TV-Tipp für den 1. Februar: Der Knochenmann

Januar 31, 2023

3sat, 23.10

Der Knochenmann (Österreich 2009)

Regie: Wolfgang Murnberger

Drehbuch: Josef Hader, Wolfgang Murnberger, Wolf Haas

LV: Wolf Haas: Der Knochenmann, 1997

Brenner fährt auf’s Land. Eigentlich soll er ein geleastes Auto zurückholen. Aber dann gefällt’s ihm im Wirtshaus von Löschenkohl zu gut, er verliebt sich in die Schwiegertochter des Wirts und stolpert in eine veritable Mordgeschichte. Denn der Löschenkohl wird erpresst, beseitigt seine Erpresser und muss auch auf seinen blöden, aber ambitionierten Sohn aufpassen.

Die dritte Auflage der Ösi-Variante eines Action-Films, eines Whodunit und einer Krimikomödie hat weniger bekannte Namen und weniger Lacher als „Komm, süßer Tod“ und „Silentium“. Dafür ist „Der Knochenmann“ noch desillusioniert-gemeiner in seinem Blick auf die Menschen und Josef Hader hat im Privatdetektiv Brenner die Rolle seines Lebens gefunden. Grandios!

Mit Josef Hader, Josef Bierbichler, Simon Schwarz, Birgit Minichmayr, Stipe Erceg, Christoph Luser, Dorka Gryllus

Hinweise

Wikipedia über „Der Knochenmann“

Krimi-Couch über Wolf Haas

Lexikon der deutschen Krimiautoren über Wolf Haas

Wikipedia über Wolf Haas

Planet-Interview redet mit Wolf Haas (2005, zur  Verfilmung von “Silentium”)

Meine Besprechung von Wolf Haas’ “Brenner und der liebe Gott” (2009)

Meine Besprechung von Wolf Haas‘ „Brennerova“ (2014)

Meine Besprechung von Wolf Haas‘ „Müll“ (2022) (ein Brenner-Roman)

Meine Besprechung von Wolfgang Murnberges Wolf-Haas-Verfilmung „Das ewige Leben“ (Österreich 2015)


Cover der Woche

Januar 31, 2023


Neu im Kino/Filmkritik: Dreimal Arthaus, dreimal enttäuschend: „The Son“, „Close“ und „Return to Seoul“

Januar 31, 2023

In seinem neuen Film spielt Hugh Jackman den erfolgreichen New Yorker Anwalt Peter Miller. Er lebt mit Beth (Vanessa Kirby) zusammen. Sie haben ein gemeinsames Baby. Beruflich könnte er vor neuen Herausforderungen stehen.

Als bittet Peters Ex-Frau Kate (Laura Dern) ihn, ihren gemeinsamen Sohn Nicholas (Zen McGrath) bei sich aufzunehmen. Der Siebzehnjährige schwänzt die Schule, ist antriebslos, will nicht mehr bei seiner Mutter leben und er hat Stimmungsschwankungen. Jetzt will er bei Peter leben.

Peter und Beth nehmen ihn bei sich auf. Aber an Nicholas erratischem Verhalten ändert sich nichts.

The Son ist nach seinem Debüt „The Father“ Florian Zellers zweiter Spielfilm. Wieder entstand der Film nach einem seiner Theaterstücke, wieder schrieb er das Drehbuch mit Christopher Hampton und wieder spielt Anthony Hopkins (der dieses in einer Nebenrolle einen ganz anderen Vater spielt) mit. Trotzdem enttäuscht „The Son“.

In „The Father“ erzählt Zeller die Geschichte des zunehmend dementen Anthony (Anthony Hopkins). Er inszenierte den Film aus Anthonys Perspektive und wir begreifen schnell, wie ein Mensch, der langsam sein Gedächtnis verliert, die Realität sieht und versucht sie zu begreifen, während ihm seine Vergangenheit und die Gegenwart zunehmend entgleiten.

The Son“ ist dagegen nur ein konventionell erzähltes Vater-Sohn-Drama, in dem ein Vater seinem Sohn helfen will, ohne die Krankheit seines Sohnes zu verstehen. Das ist gut gespielt und auch gut inszeniert, aber meilenweit von der Qualität seines Debüts entfernt. Zellers neues Drama unterscheidet sich letztendlich kaum von einem banalen Herzkino-Film.

The Son (The Son, USA/Frankreich 2022)

Regie: Florian Zeller

Drehbuch: Florian Zeller, Christopher Hampton

LV: Florian Zeller: Le Fils, 2018 (Theaterstück)

mit Hugh Jackman, Laura Dern, Vanessa Kirby, Zen McGrath, Anthony Hopkins

Länge: 123 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „The Son“

Metacritic über „The Son“

Rotten Tomatoes über „The Son“

Wikipedia über „The Son“ (deutsch, englisch)

Auch Lukas Dhont überzeugte mit seinem Debüt „Girl“. In ihm ging es um ein fünfzehnjähriges Transmädchen, das in einer bekannten Ballettschule ausgebildet werden möchte, während sie sich gleichzeitig auf ihre geschlechtsangleichende Operation vorbereitet.

In seinem zweiten Film „Close“, der aktuell für den Auslandsoscar nominiert ist, geht es um zwei Jungen, die auf dem Land jede Minute miteinander verbringen. Als die beiden Dreizehnjährigen auf eine neue Schule kommen und eine Klassenkameradin bemerkt, dass sie offensichtlich mehr als nur Freunde seien, verändert sich ihre Beziehung.

In der ersten Filmhälfte zeichnet Dhont diese Freundschaft und wie sie sich verändert äußerst sensibel und mit wenigen Worten. Léo und Rémi stehen am Beginn ihrer Pubertät auch vor der Frage, wie sie sich künftig sexuell orientieren wollen. Bislang war ihnen das egal.

In der Filmmitte gibt es dann ein überraschendes Ereignis, das die Handlung der zweiten Hälfte entscheidend beeinflusst. Gleichzeitig ist danach, auch ohne eine Antwort, die Frage der Klassenkameradin final beantwortet und der Film steht vor der Frage, was er in der zweiten Hälfte erzählen will.

Über dieses Ereignis wird im folgenden kaum gesprochen. Stattdessen gibt es eine Abfolge weitgehend unzusammenhängender Szenen, in denen die Geschichte sich keinen Millimeter vorwärts bewegt. Nach der konzentrierten ersten Hälfte plätschert das Drama jetzt nur noch langatmig in Richtung Abspann.

Close (Close, Belgien/Frankreich/Niederlande 2022)

Regie: Lukas Dhont

Drehbuch: Lukas Dhont, Angelo Tijssens

mit Eden Dambrine, Gustav de Waele, Èmilie Dequenne, Léa Drucker, Keven Janssens, Marc Weiss

Länge: 104 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Allociné über „Close“

Moviepilot über „Close“

Metacritic über „Close“

Rotten Tomatoes über „Close“

Wikipedia über „Close“ (deutsch, englisch, französisch)

Meine Besprechung von Lukas Dhonts „Girl“ (Girl, Belgien/Niederlande 2018)

Als Fünfundzwanzigjährige kehrt Freddie 2013 für einige Tage nach Seoul zurück. Als Baby wurde sie von einem französischen Ehepaar adoptiert. Jetzt will sie ihre Eltern, über die sie nichts weiß und an die sie bislang offensichtlich niemals dachte, kennen lernen. Über eine Adoptionsagentur kann sie ihre Eltern kontaktieren. Diese sind inzwischen geschieden. Ihre Mutter will sie nicht sehen. Ihr Vater schon.

Über letztendlich ein Jahrzehnt erzählt Davy Chou in „Return to Seoul“ Freddies Geschichte und wie sich ihre Suche und ihre Beziehung zu ihren biologischen Eltern entwickelt. Und eben dieser lange Zeitraum erweist sich als ein Problem. Freddie erster Besuch in Seoul, der den größten Teil des Films einnimmt, überzeugt. Es wird eine junge Frau auf der Suche gezeigt. Gleichzeitig sind für sie die Tage an Seoul eine Gelegenheit all das zu tun, was Studentinnen in fremden Städten tun. Mit Zufallsbekanntschaften stürzt sie sich lebenslustig in das pulsierende Nachtleben und verbreitet eine wohltuende Portion Unruhe.

Danach wird es episodischer und zunehmend unklarer, wohin sich die Geschichte entwickeln soll. 2015 führt sie ein langes Gespräch mit einem Waffenhändler, bei den zunächst unklar ist, warum sie sich mit ihm unterhält, warum sie wieder (?) in Seoul ist und was sie in Seoul tut oder tun will. Sie trifft wieder ihren Vater und seine Familie. Sie hat einen Freund, der sie nach Seoul begleitet. Sie wird älter und irgendwann ist der Film vorbei.

