Verkorkster „Bruderdienst“

Januar 31, 2008

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Jacques Berndorf hat mit seinen Eifelkrimis ein Millionenpublikum erobert. In den vergangenen Jahren gönnte er sich immer wieder Ausflüge in den Politthriller. Aber sein zweiter BND-Roman mit Geheimagent Karl Müller, „Bruderdienst“, ist einfach schlecht.

Die Geschichte ist nicht plausibel (Die Koreaner haben wahrscheinlich eine Atombombe verkauft. Der BND will herausfinden, ob’s stimmt.). Die Dialoge sind unterste CSI-Schublade. Im Fernsehen kann ich damit leben, dass der eine Forensiker dem anderen erklärt, was er gerade macht. Aber in einem Roman gibt es, – Berndorf als erfahrener Autor sollte das Wissen -, elegantere Möglichkeiten. Dann menschelt es ohne Pause im BND und in Gesprächen mit mehr oder weniger befreundeten Geheimdiensten. Denn bevor sich den Weltproblemen zugewandt wird (Hey, wahrscheinlich haben irgendwelche durchgeknallten Terroristen eine Atombombe.),  wird sich erst einmal in epischer Breite über die verschiedenen Zipperlein und Krankheiten der Ehefrauen ausgetauscht und die Küche nach Essbarem inspiziert. Das hat mit der Geschichte nichts zu tun und verrät uns auch nichts Wichtiges über die Charaktere. Aber das ist immer noch besser, als wenn die supertollen BND-Agenten in Aktion treten, sich dabei ziemlich hirnrissig verhalten und wieder einmal im Smalltalkmodus geheime Informationen an dubiose Charaktere ausplaudern. Der löchrige Plot liest sich dann wie eine ungewollte Parodie auf einen schlechten Agentenkrimi. Aber Berndorf meint es Ernst. In Interviews erzählt er von seinen Besuchen beim BND und den Einblicken die er in die Arbeit der Agenten erhielt. Doch in „Bruderdienst“ findet sich nichts davon in einer literarisch angemessenen Form. Das Werk ist ein unrealistischer Langweiler, der anscheinend als „Das große TV-Ereignis“ konzipiert wurde.

Nein, da ist sogar das schwächste Buch von John le Carré um Klassen besser. „Bruderdienst“ ist höchstens unterste Regionalliga.

 

Jacques Berndorf: Bruderdienst

Heyne, 2007

416 Seiten

19,95 Euro

 

Homepage von Jacques Berndorf

Interview mit Jacques Berndorf zu „Bruderdienst“, seinem Verlagswechsel und den Nicht-Verfilmungen seiner Eifel-Krimis


TV-Tipp für den 31. Januar

Januar 31, 2008

Vox, 21.50

Explosiv – Blown Away (USA 1994, R.: Stephen Hopkins)

Drehbuch: Joe Batteer, John Rice

Lahmer Actionthriller über einen IRA-Kämpfer, der in Boston mehrere Bomben explodieren lässt, weil er eine alte Rechnung mit einem Kumpel begleichen will. Der arbeitet jetzt als Sprengstoffexperte bei der Polizei.

Die Explosionen sind ein Fest für’s Auge. Hier wurden keine Kosten und Mühen gescheut. Beim Drehbuch schon. Die Schauspieler sind gut. Und Stephen Hopkins macht inzwischen mit „24“ richtig gutes Fernsehen.

Mit Jeff Bridges, Tommy Lee Jones, Suzy Amis, Lloyd Bridges, Forest Whitaker, Cuba Gooding Jr. (Bomb Squad-Mitglied)

Wiederholung:

Freitag, 1. Februar, 01.50 Uhr (Taggenau!)


Kleiner Rundumschlag

Januar 30, 2008

Things I’d rather be doing befragt im Monday Interview Marcus Sakey (Der Blutzeuge):

And the opportunity to point things out, to have a pulpit from which to say, „Hey, look – this is fucked up, and we should notice it,“ that’s one of the reasons I love being a novelist.

That said, my first purpose is to entertain, to tell a good story that hopefully keeps people up late. Everything else comes second. Who wants to read a polemic?

Duane (Louis) Swierczynski (Blondes Gift) ist von „Cloverfield“ (deutscher Kinostart am 31. Januar) schwer begeistert. Tage später: I’m still thinking about Cloverfield, by the way. It’s the kind of movie that sticks to your ribs. Und hier schon wieder.

Weitere Infos über den von „Lost“-Erfinder J. J. Abrams produzierten Film „Cloverfield“ gibt es bei Film-Zeit, hier (englisch) oder hier (deutsch).

„Rambo“-Erfinder David Morrell findet den neuen Rambo-Film ziemlich gut:

With relief, I’m happy to report that it’s excellent. The level of violence might not be for everyone, but it has a serious intent.

This is the first time that the tone of „First Blood“ the novel has been used in any of the movies. It’s spot-on in terms of how I imagined the character: angry, burned-out, and filled with self-disgust because he hates what he is and yet knows it’s the only thing he does well. (…) It’s not a 4-star movie — the villains are too superficial. But this is a solid three stars.

„Rambo 4“ kommt Mitte Februar in die deutsche Kinos.

Im ZDF Infokanal kann ein fünfzehnminütiges Ian-Rankin-Porträt von Tobias Gohlis genossen werden. Schönes Teil. Es geht hauptsächlich um Rankins neuestes Buch „Im Namen der Toten“ (The Naming of the Dead, 2006). Die Übertragung war bei mir etwas ruckelig, aber immerhin hat die ZDF Mediathek bei Rankin endlich wieder einmal funktioniert.

Ist das witzig?


TV-Tipp für den 30. Januar

Januar 30, 2008

3sat, 22.25

Kottan ermittelt: Hartlgasse 16a (A 1976, R.: Peter Patzak)

Drehbuch: Helmut Zenker

Eine Rentnerin wird in ihrer Wohnung ermordet. Major Adolf Kottan ermittelt in einem Mietshaus voller missgünstig-selbstsüchtiger Bewohner.

