Am Dienstag, den 6. September, feiert Dominik Graf seinen siebzigsten Geburtstag. Deshalb werden in den nächsten Tagen mehrere seiner Filme gezeigt; mit dem erwartbarem Schwerpunkt auf seinen neueren und bekannteren Filmen, wie dem heutigem Polizeiruf:
RBB, 22.15
Polizeiruf 110: Er sollte tot (Deutschland 2006)
Regie: Dominik Graf
Drehbuch: Rolf Basedow
Die junge Prostituierte Maria ermordet den Rentner Waller. In dem Verhör will Kommissar Tauber herausfinden, warum sie das tat.
Für sein Drehbuch stützte Rolf Basedow sich auf die Protokolle eines wahren Falles aus Schleswig-Holstein. Und Dominik Graf inszenierte das Zusammentreffen zwischen dem ruppigen, einarmigen Kommissar Tauber und der jungen Mörderin mit seiner gewohnten Meisterschaft.
Zu den gemeinsamen Arbeiten von Dominik Graf und Rolf Basedow (als Drehbuchautor) gehören „Sperling und das Loch in der Wand“, „Sperling und der brennende Arm“, „Hotte im Paradies“ (diese Zuhälterstudie könnte mal wieder gezeigt werden), „Zielfahnder: Flucht in die Karpaten“ und die TV-Serie „Im Angesicht des Verbrechens“.
Mit Edgar Selge, Michaela Mey, Rosalie Thomass, Jochen Striebeck, Eisi Gulp, Ulricke C. Tscharre, Klaus Lemke
„Schlachthof 5“ ist Kurt Vonneguts bekanntester Roman. Er ist, so Vonnegut, „ein wenig im Stil der telegraphisch-schizophrenen Geschichten des Planeten Tralfamador gehalten, wo die Fliegenden Untertassen herkommen“. „Schlachthof 5 oder Der Kinderkreuzzug – Ein Pflichttanz mit dem Tod“, so der vollständige Titel, markiert, nach fünf veröffentlichten Romane, von denen zwei für den Hugo Preis nominiert waren, 1969 auch seinen Durchbruch als Schriftsteller.
1972 wird der Bestseller verfilmt. Es ist ein Prestigeprodukt. George Roy Hill, der damals nach „Butch Cassidy und Sundance Kid“ alles tun durfte, übernimmt die Regie. Michael Sachs (sein Debüt), Ron Leibman und Eugene Roche spielen mit. Kameramann ist Miroslav Ondrícek. Zu seinen späteren Arbeiten gehört „Amadeus“. Henry Bumstead ist für das Produktionsdesign zuständig. Zu seine früheren Arbeiten gehören die Alfred-Hitchcock-Filme „Vertigo“ und „Topas“. Danach arbeitete er bis zu seinem Tod 2006 viele Jahre mit Clint Eastwood zusammen. Glenn Gould schrieb die Musik. Der Film erhielt in Cannes, bei den Hugo Awards und von der Academy of Science Fiction, Fantasy & Horror Films Preise. Vonnegut äußerte sich positiv über die Verfilmung: „a flawless translation of my novel“.
Trotzdem ist der inzwischen eher vergessene Film nicht wirklich gelungen.
Die Übertragung in den Comic gerät deutlich besser. Autor Ryan North und Zeichner Albert Monteys erzählen den Roman nach, bebildern und interpretieren ihn, indem sie die Möglichkeiten, die ein Comic hat, nutzen.
In dem Antikriegsroman erzählt Vonnegut die Geschichte von Billy Pilgrim. Im Zweiten Weltkrieg nimmt er als Soldat der U. S. Army an der Ardennenoffensive teil. Danach stolpert er orientierungslos mit einigen Kameraden durch das Kriegsgebiet. Er ist dabei der unfähigste Soldat der kleinen Einheit. Sie werden von deutschen Soldaten gefangen genommen. Pilgrim wird, mit anderen Kriegsgefangenen, nach Dresden in den titelgebenden Schlachthof 5 gebracht. Als er in dem Gefangenenlager ist, wird Dresden von den Allierten bombardiert. Ein besseres Bild für die Absurdität des Krieges und des Lebens gibt es wohl nicht.
