TV-Tipp für den 1. Januar: Saving Mr. Banks

Dezember 31, 2022

Bevor Tom Hanks „Ein Mann namens Otto“ (startet am 2. Februar) ist, ist er heute Walt Disney

Disney Channel, 22.50

Saving Mr. Banks (Saving Mr. Banks, USA/Großbritannien/Australien 2013)

Regie: John Lee Hancock

Drehbuch: Kelly Marcel, Sue Smith

Walt Disney will das Kinderbuch „Mary Poppins“ verfilmen. Dafür braucht er nur das Einverständnis der Autorin P. L. Travers. Die Engländerin hasst ungefähr alles abgrundtief, was Walt Disney verkörpert und mit ihrem Buch machen will.

Das sehr, sehr gelungene und sehr kurzweilige Making of zu dem Klassiker „Mary Poppins“. Das Musical läuft davor um 20.15 Uhr.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung; mit vielen Clips.

mit Emma Thompson, Tom Hanks, Colin Farrell, Paul Giamatti, Jason Schwartzman, Bradley Whitford, Ruth Wilson, B. J. Novak, Rachel Griffiths, Kathy Baker

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Moviepilot über „Saving Mr. Banks“

Metacritic über „Saving Mr. Banks“

Rotten Tomatoes über „Saving Mr. Banks“

Wikipedia über „Saving Mr. Banks“ (deutsch, englisch)

History vs. Hollywood untersucht „Saving Mr. Banks“

Das Drehbuch „Saving Mr. Banks“ von Kelly Marcel und Sue Smith

Meine Besprechung von John Lee Hancocks „Saving Mr. Banks“ (Saving Mr. Banks, USA/Großbritannien/Australien 2013)

Meine Besprechung von John Lee Hancocks „The Founder“ (The Founder, USA 2016)

Meine Besprechung von John Lee Hancocks „The little Things“ (The little Things, USA 2021)


TV-Tipp für den 31. Dezember: Pop around the clock

Dezember 30, 2022

3sat, 05.45

Pop around the clock

Wie in den vergangenen Jahren präsentiert 3sat an Silvester 24 Stunden lang Konzerte von seit Ewigkeiten bekannten und beliebten Musikern und Bands. Selbstverständlich sind die Rolling Stones dabei. Dieses Mal um 21.30 Uhr mit „Licked Live in NYC“. Bruce Springsteen (um 14.00 Uhr), Peter Gabriel (um 12.45 Uhr), Creedence Clearwater Revival (um 08.45 Uhr), AC/DC (um 22.45 Uhr), Oasis (um 02.40 Uhr) und die Foo Fighters (um 01.40 Uhr) sind ebenfalls dabei. Auch sie sind Stammgäste. Deutschland wird dieses Jahr unter anderem von „Mensch“ Herbert Grönemeyer (um 20.15 Uhr) und Johannes Oerding (um 15.40 Uhr; er könnte zum ersten Mal dabei sein) vertreten.

Das vollständige Programm gibt es, auch zum Nach- und Mithören, hier.


TV-Tipp für den 30. Dezember: The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben

Dezember 29, 2022

One, 20.15

The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben (The Imitation Game, USA/Großbritannien 2014)

Regie: Morten Tyldum

Drehbuch: Graham Moore

LV: Andrew Hodges: Alan Turing: The Enigma, 1983 (Alan Turing – Enigma)

Hübsch verschachteltes Biopic, getarnt als gediegenes Thrillerdrama, über den genialen Mathematiker Alan Turing, der den Enigma-Code der Nazis entschlüsselte,

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung (mit der TIFF-Pressekonferenz und einem Interview mit den beiden Hauptdarstellern).

mit Benedict Cumberbatch, Keira Knightley, Matthew Goode, Mark Strong, Rory Kinnear, Charles Dance, Allen Leech, Matthew Beard, Alex Lawther

Hinweise

Moviepilot über „The Imitation Game“

Metacritic über „The Imitation Game“

Rotten Tomatoes über „The Imitation Game“

Wikipedia über „The Imitation Game“ (deutsch, englisch)

History vs. Hollywood über „The Imitation Game“

Meine Besprechung von Morten Tyldums „Headhunters“ (Hodejegerne, Norwegen/Deutschland 2011)

Meine Besprechung von Morten Tyldums „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“ (The Imitation Game, USA/Großbritannien 2014)

Meine Besprechung von Morton Tyldums „Passengers“ (Passengers, USA 2016)


TV-Tipp für den 29. Dezember: Spiel mir das Lied vom Tod

Dezember 28, 2022

Weil gerade eine wunderschöne Doku über Ennio Morricone, der die Musik für diesen Klassiker schrieb, im Kino läuft

ARD, 23.35

Spiel mir das Lied vom Tod (C’era una volta il west, Italien/USA 1968)

Regie: Sergio Leone

Drehbuch: Sergio Leone, Sergio Donati (nach einer Geschichte von Dario Argento, Bernardo Bertulucci und Sergio Leone)

Die Story – Killer Frank will für die Eisenbahn an das Land der Exhure Jill gelangen, während ‚Mundharmonika‘ ihm einen Strich durch die Rechnung macht – ist eher Nebensache gegenüber den von Ennio Morricone untermalten Bildern von Tonino Delli Colli.

Ein Western-Klassiker, der eigentlich auf die große Leinwand gehört.

mit Charles Bronson, Henry Fonda, Claudia Cardinale, Jason Robards, Frank Wolff, Gabriele Ferzetti, Keenan Wynn, Lionel Stander, Jack Elam, Woody Strode

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Spiel mir das Lied vom Tod“

Wikipedia über „Spiel mir das Lied vom Tod“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 28. Dezember: Vergiftete Wahrheit

Dezember 27, 2022

ARD, 23.35

Vergiftete Wahrheit (Dark Waters, USA 2019)

Regie: Todd Haynes

Drehbuch: Mario Correa, Matthew Michael Carnahan

LV: Nathaniel Rich: The Lawyer Who Became DuPont’s Worst Nightmare (New York Times Magazine, 6. Januar 2016)

Nur aus Gefälligkeit und wegen seiner Großmutter kümmert Wirtschaftsanwalt Rob Bilott („Hulk“ Mark Ruffalo; grandios!) sich um das Problem des aus ihrem Heimatort Parkersburg, West Virginia, kommenden Farmers Wilbour Tennant. Er glaubt, dass sein Vieh von DuPont vergiftet wird. Bilott sieht sich die Akten an – und wird zum schlimmsten Alptraum des Chemiegiganten. Denn DuPont stellt in der Anlage in der Nähe von Tennants Grundstück die krebserregende Chemikalie Perfluoroctansäure (PFOA) her. Sie ist ein Bestandteil der Teflonpfanne.

