichzeitig ein Schlupfloch für Sicherheitsbehörden in der Verschlüsselungstechnik gewünscht, weil die Regierung alles menschenmögliche tut, um das Internet unsicherer zu machen. Gleichzeitig glänzt die bundesdeutsche „Datenschutzbeauftragte“ immer noch durch Abwesenheit. Sogar eine Vakanz würde das Amt besser ausfüllen.

In dieses „Nichts tun, dann kann man auch nichts falsches tun“-Trauerspiel reiht sich auch die irrationale Totalopposition der Regierung zur EU-Datenschutzreform ein. In ihr steht unter anderem, dass Privacy by Design (Datenschutz durch Technik) und Privacy by Default (datenschutzfreundliche Voreinstellungen) normalerweise angewandt werden sollen, dass Unternehmen, wie Facebook, die ihre Dienste in der EU anbieten, EU-Regeln unterliegen (Marktortprinzip), dass man sich bei der Datenschutzbehörde seines Landes beschweren kann, dass es ein Recht auf Datenübertragbarkeit gibt und dass man einer Datenverarbeitung vorher explizit zustimmen muss. Irgendwie alles grundvernünftige und auch überfällige Regeln, aber die Bundesregierung meint, dass sie den hohen bundesdeutschen Datenschutzstandard absenken würden.

Jan Philipp Albrecht (Bündnis 90/Die Grünen) war im Europäischen Parlament der Berichterstatter für diese Datenschutzgrundverordnung. Während der Verhandlungen und dem Abarbeiten der Änderungsanträge wurde er von Lobbyisten belagert, die ein möglichst wirkungsloses Datenschutzrecht wollten. Die Passagen, in denen er in „Finger weg von unseren Daten!“ über die bei uns fast unbekannten Inhalte der EU-Datenschutzreform und die Verhandlungen schreibt, gehören zu den stärksten Passagen des Buches.

Auch seine Ausführungen, warum Datenschutz, also der Schutz der Privatsphäre, wichtig ist, sind gelungen: „Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass Datenschutz untrennbarer Kernbestandteil der Menschenwürde und aller bürgerlichen Freiheiten ist, die eine freiheitliche und rechtsstaatliche Demokratie zu bieten hat. Kein Grundrecht kann ich effektiv ausüben, wenn die Kontrolle über die eigene Persönlichkeit und die personenbezogenen Informationen verlorengegangen ist. (…) Gleichzeitig stellt diese Beschränkung nicht nur eine Beschneidung meiner Freiheiten, sondern eine Bedrohung der Demokratie dar. Es sind ja gerade die Meinungsäußerungen der Andersdenkenden, die eine Demokratie erst lebendig funktionieren lassen.“

Wenn er dann allerdings über die Macht US-amerikanischer Unternehmen, wie Google und Facebook (das mir persönlich teilweise zu sehr in 08/15-Google- und Facebook-Bashing geht), die Umtriebe der Geheimdienste (die ja durch die fast täglichen Enthüllungen immer schlimmer werden und ein gedrucktes Buch da nur einen vergangenen Erkenntnisstand beschreiben kann. Trotzdem hätte ich hier gerne mehr über die gute Arbeit des Europäischen Parlaments dazu gelesen.) und den politisch-industriellen Komplex, der immer mehr Überwachungstechnik verkauft, schreibt, wird „Finger weg von unseren Daten!“ schwächer, weil ich auf diesen Seiten nichts Neues erfuhr.

Aber wenn ich an einige Gespräche denke, die ich in den vergangenen Tagen hatte, sind auch diese Passagen wichtig. Denn viele Menschen, die ich für durchaus informiert halte, wissen doch immer noch viel zu wenig von diesen Bedrohungen der bürgerlichen Freiheiten und der liberaldemokratischen Demokratie. Gerade sie sollen mit diesem Buch zum Handeln angeregt werden.