Return to Seoul“ ist, wie „Close“, strikt chronologisch erzählt und nach einer starken ersten Hälfte plätschert der Film, wie „Close“, unentschlossen vor sich hin. Im Gegensatz zu „Close“, dessen Geschichte sich innnerhalb weniger Monate abspielt, überspringt Day Chou in seinem Drama immer wieder mehrere Jahre und Freddie wird von einer Mittzwanzigerin zu einer Mittdreißigerin.

Return to Seoul (Return to Seoul/Retour à Séoul, Belgien/Deutschland/Frankreich 2022)

Regie: Davy Chou

Drehbuch: Davy Chou

mit Park Ji-Min, Oh Kwang-Rok, Guka Han, Yoann Zimmer, Hur Ouk-Sook, Kim Sun-Young, Louis-Do de Lencquesaing, Emeline Briffaud

Länge: 119 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Der Film ist mehrsprachig. Für die deutsche Kinofassung wurde Französisch synchronisiert. Die anderen Sprachen sind untertitelt.

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Filmportal über „Return to Seoul“

Moviepilot über „Return to Seoul“

AlloCiné über „Return to Seoul“

Metacritic über „Return to Seoul“

Rotten Tomatoes über „Return to Seoul“

Wikipedia über „Return to Seoul“ (englisch, französisch)


TV-Tipp für den 31. Januar: Monobloc

Januar 30, 2023

NDR, 00.00

Monobloc (Deutschland 2021)

Regie: Hauke Wendler

Drehbuch: Hauke Wendler

TV-Premiere: Spielfilmlange informative Doku über den allseits benutzten Plastikstuhl. Anfangs mehr Design- und Industriegeschichte, später vor allem ein Blick auf die Verwendung des Stuhls.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Monobloc“

Moviepilot über „Monobloc“

Wikipedia über den Monobloc-Stuhl

Design-Museum über den Monobloc

Meine Besprechung von Hauke Wendlers „Monobloc“ (Deutschland 2021)


Neu im Kino/Filmkritik: „Die drei ??? – Erbe des Drachen“, gesucht und gefunden in Dracula-Land

Januar 30, 2023

Ach, da werden Kindheitserinnerungen wach. Denn „Die drei ???“-Krimis (mit den Bemerkungen von Alfred Hitchcock) begleiteten mich zuverlässig durch einige Lesejahre. Die ab 1979 produzierten Hörspiele ließ ich links liegen. Einerseits interessierten mich Hörspiele niemals sonderlich, andererseits gab es in der Stadtbücherei nur die Bücher. Irgendwann hörte ich auf, die neuen Fälle der drei jungen Detektive, die sich „Die drei ???“ nennen, zu lesen. Ich wurde älter. Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews nicht. Die verlebten einfach, ohne älter zu werden, noch einen Feriensommer in Rocky Beach, Kalifornien, und lösten einen weiteren Kriminalfall.

In den USA erschienen ab 1987 keine neuen Romane mit den drei ???. In Deutschland, wo die drei jugendlichen Ermittler schon damals überaus beliebt waren, erschienen weitere Abenteuer. Geschrieben von deutschen Autoren.

2007 und 2009 gab es mit „Die drei ??? – Das Geheimnis der Geisterinsel“ und „Die drei ??? – Das verfluchte Schloss“ auch zwei Kinofilme mit Justus, Peter und Bob. Beides sind deutsche Produktionen.

Und jetzt gibt es einen neuen Spielfilm mit den drei ???, der selbstverständlich in Rocky Beach beginnt. Ebenso selbstverständlich haben die drei Jungs wegen der Schulferien gerade viel Zeit.

Bevor sie einen Fall übernehmen können, geht es nach Europa. In Transsilvanien auf dem Schloss der Gräfin Codrina wird der Horrrofilm „Dracula Rises“ gedreht. Justus, Peter und Bob dürfen mitreisen. Sie sollen Peters Vater, der eine Spezialeffektefirma hat, im Hintergrund bei den Dreharbeiten helfen und unter keinen Umständen in irgendeinem Fall ermitteln.

Dummerweise beobachten sie schon in der ersten Nacht seltsame Dinge. Ihre Neugierde ist geweckt. Gesteigert wird sie, als sie von einer Legende erfahren, nach der es in der Burg einen Schatz geben soll und sie Geschichten von dem vor fünfzig Jahren spurlos verschwundenen Bruder der Gräfin, einer Bruderschaft und, selbstverständlich, Untoten hören.

Diese Schatzsuche, garniert mit etwas Geschichtsunterricht über Graf Dracula, seine reale Inspiration und Hintergrundinformationen zur Entstehung eines Films, gestaltet sich für Kinder durchaus unterhaltsam. Erwachsene werden dagegen monieren, dass alles doch etwas einfach geraten ist und, mit etwas mehr Mühe, viel besser hätte sein können. Denn bis der Krimiplot wirklich erkennbar ist, vergeht viel Zeit mit Nebenschauplätzen. Entsprechend schnell werden dann die Täter überführt und ihre Motive enthüllt. Die Informationen über Graf Dracula hören sich wie erlesenes Wikipedia-Wissen an. Über die Herstellung eines Films hätte es durchaus fundiertere Informationen geben können.

Am meisten hat mit aber immer wieder gestört, dass die drei ??? in Tim Dünschedes Kinderkrimi öfters nicht wie beste Freunde, sondern wie beste Schulfeinde wirken, die zu dem Europatrip zwangsverpflichtet wurden. Das ist nicht das Bild, das ich von Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews, drei unzertrennlichen Freunden, habe.

Die drei ??? – Erbe des Drachen (Deutschland 2023)

Regie: Tim Dünschede

Drehbuch: Tim Dünschede, Anil Kizilbuga (nach einer Erzähleung von André Marx)

mit Julius Weckauf, Nevio Wendt, Levi Brandl, Mark Waschke, Natalia Belitski, Valentin Popescu, Fabra Dieng, Gudrun Landgrebe, Gedeon Burkhard, Florian Lukas, Jördis Triebel

Länge: 100 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Die drei ??? – Erbe des Drachen“

Moviepilot über „Die drei ??? – Erbe des Drachen“

Wikipedia über „Die drei ???“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Tim Dünschedes „Limbo“ (Deutschland 2019)


Neu im Kino/Filmkritik: „Till – Kampf um die Wahrheit“ in den USA in den Fünfzigern

Januar 30, 2023

Im August 1955 verlässt der vierzehnjährige Emmett Till Chicago. Er fährt zu Verwandten nach Money, Mississippi. Vor der Abfahrt schärft Emmetts Mutter, die 33-jährige Mamie Till Mobley, ihrem Sohn noch ein, wie er sich zu verhalten habe. Kurz gesagt: die Augen auf den Boden richten und Weißen immer Recht geben. Vor allem wenn sie im Unrecht sind oder ihn beleidigen. Das geht schief, als er in einem kleinen Lebensmittelgeschäft mit der Verkäuferin Carolyn Bryant etwas flirtet. Sie behauptet später, er habe sie sexuell belästigt.

Wenige Stunden später ist Emmett tot. Gelyncht.

Seine Mutter beginnt für Gerechtigkeit zu kämpfen und sie geht an die Öffentlichkeit. Ein Fotograf vom Jet Magazin darf seine Leiche fotografieren. Eines seiner Fotos kommt auf die Titelseite. Die Bilder von seinem Gesicht schockierten die Öffentlichkeit. Bei der Trauerfeier in Chicago ist sein Sarg offen. Jeder kann und soll sehen, wie er vor seinem Tod bis zur Unkenntlichkeit brutal zusammengeschlagen wurde. Über Fünfzigtausend kommen und sind schockiert.

Das waren die ersten Schritte in Mamie Till Mobleys Kampf um Gerechtigkeit. Eine Gerichtsverhandlung und jahrzehntelange Arbeit als Bürgerrechts-Aktivistin folgen. Mamie Till Mobley stirbt am 6. Januar 2003.

Till – Kampf um die Wahrheit“ endet mit einem ihrer ersten Auftritte als Bürgerrechtskämpferin.

Emmetts Mörder wurden – wir befinden uns hier im Feld historischer Tatsachen und, auch wer sie nicht kennt, dürfte darüber nicht verwundert sein – freigesprochen. Sie wurden für ihre Taten niemals verurteilt.

Jahrzehnte nach dem Lynchmord sagte Carolyn Bryant in einem Interview, dass Emmett Till sie nicht belästigt habe. Das sei eine Lüge gewesen.