TV-Premiere zu später Stunde. Grandioser Justiz- und Wirtschaftssthriller, der einen wahren David-gegen-Goliath-Kampf erzählt.

Mehr in meiner ausführlichen Kritik.

mit Mark Ruffalo, Anne Hathaway, Tim Robbins, Bill Camp, Victor Garber, Bill Pullman, Mare Winningham, William Jackson Harper

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Vergiftete Wahrheit“

Metacritic über „Vergiftete Wahrheit“

Rotten Tomatoes über „Vergiftete Wahrheit“

Wikipedia über „Vergiftete Wahrheit“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Todd Haynes‘ Patricia-Highsmith-Verfilmung „Carol“ (Carol, USA/Großbritannien/Frankreich 2015)

Meine Besprechung von Todd Haynes‘ „Vergiftete Wahrheit“ (Dark Waters, USA 2019) und der DVD

Eine Expertendiskussion in Hamburg während der Deutschlandpremiere des Films


Cover der Woche

Dezember 27, 2022

Weil es ein gewohnt schönes Hard-Case-Crime-Cover ist, weil der Krimi den Edgar und den Barry Award erhielt und weil Suhrkamp das „Krimi-Epos für die Ewigkeit“ (Dennis Lehane) am 13. März 2023 als „Fünf Winter“ veröffentlicht.

James Kestrel ist das Pseudonym von Jonthan Moore.


TV-Tipp für den 27. Dezember: Soldier Blue – Das Wiegenlied vom Totschlag

Dezember 26, 2022

Servus TV, 22.15

Das Wiegenlied vom Totschlag (Soldier Blue, USA 1970)

Regie: Ralph Nelson

Drehbuch: John Gay

LV: Theodore V. Olson: Arrow in the Sun, 1969 (nach dem Filmstart auch als „Soldier Blue“ veröffentlicht)

Nur der Rekrut Honus Gant (Peter Strauss) und Cresta Lee (Candice Bergen) überleben einen Überfall der Cheyenne auf einen Geldtransporter der US-Army. Anschließend versuchen sie zum nächsten Fort zu gelangen.

„Das Wiegenlied vom Totschlag“ ist der bekannteste Film des TV-Routiniers Ralph Nelson. Bekannt wurde der Western wegen seiner ausführlich gezeigten Gewalt und seiner vehementen Anklage gegen die Armee. Formal ist der Film dann zu uneinheitlich, um wirklich zu überzeugen. Aber sehenswert ist er allemal.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Candice Bergen, Peter Strauss, Jorge Rivero, John Anderson, Donald Pleseance, Dana Elcar

Wiederholung: Mittwoch, 28. Dezember, 01.55 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Das Wiegenlied vom Totschlag“

Wikipedia über „Das Wiegenlied vom Totschlag“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ralph Nelsons „Das Wiegenlied vom Totschlag“ (Soldier Blue, USA 1970)


TV-Tipp für den 26. Dezember: Das finstere Tal

Dezember 25, 2022

3sat, 23.15

Das finstere Tal (Österreich/Deutschland 2013)

Regie: Andreas Prochaska

Drehbuch: Martin Ambrosch, Andreas Prochaska

LV: Thomas Willmann: Das finstere Tal, 2010

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts reitet ein einsamer Fremder in ein abgelegenes Alpental, das von dem Patriarchen Brenner und seinen Söhnen beherrscht wird. Der Fremde will, so sagt er, über den Winter bleiben und fotografieren. Schon bald sterben die Leute.

Äußerst gelungener Alpenwestern. Während der Roman mehr in Richtung Ludwig Ganghofer geht, geht der Film mehr in Richtung Sergio Leone.

mit Sam Riley, Tobias Moretti, Paula Beer, Clemens Schick, Erwin Steinhauer, Hans-Michael Rehberg, Carmen Gratl, Helmuth A. Häusler, Martin Leutgeb, Florian Brückner

Die lesenswerte Vorlage

Thomas Willmann: Das finstere Tal
Ullstein, 2014
320 Seiten
9,99 Euro

Erstausgabe
Liebeskind, 2010

Hinweise

Perlentaucher über den Roman „Das finstere Tal“

Moviepilot über „Das finstere Tal“

Wikipedia über „Das finstere Tal“

Meine Besprechung von Andreas Proschaskas „Das finstere Tal“ (Österreich/Deutschland 2013)


TV-Tipp für den 25. Dezember: Ist das Leben nicht schön?

Dezember 24, 2022

Wir folgen nicht dem „Ruf der Wildnis“ (um 20.15 Uhr auf RTL), sondern fragen uns:

3sat, 20.10

Ist das Leben nicht schön? (It’s a wonderful Life, USA 1946)

Regie: Frank Capra

Drehbuch: Frances Goodrich, Albert Hackett, Frank Capra, Jo Swerling (zusätzliche Szenen), Michael Wilson (ungenannt) (nach einer Geschichte von Philip Van Doren Stern)

Am Heiligabend (also gestern, vor langer Zeit in einer anderen Welt) will sich der hochverschuldete Familienvater George Bailey (James Stewart) umbringen. Bevor er zur Tat schreitet, taucht Engel Clarence auf und schildert ihm, wie es ohne ihn in dem lauschigen Städtchen Bedford Falls aussähe.

Im Kino war der Film kein Erfolg. Dann lief er im Fernsehen so lange an den Weihnachtstagen bis er zu dem Weihnachtsfilm wurde. Regisseur Capra und Hauptdarsteller Stewart nannten den Film ihren Lieblingsfilm – und inzwischen ist er auch der Lieblingsfilm von vielen, vielen Menschen. So steht er in der IMDB-Top-250-Liste auf dem 21. Platz.