Nach dem Krieg wird Pilgrim ehrenhaft (und mit PTSD) entlassen. Er wird Optiker, heiratet, gründet eine Familie und lebt den amerikanischen Traum. Dabei fällt er immer wieder aus der Zeit. Die anderen Menschen halten das für kurze geistige Abwesenheiten. Aber in diesen Momenten ist Pilgrim in der Vergangenheit, der Zukunft oder auf dem Planet Tralfamadore, wo er nette Gespräche mit den freundlichen Tralfamadorianern hat. Deren Sicht auf die Welt unterscheidet sich fundamental von der Sicht der Menschen auf die Welt.
Vonnegut erzählt Pilgrims Geschichte mit grimmigem Humor und dem immer wieder wiederholtem lakonischen Satz „Wie das so ist“, bzw. im Comic „So ist das“.
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Kurt Vonnegut: Schlachthof 5 oder Der Kinderkreuzzug: Ein Pflichttanz mit dem Tod
(übersetzt von Gregor Hens, mit einem Nachwort von Asal Dardan)
Hoffmann und Campe, 2022
248 Seiten
24 Euro
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Originalausgabe
Slaughterhouse-Five, or The Children’s Crusade: A Duty-Dance with Death
Delacorte Press, 1969
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Erstausgabe dieser Übersetzung (ja, es gibt auch ältere Übersetzungen)
Hoffmann und Campe, 2016
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Ryan North/Albert Monteys: Schlachthof 5 oder Der Kinderkreuzzug
Nach der Verbüßung seiner Jugendstrafe würde Daniel gerne Priester werden. Aufgrund seiner Vorstrafen ist das unmöglich. Als er in einem Dorf für einen Geistlichen gehalten wird, nimmt er diese Rolle an und spaltet mit seiner unkonventionellen Art schnell die Dorfgemeinde
Jan Komasas auf einem wahren Fall beruhende Hochstapler-Geschichte war in Polen ein Kritiker- und Publikumserfolg, der sogar in den deutschen Kinos lief.
„Corpus Christi“ ist ein sperriger, aber auch sehenswerter Film.
The Descendants – Familie und andere Angelegenheiten (The Descendants, USA 2011)
Regie: Alexander Payne
Drehbuch: Alexander Payne, Nat Faxon, Jim Rash
LV: Kaui Hart Hemmings: The Descendants, 2009 (Mit deinen Augen, Neuveröffentlichung unter „The Descendants“)
Auch im Paradies haben die Menschen alltägliche Probleme. So muss Rechtsanwalt Matt King (George Clooney) sich auf Hawaii mit der weiteren Nutzung des Landes, das seit Generationen im Familienbesitz ist und von ihm verwaltet wird, herumschlagen, seine Frau liegt nach einem Bootsunfall im Koma und er muss sich jetzt um seine beiden Töchter kümmern. Da erfährt er, dass seine Frau einen Liebhaber hatte.
mit George Clooney, Shailene Woodley, Beau Bridges, Robert Forster, Judy Greer, Matthew Lillard, Nick Krause, Amara Miller, Mary Birdsong, Rob Huebel, Patricia Hastie
Bei der von mir besuchten Führung sprach unser Führer viel über die Vergangenheit und wenig über die noch nebulöse Zukunft. Das war eine gute und sehr informative Mischung. Die Führungen sind kostenlos.
Die Führung beginnt am Zugang ZKS-1
Ein Hangar für die Passagierflugzeuge
Ein Blick vom Rollfeld auf das legendäre Terminal (aufgrund aktueller Zwischennutzungen durften wir nicht besonders Nahe rangehen)
R. i. P. Wolfgang Petersen (14. März 1941 in Emden – 12. August 2022 in Los Angeles, Kalifornien)
Heute läuft wieder einer seiner vielen guten Filme
Kabel 1, 20.15
Air Force One (Air Force One, USA 1997)
Regie: Wolfgang Petersen
Drehbuch: Andrew W. Marlowe
Buch zum Film: Max Allan Collins: Air Force One, 1997 (Air Force One)
Russische Terroristen entführen die Air Force One. Der US-amerikanische Präsident James Marshall wirft sie – Wer könnte bei dem Namen daran zweifeln? – aus seinem Flugzeug. Davor erkundet er den Gepäckraum der Air Force One und versucht mit dem Weißen Haus zu telefonieren.