Das ist eine wichtige Geschichte, die es in jeder denkbaren Beziehung verdient erzählt zu werden. Und natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, dies in einer Art und Weise zu tun, die ein großes Publikum erreichen kann. Das wollen die Macherinnen – unter anderem die Regisseurin Chinonye Chukwu, die Drehbuchautoren Michael Reilly und Keith Beauchamp, dem Regisseur der 2005 die Doku „The untold Story of Emmett Louis Till“, und die Produzentinnen Whoopi Goldberg (die auch eine kleine Rolle übernommen hat) und Barbara Broccoli. Sie produziert normalerweise die James-Bond-Filme. Trotzdem war die Finanzierung schwierig und das Budget für den Film überschaubar.

Der jetzt entstandene Film wirkt, auch weil das Drama fast ausschließlich in Studiokulissen gedreht wurde und alles überaus hell ausgeleuchtet ist, wie ein in den Fünfzigern entstandener Douglas-Sirk-Film.

Insgesamt ist „Till“ ein honoriges Drama, das sich an die historisch verbürgten Tatsachen hält. Es soll an zwei wichtige Figuren des Civil Right Movements, nämlich Emmett Till und Mamie Till-Mobley, und die Anfänge dieser wichtigen Bewegung erinnern. Es ist eine aufbauend inszenierte Geschichtsstunde.

Gleichzeitig sollen Gegner des Anliegens überzeugt werde. Es wird alles in ein harmonisches Fünfziger-Jahre-Licht getaucht, das an eine vergangene, längst abgeschlossene Zeit erinnert. Es gibt keine offensichtlich verstörenden Bilder; – wobei die Gerichtsverhandlung gegen Emmetts Mörder durchaus verstörend ist. Die Geschworenen sind weiße Männer. Die Weißen feiern ein Picknick, während die Schwarzen auf Bänken zusammengequetscht werden. Auch Mamie Till-Mobley wird ausgesprochen herablassend behandelt und es wird angezweifelt, ob der unkenntliche Tote überhaupt ihr Sohn ist. In den Minuten werden auch die Strukturen erkennbar, die den Mord an Emmett ermöglichten. Doch meistens erscheint der Mord und der Rassismus der Täter als eine individuelle Tat.

Gerade dies und die überaus zurückhaltende Inszenierung führen dazu, dass das Drama deutlich weniger empört, als es empören sollte. Angesichts der aktuellen Lage in den USA ist das ein nachvollziehbarer erzählerischer Ansatz. Angesichts des enttäuschenden US-Einspielergebnisses von „Till“ ging diese Rechnung nicht auf. Wobei, auch erwähnt werden muss, dass mehrere zeitgleich mit „Till“ in den US-Kinos gestartete anspruchsvolle Filme, wie „She said“, „Tár“ und „Triangle of Sadness“, ebenfalls enttäuschende Einspielergebnisse hatten.

Till – Kampf um die Wahrheit (Till, USA 2022)

Regie: Chinonye Chukwu

Drehbuch: Michael Reilly, Keith Beauchamp, Chinonye Chukwu

mit Danielle Deadwyler, Jalyn Hall, John Douglas Thompson, Sean Patrick Thomas, Frankie Faison, Kevin Carroll, Tosin Cole, Whoopi Goldberg

Länge: 132 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Till“

Metacritic über „Till“

Rotten Tomatoes über „Till“

Wikipedia über „Till“ (deutsch, englisch), Emmett Till (deutsch, englisch) und Mamie Till-Mobley

History vs. Hollywood prüft den Wahrheitsgehalt der Verfilmung


TV-Tipp für den 30. Januar: Ghost Dog – Der Weg des Samurai

Januar 29, 2023

Arte, 21.40

Ghost Dog – Der Weg des Samurai (Ghost Dog, USA 1999)

Regie: Jim Jarmusch

Drehbuch: Jim Jarmusch

Poetisch-meditativer, mit Hip-Hop-Klängen unterlegter Gangsterfilm über einen nach dem Kodex der Samurai lebendem Killer, der auf die Abschussliste seiner Auftraggeber gerät. Jarmusch ist dabei gänzlich desinteressiert an der Story, aber sehr interessiert an dem Spiel mit Stimmungen, Symbolen, Zeichen und Motiven.

„Durch ‘Ghost Dog’ hindurch blicken wir wie durch ein Vergrößerungsglas in die Filmgeschichte. (…) Mit ‘Ghost Dog’ variiert Jarmusch einmal mehr sein Lieblingsthema, die Differenz der Kulturen und die wunderbaren, auch komischen Momente, die durch den Zusammenstoß verschiedener Mentalitäten entstehen können. Besonders bizarr sieht seine filmische Synthese von HipHop und italienischer Vorstadt-Mafia aus.“ (Nils Meyer in Rolf Aurich/Stefan Reinecke, Hrsg.: Jim Jarmusch, 2001 – ein empfehlenswertes Buch)

mit Forest Whitaker, John Tormey, Cliff Gorman, Henry Silva, Isaach de Bankolé, Gary Farmer, The RZA (Cameo; er schrieb auch die Musik)

Hinweise

Rotten Tomatoes über “Ghost Dog”

Wikipedia über „Ghost Dog“ (deutsch, englisch)

Senses of Cinema: Marco Lanzagorta über „Ghost Dog“ (September 2002)

Wikipedia über Jim Jarmusch (deutsch, englisch)

Jim Jarmusch in der Kriminalakte

Meine Besprechung von Jim Jarmuschs “Only Lovers left alive” (Only Lovers left alive, Deutschland/Großbritannien/Frankreich/Zypern/USA 2013)

Meine Besprechung von Jim Jarmuschs „Paterson“ (Paterson, USA 2016) und der DVD

Meine Besprechung von Jim Jarmuschs „Gimme Danger“ (Gimme Danger, USA 2016)

Meine Besprechung von Jim Jarmuschs „The Dead don’t die“ (The Dead don’t die, USA 2019)


TV-Tipp für den 29. Januar: Der letzte Scharfschütze

Januar 28, 2023

Servusb TV, 20.15

Der letzte Scharfschütze (The Shootist, USA 1976)

Regie: Don Siegel

Drehbuch: Scott Hale, Miles Hood Swarthout

LV: Glendon Swarthout: The Shootist, 1975 (Der Superschütze)

Revolverheld Books will seine letzten vom Krebs gekennzeichneten Tage in Ruhe verbringen. Aber so einfach ist das nicht.

Einer der besten Spätwestern – und John Waynes letzter Film.

„Don Siegel unterzog in ‚The Shootist – Der Scharfschütze’ den Mythos einer distanzierten Würdigung, die noch einmal dem Western zurückgab, was ihm in den letzten Jahren abhanden gekommen war: Ruhe. Und vielleicht exakt diese Botschaft ist es, die endgültig dem Genre ein friedvolles Ende bescheren hätte können: nämlich, die, dass der Western tot, die Grenze erschlossen, die Gesellschaft korrupt ist und dass man sich darüber nicht besonders aufregen muss.“ (Georg Seesslen: Western)

Die Western Writers of America verliehen Swarthouts Buch den Spur-Award als bester Western-Roman des Jahres 1975. Später nahmen sie „The Shootist“ in die Liste der 21 besten Western, Swarthout in die Liste der besten Western-Autoren und die Verfilmung in die Liste der zehn besten Western des zwanzigsten Jahrhunderts auf.

Mit John Wayne, Lauren Bacall, James Stewart, Ron Howard, Richard Boone, John Carradine

Auch “The Shootist – Der Scharfschütze”

Wiederholung: Montag, 30. Januar, 00.55 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Der letzte Scharfschütze“

Wikipedia über „Der letzte Scharfschütze“ (deutsch, englisch)

Homepage von Glendon Swarthout

Meine Besprechung von Don Siegels „Die rote Schlinge“ (The big Steal, USA 1949)

Meine Besprechung von Don Siegels „Der Tod eines Killers“ (The Killers, USA 1964 – Ronald Reagans letzter Film)

Meine Besprechung von Don Siegels „Der letzte Scharfschütze“ (The Shootist, USA 1976 – John Waynes letzter Film)

Kriminalakte über Don Siegel

Meine Besprechung von Tommy Lee Jones‘ Glendon-Swarthout-Verfilmung „The Homesman“ (The Homesman, USA 2014)


TV-Tipp für den 28. Januar: Berlin 1933 – Tagebuch einer Großstadt

Januar 27, 2023

RBB, 20.15

Berlin 1933 – Tagebuch einer Großstadt (Deutschland 2023)

Regie: Volker Heise

Drehbuch: Volker Heise

Volker Heise erzählt anhand von Briefen, Bildern und „Wochenschau“-Berichten in drei Stunden die Chronik eines Jahres, das das Bild der Hauptstadt veränderte.