„Hartlgasse 16a“ ist der erste Filme der kultigen, immer abgedrehteren Kottan-Serie. Peter Vogel spielte hier (nicht so toll) den Kottan. Später übernahmen Franz Buchrieser und Lukas Resetaris die Rolle.

„Schilderungen des Wiener Mileus, schrullige Gags, oft fast surrealistische Geschichten prägen diese Parodie.“ (Martin Compart: Crime TV)

„Die Filme waren als Versuch gedacht, Gesellschaftskritik auf listige und lustige Weise in einem Krimi zu verpacken, mit boshaften Seitenhieben auf so ehrwürdige Institutionen wie Polizei, Kirche, Kronenzeitung. (…) Die Bosheit der Leute untereinander, ihre Aggressionen, ihre Geldgier, Rachsucht bildeten eine Dramaturgie, in die der Arm des Staates, die Polizei, plump eingreift.“ (Heidi Pataki, tip1/1983)

„Hartlgasse 16a“ beginnt halbwegs wie ein normaler Siebziger-Jahre-Soziokrimi, aber das Team Zenker/Patzak zeigt dafür das Milieu der kleinen Leute in ihrer dumpfen Enge viel zu zynisch-mitleidlos und demaskiert den Staat (besonders natürlich die Polizei) als einen unfähigen Trottelhaufen, der keinen Respekt verdient, ohne pädagogisch erhobenen Zeigefinger.

Die Musik ist von Georg Danzer.

Die gesamte Folge kann, in zehn Teilen, auf You Tube gesehen werden. Dort gibt es auch weitere „Kottan ermittelt“-Clips.

Mit Peter Vogel, Curt A. Tichy, Walter Davy, Louise Martini

Weitere Informationen:

„Kottan ermittelt“-Fanseite

Fernsehserien über Kottan


Cover der Woche

Januar 29, 2008

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TV-Tipp für den 29. Januar

Januar 29, 2008

Arte, 21.00

Jonestown – Todeswahn einer Sekte (USA 2006, R.: Stanley Nelson)

Drehbuch: Marcia Smith, Noland Walker

Spielfilmlange Doku über die Sekte Peoples Temple des Predigers Jim Jones und den Massenselbstmord von über 900 Gläubigen am 18. November 1978 im Dschungel von Guyana. Nelson rekonstruiert, mit bislang unveröffentlichten Aufnahmen und Zeitzeugen, dieser Sekte.

Wiederholungen:

Freitag, 8. Februar, 01.15 Uhr (Taggenau!)

Freitag, 15. Februar, 03.00 Uhr (Taggenau!)

Weitere Informationen

Arte zum Film

Greencine-Interview mit Stanley Nelson


Kleinkram: Nachrufe, Lesetipps von Sakey, Was Autoren von Hollywood lernen können, Fusilli und Banks antworten, Bowden nennt den Unterschied

Januar 28, 2008

Sara Paretsky schreibt im Outfit über den am 17. Januar verstorbenen Edward D. Hoch:

Ed was one of the kindest, most gracious and gentlemanly of all crime writers. His was the first face and hand to welcome any newcomer to MWA, and almost all of us active writers can cite any number of generous acts, from seeing that our own work got published, to his support of Sisters in Crime when we were first starting out. His memory will live long, but we will miss him sorely.

Hier geht’s zum New York Times Nachruf auf Edward D. Hoch.

Marcus Sakey (Der Blutzeuge) verrät seine aktuelle Lektüre.

Bei Naked Truth about Literature and Life wird der Frage nachgegangen, was Romanautoren von Filmen lernen können. James O. Born (wir kennen ihn von seiner Ballerstunde auf Bücher) macht den Aufschlag:

Some of the best advice I was ever given was by Elmore Leonard when I was just starting to write. He and his assistant, Gregg Sutter, encouraged me to look at the book like a movie with each chapter broken into scenes. It sounds simple but to a novice like me it was the Holy Grail. To this day I can focus on each scene of a novel without becoming overwhelmed with the idea of a larger project. Maybe that way of looking at the novels makes them seem like they would transition to film.

Bei  ihm gibt es auch eine interessante Diskussion über gelunge Verfilmungen.

Jacqueline Winspear nimmt den Ball auf und sieht sich die Charaktere in Filmen an:

I also like to watch the “Special Features” at the end of a rented movie – you never know what you might learn. This time, it was a comment from the wardrobe mistress (do they still call them by that old-fashioned name? Or are they costume designers?). She said that when each actor comes to her studio, to talk about their costumes for a movie, she asks them about their character. The question that tells her more about the charcter, that guides her in pulling together the costumes, is, “What do you have in your pocket?” Ooooohhhh, that’s a good question, I thought.

Bei Sons of Spade beantworten Jim Fusilli und Ray Banks einige Fragen zu ihren Privatdetektiven.  Jim Fusilli, von dessen vier Terry-Orr-Romanen zwei auf Deutsch erschienen, sagt, es gebe wahrscheinlich keinen weiteren Terry-Orr-Roman:

 I enjoyed doing the four Terry Orr novels, but I’m not certain that the P.I. field is the best place for my writing.

Fusilli schrieb außerdem ein Buch über Brian Wilson und das Beach-Boys-Album „Pet Sounds“.

Ray Banks, der noch nicht ins Deutsche übersetzte Erfinder von Manchester-PI Cal Innes (er arbeitet gerade am vierten Innes-Roman), nennt einige wichtige zeigenössische PI-Autoren:

I think Ken Bruen is already a massive influence on newer writers, and not just stylistically. He’s bringing emotion back to what is still primarily a chilly, investigative sub-genre. Laura Lippman, Walter Mosley and George Pelecanos bring in the sociological elements, without becoming either too preachy or too political. James Sallis deconstructs the mythology and the very idea of a fictional private investigator. And James Crumley happens to write some of the finest, meatiest prose I’ve ever read.