Mit James Stewart, Donna Reed, Lionel Barrymore, Henry Travers, Thomas Mitchell, Beulah Bondi, Ward Bond

Wiederholung: Montag, 26. Dezember, 01.45 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Ist das Leben nicht schön?

Wikipedia über „Ist das Leben nicht schön?“ (deutsch, englisch)

Filmzentrale über „Ist das Leben nicht schön?“


Neu im Kino/Buch- und Filmkritik: Über Honoré de Balzacs „Verlorene Illusionen“

Dezember 24, 2022

Verlorene Illusionen“ ist ein guter, nämlich ein Erwartungen weckender Titel. Honoré de Balzac nannte so seine in den frühen zwanziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts spielende Chronik des Lebens in der Provinz und in der Hauptstadt Paris.

Der Roman ist ein Klassiker, der trotz seiner filmtauglichen Handlung, bisher nur zweimal verfilmt wurde. Einmal 1966 als TV-Miniserie. Und jetzt als Spielfilm. Regisseur und Drehbuchautor Xavier Giannoli veränderte für seine Verfilmung selbstverständlich einiges an der Vorlage, die in der aktuellen Ausgabe deutlich über achthundert engbedruckte Seiten umfasst. Die größten Unterschiede sind, dass Giannoli von den drei Büchern des Romans das letzte Buch, „Die Leiden des Erfinders“, nicht verfilmte und das erste, „Die zwei Dichter“, in der ersten viertel Stunde seines Films, stark gekürzt, erzählt. Das führt dazu, dass aus der Geschichte von Lucien Chardon bzw. Lucien de Rubempré und seinem Schwager David Séchard die Geschichte von Lucien de Rubempré wird und sich der Film auf sein Leben in Paris konzentriert. Dort ist er, wie das zweite Buch ironisch betitelt ist, „Ein großer Mann vom Land in Paris“.

Es gibt durch diese Kürzung einige teils notwendige, teils die Filmgeschichte runder machende Änderungen. Und Nathan d’Anastazio erzählt Luciens Geschichte. Nathan ist ein Schriftsteller, der Luciens Auf- und Abstieg in Paris beobachtet.

In der Provinzstadt Angoulême arbeitet Lucien in der kleinen Druckerei von David. In seiner Freizeit dichtet er. Seine Gedichte trägt er bei Empfängen von Louise de Bargeton vor. Dabei verliebt der junge Schöngeist sich in die Hausherrin. Beide leiden sie an der provinziellen Enge. Sie flüchten nach Paris, der Stadt in der alles viel besser sein soll. Kurz nach ihrer Ankunft trennen sie sich. Die Standes- und Altersunterschiede zwischen dem jungen, bürgerlichem Dichter und der älteren Adligen Louise de Bargeton sind zu groß.

Danach stürzt Lucien sich in das Pariser Leben. Als sein ursprünglicher Plan, seine Gedichte zu veröffentlichten und der neue Star der Literatur zu werden, scheitert, wird er zum Kulturkritiker. Der Journalist Étienne Lousteau weist ihn in das Handwerk ein. Lucien lernt Bücher und Aufführunge hoch- und niederzuschreiben; je nachdem, wie es gerade gefordert ist. Er verdient viel Geld. Er wird gefeiert. Er verliebt sich in die gleichaltrige Schauspielerin Coralie.

Dass dieses Glück nicht lange halten wird und Lucien wieder absteigen wird, verrät schon der Titel „Verlorene Illusionen“.

Honoré de Balzac schrieb „Verlorene Illusionen“ zwischen 1837 und 1843 und veröffentlichte den Roman ursprünglich in drei voneinander getrennten Büchern, die auch getrennt gelesen werden können. Zusammen mit de Balzacs anderen Romanen ergeben sie in seinem Großwerk „Die menschliche Komödie“ ein breites Sittengemälde des damaligen Frankreichs. In „Verlorene Illusionen“ beschäftigt er sich, wenn David und die von ihm betriebene Druckerei im Mittelpunkt stehen, das ist vor allem in „Die Leiden des Erfinders“ der Fall, intensiv mit dem Druckereigewerbe und dem Handel mit Schuldscheinen, an denen Anwälte und Banken prächtig verdienen. Im zweiten Band „Ein großer Mann vom Land in Paris“ steht dann das damalige Zeitungsgewerbe im Vordergrund. Beides kannte de Balzac aus eigener Erfahrung und beide Male rechnet er gnadenlos mit den damaligen Gepflogenheiten ab. Der Roman selbst ist im damaligen, heute nur noch schwer lesbarem Stil geschrieben. Die Handlung selbst wird immer wieder von teils seitenlangen Beschreibungen unterbrochen, in denen de Balzac sich über den damaligen Journalismus, das Druckerhandwerk und den Handel mit Schuldscheinen auslässt. Das ist dann ziemlich länglich. Deutlich interessanter sind die Beschreibungen der Sitten und liebevoll gepflegten Standesunterschieden in der Provinz und der Hauptstadt. Sie erklären auch, warum Lucien unbedingt den adligen Namen seiner Mutter annehmen möchte.

Xavier Giannoli kann vieles von de Balzacs ausführlichen Beschreibungen schnell in Bilder übersetzen. Anstatt langer Beschreibungen verschiedener Zimmer und was welche Kleidung über einen aussagt, zeigt er es einfach. Da verrät ein skeptischer Blick alles notwenige. Anderes lässt er, wie gesagt, weg. Die Darstellung des damaligen Journalismus und wie Zeitungen und Bücher gemacht wurden, die im zweiten Buch der „Verlorenen Illusionen“ einen großen Teil der Lesezeit einnimmt, nimmt auch einen großen Teil der Filmzeit ein. Das damalige Gebaren der Zeitungsmacher, die skrupellos Meinungen und Stimmungen manipulierten, und alles als Geschäft betrachteten, ist erschreckend aktuell. 

Der Film selbst überzeugt als Mediensatire und prächtig ausgestattetes Sittengemälde.

Erzählerisch wird das arg konventionell und brav präsentiert.