Hinweise

RBB über die Doku

Wikipedia über Volker Heise


Neu im Kino/Filmkritik: Moritz Bleibtreu ist „Caveman“?

Januar 27, 2023

Hinter der Bühne hat seine langjährige Freundin gerade mit ihm Schluss gemacht und der erste Witz bei seinem Stand-up-Programm – es ist sein erster Auftritt bei einem Open-Mic-Abend – wird mit peinlichem Schweigen quittiert. Also beginnt Bobby Müller (Moritz Bleibtreu) aus seinem Leben und über die Unterschiede zwischen Männern und Frauen zu philosophieren. Diese Beichte kommt besser an.

Und zwar so gut, dass das Ein-Personen-Stück „Caveman“, auf dem Laura Lackmanns gleichnamige Verfilmung basiert, in Deutschland seit über zwanzig Jahren ständig aufgeführt wird. Seit seiner Premiere im Jahr 2000 wurden gut fünf Millionen Tickets verkauft. Es handelt sich um die deutsche Adaption von Rob Beckers Stück „Defending the Caveman“. Esther Schweins, die im Film einen Cameo-Auftritt hat, inszenierte die deutsche Fassung.

Becker schrieb das Stück. Zwischen 1988 und 1991 probierte er bei seinen Auftritten Teile aus. Seine Premiere hatte es 1991 in San Francisco. Anschließend trat Becker jahrelang mit dem Stück auf. Am Broadway wird es seit 1995 aufgeführt. Inzwischen wird seine Rolle von zahlreichen anderen Schauspielern gespielt. Es wurde in 25 Sprachen übersetzt, in über 55 Ländern aufgeführt und von über vierzehn Millionen Menschen gesehen. Irgendetwas hat Becker also richtig gemacht.

Was genau erschließt sich nicht wirklich aus der Verfilmung.

Sie ist nie besonders witzig, aber auch nie besonders peinlich, vulgär oder ärgerlich. Bobby erzählt sich durch sein Leben. Er erklärt den Unterschied zwischen Jägern und Sammlern und so, wie sich Männer von Frauen unterscheiden. Bobby glaubt, dass Männer Jäger und Frauen Sammler sind. Das war schon in der Steinzeit so – und ist heute immer noch so. Deshalb sammeln Frauen Tonnen von Kleidern und anderem Zeug, während Männer für den Kauf von einem neuen Hemd nur einige Sekunden benötigen und es dann ewig tragen. Die gewonnene Zeit verbringen sie mit ihrem besten Freund auf der Couch: schweigend, biertrinkend und irgendein Computerspiel spielend oder einen Film ansehend. Welcher echte Mann braucht da noch ein Hobby?

Einzelne Szenen kommentiert Bobby bereits im Bild. Andere sind, eher witzig gemeint als wirklich witzig, etwas übertrieben inszeniert. Und wieder andere, das gilt vor allem für Bobbys Begegnungen mit seinem imaginärem Steinzeit-Freund Caveman, könnten direkt aus einer längst vergessenen Sketch-Show stammen. Besonders witzig ist das nicht. Dafür sind die Witze insgesamt zu altbacken und zu harmlos. Alle hätten gut in eine dieser unzähligen Sketch-Shows wie „RTL Samstag Nacht“ gepasst. Die füllten bei den Privatsendern, beginnend in den neunziger Jahren, einige Jahre lang ganze Fernsehabende und ich fragte mich immer, wer so etwas witzig findet.

Für die Verfilmung wurde das Ein-Personen-Stück zum Ensemblestück ausgebaut, ohne an der Grundidee etwas zu ändern. Das ist, über dreißig Jahre nach seiner Premiere, immer noch die heile Welt, in der es Liebesärger nur zwischen Männer und Frauen gibt und gendern eine Option ist, auf die ein gestandener, in einem anonymen Reihenhaus lebender Jäger wie Bobby locker verzichten kann. Wahrscheinlich wüsste er noch nicht einmal, was das ist.

Dieser „Caveman“ ist eine dem gesellschaftlichem Diskurs mindestens zwanzig Jahre hinterherhinkende Comedy für den idealtypischen CDU-Wähler.

Im Theater – und das ist der entscheidende Unterschied zum Film – werden alle Rollen von einem Mann gespielt. Er kann spontan auf das Publikum reagieren, improvisieren und die einzelnen Beobachtungen müssen keine kohärente Filmhandlung ergeben. Sie funktionieren auch gut als reine Sammlung von zugespitzten Beobachtungen über das Verhalten von Männern und Frauen.

Caveman (Deutschland 2023)

Regie: Laura Lackmann

Drehbuch: Laura Lackmann (nach dem Solo-Theaterstück von Rob Becker)

mit Moritz Bleibtreu, Laura Tonke, Wotan Wilke Möhring, Martina Hill, Leni Riedel, Liane Forestieri, Jürgen Vogel, Thomas Hermanns, Esther Schweins, Alexandra Neldel

Länge: 100 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Caveman“

Moviepilot über „Caveman“

Wikipedia über „Caveman“


TV-Tipp für den 27. Januar: Das Tagebuch der Anne Frank

Januar 26, 2023

3sat, 20.15

Das Tagebuch der Anne Frank (Deutschland 2016)

Regie: Hans Steinbichler

Drehbuch: Fred Breinersdorfer

Die Geschichte von Anne Frank, die sich mit ihrer Familie von 6. Juli 1942 bis 4. August 1944 in Amsterdam in einem Hinterhaus vor den Nazis versteckte. Bis zu ihrer Entdeckung schrieb sie ein Tagebuch, das, neben weiteren Schriftstücken aus dem Archiv des Anne Frank Fonds, die Grundlage für das berührende Drama bildete.

Nach ihrer Entdeckung werden sie nach Auschwitz gebracht. Bis auf Anne Franks Vater Otto sterben sie in verschiedenen KZs. Anne Frank stirbt an Typhus Ende Februar/Anfang März 1945 im Lager Bergen-Belsen.

Hans Steinbichlers „Das Tagebuch der Anne Frank“ ist, nach einem Drehbuch von Fred Breinersdorfer, der erste deutsche Kinofilm, der die Geschichte von Anne Frank erzählt. Es ist ein sehr sehenswerter Film.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Lea van Acken, Martina Gedeck, Ulrich Noethen, Stella Kunkat, André Jung, Margarita Broich, Leonard Carow, Arthur Klemt, Gerti Drassl, Stefan Merki

Die Vorlage

Anne Frank - Gesamtausgabe TB - 4

Wer nach (oder vor) dem Film so richtig in die Schriften von Anne Frank einsteigen möchte, sollte sich die Gesamtausgabe, die auch ganz banal „Gesamtausgabe“ heißt, zulegen. In ihr sind die verschiedenen Versionen ihres Tagebuchs (es gibt das ursprüngliche Tagebuch, eine von ihr für eine Veröffentlichung schon überarbeitete Fassung, die von ihrem Vater Otto Frank für die Veröffentlichung erstellte Fassung und die von Mirjam Pressler 2001 im Auftrag des Anne Frank Fonds erstellte und autorisierte „Version d“, die die heute verbindliche Fassung ist und in der für frühere Veröffentlichungen gekürzte und weggelassene Teile wieder aufgenommen wurden), die „Geschichten und Ereignisse aus dem Hinterhaus“ (ihre Erzählungen, die teils auf selbst Erlebtem basieren und die auch teils von ihr in ihr Tagebuch übernommen wurden), weitere Erzählungen, Briefe, Einträge in Poesiealben, „Das Schöne-Sätze-Buch“ (das hauptsächlich eine Sammlung von Texten, die ihr gefielen und die sie im Versteck abschrieb, ist) und ‚Das Ägyptenbuch‘ (das ebenfalls vor allem aus anderen Texten besteht und das Anne Franks Faszination für das alte Ägypten dokumentiert) abgedruckt. Damit ist ihr schriftstellerisches Gesamtwerk in diesem Buch enthalten.
Ergänzt wird der Sammelband durch Fotos und Dokumente über sie und ihre Familie und vier Aufsätze über Anne Frank, ihre Familie, den zeitgeschichtlichen Kontext und die Rezeptionsgeschichte.
Diese umfassende Ausgabe eignet sich vor allem für das vertiefte und auch vergleichende Studium.
Für den Hausgebrauch reicht natürlich die Ausgabe ihres Tagebuchs.

