Am Ende von „Blutsonntag“ flüchtete Klara Schindler, Journalistin und Kommunistin, nach einem missglückten Attentat auf einen Polizisten aus Deutschland.
Am Anfang von „Unter dem Schatten des Todes“ langweilt sie sich in Kopenhagen, bis ihr KPD-Verbindungsmann sie beauftragt nach Berlin zu fahren und die Hintergründe des Reichtstagsbrandes vom 27. Februar 1933 herauszufinden. Denn die Kommunisten glauben nicht an die Nazi-Version, dass Marinus van der Lubbe ein Einzeltäter ist. Sie glauben, dass die Nazis den Brand gelegt haben.
Klara wird, weil die Grenze bereits zu ist, als englische Journalistin eingeschleust. In Berlin beginnt sie mit ihren Ermittlungen. Schnell zweifelt sie daran, dass van der Lubbe die Tat allein begangen hat und sie erfährt immer mehr über van der Lubbe, das dem offiziellen Bild des geistig behinderten Täters widerspricht.
„Unter dem Schatten des Todes“ ist der tolle dritte Kriminalroman mit Klara Schindler, in dem Robert Brack nah an den Fakten Ereignisse aus der Vergangenheit neu beleuchtet. In „Und das Meer gab seine Toten wieder“ ging es um den Selbstmord einer Hamburger Polizistin und die Machtkämpfe um die inzwischen vollkommen unbekannte weibliche Kriminalpolizei. In „Blutsonntag“ um den Altonaer Blutsonntag vom 17. Juli 1932, an dem die SA und SS, von der Polizei geschützt, durch das Arbeiterviertel marschierten. Dabei wurden 18 Menschen ermordet. Den Hamburgern könnte dieses Datum noch etwas sagen. Der Reichtstagsbrand und die umstrittene Frage der Täterschaft dürfte dagegen allgemein bekannt sein. Fast schon Schulwissen.
Letztes Jahr schrieb Bernward Schneider mit „Flammenteufel“ einen erschreckend langweiligen und schlecht konstruierten Kriminalroman über diese Tat. Dagegen hat Robert Brack mal wieder alles richtig gemacht und das Berlin des Jahres 1933 entsteht vor unserem geistigen Auge in all seinen Facetten. Und seine Erklärung, wer wie den Reichstagsbrand legte, ist eine sehr nachvollziehbare Spekulation. Damit unterscheidet er sich, wie er in seinem Nachwort sagt, nicht von den wissenschaftlichen Arbeiten der Historiker: „alle Historiker, die sich damit befasst haben, entlarven sich früher oder später als Geschichtenerzähler.“
„Unter dem Schatten des Todes“ ist ein feiner historischer Kriminalroman. Etwas anderes hätte ich von Robert Brack auch nicht erwartet.
Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia (USA 1974, R.: Sam Peckinpah)
Drehbuch: Gordon Dawson, Sam Peckinpah (nach einer Story von Frank Kowalski und Sam Peckinpah)
Der mehr als abgehalfterte Barpianist Benjamin wittert seine große Chance. Denn auf den Kopf von Alfredo Garcia ist eine hohe Belohnung ausgesetzt. Und Benjamin weiß, wo Alfredos Kopf ist.
„Wie eine klassische griechische Tragödie rollt das Filmdrama vor dem Zuschauer ab, mit allen Momenten und Zutaten des klassischen Genres. In einem hermetisch geschlossenen Zirkel, aus dem es keinen Ausweg gibt, zeugt Gewalt fortzeugend Gewalt…Dennoch wird man sagen dürfen, dass – sicher im Gegensatz zu unendlich vielen anderen Action-Filmen – hier die Gewalt in einem eindeutig kritischen, und zwar politisch-kritischen Rahmen dargestellt und präsentiert wird. Peckinpah zeigt einen Staat, in dem statt der Gesetze das Recht des Stärkeren regiert, statt des Rechtes die Faust, statt der Pistole die Maschinenpistole.“ (Film-Dienst)
Mit Warren Oates, Isela Vega, Gig Young, Kris Kristofferson
Der amerikanische Freund (D/F 1976, R.: Wim Wenders)
Drehbuch: Wim Wenders
LV: Patricia Highsmith: Ripley´s Game, 1974 (Ripley´s Game oder Regel ohne Ausnahme, Ripley´s Game oder Ein amerikanischer Freund)
Restaurator Jonathan hat Leukämie. Ripley bietet ihm einen gut bezahlten Mordauftrag an. Jonathan nimmt an und sein Leben gerät aus den Fugen.