Really, the PI will never die. He or she will just evolve into something more meaningful for their time.

Und J. D. Rhoades (ähem, auch noch nicht übersetzt) hat in seinem „What fresh hell is this?“-Blog ein schönes Zitat von Mark Bowden (der Sachbuchautor von „Killing Pablo“ und „Black Hawk Down“) gepostet:

The essential difference between writing nonfiction and writing fiction is that the artist owns his vision, while the journalist can never really claim one, or at least not a complete one—because the real world is infinitely complex and ever changing. Art frees you from the infuriating unfinishedness of the real world.

Die Screen Actors Guild hat ihre Preise verliehen.  Die Gewinner sind – 


TV-Tipp für den 28. Januar

Januar 28, 2008

ZDF, 20.15

Nachtschicht: Ich habe Angst (D 2008, R.: Lars Becker)

Drehbuch: Lars Becker

Auch in ihrer fünften Nacht gibt es für den Hamburger Kriminaldauerdienst viel zu tun. Bei einer Razzia entwischt ihnen der Kopf der Fälscherbande. Eine Lehrerin meldet sich anonym beim KDD und zeigt eine Kindesmisshandlung an. Ein Mann wird erstochen. 

Der sechste Nachtschicht-Krimi „Blutige Stadt“ ist bereits abgedreht.

Mit Armin Rohde, Minh-Khai Phan-Thi, Ken Duken, Barbara Auer, Pierre Semmler, Ulrike Krumbiegel, Matthias Brandt

ZDF über „Nachtschicht“


Schockierend! Ein nackter Hintern!!

Januar 27, 2008

Die Netzeitung präsentiert uns diese AP-Meldung:

Das US-Fernsehnetzwerk ABC soll wegen eines nackten Frauenhinterns in der Serie «NYPD Blue» 1,4 Millionen Dollar (950.000 Euro) Strafe zahlen. Das forderte die amerikanische Medienaufsichtsbehörde FCC am Freitag in Washington. Sie nahm Anstoß an einer Szene aus einer im Jahr 2003 über 52 ABC-Stationen gezeigten Folge, in der ein Junge eine Frau überrascht, die gerade in die Dusche gehen will.

In der Szene seien «mehrfach Nahaufnahmen» des Körperteils gezeigt worden, hieß es in dem FCC-Antrag. Sie seien unanständig, weil sie «Sexual- und Ausscheidungsorgane zeigen, besonders den nackten Hintern einer Frau». Dies sei in der Hauptsendezeit zwischen 18 und 22 Uhr nicht zulässig. Den Einwand von ABC, ein Hintern sei kein Sexualorgan, wies die FCC zurück. (AP)

(Etwas ausführlicher und auf englisch von Reuters)

Der Hintern gehört Charlotte Ross. Sie spielte in der inzwischen eingestellten Polizeiserie „NYPD Blue“ sechs Jahre lang Detective Connie McDowell – und wenn man bedenkt, welche Tabubrüche „NYPD Blue“ in der ersten Staffel (unter anderem einen nackten David Caruso)  wagte, dann verrät uns diese Klage einiges über die USA.

Sehen Sie selbst vor was für schockierenden Bildern die amerikanische Jugend und ihre Eltern im Abendprogramm geschützt werden muss:

 


TV-Tipp für den 27. Januar

Januar 27, 2008

ARD, 17.30/ZDF 17.40

Landtagswahl in Hessen und Niedersachsen

HR, 20.15

Hessen hat gewählt

Wenn die Meinungsforscher Recht haben und die Politiker nicht um 18.01 Uhr umknicken, dann wird Hessen ein Remake der Bundestagswahl. Die Rahmenbedingungen sind jedenfalls ähnlich gesetzt: CDU und SPD liegen bei den Umfragen gleichauf. Eine CDU-FDP-Koalition hat keine Mehrheit. Eine SPD-Grüne-Koaliton ebenfalls nicht. Die CDU will nicht mit der SPD – und umgekehrt. Mit den Linken will niemand  – und die wollen unter keinen Umständen mit der CDU (wenn wir von hypothetischen Problemen sprechen) und eigentlich auch nicht mit den anderen Parteien; – falls sie überhaupt rein kommen. Die FDP will nur mit der CDU. Tja, und die Grünen können nach diesem Wahlkampf unmöglich mit der CDU koalieren und wollen es wieder mit der SPD probieren.

Jedenfalls gönne ich dem Amtsinhaber, dass er nach diesem Wahlkampf von einigen Ausländern (wenn auch nur angeheiratet) aus dem Amt gejagt wird.

Das dürfte dann das einzig erfreuliche bei diesem schlechten Remake sein. Denn einen Schröder wird Koch nicht hinkriegen und das Gewürge der Partnersuche kennen wir noch von der Bundestagswahl.


KrimiWelt-Bestenliste Februar 2008

Januar 26, 2008

Die KrimiWelt-Bestenliste für den Februar 2008 empfiehlt diese Werke:

 

1          (1)       Martin Cruz Smith: Stalins Geist

2          (7)       Gianrico Carofiglio: Das Gesetz der Ehre

3          (2)       Jean-Patrick Manchette/Jean-Pierre Bastid: Lasst die Kadaver bräunen!

4          (-)        Tom Rob Smith: Kind 44

5          (6)       Charles Todd: Zeit der Raben

6          (-)        Arimasa Osawa: Der Hai von Shinjuku – Rache auf Chinesisch

7          (5)       Arne Dahl: Ungeschoren

8          (-)        Iain McDowall: Zwei Tote im Fluss

9          (-)        Peter Temple: Vergessene Schuld

9          (8)       Oliver Bottini: Im Auftrag der Väter

 

In den Klammern ist die Platzierung des Vormonats.