In Venedig hatte das satirische Drama 2021 seine Premiere. Danach hatte es in Frankreich eine knappe Million Kinozuschauer und erhielt sieben Césars. Unter anderem als Bester Film, für das beste Drehbuch, die beste Kamera, die besten Köstüme und Lucien-Darsteller Benjamin Voisin wurde als vielsprechendster Schauspieler ausgezeichnet. Nominiert war das Werk in acht weiteren Kategorien, unter anderem für die Regie.

Verlorene Illusionen (Illusions perdues, Frankreich 2021)

Regie: Xavier Giannoli

Drehbuch: Xavier Giannoli, Jacques Fieschi

LV: Honoré de Balzac: Illusions perdues, 1843 (Verlorene Illusionen)

mit Benjamin Voisin, Cécile de France, Vincent Lacoste, Xavier Dolan, Salomé Dewaels, Jeanne Balibar, Gérard Depardieu, André Marcon, Louis-Do Lencquesaing, Jean-Francois Stévenin

Länge: 150 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Die Vorlage (in der Neuübersetzung)

Honoré de Balzac: Verlorene Illusionen – Roman aus der Provinz

(übersetzt von Melanie Walz)

dtv, 2017

960 Seiten

18,90 Euro

Erstausgabe dieser Übesetzung

Carl Hanser Verlag, 2014

Originalausgabe

Illusions perdues

1843

Hinweise

Homepage zum Film

AlloCiné über „Verlorene Illusionen“

Moviepilot über „Verlorene Illusionen“

Metacritic über „Verlorene Illusionen“

Rotten Tomatoes über „Verlorene Illusionen“

Wikipedia über „Verlorene Illusionen“ (deutsch, englisch, französisch) und die Vorlage (deutsch, englisch, französisch)

Perlentaucher über Honoré de Balzacs „Verlorene Illusionen“ (in der aktuellen Übersetzung)


24. Dezember 2022

Dezember 24, 2022


TV-Tipp für den 24. Dezember: Der Name der Rose

Dezember 23, 2022

Kabel 1, 20.15

Der Name der Rose (Il nome della rosa/Le Nom de la rose, Deutschland/Italien/Frankreich 1986)

Regie: Jean-Jacques Annaud

Drehbuch: Andrew Birkin, Gérard Brach, Howard Franklin, Alain Godard

LV: Umberto Eco: Il nomme della rosa, 1980 (Der Name der Rose)

Bruder William von Baskerville sucht einer Benediktiner-Abtei einen Mörder.

Prächtiges, detailgenaues, im Mittelalter spielendes Whodunit, das Sean Connery endgültig als ernstzunehmenden Schauspieler etablierte.

Umberto Eco schrieb danach nie wieder so nahe an seinem Publikum.

Mit Sean Connery, F. Murray Abraham, Christian Slater, Michael Lonsdale, Ron Perlman, Helmut Qualtinger

Wiederholung: Sonntag, 25. Dezember, 03.20 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Der Name der Rose“

Wikipedia über „Der Name der Rose“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Jean-Jacques Annauds „Black Gold“ (Black Gold, Frankreich/Katar 2011)


Neu im Kino/Filmkritik: Zum Beispiel „Eo“

Dezember 23, 2022

Das passt gut: zum Kinostart verkündet die Academy of Motion Picture Arts and Sciences, dass „Eo“ auf der Oscar-Shortlist für den besten fremdsprachigen Film steht. Neben, unter anderem, „Im Westen nichts Neues“, „Corsage“, „Bardo, die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten“, „Close“, „Holy Spider“ und „Die Frau im Nebel“.

Gegen diese starke Konkurrenz hat Jerzy Skolimowskis Esel bestenfalls Außenseiterchancen. Denn „Eo“ ist eine in jeder Beziehung karge Parabel, die sich vor allem an Cineasten richtet. Das beginnt schon mit Skolimowskis Hinweis, dass sein Film eine Hommage an Robert Bressons Klassiker „Zum Beispiel Balthasar“ (Au hasard Balthazar, 1966) ist. Cineasten, Filmkritiker und auch jüngere Regisseure wie Wes Anderson und Richard Linklater feiern den beim breiten Publikum fast unbekannten Film immer wieder ab. In seinem für zahlreiche Interpretationen offenem Film schildert Bresson die Erlebnisse eines Esels.

Auch Jerzy Skolimowski gibt in seinem Film „Eo“ nichts vor. Eos Geschichte beginnt in einem Zirkus in Polen. Er wird von Kassandra gepflegt und geliebt. Als Tierschützer gegen die vermutliche und echte Tierquälerei im Zirkus protestieren, wird er, wie alle Zirkustiere, befreit. In dem Moment beginnt seine Odysee quer durch Europa.

Auf seiner Reise von Polen nach Italien wird er immer wieder herumgestoßen, sieht und erfährt Gewalt und beobachtet das seltsame Verhalten der Menschen. Stumm und mit ausdrucksloser Mine kommentiert er es. Sowieso ist der Film fast ein Stummfilm. Eos Erlebnisse sind zufällige Episoden und Begegnungen. Er will von den Menschen nichts und sie wollen auch nichts von ihm. Es sind Vignetten ohne einen Anfang und ein Ende. Denn Eo stolpert in sie hinein, wird mehr oder weniger involviert und zieht weiter.

Skolimowski schildert dies wundervoll verknappt, pointiert zugespitzt und mit vielen filmischen Anspielungen. So erinnert beispeilsweise der Zirkus am Filmanfang an Federico Fellinis „La Strada – Das Lied der Straße“. Eo ist ein geistiger Verwandter des Stummfilm-Komikers Buster Keaton, der auch niemals eine Mine verzog.

Das ist, auch wegen der filmischen Anspielungen, ein eher intellektueller Spaß. Aber dank des stoischen Hauptdarsteller (genaugenommen wurde Eo von sechs Eseln gespielt) ein großer Spaß. Wenn man sich damit anfreunden kann, die Geschichte eines Esels zu verfolgen und die Welt mit den Augen eines Esels zu sehen. Dabei ist Eo nur ein anderes Wort für Mensch.