Die freie Verfilmung des dritten Ripley-Romans ist eine der besten Highsmith-Verfilmungen. Wenders zu den Veränderungen: „Ich möchte, dass meine Filme von der Zeit handeln, in der sie entstehen, von den Städten, den Landschaften, den Gegenständen, von allen, die mitarbeiten, von mir. Diesen Spielraum hat mir Ripley´s Game gelassen. Weil er in der Arbeitsweise der Highsmith auch schon enthalten ist. Deshalb glaube ich, dass ich dem Buch doch nahe geblieben bin, so sehr ich mich auch davon entfernt habe. Es gibt nicht ´die Verfilmung´. Es gibt zwei grundverschiedene Sachen: Bücher und Filme. In ihnen kann eine gleiche ´Einstellung´ zu den Dingen vorhanden sein, aber nicht die gleichen Dinge.“
Stellvertretend für die vielen euphorischen Kritiken Hans C. Blumenberg: „Wenders zeigt den urbanen Alptraum, wie man ihn noch nie in einem europäischen Film gesehen hat: halb als uraltes, verkommenes Abbruchviertel, halb als futuristische Schreckenslandschaft…Die große Faszination dieses Films hat direkt mit seiner Vielschichtigkeit zu tun. Man kann ihn als pessimistischen Kommentar zur nachrevolutionären Bewußtseinskrise der späten siebziger Jahre verstehen, aber auch als brillanten Kriminalfilm, man kann ihn als urbanen Alptraum von der Zerstörung der Städte bewundern, aber man kann ihn auch als poetische Ballade einer Freundschaft lieben. Sein Reichtum, der nicht ohne Gefahren ist, erlaubt bei jedem Sehen neue Abenteuer, neue Entdeckungen.“ Außerdem entwarf er eine Gleichung: „Hitchcock + Ray + Scorsese = Wenders“ (die Gültigkeit dieser Gleichung für andere Wenders-Filme darf bezweifelt werden.)
Mit Bruno Ganz, Dennis Hopper, Lisa Kreuzer, Gérard Blain, Nicholas Ray, Samuel Fuller, Peter Lilienthal, Daniel Schmid, Lou Castel
Das Cover deutet eher auf einen dieser unzähligen vergessenswerten Horrorfilme hin, bei denen man mit einem zugkräftigem Titel ahnungslose Käufer fangen will. Doch das ist ein Etikettenschwindel. Denn „Psycho Legacy“ ist eine spielfilmlange Dokumentation über die vier „Psycho“-Filme mit Anthony Perkins in der Rolle seines Lebens.
Auf der DVD-Rückseite geht der Etikettenschwindel weiter. Denn als „Special Features“ werden „Deleted Scenes“, „Interviews“ und eine „Trailershow“ (Bäh, das ist, als ob auf dem Cover eines Taschenbuches stünde: „mit Hinweisen auf weitere Bücher aus dem Verlag“) angekündigt.
„Interviews“ ist zwar nicht ganz falsch, aber damit wird die schiere Menge der Interviews unterschlagen. Denn Regisseur und Produzent Robert V. Galluzzo packte da, neben den fast zwanzig Minuten geschnittener Szenen (unter anderem ein gut fünfminütiges Abwatschen von Gus van Sants „Psycho“-Remake) einfach alles drauf, was er in der Doku „Psycho Legacy“ nicht verwenden konnte und das sind insgesamt über fünf (!) Stunden weitgehend hochinteressantes Material. In den USA erschien die Doku mit Bonusmaterial als Doppel-DVD – und das hätte man auch hier machen sollen. Vor allem, weil das Bonusmaterial auf der deutschen Ausgabe anscheinend noch umfangreicher ausgefallen ist. Denn die Bildqualität lässt manchmal doch arg zu wünschen übrig und der Ton; – nun, die Doku wurde nicht mit High-End-Equipment aufgenommen.
Wer aber über diese technischen Probleme hinwegsieht, wird vor allem über die in den achtziger Jahren gedrehten „Psycho“-Filme viel Neues erfahren. Diese Filme stehen eindeutig im Schatten von Alfred Hitchcocks „Psycho“ (über Norman Bates, der unter dem Einfluss seiner Mutter stehend, vor allem Frauen mordet), einem Klassiker des Kriminal- und Horrorfilms, dessen Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann und über den es auch, im Gegensatz zu den Fortsetzungen, entsprechend viele und umfangreiche Dokumentationen und Bücher gibt.