Weitere Informationen zu den Büchern gibt es bei Arte.

 

Martin Cruz Smith und Peter Temple habe ich bereits abgefeiert. Gianrico Carofiglio demnächst. Sein „Gesetz der Ehre“ (doofer deutscher Titel) ist ein spannender Gerichtsthriller über einen kleinen Drogenschmuggelfall.

Der Rest – hmhm.

Aber ich kann jetzt schnell einige Bücher empfehlen, die es immer noch nicht (naja, wahrscheinlich ‚die es nicht’) auf die KrimiWelt-Bestenliste geschafft haben:

Thomas H. Cook: Das Gift des Zweifels

Marcus Sakey: Der Blutzeuge

Nick Stone: Voodoo 

Duane Louis (Swierczynski): Blondes Gift

Ross Thomas: Kälter als der Kalte Krieg

Ein Movie-Tie-In wird wahrscheinlich niemals auf die Liste kommen. Dabei sind die Monk-Bücher von Lee Goldberg und die CSI:NY-Romane von Stuart M. Kaminsky ziemlich gute Krimis.


TV-Tipp für den 26. Januar

Januar 26, 2008

RBB, 23.35

Lemmy Caution gegen Alpha 60 (F/I 1965, R.: Jean-Luc Godard)

Drehbuch: Jean-Luc Godard

Agent Lemmy Caution sucht in Alphaville den verschwundenen Konstrukteur von “Alpha 60”. Das Computergehirn „Alpha 60“ beherrscht die Stadt nach einer nur ihr zugänglichen Logik. Und wer sich „Alpha 60“ widersetzt, stirbt.

Der Plot könnte auch aus einem der damals die Kinosäle füllenden Lemmy-Caution-Filme, hier mit einem kräftigen James-Bond-S-F-Touch, stammen. Schließlich spielt Eddie Constantine auch in „Lemmy Caution gegen Alpha 60“ die Hauptrolle. Aber Jean-Luc Godard führte Regie – und von ihm ist alles zu erwarten, außer einer 08/15-S-F-Actionklamotte (und genau von diesen Filmen wollte Eddie Constantine damals auch weg).

An der Kasse war’s daher auch kein Erfolg bei den Eddie-Constantine-Fans. Bei den Kritikern schon. Heute genießt „Lemmy Caution gegen Alpha 60“ zu Recht Klassikerstatus. Godard und sein Kameramann Raoul Coutard inszenierten das damalige Paris als eine trostlose Betonwüste. Godard spielte souverän mit den Genreregeln und Themen von Science-Fiction und Noir.

„Godard meint kein Utopia dieser oder jener Provenienz, sondern den totalen technischen Staat“, schrieb damals die Frankfurter Allgemeine. Der Filmdienst schrieb: „Wenn der Schriftsteller Theodore Sturgeon behauptet, eine Science Fiction-Story sei eine Geschichte, ‚die den Menschen als Mittelpunkt sieht, ein menschliches Problem behandelt und eine menschliche Lösung bietet, die aber ohne ihren wissenschaftlichen Gehalt überhaupt nicht zustande gekommen wäre’, so erscheint einem Jean-Luc Godards neuester Film als der erste Versuch eines Science-Fiction-Films überhaupt. Die technische Entwicklung bietet die Voraussetzung für die Behandlung – sagen wir es etwas hochtrabend – existenzphilosophischer Fragen.“

Diese Fragen sind heute aktueller denn je. Und deshalb ist „Lemmy Caution gegen Alpha 60“ im Gegensatz zu vielen anderen S-F-Filmen immer noch nicht veraltet.

Unwichtiges Wissen 1: Lemmy Caution ist ein von Krimiautor Peter Cheney erfundener Charakter.

Unwichtes Wissen 2: Die deusche Synthiepop-Band „Alphaville“ hat sich nach diesem Film benannt.

Daraus folgendes wichtiges Wissen: 1 und 2 haben nichts mit Godards Film zu tun.

Mit Eddie Constantine, Anna Karina, Akim Tamiroff, Howard Vernon, Laszlo Szabo, Christa Lang, Jean-Pierre Léaud

Auch bekannt als „Alphaville“

Weitere Informationen:

RBB über den Film

Arte spricht mit Jean-Luc Godard

Die Zeit spricht mit Jean-Luc Godard

Offizielle Peter-Cheney-Seite

Thrilling Detective über  Peter Cheney


Zu überraschende Schlusspointe

Januar 25, 2008

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++Achtung: diese Besprechung verrät das Ende++

 

Nach dem spannenden Gerichtsthriller „Zug um Zug“ legte Andreas Hoppert jetzt mit „Menschenraub“ eine enttäuschende Kopfgeburt vor. Dabei beginnt „Menschenraub“ spannend. Drei Männer fahren mit einer betäubten Geisel auf eine Polizeisperre zu. Weil Jochen die Gegend kennt, können sie unerkannt zu ihrem Versteck fahren. Dank eines Zeugen weiß die Polizei bereits vor dem ersten Anruf der Erpresser, dass die sechzehnjährige Millionärstochter Daniela Schwalenberg entführt wurde.

Die Soko-Leiterin Helen Baum, eine nur im Studium von Statistiken erfahrene politische Beamtin, versucht ihre mangelnde Kompetenz durch die wagemutige Theorie, dass das Opfer ihre Entführung inszenierte, wettzumachen.

Zur gleichen Zeit ist Hopperts Serienheld Marc Hagen mit einem anderen Fall beschäftigt. Seine Chefin Dr. Irene von Kleist hat ihm den Mandanten Peter Schlüter überlassen. Sie muss ihrer Schwester seelischen Beistand bei der Entführung leisten. Immerhin ist die entführte Daniela ihre Nichte.