Anne Frank: Gesamtausgabe
(herausgegeben vom Anne Frank Fonds)
(übersetzt von Mirjam Pressler)
Fischer, 2015
816 Seiten
12,99 Euro

Deutsche Erstausgabe
Fischer, 2013

Hinweise

Filmportal über „Das Tagebuch der Anne Frank“

Moviepilot über „Das Tagebuch der Anne Frank“

Wikipedia über „Das Tagebuch der Anne Frank“ (deutsch, englisch) und Anne Frank (deutsch, englisch)
Der Anne Frank Fonds

Anne-Frank-Seite des Fischer Verlags

Homepage von Fred Breinersdorfer

Meine Besprechung von Hans Steinbichlers „Das Tagebuch der Anne Frank“ (Deutschland 2016)


Neu im Kino/Buch- und Filmkritik: „Petrov’s Flu – Petrow hat Fieber“ in Kirill Serebrennikovs Alexei-Salnikow-Verfilmung

Januar 26, 2023

Erstens: Kirill Serebrennikovs neuer Film beginnt mit dem Hinweis, in dem Film seinen Szenen, in denen geraucht und Alkohol getrunken werde. Nun, ob diese zutreffende Warnung für Sechzehnjährige (der Film ist hier „frei ab 16 Jahre“) wirklich nötig ist, bezweifle ich ernsthaft. Außerdem, wenn es schon gut gemeinte Warnungen gibt, hätten die Macher auch gleich auf die teils sehr graphisch gezeigte Gewalt, längere Nacktszenen, vulgäre Sprache und die konstante Reizüberflutung hinweisen können. Und da sind wir noch lange nicht beim Inhalt angelangt. Vor dem könnte auch noch gewarnt werden. Denn dieser ist ziemlich verstörend. Jedenfalls für alle, die glauben, Russland sei ein Paradies, in dem jeder gerne leben möchte.

Aber wahrscheinlich ist die Warnung nur ein Witz über idiotische Triggerwarnungen – oder bei russischen Filmen eine Auflage, die erfüllt werden muss, um den Film dort im Kino zeigen zu dürfen.

Zweitens: Kirill Serebrennikov ist Russe und einer der wichtigsten zeitgenössischen russischen Regisseure.

Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor einem knappen Jahr wird ja darüber diskutiert, ob deswegen auch russische Künstler und Kunst boykottiert werden sollten. Wer dies etwas differenzierter tut, muss zur Kenntnis nehmen, dass Serebrennikov kein Putin-Freund, sondern schon seit Jahren ein wortstarker Putin-Kritiker ist. Mit offensichtlich fingierten Beschuldigungen wurde er angeklagt und verurteilt. Er stand jahrelang unter Hausarrest und er durfte das Land nicht verlassen. Seine Arbeiten wurden, wenig überraschend, von der Regierung als systemkritisch eingestuft.

Selbstverständlich kritisiert Serebrennikov den völkerrechswidrigen Krieg Russlands gegen die Ukraine. Seit April 2022 lebt er in Berlin.

In dem Moment hatte er seinen neuen Film bereits abgedreht. In Cannes wurde „Petrov’s Flu – Petrow hat Fieber“ bereits 2021 im Wettbewerb gezeigt.

Im Mittelpunkt der schwarzhumorigen Satire steht, naja eher taumelt und schneuzt Petrow sich in den ruhigen Tagen zwischen Weihnachten und Silvester durch Jekaterinburg. Er fährt Bus. Er trifft seinen alten Freund Igor und gemeinsam begeben sie sich in einem Leichenwagen, in dem gerade in einem Sarg eine Leiche befördert wird, auf eine ausgedehnte Sauftour.

Währenddessen schlägt sich Petrows Frau, eine Bibliothekarin, mit einem Lesekreis herum, kocht und verletzt ihren Sohn. Auch sie erkrankt und fantasiert.

Ihrem Sohn ergeht es nicht besser. Aber er will unbedingt ins Theater zum Jolkafest, dem sowjetischen und jetzt russischen Äquivalent zu einer hiesigen Weihnatsshow.

Petrov’s Flu“ ist wie ein Fiebertraum, in dem die Figuren sich immer wieder an vergangene Ereignisse erinnern, fantasieren und durch die Stadt stolpern. Im Film und in Alexei Salnikows Roman „Petrow hat Fieber“, den Serebrennikov verfilmte, bewegen Petrow und Petrowa sich zwar ständig durch die Stadt, aber eine konventionelle Geschichte ergibt sich daraus nicht. Ihre Bewegungen sind eher ziellos und immer wieder verändern Zufälle ihren ursprünglich geplanten Weg. Es wird munter vor sich hin assoziiert. Einige Figuren und Themen tauchen öfter auf. Einige Ereignisse werden zu einem späteren Zeitpunkt aus einem anderen Blickwinkel betrachtet.

Dabei folgt Serebrennikov Salnikows Roman ziemlich präzise. Auch wenn er einiges weglässt und einige Episoden verschiebt. Der größte Unterschied ergibt sich aus seiner Erzählweise. Der sehr russische Roman ist doch etwas langsam und fast schon langweilig realistisch erzählt. Obwohl die Geschichte in der Gegenwart spielt und es zahlreiche Anspielungen auf die US-Popkultur gibt (so werden „Matrix“ und „Fight Club“ erwähnt), könnte sie genausogut vor vierzig, fünfzig oder sogar hundert Jahren spielen. Der trinkfreudige Petrow und seine ebenso trinkfreudigen Freunde verkörpern genau das Bild, das wir von Russland haben. Die unhöfliche, die Fahrgäste beleidigende Schaffnerin und die abgeranzten Wohnungen strahlen genau den autoritätshörigen Mief aus, den wir mir der untergegangenen Sowjetunion und ihrer konstanten Mangelwirtschaft verbinden.

Im Film wird daraus eine Dystopie, die ein Land lange nach seinem Zerfall in einem Zustand hysterischer Ohnmacht zeigt. Serebrennikov zeigt diesen rasenden Stillstand in oft extrem langen Takes als eine konstante Reizüberflutung. Das gilt sogar für die wenigen ruhigen Szenen.

Das ist ein ziemlich furioser und die Sinne überwältigender Trip. Auch ohne Alkohol und Rauschwaren. Mit zweieinhalb Stunden ist diese kaum verhüllte Zustandsbeschreibung eines im Chaos vor sich hin taumelnden Reiches aber deutlich zu lang geraten. Eine halbe Stunde weniger wäre mehr gewesen.

Petrov’s Flu – Petrow hat Fieber (Petrovy v grippe, Russland/Frankreich/Deutschland/Schweiz 2021)

Regie: Kirill Serebrennikov

Drehbuch: Kirill Serebrennikov

LV: Alexei Salnikow: Petrovy v grippe i vokrug nego, 2016 (Petrow hat Fieber)

mit Semyon Serzin, Chulpan Khamatova, Yulia Peresild, Yuri Kolokolnikov, Yuriy Borisov, Ivan Dorn, Aleksandr Ilyin, Sergey Dreyden, Olga Voronina, Timofey Tribuntsev, Semyon Steinberg, Georgiy Kudrenko

Länge: 152 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Die Vorlage

Alexei Salnikow: Petrow hat Fieber – Gripperoman

(übersetzt von Bettina Kaibach)

Suhrkamp, 2022

368 Seiten

25 Euro

Originalausgabe

Petrovy v grippe i vokrug nego

AST/Redakcija Elena Subina, 2016

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Petrov’s Flu – Petrow hat Fieber“

Moviepilot über „Petrov’s Flu – Petrow hat Fieber“

Metacritic über „Petrov’s Flu – Petrow hat Fieber“

Rotten Tomatoes über „Petrov’s Flu – Petrow hat Fieber“

Wikipedia über „Petrov’s Flu – Petrow hat Fieber“ (deutsch, englisch)

Perlentaucher über den Roman „Petrow hat Fieber“

Meine Besprechung von Kirill Serebrennikovs „Leto“ (Leto, Russland/Frankreich 2018)


TV-Tipp für den 26. Januar: Rufmord – Jenseits der Moral

Januar 25, 2023

ServusTV, 20.15

Rufmord – Jenseits der Moral (The Contender, USA/Großbritannien/Deutschland 2000)

Regie: Rod Lurie

Drehbuch: Rod Lurie

Als der US-Präsident eine Frau (damals praktisch undenkbar, heute Realität) zu seiner Stellvertreterin ernennt, beginnt ein Republikaner eine Schmutzkampagne.