Gut besetztes Popcorn-Kino von unserem Mann in Hollywood. Jedenfalls damals.
Andrew W. Marlowe erfand später die TV-Serie „Castle“.
Mit Harrison Ford, Glenn Close, Gary Oldman, Wendy Crewson, Paul Guilfoyle, Xander Berkeley, William H. Macy, Dean Stockwell, Jürgen Prochnow, Bill Smitrovich, Philip Baker Hall, Werner Sonne (als deutscher Journalist)
Wiederholung: Dienstag, 30. August, 22.50 Uhr (davor, ab 20.15 Uhr, kämpft Harrison Ford gegen „Cowboys & Aliens“)
Enttarnt – Verrat auf höchster Ebene (Breach, USA 2007)
Regie: Billy Ray
Drehbuch: Adam Mazer & William Rotko und Billy Ray (nach einer Geschichte von Adam Mazer & Billy Rotko)
Der junge, ehrgeizige, katholische FBI-Mitarbeiter Eric O’Neill soll seinen Vorgesetzten, den streng gläubigen Sicherheitsexperten und Bürokraten Robert Hanssen bespitzeln. Wegen seiner sexuellen Vorlieben, wird ihm gesagt. Erst viel später erfährt er den wahren Grund für seinen Auftrag.
„Enttarnt“ ist ein feiner Polit-Thriller der John-le-Carré-Schule: ein spannendes, ruhig erzähltes Katz-und-Maus-Spiel, bei dem die Schauspieler im Mittelpunkt der wahren, bei uns eher unbekannten Geschichte stehen. Der gewohnt grandiose Chris Cooper spielt Robert Hanssen, der von 1979 bis 2001 für den KGB spionierte und zahlreiche US-Agenten verriet.
Der echte O’Neill beriet die Filmemacher.
mit Chris Cooper, Ryan Phillippe, Laura Linney, Dennis Haysbert, Caroline Dhavernas, Gary Cole, Kathleen Quinlan, Bruce Davison
Die zwei Gesichter des Januars (The two Faces of January, Großbritannien/USA/Frankreich 2014)
Regie: Hossein Amini
Drehbuch: Hossein Amini
LV: Patricia Highsmith: The two Faces of January, 1964 (Unfall auf Kreta, Die zwei Gesichter des Januars)
Athen, 1962: Der kleine Betrüger Rydal (Oscar Isaac) schlägt sich als Fremdenführer durch, trifft das amerikanische Ehepaar Chester MacFarland (Viggo Mortensen) und Colette (Kirsten Dunst) und wird in einem Mordfall verwickelt. Denn auch Chester ist in betrügerische Geschäfte verwickelt.
Schon als Kind vergräbt Elias seine Nase lieber in ein Buch als in einen Misthaufen. Weil er in den Sechzigern in Tirol im Zillertal aufwächst, führt das zu Problemen mit seinem Vater. Er ist Großbauer und er möchte, dass Elias später den Hof übernimmt. Damit wäre Elias im Tal ein gemachter Mann.
Aber Elias will dieses Leben nicht. Und dann verliebt er sich kurz vor dem Ende seiner Schulzeit, auch noch in die falsche Frau. Sie ist älter als er und geschieden. Das sind schon zwei gute Gründe, die 1968 auf dem Land, wo die 68er Bewegung höchstens in den Fernsehnachrichten erwähnt wurde, gegen so eine Beziehung sprechen. Außerdem ist sie überaus lebenslustig. Sie vergnügt sich tanzend in der Dorf-Disco und schwimmt nackt im See. Mit Elias.