Jan Philipp Albrecht: Finger weg von unseren Daten! – Wie wir entmündigt und ausgenommen werden

Knaur Klartext, 2014

192 Seiten

7 Euro

Hinweise

Homepage von Jan Philipp Albrecht

Perlentaucher über „Finger weg von unseren Daten!“


TV-Tipp für den 27. Oktober: Sin Nombre – Zug der Hoffnung

Oktober 27, 2014

Arte, 22.10

Sin Nombre – Zug der Hoffnung (Mexiko/USA 2009, Regie: Cary Jôji Fukunaga)

Drehbuch: Cary Jôji Fukunaga

Was machte Cary Fukunaga vor „True Detective“? Zum Beispiels „Sin Nombre“, ein allgemein abgefeiertes und ausgezeichnetes Gangsterdrama, über einen Teenager, der in Mexiko Mitglied einer großen Gangsterbande ist und, nachdem er in Ungnade fällt, auf einem Zug in die USA flüchten will. Verfolgt von seinen alten Freunden. Auf seiner Reise verliebt er sich in ein Mädchen, das aus Honduras ebenfalls illegal in die USA einreisen will.

Überzeugend verbindet das Drama Genre-Elemente aus Road Movie und Liebesfilm und verdichtet sie zur eindringlichen Bestandsaufnahme der tatsächlichen Verhältnisse, die Menschen Richtung USA treiben, sowie der Gefahren, die sie auf der Flucht erwarten.“ (Lexikon des Internationalen Films)

Mit Paulina Gaitan, Edgar Flores, Kristian Ferrer, Tenoch Huerta Mejía, Luis Fernando Peña, Diana Garcia

Wiederholung: Mittwoch, 29. Oktober, 01.25 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Sin Nombre“

Wikipedia über „Sin Nombre“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 26. Oktober: Wild Bill

Oktober 25, 2014

Tele 5, 20.15
Wild Bill (USA 1995, Regie: Walter Hill)
Drehbuch: Walter Hill
LV: Pete Dexter: Deadwood, 1986 (Deadwood), Thomas Babe: Fathers and Sons, 1978 (Theaterstück)
Walter Hills Biopic über Wild Bill Hickock, das der Revolverheld sich in seinen Opiumträumen zusammenspinnt. Ein top besetzter, ziemlich abgefahrener und auch zerfahrener Western, der an der Kinokasse selbstverständlich kein Erfolg war, aber für Western-Fans einiges zu bieten hat.
Hill drehte die Helden-Demystifikation zwischen dem Western „Geronimo – Eine Legende“ und dem Quasi-Western „Last Man Standing“.
Die Musik ist von Van Dyke Parks.
mit Jeff Bridges, Ellen Barkin, John Hurt, Diane Lane, Keith Carradine, Christina Applegate, Bruce Dern, James Gammon, James Remar
Wiederholung: Montag, 27. Oktober, 02.10 Uhr (Taggenau! – Und dann auch wohl in der ungekürzten FSK-16-Version)
Hinweise
Rotten Tomatoes über „Wild Bill“
Turner Classic Movies über „Wild Bill“
Wikipedia über „Wild Bill“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Walter Hills “Straßen in Flammen” (Streets on Fire, USA 1984)

Meine Besprechung von Walter Hills “Shoutout – Keine Gnade” (Bullet to the Head, USA 2013)

Walter Hill in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 25. Oktober: Die Entführung der U-Bahn Pelham 123

Oktober 24, 2014

Sat.1, 22.15

Die Entführung der U-Bahn Pelham 123 (The Taking of Pelham 123, USA 2009)

Regie: Tony Scott

Drehbuch: Brian Helgeland

LV: John Godey: The Taking of Pelham One Two Three, 1973 (Abfahrt Pelham 1 Uhr 23)

In New York nehmen Gangster die Passagiere einer U-Bahn als Geisel. Sie fordern binnen einer Stunde 10 Millionen Dollar Lösegeld. Ein Fahrdienstleiter beginnt mit den Verhandlungen.