Der im Mai 1938 in Łódź geborene ist Jerzy Skolimowski ist ein weltweit bekannter polnischer Regisseur. Nach seinen Anfängen in Polen drehte er schnell auch im Westen Filme. Zu seinen ersten Arbeiten gehört das Drehbuch für Roman Polanskis „Das Messer im Wasser“ (1962). Zu seinen Filmen gehören „Deep End“ (1970), „Der Todesschrei“ (1978), „Schwarzarbeit“ (1982), „Das Feuerschiff“ (1985) und „Essential Killing“ (2010). Skolimowski trat auch als Schauspieler in den Filmen anderer Regisseure auf. So spielt er in dem Marvel-Film „The Avengers“ den KGB-General Georgi Luchkov.

Eo (Eo, Polen/Italien 2022)

Regie: Jerzy Skolimowski

Drehbuch: Ewa Piaskowska, Jerzy Skolimowski

mit Sandra Drzymalska, Tomasz Organek, Mateusz Kosciukiewicz, Lorenzo Zurzolo, Isabelle Huppert

Länge: 88 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Eo“

Metacritic über „Eo“

Rotten Tomatoes über „Eo“

Wikipedia über „Eo“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 23. Dezember: Fatal Attraction – Eine verhängnisvolle Affäre

Dezember 22, 2022

One, 23.20

Eine verhängnisvolle Affäre (Fatal Attraction, USA 1987)

Regie: Adrian Lyne

Drehbuch: James Dearden

Der New Yorker Anwalt Dan Gallagher ist glücklich verheiratet. Als seine Familie für ein Wochenende die Stadt verlässt, lernt er Alex Forrest kennen. Für ihn ist sie nur ein Seitensprung. Aber sie will mehr und drängt sich in sein Leben.

Erfolgreicher Thriller über die grausamen Strafen, die auf böse Taten, wie außerehelichen Sex, folgen und wie die bürgerliche Kleinfamilie bewahrt werden kann.

mit Michael Douglas, Glenn Close, Anne Archer, Ellen Hamilton Latzen, Stuart Pankin

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Eine verhängnisvolle Affäre“

Wikipedia über „Eine verhängnisvolle Affäre“ (deutsch, englisch)

‚Geschnittene Szene‘: Alex sucht während der verhängnisvollen Affäre Unterstützung in einer Selbsthilfegruppe


Neu im Kino/Filmkritik: „Oskars Kleid“ bereitet dem Papa Probleme

Dezember 22, 2022

Als Bens Ex-Frau Mira plötzlich ins Krankenhaus muss – es gibt Komplikationen bei ihrer Schwangerschaft -, nimmt Ben für mehrere Tage ihre beiden Kinder Oskar und Erna zu sich. Er will wieder über eine längere Zeit die Vaterrolle übernehmen und, so hofft er, über Oskar und Ema Mira zurückgewinnen.

Mira hält das für keine gute Idee. Denn der als Streifenpolizist arbeitende Ben ist seit ihrer Trennung vor anderthalb Jahren in der Trauerphase, die er mit viel Alkohol betäubt. Ihre frühere gemeinsame Wohnung gleicht einer studentischen Absturzbleibe. Ihren neuen Freund Diego hasst er. Und das ist noch nicht alles. Denn sein neunjähriger Sohn Oskar will, was Mira und Diego wissen, Lili genannt werden und unbedingt ein Kleid anziehen.

Als Ben seinen Sohn zum ersten Mal im Kleid ist er irritiert. Als er erfährt, dass Oskar schon seit einem halben Jahr Lili ist und darauf besteht, als Mädchen behandelt zu werden, ist er entsetzt. Er will, dass sein Sohn wieder ein normaler Junge ist. Am liebsten sofort.

Oskars Kleid“, für das Hauptdarsteller und Co-Produzent Florian David Fitz das Drehbuch schrieb, ist ein typischer Fall von ehrenhaften Absichten und mangelhafter Ausführung. Der Film versucht das Thema Transgender im Rahmen einer Mainstream-Komödie zu behandeln und landet beim kleinsten gemeinsamen Nenner. Auch wenn mehr möglich gewesen wäre. Aber weitgehend unglaubwürdige Figuren, ein Drehbuch voller vermeidbarer Logiklöcher und die oberflächliche Behandlung des Themas verhindern das. So sind die Kinder jedes Wochenende bei ihrem Vater, aber dieser hat bis jetzt nicht mitbekommen, dass Oskar nur Lili genannt werden will und nur Frauenkleider anzieht. So hat er Probleme mit Lilis neuer Identität, aber dieses Problem wird nicht tiefergehend behandelt. Denn dann hätten Fitz und Regisseur Hüseyin Tabak sich eingehend mit der Frage beschäftigen müssen, warum Ben damit ein Problem hat.

Stattdessen gibt es einige spitze Bemerkungen von Bens Vater, etwas Klamauk und Herzschmerz, wie wir es von unzähligen anderen deutschen Komödien kennen, und ein durch verschiedene Figuren verkörpertes Vorstellen aller relevanten Positionen zum Thema Transgender und Kinder. Das Ende erfüllt dann zielsicher Erwartungen einer gut gemeinten deutschen Feelgood-Komödie.

Oskars Kleid (Deutschland 2022)

Regie: Hüseyin Tabak

Drehbuch: Florian David Fitz

mit Florian David Fitz, Laurì, Ava Petsch, Kida Khodr Ramadan, Marie Burchard, Juan Carlos Lo Sasso, Senta Berger, Burghart Klaußner, Nora Boeckler, Lavinia Nowak, Ralph Schicha, Sohel Altan Gol, Gustav-Peter Wöhler

Länge: 102 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Oskars Kleid“

Moviepilot über „Oskars Kleid“

 


Neu im Kino/Filmkritik: Das Biopic „Whitney Houston: I wanna dance with somebody“

Dezember 22, 2022

Kommen wir zum neuesten Eintrag in der stetig wachsenden Liste von Musiker-Biopics. Zuletzt liefen im Kino Baz Luhrmanns „Elvis“ (über Elvis Presley) und Liesl Tommys Aretha-Franklin-Biopic „Respect“. Jetzt porträtiert Kasi Lemmons („Harriet – Der Weg in die Freiheit“) Whitney Houston.