Schlüter hat auf dem Speicher des elterlichen Mietshauses eine mumifizierte Leiche entdeckt. Er bittet Hagen, herauszufinden, wer die Tote ist und wer sie vor ungefähr dreißig Jahren umbrachte. Gegen ein stattliches Honorar ist Hagen einverstanden.

Auf den ersten Blick haben beide Geschichten nichts miteinander zu tun. Aber selbstverständlich hängen die Entführung und der Mord irgendwie miteinander zusammen und Hopperts Serienheld Marc Hagen wird eine wichtige Rolle bei der Entführung spielen.

Das kann gesagt werden, ohne etwas vom Ende zu verraten. Wer „Menschenraub“ lesen will, ohne das Ende zu kennen, muss jetzt aufhören. Die anderen dürfen weiterlesen.

Die Verknüpfung der beiden Geschichten ist nämlich so überraschend, dass ich das Buch am Ende zuklappte und mich von Hoppert belogen fühlte. Für diese Besprechung habe ich mir natürlich die kritischen Stellen wieder angesehen und ich muss zugeben: Hoppert lügt nicht. Aber der Plot von „Menschenraub“ ist eine nicht funktionierende Kopfgeburt.

Denn Hoppert erzählt nicht zwei, sondern drei Geschichten, die durch abenteuerliche Zufälle über drei Jahrzehnte miteinander verknüpft werden. Er erzählt von den Ermittlungen der Polizei bei einer Entführung (heute). Er erzählt von den Ermittlungen Hagens in einem Mordfall (heute). Er erzählt von einer Entführerbande und ihre Opfer (damals).

Diese Verknüpfung von drei Erzählsträngen, die erst am Ende aufeinander stoßen, könnte funktionieren, wenn jeder Erzählstrang eine eigene Dynamik hätte und ihr Verhältnis zueinander erahnbar, oder, was noch besser wäre, wenn sie sich gegenseitig beeinflussen würden. Doch in „Menschenraub“ laufen die einzelnen Geschichten unverbunden nebeneinander her und auch ihre Verknüpfung am Ende ist gewollt.

Damit sind wir beim wichtigsten Grund für das Scheitern von „Menschenraub“. Die Hinweise auf die richtige Lösung sind so spärlich, dass man sie nur erkennt, wenn man die Lösung kennt. So erwähnt Hoppert, wenn er aus Sicht der Geisel erzählt, nie den Namen der Geisel. Doch warum sollte er? Sie ist die einzige Frau unter den Entführern und für diese tatsächlich nur ein Ding, mit dem sie Geld verdienen wollen. Es gibt keine Hinweise auf die Handlungszeit. Die Abwesenheit von Handys, Computern und iPods könnte misstrauisch machen, wenn es für Entführer nicht sehr vernünftig wäre, ihre Anrufe nicht mit ihrem Handy zu tätigen. Auch die Lebensgeschichte von Freddy, dem Planer, könnte misstrauisch machen. Er hat zuletzt drei Millionen Mark gestohlen. Aber er wurde zu D-Mark-Zeiten verhaftet und nach acht Jahren aus der Haft entlassen. Das alles lässt keine Rückschlüsse auf eine bestimmte Zeit zu. Dagegen deutet der Satz „Wenn die Bullen wussten, wer hier versteckt wurde, hätten sie doch mit Sicherheit ein Spezialeinsatzkommando vorbeigeschickt und nicht diese beiden Dorfpolizisten, oder?“ auf die Gegenwart. Denn in den Siebzigern waren SEKs noch nicht so en vogue wie heute.

Doch diese Entführung spielt in den Siebzigern. Damals entführte Freddy mit zwei Kumpels eine fünfzehnjährige Millionärstochter. Daniela Schwalenbach spielt heute diese Entführung nach. Die damalige Entführung ging schief, Die Geisel starb und wird dreißig Jahre später als mumifizierte Leiche auf dem Speicher eines Mehrfamilienmietshauses entdeckt.

Und so kommen wir zum nächsten wichtigen Grund für das Scheitern von „Menschenraub“: die zahlreichen, aberwitzigen Zufälle. Denn damit diese Konstruktion mit zwei Zeitebenen und drei Geschichten funktioniert, muss die Leiche zufällig genau an dem Tag entdeckt werden, an dem die Entführung stattfindet. Dann muss zufällig die Kanzlei von Kleist mit dem Mandat beauftragt werden und zufällig muss von Kleist mit den Schwalenbachs verwandt sein. Denn natürlich hatte Schlüter den Fund der Leiche auch der Polizei melden können.

Weil in „Menschenraub“ nicht Hopperts Seriencharakter Marc Hagen, sondern die Soko-Leiterin Helen Baum die treibende Kraft der Hauptgeschichte ist, sollte sie irgendwie sympathisch sein. Aber sie ist immer eine überforderte, unsympathisch-rechthaberische Person. Sie leiert ständig die neuesten statistischen Erkenntnisse herunter. Sie ist von Anfang an überzeugt, dass die Entführung fingiert ist und geht keiner anderen Spur nach. Sie hat zwar am Ende Recht, aber weil es keine stichhaltigen Anhaltspunkte für ihre Vermutung gibt, muss die ganze Zeit angenommen werden, dass sie in eine vollkommen falsche Richtung ermittelt.

Diese Ermittlungen laufen, wie die Entführung mit dem Spiel von Kontaktaufnahme und Lösegeldübergabe, lehrbuchhaft ohne große Überraschungen ab. Auch die Ermittlungen von Hagen in dem alten Mordfall folgen dem gewohnten Spiel von Spur A zu Spur B zu Spur C. Das erzählt Hoppert nicht schlecht, aber weil die Mordermittlung bis zum Ende des Romans keine Verbindung zur Geiselnahme-Geschichte hat, stellt sich beim Lesen immer wieder die Frage, was die beiden in der Gegenwart spielenden Geschichten miteinander zu tun haben.