Für das Update des 1973er Thriller-Klassikers „Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123“ von Joseph Sargent, nach einem Drehbuch von Peter Stone, mit Walter Matthau, Robert Shaw und Martin Balsam musste Brian Helgeland nicht viel tun. Denn Romanautor John Godey hat sich eine ebenso einfach, wie spektakuläre Story ausgedacht. Da musste Brian Helgeland nur der Story folgen und aus den vielen im Buch auftretenden Charakteren (die so auch ein Bild der US-amerikanischen Gesellschaft in den frühen Siebzigern entstehen lassen) die für einen Film wichtigen auswählen. Tony Scott bebilderte dann das ganze mit einer für seine Verhältnisse angenehm zurückhaltenden Regie.

Aber während die 1973er-Version immer noch thrillt, bedient Scott einfach nur ziemlich glatt und damit auch vorhersehbar-langweilig die Spannungsmachinerie. Es ist nicht wirklich Falsches in „Die Entführung der U-Bahn Pelham 123“, aber auch nichts, was zum wiederholten Ansehen reizt.

mit Denzel Washington, John Travolta, Luis Guzmán, John Turturro, James Gandolfini

Wiederholung: Sonntag, 26. Oktober, 02.30 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Die Entführung der U-Bahn Pelham 123“

Metacritic über “Die Entführung der U-Bahn Pelham 123″

Rotten Tomatoes über “Die Entfürhung der U-Bahn Pelham 123″

Wikipedia über “Die Entführung der U-Bahn Pelham 123″ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von John Godeys „Abfahrt Pelham 1 Uhr 23“ (The Taking of Pelham One Two Three, 1973)

„The Taking of Pelham 123“ in der Kriminalakte


Die „Ein Geschenk der Götter“-Sondervorführung in Berlin

Oktober 24, 2014

Ein Geschenk der Götter - Plakat

Am kommenden Sonntag, den 26. Oktober, gibt es um 12.00 Uhr im Kino International (Karl-Marx-Allee 33, Berlin, Nähe S/U-Bahnhof Alexanderplatz) eine Sondervorführung von „Ein Geschenk der Götter“. Regisseur Oliver Haffner, Hauptdarstellerin Marie Schubert und weitere noch ungenannte Darsteller werden Fragen zum Film beantworten und vom Dreh erzählen.
In dem Film soll eine arbeitslose Schauspielerin einen Schauspielworkshop des Jobcenters leiten. Die Kursteilnehmer sind zunächst wenig begeistert von der deutlich überforderten Lehrerin, die auch keine Ahnung von ihrer Aufgabe hat. Dennoch beginnen sie, während der Proben für „Antigone“, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen.
„Ein Geschenk der Götter“ ist, trotz Einschränkungen, eine sehenswerte deutsche Komödie (meine Besprechung), die deutlich von britischen Arbeiterklassekomödien beeinflusst ist. Auch in „Ein Geschenk der Götter“ nehmen die Menschen ihr Schicksal in die eigene Hand. Die Milieuzeichnungen sind stimmig. Und es gibt viel Humor, der sich wohltuend vom üblichen deutschen Komödienhumor unterscheidet.

Ein Geschenk der Götter (Deutschland 2014)
Regie: Oliver Haffner
Drehbuch: Oliver Haffner
mit Katharina Marie Schubert, Adam Bousdoukos, Marion Breckwoldt, Paul Faßnacht, Katharina Haufer, Rainer Furch, Canan Kir, Maik Solbach, Rick Okon, Eva Löbau, Luise Heyer
Länge: 102 Minuten
FSK: ab 0 Jahre

Hinweise
Homepage zum Film
Film-Zeit über „Ein Geschenk der Götter“
Moviepilot über „Ein Geschenk der Götter“