Als zwanzig Jahre später in „Psycho II“ die Geschichte von Norman Bates, der als geheilt aus der Irrenanstalt entlassen wird, sich kurz darauf wieder mit Morden, die anscheinend von seiner Mutter begangen werden, konfrontiert und als Mörder verdächtigt sieht, weitererzählt wird, waren die skeptischen bis negativen Reaktionen vorhersehbar. Denn natürlich konnte „Psycho II“ nur schlechter als „Psycho“ sein: „nicht ganz ohne Interesse, wenn man sie als Parodie versteht“ (Fischer Film Almanach 1984) „Fortsetzung…grenzt fast an Blasphemie“ und „Kopie des unerreichbaren Vorgängers“ (Meinolf Zurhorst : Lexikon des Kriminalfilms – Völlig überarbeitete Neuausgabe [1993]) und, fast schon überschwänglich positiv „ordentlich inszeniert und gespielt“ (Lexikon des internationalen Films). Begeisterung liest sich anders.
„Psycho II“ war ursprünglich als TV-Film geplant, entsprechend niedrig budgetiert, erhielt dann in den USA doch einen Kinostart und war an der Kasse sehr erfolgreich. In der Doku „Psycho Legacy“ wird „Psycho II“ von den Interviewten immer wieder ein überraschend gutes Sequel genannt.
Auch „Psycho III“ (bei dem Anthony Perkins Regie führte) und „Psycho IV“ kommen gut weg. Denn die als Fanprojekt begonnene Dokumentation war nie als übermäßig kritischer Rückblick auf die Filme geplant. Dafür lieben Regisseur Galluzzo und seine Gesprächspartner, von denen die meisten auch in die „Psycho“-Filme involviert waren, die Filme zu sehr.
Galluzzo sprach unter anderem mit Hilton Green (Assistant Director bei „Psycho“, Produzent bei „Psycho II – IV“), den Drehbuchautoren Tom Holland („Psycho II“) und Charles Edward Pogue („Psycho III“), den Regisseuren Mick Garris („Psycho IV“) und Stuart Gordon (der mit Perkins zusammenarbeitete) und vielen Schauspieler, wie Jeff Fahey, Henry Thomas, Robert Loggia, Lee Garlington, Diana Scarwild, Katt Shea (die später „Carrie 2“ drehte) und Olivia Hussey, die alle in mindestens in einem „Psycho“-Fllm mitspielten. Sie geben gute Einblicke in die Entstehung der Filme und teilen ihr Wissen gerne; – vor allem in den weitgehend ungeschnittenen Interviews im Bonusmaterial. Da reden „Psycho II“-Drehbuchautor Tom Holland fast zehn Minuten, „Psycho III“-Drehbuchautor Charles Edward Pogue fast 25 Minuten und „Psycho IV“-Regisseur Mick Garris eine gute halbe Stunde, ohne zu langweilen, über die Filme.
Es gibt auch Ausschnitte aus einer 42-minütigen Q&A-Panel-Diskussion von 1988 mit Anthony Perkins (der am 12. September 1992 starb) über „Psycho“. Die während der Dreharbeiten entdeckte Diskussion (jaja, Bild und Ton sind lau) ist vollständig im Bonusmaterial der DVD enthalten.
Auch von Richard Franklin, dem Regisseur von „Psycho II“, der kurz vor dem Beginn der Drehbarbeiten für „Psycho Legacy“ starb, ist nur Archivmaterial vorhanden. Er war von Gallazzos Idee, eine Doku über die „Psycho“-Filme zu machen, begeistert und half ihm auch bei den ersten Vorbereitungen.
Diese Interviews, wozu auch mehrere Filmkritiker von Horrorfilm-Zeitschriften und Autoren, wie David J. Schow (ein Hard-Case-Crime-Autor, Horrorschriftsteller und Drehbuchautor) schnitt Galluzo für die Doku „Psycho Legacy“ zu einem kurzweilig-informativem Mix zusammen, in dem aus den Interviews wieder eine eigene Erzählung wird und die vier „Psycho“-Filme mit Anthony Perkins chronologisch, in deutlich getrennten Segmenten, vorgestellt werden.
Wer sich nur für Alfred Hitcoccks „Psycho“ interessiert, dürfte enttäuscht sein. Über „Psycho“ wird nur die ersten zwanzig Minuten gesprochen und auch im Bonusmaterial gibt es eigentlich keine weiteren Informationen zu dem Film.