Nach „Zug um Zug“ hatte ich von Andreas Hoppert einen spannenden Thriller mit überraschenden Wendungen über eine Entführung erwartet. „Menschenraub“ ist ein formelhafter Langweiler mit einer missglückten Schlusspointe.

 

 

Andreas Hoppert: Menschenraub

Grafit, 2007

256 Seiten

9,50 Euro

 

Meine Besprechung von „Zug um Zug“


TV-Tipp für den 25. Januar

Januar 25, 2008

ZDF, 22.30

Lesen!

Ulrike Kriener (Kommissarin Lucas) besucht Elke Heidenreich (Ich mag keine Krimis.) und redet mit ihr über Bücher. Die beiden Damen werden sich unter anderem über den Krimi „Kind 44“ von Tom Rob Smith (Heidenreich gefällt’s; Hammett nicht), Stewart O’Nans „Letzte Nacht“, D. H. Lawrence und Vicki Baum austauschen.

Das ZDF liefert weitere Informationen.


Neu im Kino: My Blueberry Nights

Januar 24, 2008

My Blueberry Nights (Hongkong/China/Frankreich 2007, R.: Wong Kar-wai)

Drehbuch: Wong Kar-wai, Lawrence Block

Die letzten Filme von Wong Kar-wai habe ich mir nicht mehr angesehen. Aber „My Blueberry Nights“ ist nur für Cineasten ein Kar-wai-Film. Für Krimifans ist „My Blueberry Nights“ natürlich ein Lawrence-Block-Film. Auch wenn es kein Krimi ist,  Lawrence Block nur das Drehbuch zusammen mit Kar-wai schrieb, Kar-wai sich anscheinend einige Freiheiten nahm (Ich kenne das Drehbuch nicht, aber wahrscheinlich untertreibe ich schamlos), Block „My Blueberry Nights“ nach der Cannes-Premiere (bei der er nicht war) nicht mehr erwähnte und die Kritiken bestenfalls durchwachsen sind.

Doch bei der Besetzung wird etwas für’s Auge geboten. Der Soundtrack ist auch gut und die Story interessiert nicht weiter. Es geht um eine junge Frau, die die wahre Liebe sucht und sich dafür auf eine Reise quer durch Amerika begibt.

Mit Norah Jones, Jude Law, David Strathairn, Natalie Portman, Rachel Weisz

Hinweise:

Deutsche Homepage zum Film

Französische Homepage zum Film (nicht so umfangreich)

Film-Zeit über „My Blueberry Nights“


TV-Tipp für den 24. Januar

Januar 24, 2008

Arte, 21.00

Hamburger Lektionen (D 2006, R.: Romuald Karmarkar)

Drehbuch: Rmuald Karmakar

Allein für die Uhrzeit muss man Arte lieben. Zur besten Sendezeit präsentiert der Kultursender eine über zweistündige Lesung. Manfred Zapatka liest von Imam Mohammed Fazazi in der Al-Quods-Moschee in Hamburg im Januar 2000 gehaltene Lektionen. Bei diesen Lektionen, die zum Krieg des Islam gegen den Westen aufstachelten,  waren drei der vier 9/11-Todespiloten dabei.

„Es geht mir darum etwas zu verstehen, ein Gedankengebäude  sichtbar zu machen, wo in der Rezeption meist nur Phrasen und Begriffe stehen.“ (Karmarkar)

Der Film lief 2006 auf der Berlinale den Silbernen Bären.

Mit Manfred Zapatka, August Diehl (Sprecher)

Hinweise:

Homepage zum Film

Arte zum Film (beides mit informativen Hintergrundmaterial)

Film-Zeit über den Film


Drei neue Romane mit den drei CSI-Teams

Januar 23, 2008

Die erfolgreiche Forensik-Serie „CSI“ mit ihren beiden Ablegern muss wahrscheinlich nur Menschen vorgestellt werden, die die vergangenen Jahre auf einer einsamen Insel lebten. Doch alle anderen kennen die drei Ermittlerteams und wissen, dass diese in Las Vegas, Miami und New York mit modernsten wissenschaftlichen Methoden Täter fangen. Denn, so das Motto der Serie, Beweise lügen nicht. Nach dem Erfolg der Serie wurden Computerspiele, Comics und Romane mit neuen Fällen auf den Markt geworfen.

Auch die neuesten CSI-Romane werden den Fans in gefallen. Denn besonders die Romane „CSI: Crime Scence Investiagions – In Extremis“ von Ken Goddard (weniger gelungen) und „CSI: Miami – Mörderisches Fest“ von Donn Cortez (gelungener) folgen fast schon sklavisch genau der Struktur der Filme mit mehreren parallelen Fällen und einem Verzicht auf psychologische Erklärungen. Nur „CSI: NY – Sintflut“ von Stuart M. Kaminsky geht genauer auf die Motive der Täter ein und erzählt auch aus der Perspektive von Tätern und Opfern.

 kaminsky-csiny-sintflut.jpg

Damit ist sein dritter „CSI:NY“-Roman für normale Krimifans sicher das befriedigenste Buch. Aber mit drei parallelen Mordermittlungen ist es schwer den Überblick zwischen den Fällen und den zahlreichen Verdächtigen zu behalten. Der Hauptfall ist eine Serienkillergeschichte. In ihm will ein Killer in einer Nacht mehrere Menschen umbringen. Mac Taylor entdeckt auf dem Körper der Ermordeten eingeritzte Buchstaben. Sie scheinen ein Hinweis auf den Täter, sein Motiv und seine künftigen Morde zu sein. Taylor fragt sich, wie viele Menschen noch auf der Liste des Killers stehen.

Der zweite Fall, der bestialische Mord an dem beliebten Lehrer Alvin Havels in einer Nobelschule, ist ein klassisches Locked-Room-Mystery. Der Lehrer wurde in seinem Klassenzimmer ermordet. Der Gang vor dem Zimmer wird mit Videokameras überwacht. Der Kollege, der die Leiche entdeckte, hat niemanden gesehen. Danny Messer und Lindsay Monroe fragen sich: Wie konnte der Täter also den Tatort verlassen?