Um seinen Sohn zur Vernunft zu bringen, schickt er ihn für mehrere Monate auf die ihm gehörende Hochalm Märzengrund. Dort soll er allein das Vieh hüten. Elias, der auch psychische Probleme hat, genießt dieses einsame Leben. Hier hat er endlich die Ruhe, die er im Tal vermisst. Hier kann er so leben, wie er möchte. Dieses Leben in der zuerst aufgezwungenen, schnell selbstgewählten Einsamkeit will er nicht mehr aufgeben. Nach dem Winter kommt es darüber zum endgültigen Bruch zwischen Elias und seinem Vater.
In den folgenden Monaten steigt Elias in den Alpen so weit es geht nach oben. In einer Gegend über der Baumgrenze, in die normalerweise kein Mensch kommt, baut er sich eine Hütte.
Jahrzehnte später wird Elias mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus gebracht. Er ist inzwischen ein älterer Mann, der von dem Leben in den Bergen gezeichnet ist und viel älter aussieht als er ist. Er muss behandelt werden. Nachdem er nicht mehr in Lebensgefahr schwebt, kommt er in ein Altersheim. Zunächst, so wird ihm gesagt, zur Genesung.
Dieser dritte, fast in der Gegenwart spielende Akt ist der große Schwachpunkt von Adrian Gogingers zweitem, mit vielen Zeitsprüngen erzähltem Spielfilm.
Sein Debüt war vor fünf Jahren das überzeugende Drogendrama „Die beste aller Welten“. Sein zweiter Kinofilm „Märzengrund“ basiert ebenfalls auf einer wahren Geschichte. Felix Mitterer verarbeitete sie 2016 als Auftragsarbeit für das in Stumm stattfindete Festival Stummer Schrei zu einem Theaterstück. Das Stück bildet die Grundlage für den Film. Die Geschichte wird konsequent von der Theaterbühne in die freie Natur und in die Berge verlegt. Regisseur Goiginger, der nach einem Treatment von Mitterer das Drehbuch schrieb, zeigt ausführlich das anstrengende Leben von Elias in den Bergen. Er muss sich eine Hütte bauen, in der er, während die Hütte im Schnee versinkt, den Winter überleben kann. Und er muss sein Essen jagen. Das ist leichter gesagt, als getan. Goiginger findet dafür Bilder, die an Terrence Malicks Naturverklärung erinnern.
In Rückblenden erzählt Goiginger dann, wie Elias zur Entscheidung kommt, ab 1968 sein Leben in dieser Hütte abseits der anderen Menschen und den Zwängen der Gesellschaft zu führen. In einer finalen, den zweiten Akt beendenden Konfrontation mit seinem Vater verzichtet Elias auf den Hof, das damit verbundene erkleckliche Erbe und den Einfluss im Tal. In dem Moment wissen und verstehen wir, warum Elias sein erimitäres Leben wählte.
Dieser, aus dem ersten und zweiten Akt bestehende Teil des Films ist überaus gelungen.
Der dritte, Jahrzehnte später spielende Akt ist dann nur noch ein überflüssiger Nachschlag, in dem Elias sich mit dem Krankenhaus, seiner Krankheit und seiner Familie arrangieren muss. In dem Moment besteht sie aus seiner Mutter, die ihn als Kind mit Lesestoff versorgte und immer wieder vor dem Vater beschützte, und seiner Schwester. Elias steht jetzt nicht mehr vor der Frage, wie er Leben möchte, sondern wie sein Leben war. Johannes Krisch, der den älteren Elias spielt, darf hier groß aufspielen. Ohne diesen Szenen hätte Krisch, seit 1989 Mitglied des Wiener Burgtheaters, nur einen kurzen Auftritt. Der jüngere Elias wird von Jakob Mader in seiner ersten nennenswerten Filmrolle gespielt und er trägt den insgesamt sehenswerten Film.
Märzengrund (Österreich/Deutschland 2022)
Regie: Adrian Goiginger
Drehbuch: Adrian Goiginger, Felix Mitterer (Co-Autor)
mit Jakob Mader, Johannes Krisch, Gerti Drassl, Harald Windisch, Verena Altenberger, Iris Unterberger, Carmen Gratl
Los Angeles: Als ein Hubschrauberpilot entdeckt, dass der von ihm gesteuerte Wunderhubschrauber (leise und ausgestattet mit der modernsten Technik, um Menschen optisch und akustisch zu überwachen) für die Bekämpfung von vorher provozierten Aufständen eingesetzt wird, entdeckt er sein Gewissen und flüchtet mit dem Hubschrauber. Seine Vorgesetzten findet das gar nicht lustig.