Gut, das Zieren der designierten Stellvertreterin, nichts aus ihrem Privatleben der Öffentlichkeit zu verraten, weil es nichts mit ihrer Arbeit zu tun hat, ist in der Politik (vor allem der US-Politik) so weltfremd, dass es den gesamten Film schwächt. Davon abgesehen bietet „Rufmord“ tolles Schauspielerkino, das auch einen guten Blick hinter die Kulissen der Macht gibt.

Inspiriert wurde „Rufmord“ von der zunehmend unappetitlichen Kampagne der Republikaner gegen Präsident Bill Clinton.

mit Gary Oldman, Joan Allen, Jeff Bridges, Christian Slater, Sam Elliott, William Petersen, Saul Rubinek, Philip Baker Hall

Wiederholung: Freitag, 27. Januar, 01.40 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Rufmord“

Wikipedia über „Rufmord“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Rod Luries „The Outpost – Überleben ist alles“ (The Outpost, USA/Bulgarien 2020)


Mick Herron erklärt die „London Rules“

Januar 25, 2023

Ungefähr überall werden die Jackson-Lamb- oder Slough-House-Romane von Mick Herron abgefeiert und mit wichtigen Preisen, wie dem Gold Dagger und dem Steel Dagger, ausgezeichnet. Acht Romane und fünf kürzere Geschichten, die zuletzt in dem Sammelband „Standing by the Wall“ veröffentlicht wurden, hat Herron seit 2010 geschrieben. Seit April 2022 gibt es die auf den Romanen basierende Streaming-Serie „Slow Horses“ mit Gary Oldman als Jackson Lamb. Die zweite Staffel wurde vor wenigen Wochen veröffentlicht. Und die nächsten beiden Staffeln sind bereits bestellt.

Auf Deutsch erschien zuletzt „London Rules“, der fünfte Roman der Serie. Er erhielt den Capital Crime Best Thriller Award und stand auf den Nominierungslisten für den CWA Gold Dagger for Best Crime Novel, den Ian Fleming Steel Dagger Award, den Last Laugh Award, den Barry Award und den Theakston’s Old Peculier Crime Novel of the Year Award.

Herrons Held Jackson Lamb ist ein abgehalfteter MI-5-Agent, der in London im Slough House residiert. Das ist die Endstation für Geheimagenten, die irgendwann wirklich Mist gebaut haben. Sie sind alle etwas dumm und ambitioniert. Eben deswegen mischen sie sich ungefragt in Angelegenheiten ein, die dann zu Ereignissen führen, die schnell hoffnungslos aus dem Ruder laufen. So führt in „London Rules“ eine simple Überwachung zum Tod eines Politikers. Eine Terrorgruppe wird verdächtigt – und diese fragt sich, wer den Politiker so hinterhältig ermordete, während sie nur mit ihm reden wollten.

Angefangen hat die Sache mit unzusammenhängenden Anschlägen auf ein Dorf in Derbyshire und einen Zoo in London. Während die richtigen Ermittler eifrig nach den Tätern suchen, muss Lambs Team Däumchen drehen. Nur so können sie die Ermittlungen nicht gefährden.

Da erinnert J. K. Coe, einer von Lambs Untergebenen, sich an einen alten Plan zur Destabilisierung von Dritte-Welt-Staaten. Er hatte ihn, als er in einer anderen Abteilung des Geheimdienstes arbeitete, gelesen. Jetzt glaubt er, dass dieser uralte Plan möglicherweise in die falschen Hände geraten ist und von Terroristen umgesetzt wird. Roderick Ho, Lambs IT-Mann, könnte den Bösewichtern dabei unwissentlich geholfen haben. Und schon versuchen Lamb und seine Mannschaft den möglichen Schaden zu begrenzen. Für sich und für Großbritannien.

Herron wechselt, wie in einer Mini-TV-Serie, ständig und gekonnt zwischen den verschiedenen Handlungssträngen und den in das Geschehen involvierten Figuren. Es handelt sich dabei um Lamb, seine Untergebenen, seine Vorgesetzten, verschiedene Gruppen von Bösewichtern und von den Bösewichtern bedrohten Figuren. Das sind eine Menge Figuren und Handlungsstränge, die dann dazu führen, dass aus einem potentiellem flotten Zweihundert-Seiten-Krimi schnell ein doch etwas bräsiger Fünfhundert-Seiten-Roman wird. Denn die in jeder Szene immer zwischen mindestens zwei Perspektiven wechselnde Geschichte entwickelt sich arg langsam, um nicht zu sagen zäh.

Der vielbeschworene Humor der Romane – „humorvollster englischsprachiger Autor von Spionage-Thrillern, vielleicht sogar von Kriminalliteratur überhaupt“ (The Times) – erschließt sich mir nicht. Sicher, die Verwicklungen und die teils chaotischen Situationen, die sich in unvorhersehbare Richtungen entwickeln, sind witzig in ihrem fatalen „was schiefgehen kann, wird schiefgehen“-Tenor. Es gibt auch einige Wortwitze. Aber allzu oft musste ich nicht lachen. Die Tiraden von Jackson Lamb sind sicher witzig gemeint, aber letztendlich sind sie nur eine Suada unflätiger, pubertärer Beleidigungen, wie: „Hat einer von euch Witzbolden ein Furzkissen auf meinen Stuhl gelegt? Nein? Na, wenn das so ist, habe ich wohl gerade gefurzt.“

Bei den Beschreibungen der Hauptfiguren geht Herron davon aus, dass seine vorherigen Spionageromane bekannt sind. Das erschwert Neueinsteigern etwas die Orientierung. Aber auch ohne längliche Hintergrundinformationen über die einzelnen Figuren sind sie plastisch und gut unterscheidbar. Das gelingt nicht jedem Autor.

Letztendlich findet Herrons neueste Agentenkomödie irgendwo zwischen „ganz okay“ und „nett“ seinen Platz. Und lässt mich rätseln, woher die überschwängliche Begeisterung für „London Rules“ und die Serie kommt.

Mick Herron: London Rules – Ein Fall für Jackson Lamb

(übersetzt von Stefanie Schäfer)

Diogenes, 2022

496 Seiten

18 Euro

Originalausgabe

London Rules

John Murray Publishers Ltd./Hachette UK Company, 2018

Hinweise

Perlentaucher über „London Rules“

Book Marks über „London Rules“

Homepage von Mick Herron

Wikipedia über Mick Herron (deutsch, englisch)

P. S.: In seinem schwarzhumorigem Thriller „Der Tag der Katze“ (Metzger’s Dog, 1983) bedient Thomas Perry sich einer ähnlichen Prämisse. In seinem Thriller wird aus einer universitären Forschungseinrichtung eine CIA-Studie zur psychologischen Kriegsführung in Lateinamerika geklaut. Die Studie darf nicht in die falschen Hände fallen. Und schon beginnt eine grandios-groteske Jagd.

Die deutsche Ausgabe des Thrillers ist nur noch antiquarisch erhältlich.


TV-Tipp für den 25. Januar: Internal Affairs – Trau ihm, er ist ein Cop

Januar 24, 2023

ZDFneo, 23.15

Internal Affairs – Trau ihm, er ist ein Cop (Internal Affairs, USA 1990)

Regie: Mike Figgis

Drehbuch: Henry Bean

Ist der allseits beliebte, hilfsbereite Polizist Dennis Peck (Richard Gere) korrupt? Der interne Ermittler Raymond Avilla (Andy Garcia) will es herausfinden.

Hübsch düsterer, in Los Angeles spielender Cop-Thriller von Mike Figgis („Stormy Monday“, „Leaving Las Vegas“) mit Richard Gere, besetzt gegen sein Image, als bad guy.

„Es gibt keine sauberen Polizisten mehr in diesem ungemein spannenden und dichten Polizeifilm, (…) der (…) vor allem durch seine atmosphärisch stimmige und dicht an den Figuren bleibenden Inszenierung besticht.“ (Fischer Film Almanach 1991)

mit Richard Gere, Andy Garcia, Nancy Travis, Laurie Metcalf, Richard Bradford, William Baldwin, Annabella Sciorra, Michael Beach, Xander Berkeley, Elijah Wood

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Internal Affairs“

Wikipedia über „Internal Affairs“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Mike Figgis‘ „Ronnie Wood – Somebody up there likes me“ (Somebody up there likes me, Großbritannien 2019)


Cover der Woche

Januar 24, 2023

Könnte übersetzt werden.


Die Oscar-Nominierungen 2023

Januar 24, 2023

Heute präsentierte die Academy of Motion Picture Arts and Sciences die Nominierungen für die diesjährigen Oscars. Die Preisverleihung ist am 12. März am gewohnten Ort.