Houston wird am 9. August 1963 in New Jersey geboren. Ihre Mutter ist die Soul- und Gospel-Sängerin Cissy Houston. 1983 unterschreibt Whitney Houston bei Arista Records. 1985 veröffentlich sie dort ihre erste LP. „Whitney Houston“ wird ein voller Erfolg. Die LP und die Singles stürmen die Charts. Das gleiche gilt für die beiden folgenden LPs „Whitney“ (1987) und „I’m your Baby tonight“ (1990). 1992 spielt sie in der enorm erfolgreichen Thriller-Schmonzette „Bodyguard“ eine Hauptrolle. Der Soundtrack, auf dem sie sechs Songs singt, ist ein Verkaufserfolg. Sie erhält etliche Grammys, Billboard Music Awards und American Music Awards. 1992 heiratet sie den R&B-Sänger Bobby Brown. Ihre gemeinsame Tochter wird 1993 geboren. Sie nimmt Drogen und veröffentlicht kaum noch neue Songs. Am 11. Februar 2012 ertrinkt sie, einen Tag vor der Verleihung der Grammy Awards, in Beverly Hills in einem Hotelzimmer in einer Badewanne. Ihr Drogenkonsum und eine Herzkrankheit sollen ihren Tod mitverschuldet haben.

Das wären die nackten Daten eines kurzen Lebens, die in einem Biopic natürlich ausgefüllt werden müssen. Kasi Lemmons tut dies arg konventionell, vollkommen unkritisch und indem sie das ganze Leben von Whitney Houston von ihren musikalischen Anfängen bis zu ihrem Tod erzählt. In 145 Minuten erzählt sie 30 Jahre Leben, garniert mit 22 neu abgemischten Hits aus Houstons Repertoire, die auch im Film weitgehend von Houston gesungen werden. Für die Fans der vor zehn Jahren verstorbenen Sängerin dürfte das genug sein, um sich das Biopic anzusehen.

Aber für alle anderen gibt es erstaunlich wenig Gründe, sich „Whitney Houston: I wanna dance with somebody“ anzusehen. Das beginnt mit der Machart. Lemmons erzählt einfach Stationen und Episoden aus dem Leben der Sängerin nach. Filmisch aufregend ist da, im Gegensatz zu Luhrmanns „Elvis“ (der ersten Hälfte) oder Dexter Fletchers grandiosem Elton-John-Biopic „Rocketman“, nichts.

Die Geschichte selbst krankt an der bis auf wenige Ausnahmen zum Scheitern verurteilten Idee, in einem Film ein ganzes Leben abzuhandeln. Besser ist es, sich auf eine wichtige Phase im Leben der porträtierten Person zu konzentrieren oder einen bestimmten Teil des Lebens dieser Person im Gegensatz zu allen anderen Phasen radikal hervorzuheben.

In „Whitney Houston: I wanna dance with somebody“ geht es, bis auf zwei Jahreszahlen am Filmanfang, ohne weitere Jahreszahlen chronologisch und an den falschen Stellen elliptisch durch die Jahrzehnte. Da wird von ihrer ersten Veröffentlichung gleich etliche Hits weiter gesprungen. Von den Dreharbeiten an ihrem ersten Film geht es zu der Bemerkung, dass sie inzwischen in drei Filmen mitgespielt habe. Arista-Chef Clive Davis sagt einmal, sie habe seit sieben Jahren keine LP mehr veröffentlicht. Sie heiratet Bobby Brown. Ihre Tochter ist im nächsten Bild ein ungefähr sechsjähriges Kind und im übernächsten ein Teenager. Houston ist plötzlich drogensüchtig und soll in eine Entziehungsklinik gehen. Sie begibt sich auf eine Welttournee. Kurz darauf ist sie tot. So episodisch und unverbunden, wie ich das jetzt aufgeschrieben habe, wird Houstons Leben, mit etlichen Live-Auftritten, im Film präsentiert.

In all den Episoden wird vieles angesprochen, aber auch nichts vertieft. Einiges, wie Bobby Browns bekannte Gewalttätigkeit, wird übergangen. Houstons Drogensucht wird oberflächlich angesprochen. Ihre Beziehung zu ihrer Jugendfreundin Robyn Crawford wird am Filmanfang ausführlich als auch lesbische Beziehung gezeigt. Irgendwann in der zweiten Filmhälfte verschwindet Crawford ohne Erklärung aus dem Film. Houstons Zerrisenheit zwischen der von ihr gewünschten Akzeptanz beim schwarzen Publikum und ihrem Erfolg beim weißen Publikum wird ebenfalls angesprochen, aber nicht vertieft. Ihr später immer wieder behaupteter Kampf um künstlerische Unabhängigkeit wird schon beim ersten Gespräch mit ihrem außergewöhnlich verständnisvollem Plattenproduzenten Davis (der auch einer der Produzenten dieses Films ist) konterkariert. Sie fordert die besten Komponisten für die besten Songs, die sie musikalisch herausfordern. Die Sängerin bekommt sie. Später wählt sie in gemeinsamen Sitzungen spontan neue Songs aus – und Davis stimmt ihr immer zu.

Zwischen all diesen Episoden ist abseits der reinen Chronologie kein roter Faden und auch kein eigenständiger Zugriff auf das Leben von Whitney Houston erkennbar. Weil Lemmons fast vollständig auf Jahreszahlen und tiefergehende Informationen verzichtet, empfiehlt sich vor dem Filmgenuß die Lektüre des Wikipedia-Artikels über die Sängerin. Der füllt dann die Lücken aus, die der Film hat.

Dabei hätte Houstons Leben für so vieles stehen können. Dafür hätte es natürlich einen Drehbuchautor und Regisseurin gebraucht, die eine eigenständige Sicht auf Houstons Leben entwickelt hätten und uns erzählen würden, warum wir uns heute für Whitney Houston interessieren sollten. Also inwiefern sie für irgendetwas ein Vorbild, gerne auch ein schlechtes Vorbild, sein könnte.