Damals eine Negativ-Utopie, heute ein SF-Klassiker und, in jeder Beziehung, brennend aktuell. Das kann wahrlich nicht über jeden Film gesagt werden.
Mit Roy Scheider, Malcolm McDowell, Warren Oates, Candy Clark, Daniel Stern, Joe Santos
Nach einem gescheiterten romantischen Abendessen im Dunkelrestaurant – Marc-Uwe war etwas unbeholfen und sein Mitbewohner, der ohne eine Einladung dabei war, kommentierte alles süffisant und schaltete im Restaurant das Licht an – hofft Marc-Uwe auf eine zweite Chance bei seiner großen Liebe Maria. Er wettet mit ihr, dass er ihre Mutter aus ihrem verschwörungstheoretischem Wahn wieder in die reale Welt zurückholt. Dabei soll ihm sein Mitbewohner, das Känguru, helfen. Es ist ein echtes Känguru, das bei ihm wohnt, redet, politisiert, klugscheißt und sich durchschnorrt. Die Geschichte ihrer ersten Begegnung wird in „Die Känguru-Chroniken“ erzählt.
Das von Marc-Uwe Kling erfundene Känguru hatte seinen ersten Auftritt 2008 in dem wöchentlichen Podcast „Neues vom Känguru“ beim RBB-Radiosender „Fritz“. Die kurzen Geschichten kamen gut an. Später wurden sie als Bücher veröffentlicht und zu Bestsellern. 2020 kam mit „Die Känguru-Chroniken“ die Verfilmung in die Kinos. Die Komödie war das erste prominenten Opfer der Covid-Pandemie. Denn kurz nach dem erfolgreichen Kinostart schlossen die Kinos. Trotzdem sahen über 800.000 Zuschauer den Film in den Kinos. Er steht auf dem neunten Platz der besucherstärksten Filme des Jahres 2020 in den deutschen Kinos. Da war eine Fortsetzung unvermeidlich. „Die Känguru-Verschwörung“ heißt sie und sie läuft jetzt in den Kinos an.
Wenn der schluffige Kleinkünstler Marc-Uwe die Wette gewinnt, muss Maria ihn zu einem Essen in Paris einladen. Wenn er verliert, muss er Maria und ihrem Sohn seine günstige, große Kreuzberger Mietwohnung überlassen.
Das Känguru kommentiert die Wette durchaus prophetisch mit der rhetorischen Frage: „Bist du wahnsinnig?“
Im folgenden erzählt „Die Känguru-Verschwörung“, wie Marc-Uwe und das Känguru versuchen, Marias Mutter ‚Diesel-Liesel‘ Lisbeth Schlabotnik von ihrem verschwörungstheoretischem Denken abzubringen. Dummerweise ist sie von den verschiedenen Verschwörungstheorien hundertfünfzig Prozent überzeugt und in der Szene der aufstrebende Star. Entsprechend desaströs verläuft für unsere beiden Helden die erste Begegnung mit Diesel-Liesel in Köpenick bei einer Diskussionsveranstaltung über die Klimalüge.
Als nächstes soll sie in Bielefeld auf der „Conspiracy Convention“ vor Adam Krieger, dem großen Star der Szene, auftreten. Das ist für Marc-Uwe und das Känguru die zweite Chance, die Wette zu gewinnen.