Auf einen der 23 Filmpreise können hoffen (mit einigen Gewinnertipps und Kommentaren meinerseits – und, ja, liebe Lokalpatrioten, „Im Westen nichts Neues“ ist unter anderem als bester Film und bester fremdsprachiger Film nominiert):

Best Picture

nominiert

All Quiet on the Western Front (Malte Grunert, Producer)

Avatar: The Way of Water (James Cameron und Jon Landau, Producers)

The Banshees of Inisherin (Graham Broadbent, Pete Czernin und Martin McDonagh, Producers)

Elvis (Baz Luhrmann, Catherine Martin, Gail Berman, Patrick McCormick und Schuyler Weiss, Producers)

Everything Everywhere All at Once (Daniel Kwan, Daniel Scheinert und Jonathan Wang, Producers)

MEIN TIPP (auch wenn noch nicht alle Filme in Deutschland angelaufen sind, kenne ich alle nominierten Filme): The Fabelmans (Kristie Macosko Krieger, Steven Spielberg und Tony Kushner, Producers)

Tár (Todd Field, Alexandra Milchan und Scott Lambert, Producers)

Top Gun: Maverick (Tom Cruise, Christopher McQuarrie, David Ellison und Jerry Bruckheimer, Producers)

Triangle of Sadness (Erik Hemmendorff und Philippe Bober, Producers)

Women Talking (Dede Gardner, Jeremy Kleiner und Frances McDormand, Producers)

(Was für eine Liste aus Arthaus und Kommerz, die so etwas wie eine alle Geschmäcker abbildende Jahresbestenliste ist. Da steht „Avatar: The Way of Water“, einer der schon jetzt erfolgreichsten Filme weltweit, neben dem kaum gesehenen Arthaus-Drama „Women Talking“ [Die Aussprache, deutscher Kinostart: 9. Februar 2023], das letztendlich ein verfilmtes Theaterstück ist. Da gibt es europäische Kunstfilme, Biopics und der allseits beliebte, überbewertete „Everthing Everywhere All at Once“. Sehenswert sind alle nominierten Filme.

Letztendlich dürfte Steven Spielberg für seine kaum verhüllte Lebenserinnerungen „The Fabelmans“ den Preis erhalten. Und einige weitere. Denn die „Fabelmans“ sind für weitere Oscars nominiert.)

Directing

nominiert

The Banshees of Inisherin (Martin McDonagh)

Everything Everywhere All at Once (Daniel Kwan und Daniel Scheinert)

MEIN TIPP: The Fabelmans (Steven Spielberg)

Tár (Todd Field)

Triangle of Sadness (Ruben Östlund)

Writing (Original Screenplay)

nominiert

The Banshees of Inisherin (Written by Martin McDonagh)

Everything Everywhere All at Once (Written by Daniel Kwan & Daniel Scheinert)

MEIN TIPP (ich lasse, fast schon wider besseren Wissens, Steven Spielberg durchmarschieren, auch wenn am Ende Martin McDonagh oder Todd Field diesen Oscar erhalten könnten): The Fabelmans (Written by Steven Spielberg & Tony Kushner)

Tár (Written by Todd Field)

Triangle of Sadness (Written by Ruben Östlund )

Writing (Adapted Screenplay)

nominiert

All Quiet on the Western Front (Screenplay – Edward Berger, Lesley Paterson & Ian Stokell)

Glass Onion: A Knives Out Mystery (Written by Rian Johnson)

Living (Written by Kazuo Ishiguro)

Top Gun: Maverick (Screenplay by Ehren Kruger und Eric Warren Singer und Christopher McQuarrie; Story by Peter Craig und Justin Marks)

MEIN TIPP (wobei ich das Akira-Kurosawa-Remake „Living“ noch nicht kenne): Women Talking (Screenplay by Sarah Polley)

Actor in a Leading Role

nominiert

Austin Butler (Elvis)

MEIN TIPP (allerdings kenne ich „The Whale“ und „Living“ noch nicht): Colin Farrell (The Banshees of Inisherin)

Brendan Fraser (The Whale)

Paul Mescal (Aftersun)

Bill Nighy (Living)

Actor in a Supporting Role

nominiert

MEIN TIPP: Brendan Gleeson (The Banshees of Inisherin)

Brian Tyree Henry (Causeway)

Judd Hirsch (The Fabelmans)

Barry Keoghan (The Banshees of Inisherin)

Ke Huy Quan (Everything Everywhere All at Once)

Actress in a Leading Role

nominiert

MEIN TIPP: Cate Blanchett (Tár)

Ana de Armas (Blonde)

Andrea Riseborough (To Leslie)

Michelle Williams (The Fabelmans)

Michelle Yeoh (Everything Everywhere All at Once)

Actress in a Supporting Role

nominiert

Angela Bassett (Black Panther: Wakanda Forever)

Hong Chau (The Whale)

MEIN TIPP (immerhin bietet sie zwei Streitköpfen die Stirn – und packt dann ihre Koffer): Kerry Condon (The Banshees of Inisherin)

Jamie Lee Curtis (Everything Everywhere All at Once)

Stephanie Hsu (Everything Everywhere All at Once)

Cinematography

nominiert

All Quiet on the Western Front (James Friend)

MEIN TIPP (auch wenn es vor allem Überwältigungskino ist. Bei „Im Westen nichts Neues“ sind die Schlachtszenen zwar grandios, aber die Szenen von den Friedensverhandlungen in einem Zugabteil sind vor allem zweckdienlich): Bardo, False Chronicle of a Handful of Truths (Darius Khondji)

Elvis (Mandy Walker)

Empire of Light (Roger Deakins)

Tár (Florian Hoffmeister)

Costume Design

nominiert

MEIN TIPP (weil mehr Hollywood nicht geht): Babylon (Mary Zophres)

Black Panther: Wakanda Forever (Ruth Carter)

Elvis (Catherine Martin)

Everything Everywhere All at Once (Shirley Kurata)

Mrs. Harris Goes to Paris (Jenny Beavan)

Film Editing

nominiert

The Banshees of Inisherin (Mikkel E.G. Nielsen)

Elvis (Matt Villa und Jonathan Redmond)

Everything Everywhere All at Once (Paul Rogers)

MEIN TIPP (gerade weil es so unauffällig ist): Tár (Monika Willi)

Top Gun: Maverick (Eddie Hamilton)

Makeup and Hairstyling

nominiert

All Quiet on the Western Front (Heike Merker und Linda Eisenhamerová)

The Batman (Naomi Donne, Mike Marino und Mike Fontaine)

Black Panther: Wakanda Forever (Camille Friend und Joel Harlow)

Elvis (Mark Coulier, Jason Baird und Aldo Signoretti)

MEIN TIPP (was man so hört): The Whale (Adrien Morot, Judy Chin und Anne Marie Bradley)

Music (Original Score)

nominiert

All Quiet on the Western Front (Volker Bertelmann)

Babylon (Justin Hurwitz)

The Banshees of Inisherin (Carter Burwell)

Everything Everywhere All at Once (Son Lux)

The Fabelmans (John Williams)

Music (Original Song)

nominiert

Applause (from Tell It like a Woman; Music und Lyric by Diane Warren)

Hold My Hand (from Top Gun: Maverick; Music und Lyric by Lady Gaga und BloodPop)

Lift Me Up (from Black Panther: Wakanda Forever; Music by Tems, Rihanna, Ryan Coogler und Ludwig Goransson; Lyric by Tems und Ryan Coogler)

Naatu Naatu (from RRR; Music by M.M. Keeravaani; Lyric by Chandrabose)

This Is A Life (from Everything Everywhere All at Once; Music by Ryan Lott, David Byrne und Mitski; Lyric by Ryan Lott und David Byrne)

.