Dieser mangelnde Mut macht „Whitney Houston: I wanna dance with somebody“ zu einem Biopic, das all die Probleme hat, die entstehen, wenn in zwei Stunden das gesamte Leben der porträtierten Person von ihren Anfängen bis zu ihrem Tod behandelt wird und wenn im Film porträtierte Personen oder Angehörige der porträtierten Person beteiligt sind. Da ist kein Platz für kritische Worte. 

Am Ende erschöpft sich die Leistung dieses Biopics in der Aufbereitung von 22 Popsongs für das Kino.

Whitney Houston: I wanna dance with somebody (Whitney Houston: I wanna dance with somebody; USA 2022)

Regie: Kasi Lemmons

Drehbuch: Anthony McCarten

mit Naomi Ackie, Stanley Tucci, Ashton Sanders, Tamara Tunie, Nafessa Williams, Clarke Peters

Länge: 145 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Whitney Houston: I wanna dance with somebody“

Metacritic über „Whitney Houston: I wanna dance with somebody“

Rotten Tomatoes über „Whitney Houston: I wanna dance with somebody“

Wikipedia über „Whitney Houston: I wanna dance with somebody“ (deutsch, englisch) und Whitney Houston (deutsch, englisch)

AllMusic über Whitney Houston

History vs. Hollywood wirft einen Blick auf das Biopic

Meine Besprechung von Nick Broomfield/Rudi Dolezals „Whitney – Can I be me“ (Whitney: Can I be me, USA/Großbritannien 2017) (sehr gelungene Doku über die Sängerin)

 


TV-Tipp für den 22. Dezember: Sleepy Hollow

Dezember 21, 2022

Kabel 1, 22.50

Sleepy Hollow (Sleepy Hollow, USA 1999)

Regie: Tim Burton

Drehbuch: Andrew Kevin Walker (nach einer Filmgeschichte von Kevin Yagher und Andrew Kevin Walker)

LV (Inspiration): Washington Irving: The Legend of Sleepy Hollow, 1820 (Die Sage von der schläfrigen Schlucht)

1799 soll Constable Ichabod Crane, ein Rationalist vor dem Herrn, in einem kleinen Dorf in der Nähe von New York mehrere Morde aufklären. Die Einheimischen behaupten, die Morde wurden von einem kopflosen Reiter begangen.

Schöner Horrorfilm von Tim Burton.

Hier zwei zeitgenössische Kritiken:

„Die perfekte Mischung aus haarsträubendem Grauen und schwarzem Humor, eine bis ins Detail perfektionistische Umsetzung und eine sichere Hand bei der Führung eines herausragenden Darstellerensembles machen aus ‚Sleepy Hollow‘ eine der ausgereiftesten Regiearbeiten Tim Burtons.“ (Steffen Heinke, Filmecho-Filmwoche)

„ein freudianisches Disneyland erschüttert vom Grand Guignol“ (Mariam Lau, Die Welt)

Die Musik ist von Danny Elfman; die Bilder sind von Emmanuel Lubezki.

mit Johnny Depp, Christina Ricci, Miranda Richardson, Michael Gambon, Casper Van Diem, Jeffrey Jones, Christopher Lee

Wiederholung: Donnerstag, 29. Dezember, 00.00 Uhr (Mitternachtsgenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Sleepy Hollow“

Wikipedia über „Sleepy Hollow (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Tim Burtons “Frankenweenie” (Frankenweenie, USA 2012, nach einem Drehbuch von John August)

Meine Besprechung von Tim Burtons „Big Eyes“ (Big Eyes, USA 2014)

Meine Besprechung von Tim Burtons „Die Insel der besonderen Kinder“ (Miss Peregrine’s Home for Peculiar Children, USA 2016)

Meine Besprechung von Tim Burtons „Dumbo“ (Dumbo, USA 2019)

Tim Burton in der Kriminalakte


Neu im Kino/Filmkritik: „Ennio Morricone – Der Maestro“ erzählt und seine Musik erklingt

Dezember 21, 2022

Bei aktuellen Hollywood-Blockbustern ist die Musik oft – langweilig. Im Film blubbert sie unauffällig als rhythmische Geräuschkulisse vor sich hin. Nach dem Film, wenn man sich den Soundtrack ohne den Film anhört, blubbert sie ebenso unauffällig vor sich hin.

Bei der Musik von Ennio Morricone passiert das nicht. Sie ist auffällig. Die Melodien bleiben im Gedächtnis haften und sie funktionieren auch ohne den Film ausgezeichnet. Der am 6. Juli 2020 verstorbene Komponist ist unbestritten einer der wichtigsten Filmkomponisten. Dabei wollte der am 10. November 1928 in Rom geborene Musikersohn klassischer Komponist werden. Er studierte, mit Abschluss, am Konservatorium von Santa Cecilia Trompete und Chormusik. Eine ebenfalls erfolgreiche abgeschlossene Ausbildung bei Goffredo Petrassi als Komponist schloss sich an. Er besuchte Kurse für Neue Musik. Und er schrieb Arrangements für Popsongs.

Die Filmsachen – seine erste Filmmusik war 1961 für Luciano Salces Komödie „Zwei in einem Stiefel“ – machte er Anfangs zum Geldverdienen. Es dauerte, wie Morricone in Giuseppe Tornatores Dokumentarfilm „Ennio Morricone – Der Maestro“ freimütig erzählt, sehr lange, bis er akzeptierte, dass er Filmkomponist ist und dass eine gute Filmmusik sich nicht vor einem für eine Bühnenaufführung geschriebenem Orchsterstück verstecken muss. In dem Moment hatte er schon viele, sehr viele Filmmusiken geschrieben. Unter anderem für die stilprägenden Italo-Western von Sergio Leone. Letztendlich schrieb er für alle wichtigen Leone-Filme, nämlich „Für eine Handvoll Dollar“, „Für ein paar Dollar mehr“, „Zwei glorreiche Halunken“, „Spiel mir das Lied vom Tod“„Todesmelodie“ und „Es war einmal in Amerika“, die Filmmusik.

Daneben schrieb er die Musik für viele italienische, französische und amerikanische Filme. Unter anderem für „Leichen pflastern seinen Weg“, „1900“, „In der Glut des Südens“, „Der Profi“, „Mission“, „Die Unbestechlichen“ und, nach Jahrzehnten wieder für einen Film von Dario Argento, „Das Stendhal-Syndrom“. Insgesamt komponierte er für über fünfhundert Filme die Musik.