Der dritte Fall sorgt für den nötigen Humor. Eine Bombe zerstört eine Wirtschaft. Ermittler Sheldon Hawkes wird in dem einsturzgefährdeten Haus in einem Loch verschüttet. Bei ihm ist ein Mann, der sich Connor Custus nennt und wahrscheinlich für die Explosion verantwortlich ist. In jedem Fall hat er ein abenteuerliches Leben hinter sich hat und ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Von oben versuchen Stella Bonasera und die Feuerwehr die beiden Eingeschlossenen zu befreien. Wegen des sintflutartigen Regens, der auch alle Spuren vernichtet, haben sie nicht viel Zeit.

Stuart M. Kaminsky führt die Fälle zu einer befriedigenden Lösung. Außerdem gelingt es ihm, die verschiedenen Charaktere mit wenigen Worten zu skizzieren. So sind die Verhöre der Schülerinnen hübsche kleine Charakterstudien.  Und, nachdem New York in „Der Tote ohne Gesicht“ (Dead of winter, 2005) unter einer Kältewelle, in „Blutige Spur“ (Blood on the sun, 2006) unter einer Hitzewelle, litt, regnet es in „Sintflut“ bereits seit Tagen ohne Unterbrechung. Selbstverständlich beeinflusst das ungewöhnliche Wetter wie in den vorherigen „CSI:NY“-Romanen von Stuart M. Kaminsky die Ermittlungen.

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Auch Donn Cortez präsentiert in seinem CSI:Miami“-Roman „Mörderisches Fest“ drei Fälle. Aber im Gegensatz zu Stuart M. Kaminsky legt er den Schwerpunkt – wie die TV-Serie – auf eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Ermittlungsschritte.

Die Vorweihnachtstage unterscheiden sich in Miami, bis auf die Temperatur, nicht so sehr von deutschen Vorweihnachtstagen. Wildgewordene Weihnachtsmänner toben durch die Stadt, hinterlassen ihre Spuren und betrinken sich bei der Santarchy. Als einer von ihnen stirbt, müssen die CSIler ran. Schnell finden sie heraus, dass der arbeitslose Schauspieler Kingsley Patrick vergiftet wurde. Ryan Wolfe und Frank Tripp müssen als verantwortliche Ermittler herauszufinden, ob der Mörder wirklich diesen Santa umbringen wollte. Denn Patrick führte ein zurückgezogenes Leben und er hatte keine Feinde.

Der zweite Fall dreht sich um einen Mann, der in den Sümpfen gefunden wurde. Sein Kopf ist explodiert. Eine harte Nuss für Eric Delko. Denn am Tatort gibt es keine Spuren von dem Mörder. Und er muss zuerst die Identität des aus Südamerika kommenden John Doe, der wahrscheinlich Rauschgift schmuggelte, herausfinden.

Der dritte Fall ist anfangs der komödiantische Fall. Der Zauberer Abdus Sattar Pathan verprügelt einen Kioskbesitzer. Anscheinend haben ihn die Nacktaufnahmen einer Muslima in Rage versetzt. Horatio Caine wird in den Fall verwickelt, weil Pathan sich weigert, sich seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen. Als er später kooperiert und die Tat leugnet, glaubt Caine, dass er hereingelegt werden soll. Noch bevor Caine herausfindet, wie Pathan die Beweise manipulierte, wird Pathan entführt. Oder ist das ein weiterer Trick des Zauberers?

Im Gegensatz zu den beiden anderen Fällen wird der Pathan-Fall nicht richtig gelöst. Zwar wird Pathan am Ende verhaftet, aber Cortez erzählt nicht, wie er die Beweise so manipulierte, dass Caine es nicht herausfinden konnte. Allerdings beruht die CSI-Formel genau darauf, dass der Tathergang anhand von Spuren erklärt wird. Und weil Caine in diesem Fall ermittelte, war es der Hauptfall, der dann auch vollständig geklärt werden sollte.

Die Pathan-Gesichte ist der Cliffhanger zum nächsten CSI:Miami-Roman „Harm for the Holidays – Heart Attack“ (2007) von Donn Cortez.

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Ken Goddards erster  „CSI“-Roman „In Extremis“ mit dem Las-Vegas-Team unterscheidet sich, allerdings nicht zu seinem Vorteil, von den „CSI“-Romanen von Stuart M. Kaminsky und Donn Cortez. Bei Goddard steht ein Fall im Mittelpunkt und, ein Tabubruch im „CSI“-Universum, im ersten Kapitel schildert Goddard den Tathergang.

Der psychopathische Ex-Soldat Alek Mialkovsky soll einen Mord verüben. Mitten in der Nacht liegt er am Treffpunkt in der Wüste auf der Lauer. Zufällig trifft eine Gruppe von Bikern ein. Die sorgfältig geplante Operation läuft aus dem Ruder und die Biker erschießen einen Pick-up-Fahrer.

Kurz darauf ruft Captain Jim Brass Gil Grissom und sein gesamtes Team zum Tatort. Denn die Biker sind Undercover-Polizisten, die einen wichtigen Drogendealer auf frischer Tat verhaften wollten. Die Forensiker beginnen den Schusswechsel zu rekonstruieren. Da wird auf einer nahe gelegenen Lichtung eine weitere Leiche entdeckt. Mialkovsky beobachtet mit dem Gewehr im Anschlag die Ermittler. Und ein Sturm naht.