Production Design

nominiert

All Quiet on the Western Front (Production Design: Christian M. Goldbeck; Set Decoration: Ernestine Hipper)

Avatar: The Way of Water (Production Design: Dylan Cole und Ben Procter; Set Decoration: Vanessa Cole)

MEIN TIPP (weil Hollywood): Babylon (Production Design: Florencia Martin; Set Decoration: Anthony Carlino)

Elvis (Production Design: Catherine Martin und Karen Murphy; Set Decoration: Bev Dunn)

The Fabelmans (Production Design: Rick Carter; Set Decoration: Karen O’Hara)

Sound

nominiert

All Quiet on the Western Front (Viktor Prášil, Frank Kruse, Markus Stemler, Lars Ginzel und Stefan Korte)

Avatar: The Way of Water (Julian Howarth, Gwendolyn Yates Whittle, Dick Bernstein, Christopher Boyes, Gary Summers und Michael Hedges)

The Batman (Stuart Wilson, William Files, Douglas Murray und Andy Nelson)

Elvis (David Lee, Wayne Pashley, Andy Nelson und Michael Keller)

Top Gun: Maverick (Mark Weingarten, James H. Mather, Al Nelson, Chris Burdon und Mark Taylor)

Visual Effects

nominiert

All Quiet on the Western Front (Frank Petzold, Viktor Müller, Markus Frank und Kamil Jafar)

MEIN TIPP (alles andere wäre erklärungsbedürftig): Avatar: The Way of Water (Joe Letteri, Richard Baneham, Eric Saindon und Daniel Barrett)

The Batman (Dan Lemmon, Russell Earl, Anders Langlands und Dominic Tuohy)

Black Panther: Wakanda Forever (Geoffrey Baumann, Craig Hammack, R. Christopher White und Dan Sudick)

Top Gun: Maverick (Ryan Tudhope, Seth Hill, Bryan Litson und Scott R. Fisher)

Animated Feature Film

nominiert

Guillermo del Toro’s Pinocchio (Guillermo del Toro, Mark Gustafson, Gary Ungar und Alex Bulkley)

Marcel the Shell with Shoes On (Dean Fleischer Camp, Elisabeth Holm, Andrew Goldman, Caroline Kaplan und Paul Mezey)

Puss in Boots: The Last Wish (Joel Crawford und Mark Swift)

The Sea Beast (Chris Williams und Jed Schlanger)

Turning Red (Domee Shi und Lindsey Collins)

Documentary Feature Film

nominiert

All That Breathes (Shaunak Sen, Aman Mann und Teddy Leifer)

All the Beauty and the Bloodshed (Laura Poitras, Howard Gertler, John Lyons, Nan Goldin und Yoni Golijov)

Fire of Love (Sara Dosa, Shane Boris und Ina Fichman)

A House Made of Splinters (Simon Lereng Wilmont und Monica Hellström)

Navalny (Daniel Roher, Odessa Rae, Diane Becker, Melanie Miller und Shane Boris)

Documentary Short Film

nominiert

The Elephant Whisperers (Kartiki Gonsalves und Guneet Monga)

Haulout (Evgenia Arbugaeva und Maxim Arbugaev)

How Do You Measure a Year? (Jay Rosenblatt)

The Martha Mitchell Effect (Anne Alvergue und Beth Levison)

Stranger at the Gate (Joshua Seftel und Conall Jones)

Short Film (Animated)

nominiert

The Boy, the Mole, the Fox and the Horse (Charlie Mackesy und Matthew Freud)

The Flying Sailor (Amanda Forbis und Wendy Tilby)

Ice Merchants (João Gonzalez und Bruno Caetano)

My Year of Dicks (Sara Gunnarsdóttir und Pamela Ribon)

An Ostrich Told Me the World Is Fake and I Think I Believe It (Lachlan Pendragon)

Short Film (Live Action)

nominiert

An Irish Goodbye (Tom Berkeley und Ross White)

Ivalu (Anders Walter und Rebecca Pruzan)

Le Pupille (Alice Rohrwacher und Alfonso Cuarón)

Night Ride (Eirik Tveiten und Gaute Lid Larssen)

The Red Suitcase (Cyrus Neshvad)

International Feature Film

nominiert

All Quiet on the Western Front (Germany)

Argentina, 1985 (Argentina)

Close (Belgium)

EO (Poland)

The Quiet Girl (Ireland)

(kein Tipp, weil ich den Golden-Globe-Gewinner „Argentina, 1985“, der mir gefallen sollte, und „The Quiet Girl“ noch nicht kenne. Bei den anderen drei Filmen könnte „Close“, der am Donnerstag anläuft, einen leichten Vorteil gegenüber „Im Westen nichts Neues“ haben.)


TV-Tipp für den 24. Januar: Boulevard der Dämmerung

Januar 23, 2023

„Babylon“, anders:

HR, 23.55

Boulevard der Dämmerung (Sunset Boulevard, USA 1950)

Regie: Billy Wilder

Drehbuch: Charles Brackett, Billy Wilder, D. M. Marsham jr.

Am Filmanfang treibt Drehbuchautor Joe Gillis tot im Swimming Pool von Norma Desmond, einem Hollywood-Stummfilmstar, von dem niemand mehr etwas wissen will. Joe kommentiert aus dem Jenseits nicht nur die Arbeit der anwesenden Polizisten, sondern er erzählt uns auch, wie der finanziell notleidende Drehbuchautor die in einer Villa lebende Norma Desmond kennen lernte, ihr nicht ganz uneigennützig verfiel, starb und so für Norma Desmonds letzten großen Auftritt sorgt.

Ein Klassiker und eine grandiose Abrechnung mit der Traumfabrik Hollywood, die heute immer noch einer der besten Hollywood-Filme ist.

mit William Holden, Gloria Swanson, Erich von Stroheim, Nancy Olson, Fred Clark, Lloyd Gough, Jack Webb, Cecil B. DeMille, Buster Keaton, Hedda Hopper, Ray Evans, Anna Q. Nilsson, H.B. Warner, Jay Livingston

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Boulevard der Dämmerung“

Wikipedia über „Boulevard der Dämmerung“ (deutsch, englisch)

Noir of the Week über „Sunset Blvd.“


TV-Tipp für den 23. Januar: In der Hitze der Nacht

Januar 22, 2023

Arte, 20.15

In der Hitze der Nacht (In the Heat of the Night, USA 1967)

Regie: Norman Jewison

Drehbuch: Sterling Siliphant

LV: John Ball: In the heat of the night, 1965 (In der Hitze der Nacht)

In einem Südstaatenkaff müssen ein weißer, reaktionärer Sheriff und ein afroamerikanischer Kollege einen Mord aufklären.

John Balls hochgelobter, erfolgreicher Roman war der erste Auftritt eines afroamerikanischen Polizisten als Sympathieträger. Ball wollte damit zur Verständigung zwischen den Rassen beitragen. Außerdem reflektierte er in seinem Krimi die damaligen politischen Kämpfe des Civil Rights Movements in den Südstaaten.

Die enorm erfolgreiche Verfilmung erhielt fünf Oscars, unter anderem als bester Film des Jahres. Aus heutiger Sicht ist „In der Hitze der Nacht“ ein extrem naives und einseitiges Bekenntnis zur Rassenversöhnung (etwas guter Wille und schon geht’s) und ein technisch gut gemachter Whodunit. Wie ein Blick in die USA zeigt, ist das Thema immer noch aktuell.

Poitier drehte noch zwei schwächere Fortsetzungen. Letztendlich wurde es ein normaler, bestenfalls durchschnittlicher Polizeikrimi.

Anschließend, um 22.00 Uhr, zeigt Arte die brandneue einstündige Doku „Sidney Poitier“ (Deutschland 2022).

Mit Sidney Poitier, Rod Steiger, Warren Oates, Lee Grant

Wiederholung: Mittwoch, 25. Januar, 14-15 Uhr

Hinweise

Rotten Tomatoes über „In der Hitze der Nacht“

Wikipedia über „In der Hitze der Nacht“ (deutsch, englisch)

Nick’s Flick Picks review of „In the Heat of the Night“

Culture Cartel: Tony Pellum über „In the Heat of the Night (1. August 2002)

Slate: Mark Harris über „In the Heat of the Night“ (5. Februar 2008)

The Hollywood Interview befragt Norman Jewison (15. März 2008)


TV-Tipp für den 22. Januar: Lawrence von Arabien

Januar 21, 2023

3sat, 20.15

Lawrence von Arabien (Lawrence of Arabia, Großbritannien 1962)

Regie: David Lean

Drehbuch: Robert Bolt, Michael Wilson (ursprünglich ungenannt, 1978 von der WGA wieder hergestellt)

Klassiker. Monumentalfilm über den britischen Offizier T. E. Lawrence, der während des Ersten Weltkriegs die arabischen Stämme im Kampf gegen die Türkei eint und anführt.

kein Geschichtsbild, vielmehr eine höchst subjektive Zusammenfassung der historischen Ereignisse“ (Lexikon des internationalen Films)

Dem Erfolg bei der Kritik und an der Kasse tat das keinen Abbruch. – Und ich sollte mir das dreieinhalbstündige Werk, das höchstens alle Jubeljahre im Kino läuft, mal wieder ansehen.

Maurice Jarre schrieb die Musik.

mit Peter O’Toole, Alec Guinness, Anthony Quinn, Jack Hawkins, Omar Sharif, José Ferrer, Anthony Quayle, Claude Rains, Arthur Kennedy

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Lawrence von Arabien“

Wikipedia über „Lawrence von Arabien“ (deutsch, englisch)