Er unterschied dabei, sofern das überhaupt schon während der Produktion absehbar war, nicht zwischen Genres, Arthaus- und Kommerzfilmen. Aber jeder Film, vor allem die Kommerzfilme, gewannen durch seine Musik. Einige Soundtrack-LPs wurden zu gesuchten Sammlerstücken und die Musik war bekannter als der in Vergessenheit geratene Film.

Zu seinen letzten Werken gehört der Soundtrack für Quentin Tarantinos Schneewestern „The Hateful 8“. Dafür erhielt Morricone den längst überfälligen Oscar für die beste Filmmusik. Davor war er bereits fünfmal nominiert. Als Trostpreis erhielt er 2007 den Ehrenoscar. Aber Preise waren Morricone nicht so wichtig. Er wollte komponieren. Und das tat er.

Mit Giuseppe Tornatore verband Ennio Morricone eine ähnlich lange Freundschaft und Arbeitsbeziehung wie zu Sergio Leone. Ihre erste Zusammenarbeit war 1988 „Cinema Paradiso“. Danach schrieb Morricone zu allen Filmen von Tornatore, unter anderem „Allen geht’s gut“, „Die Legende vom Ozeanpianisten“ und „Der Zauber von Malèna“, die Musik. Diese Freundschaft ist auch in Tornatores Morricone-Doku spürbar.

„Ennio Morricone – Der Maestro“ ist kein kritischer Dokumentarfilm, sondern eine fast dreistündige, formal klassisch aufgebaute, informative Liebeserklärung. Chronologisch erzäht Tornatore Ennio Morricones Leben in einer bewährten Mischung aus Statements von Morricone, von Wegbegleitern und Bewunderern, illustriert mit Fotografien, TV-Ausschnitten (aus dem italienischen Fernsehen und von den Oscar-Verleihungen) und Filmausschnitten nach. Die ausführlichen Ausschnitte aus bekannten Filmen wecken dabei sofort den Wunsch, diese Filme endlich wieder auf der großen Leinwand zu sehen.

Die Statements sind einerseits sehr gut geschnitten, andererseits darf nur Ennio Morricone mehrere Sätze hintereinander sagen. Alle anderen Gesprächspartner, die teilweise mehrmals auftreten, werden, wie wir es von zahlreichen neueren US-Dokumentarfilmen kennen, auf Halbsatz- und Ein-Satz-Statements heruntergekürzt.

„Ennio Morricone – Der Maestro“ ist einer der schönsten Dokumentarfilme des Jahres. Mit der besten Musik sowieso.

Ennio Morricone – Der Maestro (Ennio, Italien 2021)

Regie: Giuseppe Tornatore

Drehbuch: Giuseppe Tornatore

mit Ennio Morricone, Clint Eastwood, Terrence Malick, Quentin Tarantino, Dario Argento, Wong Kar-Wai, Barry Levinson, Hans Zimmer, John Williams, Bruce Springsteen, Joan Baez, James Hetfield, Quincy Jones, Zucchero, Lina Wertmüller, Bernardo Bertolucci, Roland Joffé, Mychael Danna, Mike Patton, Oliver Stone, Marco Bellocchio, Phil Joanou, Enzo G. Castellari, Liliana Cavani, Paolo Taviani, Vittorio Taviani, Pat Metheny (und viele mehr)

Länge: 163 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Ennio Morricone – Der Maestro“

Metacritic über „Ennio Morricone – Der Maestro“

Rotten Tomatoes über „Ennio Morricone – Der Maestro“

Wikipedia über „Ennio Morrcone – Der Maestro“ (englich, italienisch) und Ennio Morricone (deutsch, englisch, italienisch)

Und jetzt MUSIK!!!


TV-Tipp für den 21. Dezember: Margarethe von Trotta – Zeit der Frauen

Dezember 20, 2022

WDR, 22.45

Margarethe von Trotta – Zeit der Frauen (Italien/USA/Deutschland 2021)

Regie: Cuini Amelio Ortiz, Peter Altmann

Drehbuch: Cuini Amelio Ortiz, Peter Altmann

Spielfilmlange Doku über Margarethe von Trotta mit ihr und einiger Menschen, mit denen sie beruflich verbunden ist, unter anderem Volker Schlöndorff, Barbara Sukowa, Angela Winkler und Katja Riemann. Ortiz und Altmann gehen einmal chronologisch durch ihr Werk, konzentrieren sich auf ihre wichtigsten Kinofilme (ihre TV-Arbeiten werden fast vollständig ignoriert) und bieten so eine gute Einführung in ihr Leben und Werk. Interessant sind auch die historischen Aufnahmen aus Talk- und Nachrichtensendungen.

Störend ist, wie bei vielen anderen neueren Dokumentarfilmen, der Verzicht auf ein Voice-Over. Das ist eine gute Möglichkeit, auf die nicht verzichtet werden sollte, um wichtige Informationen zu liefern, die die Interviewten nicht sagen und einige Statements können so auch eingeordnet und in einen größren Zusammenhang gestellt werden. So ist auch „Margarethe von Trotta – Zeit der Frauen“ eine Abfolge von Statements von Zeitzeugen. Oft sind die Angaben zum Inhalt der besprochenen Filme ziemlich kryptisch.

Trotzdem: eine sehenswerte Doku.

Hinweise

Filmportal über Margarethe von Trotta

Wikipedia über Margarethe von Trotta (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Margarethe von Trottas “Hannah Arendt” (Deutschland 2012; DVD-Besprechung)

Meine Besprechung von Margarethe von Trottas „Auf der Suche nach Ingmar Bergman (Deutschland 2018)


Cover der Woche

Dezember 20, 2022

Weihnachten in Miami ist ein „Mörderisches Fest“.

Wenn man die CSI-TV-Serien mag, kann man auch bei den Büchern, die neue Fälle erzählen, zugreifen. Vor allem wenn sie von Max Allan Collins oder Stuart M. Kaminsky geschrieben sind. Aktuell sind die deutschen Ausgaben wohl nur noch antiquarisch erhältlich.