Die Story dient Marc-Uwe Kling, der hier neben dem Drehbuch (zusammen mit Jan Cronauer) auch die Regie übernahm, natürlich nur als grober Rahmen für eine enttäuschende Nummernrevue. Die Hauptstory wird immer wieder von Episoden unterbrochen, die mit ihr nichts zu tun haben. Sie bringen sie in keinster Weise voran und könnten ohne einen Verlust aus dem Film herausgeschnitten werden. Das sind ein Kampf mit dem Hauptmann von Köpenick, eine Auseinandersetzung mit einem BVG-Busfahrer, ein Drogentrip und ein Reenactment der Varusschlacht, in das unsere beiden Helden kurz vor Bielefeld hineinstolpern. Die beiden Hauptfiguren variieren teils aus den Känguru-Geschichten altbekannte Gags. Die Witze über Verschwörungstheorien und deren Verfechter sind nicht besonders gelungen. Viel zu oft wiederholen sie nur naheliegende und altbekannte Gags über Verschwörungstheoretiker und ihre abstrusen Theorien. Dazwischen gibt es, an den unpassendsten Stellen, das Alternative-Zitate-Spiel (in dem Zitate verändert oder den falschen Personen zugeordnet werden), und immer wieder, immer in Zeitlupe, Schnick Schnack Schnuck (bzw. Schere, Stein, Papier). Mit diesem Spiel treffen Marc-Uwe und dem Känguru Entscheidungen; wobei Marc-Uwe immer verliert.
Kling führte hier erstmals, durchaus gelungen Regie. Er hat viele Ideen. Er denkt in Filmbildern und es gibt etliche Nebenbei-Gags, die für mich zu den gelungensten Witzen des Films zählen. Allerdings nervt die immergleiche Präsentation von Schnick Schnack Schnuck, das im Film viel zu oft gespielt wird. Die Dialoge sind eher ambitionslos auf dem Niveau einer schlechteren TV-Sketch-Comedy inszeniert. Das Timing ist entsprechend. Und die Schauspieler spielen alle zu ausdruckslos. Das ist zwar angenehmer als ein permanentes Overacting, aber es ist hier einfach zu emotionslos.
Am Ende ist „Die Känguru-Verschwörung“ linksalternatives Wohlfühlkino, das niemanden überfordern oder verunsichern will. Das könnte zum Nachdenken führen.
Zum Filmstart erschien „Der Storyboard-Comic zum Film“. Dafür wurde das Storyboard, also die von Axel Eichhorst vor den Dreharbeiten gezeichnete Visualisierung des Films, die einen genauen Eindruck von dem späteren Film vermittelt, genommen und von Michael Holtschulte (Text), Ralf Marczinczik und Jan Thüring (Layout) für die Buchveröffentlichung bearbeitet. Das jetzt veröffentlichte Storyboard vermittelt einen guten, aber auch eigenständig lesbaren Eindruck von dem Film. Die Zeichnungen wirken immer wie Skizzen, die in erster Linie Anweisungen sind, die den Mitarbeitern am Set die Vision des Regisseurs vermitteln sollen. Die Dialoge und Abläufe sind aus dem Drehbuch und dem Film entnommen.
Die Känguru-Verschwörung(Deutschland 2022)
Regie: Marc-Uwe Kling
Drehbuch: Marc-Uwe Kling, Jan Cronauer
Buch zum Film: Marc-Uwe Kling/Jan Cronauer/Axel Eichhorst: Die Känguru-Verschwörung, 2022
mit Dimitrij Schaad, Rosalie Thomass, Petra Kleinert, Michael Ostrowski, Benno Fürmann, Volker Zack, Adnan Maral, Tim Seyfi, Carmen-Maja Antoni, Melanie Straub, Daniel Zillmann, Nils Hohenhövel
Länge: 103 Minuten
FSK: ab 6 Jahre
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Das Buch zum Film
Marc-Uwe Kling/Jan Cronauer/Axel Eichhorst: Die Känguru-Verschwörung
Drehbuch: Rick Jaffa, Amanda Silver, Derek Connolly, Colin Trevorrow
LV: Charaktere von Michael Crichton
Jedes Jahr besuchen Tausende die Insel Isla Nublar, um dort lebendige Dinosaurier zu bestaunen. Eines Tages ergänzen die Urviecher ihren Speiseplan um die Inselbesucher und, nun, drücken wir es mal so aus: die Urlauber erleben einen unvergesslichen Urlaub. Wenn sie ihn überleben.