„Psycho Legacy“ ist ein filmhistorisch sehr interessanter, wertvoller und wichtiger Fanfilm (was sich vor allem im Budget niederschlug), der mit Tonnen an Informationen begeistert – und, obwohl „Psycho II“, „Psycho III“ und „Psycho IV“ nicht gerade die besten Filme sind (sie dürften sicher etwas unterschätzt sein, aber sie sind auch keine Klassiker), macht die Doku Lust darauf, sich die „Psycho“-Filme noch einmal anzusehen.
Psycho Legacy (The Psycho Legacy, USA 2010)
Regie: Robert V. Galluzzo
Drehbuch: Robert V. Galluzzo
mit Hilton A. Green, Tom Holland, Robert Loggia, Kurt Paul, Diana Scarwid, Jeff Fahey, Juliette Cummins, Katt Shea, Charles Edward Pogue, Mick Garris, Henry Thomas, Olivia Hussey, Stuart Gordon, Anthony Perkins (Archivmaterial), Janet Leigh (Archivmaterial), Vera Miles (Archivmaterial), Alfred Hitchcock (Archivmaterial), Richard Franklin (Archivmaterial)
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DVD
Ascot Elite
Bild: 16:9
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: –
Bonusmaterial: Deleted Scenes, Interviews
Länge: 87 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Die „Psycho“-Filme
Psycho (Psycho, USA 1960)
Regie: Alfred Hitchcock
Drehbuch: Joseph Stefano
LV: Robert Bloch: Psycho, 1959 (Psycho)
mit Janet Leigh, Anthony Perkins, Vera Miles, John Gavin, Martin Balsam, John McIntire, Simon Oakland
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Psycho II (Psycho II, USA 1982)
Regie: Richard Franklin
Drehbuch: Tom Holland
mit Anthony Perkins, Vera Miles, Meg Tilly, Robert Loggia, Dennis Franz
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Psycho III (Psycho III, USA 1986)
Regie: Anthony Perkins
Drehbuch: Charles Edward Pogue
mit Anthony Perkins, Diana Scarwild, Jeff Fahey, Roberta Maxwell, Hugh Gillin
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Psycho IV – The Beginning (Psycho IV – The Beginning, USA 1990, TV-Produktion)
Regie: Mick Garris
Drehbuch: Joseph Stefano
mit Anthony Perkins, Henry Thomas, Olivia Hussey, CCH Pounder, Warren Frost, John Landis
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Das missglückte 1-zu-1-Remake (das in der Doku nicht erwähnt wird)
Psycho (Psycho, USA 1998)
Regie: Gus Van Sant
Drehbuch: Joseph Stefano
mit Vince Vaughn, Anne Heche, Julianne Moore, Viggo Mortensen, William H. Macy, Robert Forster, Philip Baker Hall, Anne Haney
Im Schatten des Zweifels (USA 1943, R.: Alfred Hitchcock)
Drehbuch: Thornton Wilder, Alma Reville, Sally Benson (nach einer Story von Gordon McDonnell)
Die junge Charlie ist begeistert: Ihr Lieblingsonkel kommt zu Besuch in die verschlafene Kleinstadt. Aber dann fragt sie sich, ob ihr Onkel ein mehrfacher Frauenmörder ist.
Suspense – und das gelungene Porträt einer US-amerikanischen Kleinstadt. Einer von Hitchcocks Lieblingsfilmen.
mit Joseph Cotten, Teresa Wright, MacDonald Carey, Patricia Collins, Hume Cronyn
Drehbuch: Peter Viertel, Joan Harrison, Dorothy Parker (nach einer Story von Alfred HItchcock)
Mechaniker Barry wird von der Polizei verdächtigt, einen Anschlag auf eine Flugzeugfabrik verübt zu haben.
Eher unbekanntes und daher grundlos unterschätztes Werk des Meisters, mit einem grandiosen Finale auf der Freiheitsstatue. In „Der unsichtbare Dritte“ ließ Hitchcock seine Hauptdarsteller auf einem anderen Nationalheiligtum herumkraxeln.
mit Robert Cummings, Priscilla Lane, Otto Krüger, Alan Baxter, Alma Kruger
Daughter of Smoke and Bone, Laini Taylor (Little, Brown Books for Young Readers; Hodder & Stoughton)
Everybody Sees the Ants, A.S. King (Little, Brown Books for Young Readers)
The Boy at the End of the World, Greg van Eekhout (Bloomsbury Children’s Books)
The Freedom Maze, Delia Sherman (Big Mouth House)
The Girl of Fire and Thorns, Rae Carson (Greenwillow Books)
Ultraviolet, R.J. Anderson (Orchard Books; Carolrhoda Books)
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Die Preisverleihung ist während des SFWA’s 47th Annual Nebula Awards Weekend, das vom Donnersag, den 17. Mai, bis Sonntag, den 20. Mai im Hyatt Regency Crystal City in Arlington, Virginia stattfindet.