Gerade weil Ken Goddard penibel der kondensierten „CSI“-Formel folgt, zeigt er auch, dass das in Buchform zu wenig ist. In ihr wird, ähnlich einem Whodunit, der Ablauf eines Verbrechens rekonstruiert. Aber „In Extremis“ ist, schließlich ist der Mörder von Anfang an bekannt, kein Whodunit. Es ist nur die Rekonstruktion eines uns bekannten Tatverlaufs. Weil Goddard aber nicht erklärt, warum sich zufällig ein Dutzend Menschen mitten in der Nacht in der Wüste treffen und er auch keine Hinweise auf Mialovskys Auftraggeber und Auftrag gibt, werden die Morde immer mehr zu einem beliebigen, nicht sonderlich spannendem, forensischen Rätsel. Das Ende, in dem der Mörder ungestraft entkommen kann, beschließt einen schlechten CSI-Roman. Oder sagen wir es umgekehrt: „In Extremis“ wäre, mit einem anderen Anfang, eine okaye „CSI“-Folge.

Insgesamt hat Stuart M. Kaminsky mit „CSI:NY – Sintflut“ das für Krimifans beste CSI-Buch des Herbstes geschrieben. Donn Cortez spekuliert mit dem Ende von „CSI: Miami – Mörderisches Fest“ zu unverholen auf eine Fortsetzung. Allerdings hat er auch zwei gute Kriminalfälle geschrieben. Es ist damit ein Buch, das sich vor allem an „CSI:Miami“-Fans richtet. Ken Goddards CSI-Einstand „In Extremis“ ist als reine Tatrekonstruktion auch für CSI-Fans enttäuschend.

 

 

 

Stuart M. Kaminsky: CSI: NY – Sintflut

(übersetzt von Antje Görnig)

VGS, 2007

312 Seiten

17,95 Euro

 

Originalausgabe:

CSI: NY – Deluge

Pocket Books, 2007

 

 

Donn Cortez: CSI: Miami – Mörderisches Fest

(übersetzt von Frauke Meier)

VGS, 2007

312 Seiten

17,95 Euro

 

Originalausgabe:

CSI: Miami – Harm for the Holidays – Misgivings

Pocket Books, 2006

 

 

Ken Goddard: CSI: Crime Scence Investigations – In Extremis

(übersetzt von Frauke Meier)

VGS, 2007

280 Seiten

17,95 Euro

 

Originalausgabe:

CSI: Crime Scence Investigation – In Extremis

Pocket Books, 2007

 

Hinweise:

Homepage von Stuart M. Kaminsky

Homepage von Donn Cortez

Homepage von Ken Goddard

 

Meine Besprechung von Stuart M. Kaminsky: CSI:NY – Der Tote ohne Gesicht

Meine Besprechung von Stuart M. Kaminsky: CSI:NY – Blutige Spur

Meine Besprechung von Max Allan Collins: CSI – Im Profil des Todes

Meine Besprechung von Kris Oprisko/Jeff Mariotte: CSI:Miami (Comic)

Meine Besprechung von Kris Oprisko:  CSI – Domino (Comic)

Meine Besprechung von Steven Grant: CSI – Geheimidentität (Comic)

Meine Besprechung von Max Allan Collins: CSI:NY – Blutiger Mord (Comic)

Meine Besprechung von Max Allan Collins: CSI – Das Dämonenhaus

(weil es bei allen Besprechungen auch zahlreiche Links zu verschiedenen CSI-Seiten gibt, verzichte ich hier darauf)


Kurzmeldungen: Heath Ledger tot, Oscar- und Razzie-Nominierungen, „Die Anwälte“ abgesetzt, „Conspiracy Theory“ online

Januar 23, 2008

Der 28-jährige Heath Ledger (Brokeback Mountain) wurde am Dienstag tot in seiner New Yorker Wohnung gefunden. Er starb wahrscheinlich an einer Überdosis Drogen  (via Crimespree Cinema; siehe auch CNN).

Die Oscar-Nominierungen sind draußen. Die meisten Filme (viele Krimis!), die in den wichtigen Kategorien nominiert sind, laufen demnächst in Deutschland an. Etliche der nominierten Drehbücher gibt’s im Netz. Direkte Links zu ihnen gibt es bei Simply Script.  Und, bei dem ganzen Jugendkult, ist es schön, dass der achtzigjährige Hal Holbrook (hier der Link zu einem Interview) als bester Nebendarsteller nominiert wurde.

Die Razzie-Nominierungen sind ebenfalls draußen. Die meisten Filme kenne ich nicht – und will sie wahrscheinlich auch niemals sehen.

RTL arbeitet am Absetzungsrekord. Nach nur einer Folge wird „Die Anwälte“ (mit Kai Wiesinger und Alexander Held) abgesetzt. Die Quote am vergangenen Donnerstag war aus RTL-Sicht suboptimal („deutlich unter den Erwartungen„) und so wurde ein Kurzer Prozess gemacht. Dabei hätten „Die Anwälte“ durchaus Eine Zweite Chance verdient gehabt.  Denn sooo schlecht war die erste Folge nicht.

Brian Helgelands Drehbuch „Conspiracy Theory“ (Fletchers Visionen, verfilmt von Richard Donner mit Mel Gibson und Julia Roberts) ist online.


TV-Tipp für den 23. Januar

Januar 22, 2008

3sat, 22.45

Einsatz in Hamburg: Bei Liebe Mord (D 2004, R.: Lars Becker)

Drehbuch: Dirk Salomon, Thomas Wesskamp

Zwei Zivilfahnder erschießen einen Verbrecher und präsentieren ihn als Mörder einer Prostituierten. Kommissarin Jenny Berlin bezweifelt deren Version und ermittelt gegen die Kollegen und den Kiezpaten Drago.

Gewohnt gute Kost von Lars Becker.

Mit Aglaia Szyszkowitz, Hannes Hellmann, Rainer Strecker, Cosma Shiva Hagen, Hanno Koffler, Martin Brambach, Hilmi Sözer, Ulli Kinalzik, Felix Vörtler, Bülent Sharif


Cover der Woche

Januar 22, 2008

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