Unterhaltsamer, an der Kinokasse sehr erfolgreicher Dino-Thriller, der die Geschichte von „Jurassic Park“ weiter erzählt. Die nächsten beiden „Jurassic World“-Filme sind deutlich schlechter und weil der neueste „Jurassic World“-Film „Ein neues Zeitalter“ an der Kinokasse so erfolgreich ist, wird es mit Hollywood-Sicherheit weitere Dinosaurier-Filme geben.
mit Chris Pratt, Bryce Dallas Howard, Ty Simpkins, Nick Robinson, Vincent D’Onofrio, Judy Greer, BD Wong, Omar Sy, Jake Johnson, Irrfan Khan, Katie McGrath
Dr. Nate Samuels (Idris Elba) will mit seinen beiden Töchtern, der achtzehnjährigen Meredith (Iyana Halley) und der dreizehnjährigen Norah (Leah Jeffries), einige Tage bei seinem alten Freund Martin Battles (Sharlto Copley) in der südafrikanischen Savanne verbringen. Er ist Biologe und Manager eines Wildreservats.
Nate will mit diesem gemeinsamen Urlaub die Beziehung zu seinen Töchtern kitten. Vor allem Meredith wirft ihm immer noch vor, er habe sich zu wenig um ihre vor kurzem nach langer Krankheit verstorbene Mutter gekümmert.
Diese Familientherapie wird schnell zur Nebensache. Denn in der Savanne treffen sie auf einen riesigen Löwen, der auf einem Rachefeldzug ist und dabei alle Menschen, denen er begegnet, tötet.
Baltasar Kormákurs neuer Film „Beast – Jäger ohne Gnade“ ist genau das, was er verspricht: ein mit neunzig Minuten angenehm schlankes Horror-B-Picture, das unerbittlich an der Spannungsschraube dreht. Dazu gibt es einige in Südafrika gedrehte Cinemascope-Landschaftsaufnahmen. Sowieso wurde der gesamte Film vor Ort gedreht. Es gibt eine gute Besetzung. Einen angenehm furchterregendem Löwen (natürlich CGI) und ein straffes Drehbuch, in dem alles, was irgendwann erklärt oder gezeigt wird, später wieder wichtig wird.
Das ist genau der Thriller, den ich von Baltasar Kormákur erwartet habe. Und ich meine das lobend.
Beast – Jäger ohne Gnade (Beast, USA 2022)
Regie: Baltasar Kormákur
Drehbuch: Ryan Engle (nach einer Vorlage von Jaime Primak Sullivan)
mit Idris Elba, Sharlto Copley, Iyana Halley, Leah Jeffries, Martin Munro
Drehbuch: Sacha Gervasi, Jeff Nathanson (nach einer Geschichte von Andrew Niccol und Sacha Gervasi)
Viktor Navorski (Tom Hanks) hat Pech bei der Einreise in die USA. Weil in seiner Heimat Krakosien geputscht wurde, ist er jetzt staatenlos. Zurückfliegen kann er nicht. Und er darf, wie ihm der leitende Grenzschutzbeamte erklärt, die USA nicht betreten. Und zurückfliegen kann er auch nicht. Also richtet er sich, ganz gesetzestreuer Bürger, im Transitbereich des JFK-Airports häuslich ein.
Herziges, sehr komödiantisches, sehr lose auf einem wahren Fall basierendes Drama im Frank-Capra-Stil mit einem über jede Kritik erhabenem Ensemble.
mit Tom Hanks, Catherine Zeta-Jones, Stanley Tucci, Chi McBride, Diego Luna, Barry Shabaka Henley, Kumar Pallana, Zoë Saldana, Eddie Jones, Jude Ciccolella, Michael Nouri, Benny Golson (sein, ähem, Schauspieldebüt als Benny Golson)
Der erste Spenser-Roman, 1973 erschienen, ein Klassiker und immer noch ein Lesevergnügen. Bis zu seinem Tod schrieb Robert B. Parker vierzig Spenser-Romane. Seitdem erzählt Ace Atkins weitere Geschichten mit dem normalerweise in Boston arbeitendem Privatdetektiv. Diese inzwischen zehn Krimis sind noch nicht ins Deutsche übersetzt.
Georges pflegt seine Frau Anne, mit der er seit Jahrzehnten verheiratet ist – und Michael Haneke beobachtet diesen Weg in den Tod mit der ihm eigenen Präzision.