Einige der nominierten Autoren sind auch bei uns bekannt und einige nominierte Werke dürften auch übersetzt werden. Zwei Übersetzungen sind ja schon angekündigt.
Ich kämpfe um dich (USA 1945, R.: Alfred Hitchcock)
Drehbuch: Ben Hecht, Angus MacPhail (Adaption)
LV: Francis Beeding: The house of Dr. Edwardes, 1927 (Pseudonym von John Palmer und Hilary St. George Sanders)
Dr. Edwardes kommt als neuer Direktor in die Psychiatrie. Seine Kollegin Constance Petersen findet heraus, dass der wirkliche Dr. Edwardes ermordet wurde. Der Falsche behauptet, er könne sich an nichts erinnern.
Hitchcock wollte den ersten Film über die Psychoanalyse drehen. Nach eigenen Worten gelang ihm allerdings nur ein Thriller mit einer imposanten, von Salvador Dali gestalteten, Traumsequenz.
Mit Ingrid Bergman, Gregory Peck, Rhonda Fleming, Leo G. Carroll
Boxcar Bertha – Die Faust der Rebellen (USA 1972, R.: Martin Scorsese)
Drehbuch: Joyce H. Corrington, John William Corrington
LV: Boxcar Bertha Thompson (aufgeschrieben von Ben L. Reitman): Sister of the Road
USA in den frühen Dreißigern: die Landstreicherin Bertha und ihr Freund, der Gewerkschaftler Bill, schlagen sich durch das amerikanische Hinterland. Dabei werden sie, eher durch Zufall, zu Zugräubern und Volkshelden. Die Eisenbahngesellschaft ist davon nicht begeistert.
„Boxcar Bertha“ wurde von Roger Corman produziert und er ließ Scorsese auch, solange er genug Sex und Gewalt in dieser Bonnie-und-Clyde-Variante unterbrachte, freie Hand. Das Endergebnis ist, obwohl einige Szenen (wozu vor allem das inzwischen legendäre Ende mit dem gekreuzigten Bill an einem Zugwaggon gehört) sehr gelungen sind und schon einiges von Scorseses Talent verraten, enttäuschend.
„Was auch immer an soziologischen, politischen oder dramaturgischen Ambitionen möglicherweise in der Story gelegen hat, wurde rücksichtslos aus der Handlung entfernt, so dass keine der Figuren Interesse oder Sympathie erweckt. Kaum einmal wird versucht, das Gemetzel zu rechtfertigen.“ (Variety)
Als Scorseses Freund und Kollege John Cassavetes den Rohschnitt des Films sah, forderte er ihn auf, nicht noch einen belanglosen Film, sondern einen Film, der ihm wirklich wichtig sei, zu drehen. Scorsese beherzigte den Rat und drehte „Hexenkessel“. Der Rest ist Geschichte.
Mit Barbara Hershey, David Carradine, John Carradine, Barry Primus, Bernie Casey, Victor Argo, David R. Osterhout, Harry Northup
„Shame“, der zweite Spielfilm von Künstler Steve McQueen, wieder mit Michael Fassbender in der Hauptrolle, ist in vielerlei Hinsicht das Gegenstück zu seinem Debüt „Hunger“.
Während in „Hunger“ die IRA-Gefangenen keine Freiheiten hatten, sie die Zellenwände mit ihren Exkrementen beschmierten und Bobby Sands, der so etwas wie der Protagonist des Films ist, sich zu Tode hungerte, ist in „Shame“ alles klinisch sauber und der Protagonist genießt alle Freiheiten, die das Leben in der Großstadt bietet. Niemand schreibt ihm vor, wie er zu Leben hat. Brandon ist Single, arbeitet in einem modernen Büro (wobei nie klar wird, welchen Beruf er hat), seine Eltern sind tot und zu seiner Schwester bemüht er sich, keinen Kontakt zu haben. Sein Leben ist bestimmt vom ständigen Sex. Mal mit Frauen, mal allein, mal im Internet; egal, solange es keine langfristige Bindung oder Liebe gibt. Dabei hat er sich inzwischen in einem selbstgebauten, unsichtbaren Gefängnis isoliert.