Der grandiose Film erhielt unter anderem die Goldene Palme (kurz nach seiner Weltpremiere), den Oscar als bester ausländischer Film (er war auch nominiert als bester Film, beste Regie, bestes Drehbuch und beste Hauptdarstellerin), mehrere Césars und viele weitere Preise.
Lohnen sich heutzutage überhaupt noch gedruckte Kalender? Schließlich hat jeder seinen Kalender auf dem Computer (bis zum Stromausfall). Dort kann man sich auch Notizen bis zum Abwinken machen und sich mit der Erinnerungsfunktion an wichtige Termine, wie die Geburtstage der Kinder, erinnern lassen.
Und trotzdem sind Kalender, wie ein Blick in die nächste Buchhandlung zeigt, immer noch beliebt. Schließlich haben sie etwas haptisches, die dort aufgeschriebenen Termine gehen nicht verloren und, jetzt komme ich zum „Schüren Filmkalender 2023“, oft stehen bei den einzelnen Tagen wichtige allgemeine Informationen. In einem Filmkalender sind das vor allem Geburtstage und Todestage von wichtigen Filmschaffenden. Natürlich gibt es die Daten auch in der IMDb. Aber wer will wirklich jeden Tag hunderte, wenn nicht sogar tausende Namen durchscrollen, um zu erfahren, dass Tom Hanks am 9. Mai 1956, Johnny Depp am 9. Juni 1963 und Doris Fuhrmeister, die erste ausgebildete Filmvorführerin in Deutschland (jetzt habt ihr etwas gelernt) am 7. November 1889 geboren sind und Federico Fellini und River Phoenix am 31. Oktober 1993 starben.
Es gibt teils ausführliche Texte zu bekannten Filmschaffenden, wie Roman Polanski, Fatih Akin, Kathleen Kennedy, Greta Gerwig und Michael Mann, die alle 2023 runde Geburtstage feiern, und Themen, Phänomenen und bestimmten Filmen, die in einen größeren Kontext gestellt werden, wie Jim Sheridans 1993er Nordirlanddrama „Im Namen des Vaters“. Über den Zombiefilm geht es ausgehend von dem 1943er Horrrofilm „Ich folgte einem Zombie“ (I walked with a Zombie). Der Caper-Film wird mit der 1973er Gaunerkomödie „Der Clou“ (The Sting) gewürdigt.
Außerdem enthält der „Schüren Filmkalender 2023“, teils mit Erklärungen, die Adressen von wichtigen Institutionen und Festivals.
Damit kann der Kalender für Filmfans mühelos zu einem wichtigen Begleiter durch das Jahr werden.
Auf dem Buchcover ist Catherine Deneuve in „Die Regenschirme von Cherbourg“ abgebildet. Sie hat am 22. Oktober einen runden Geburtstag und sieht immer noch so verführerisch aus wie zu Zeiten von „Belle de Jour“.
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Teilnahmebedingungen für die Verlosung
Der Schüren Verlag hat der Kriminalakte für eine Verlosung zwei druckfrische Exemplare vom „Filmkalender 2023“ überlassen.
Die Verlosung endet am kommenden Montag, den 29. August, um Mitternacht (also um 23.59 Uhr).
In den Betreff müsst ihr „Verlosung Filmkalender“ schreiben und in der Mail an info@axelbussmer.de muss eine deutsche Postadresse stehen.
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Nils Bothmann (Redaktion): Schüren Filmkalender 2023
Auf einer Techno-Party entdeckt die partysüchtige siebzehnjährige Berlinerin Tina im Gebüsch ein missgestaltetes Wesen, das aus einem Alptraum kommen könnte. Dieser Nachtmahr wird ihr ständiger, nur für sie sichtbarer Begleiter und er bringt ihr Leben durcheinander.
TV-Premiere. Eigenständiger deutscher Horrorfilm und Coming-of-Age-Film, gedreht ohne Fördergelder und TV-Sender mit einem Mini-Budget. So konnte AKIZ den Film schnell und ohne Kompromisse drehen. Und das Ergebnis ist ein in jedem Fall sehenswerter und ziemlich einzigartiger Trip.