Diese Charakterstudie ist konventioneller als „Hunger“, bei dem ein gesättigtes Hintergrundwissen über den Nordirlandkonflikt, das Gefängnisleben der IRA-Häftlinge, den Hungerstreik von 1981 und den Hungerstreiktod von Bobby Sands am 5. Mai 1981 hilfreich zum Verständnis des Films sind, der sonst eine unübersehbare Tendenz zur l’art pour l’art hat. In „Shame“ gibt es von Anfang an einen identifizierbaren Protagonisten und einen Hauch von Story. Denn der Film ist in erster Linie das dialogarme Porträt eines scheinbar erfolgreichen Mannes, dessen Leben sich nur noch um Sex dreht.
Steve McQueen vertraut wieder einmal auf seine Schauspieler, die Bilder, die Bildkompositionen und die Schnitte. Es gibt, wie auch in „Hunger“, lange Szenen und statische Einstellungen. So läuft Fassbender, eine gefühlte Ewigkeit und ohne einen Schnitt, mehrere Blocks durch das nächtliche Manhattan. Oder Carey Mulligan (zuletzt „Drive“), die seine ebenfalls verhaltensgestörte Schwester spielt, singt die durch Frank Sinatra bekannt gewordene Hymne „New York, New York“ und ihr Gesang und die Reaktionen der anderen Schauspieler wurden mit mehreren Kameras gleichzeitig aufgenommen. Und wie er die moderne Großstadt- und Büroarchitektur in seine Geschichte einbezieht, verrät den Blick eines Künstlers.
Aber „Shame“ bleibt letztendlich ein rein intellektuelles Vergnügen, bei dem man für sich locker die Lücken ausfüllt, die McQueen und seine Autorin Abi Morgan (zuletzt „Die eiserne Lady“) lassen. Denn auch ohne eine umfassende Recherche, wie sie es getan haben, und Hintergrundwissen, wie es für „Hunger“ nötig war, um den Film nicht nur als Kunstwerk zu sehen, weiß man einiges über Sexsucht und die Frage, ob die Freiheiten der Moderne für den Einzelnen wirklich gut sind, ist leicht verständlich. Auch wenn sie in „Shame“ an einem Extremfall dargestellt wird, der, auch weil die Vergangenheit von Brandon höchstens in einigen Nebensätzen angesprochen wird, eher als exotisch wahrgenommen wird und die Macher unschlüssig waren, ob sie eben jenen Einzelfall zeigen wollten, der das strukturelle Gegenstück zu Bobby Sands in „Hunger“ ist, sie etwas über Anonymität, Freiheit und Sexsucht in der Großstadt (vulgo den Mensch in der sexualisierten Gesellschaft) sagen wollten oder eine Krankheit, was Sexsucht wie Alkoholismus ist und die bei den Betroffenen, so McQueen, zu immer neuem Sex und dem Gefühl der Scham darüber führt, schildern wollten.
Insofern lässt „Shame“ einen etwas unbefriedigt zurück: großartige Schauspieler, großartige Regie, Kamera und Schnitt, aber emotional ungefähr so berührend wie ein abstraktes Gemälde.
Shame (Shame, GB 2011)
Regie: Steve McQueen
Drehbuch: Steve McQueen, Abi Morgan
mit Michael Fassbender, Carey Mulligan, James Badge Dale, Nicole Beharie
Länge: 100 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
Bundesweiter Kinostart am 1. März 2011 (wir Berliner haben einen vorgezogenen Start spendiert bekommen)
Ein aktuelles Interview (30. November 2011) von Scott Feinberg mit Steve McQueen und vielen störenden Nebengeräuschen (Merke: es ist keine gute Idee, ein Interview in einem Café aufzunehmen!)
Und ein Interview mit Steve McQueen und Michael Fassbender (ohne störende Nebengeräusche)
Das Gesetz der Ehre (USA 2008, Regie: Gavin O’Connor)
Drehbuch: Joe Carnahan, Gavin O’Connor
New York, heute: ein junger Detective soll ein mysteriöses Massaker aufklären und stößt auf einen Sumpf auf Korruption und Verrat in den eigenen Reihen.
Just another Cop-Movie mit Knatsch in Familie 1 (Vater, Bruder, nichtsnutzige Verwandtschaft, Frauen) und Familie 2 (Vater, Bruder, nichtsnutziger Verwandtschaft, korrupten Kollegen; – gerne in Personalunion).
Aber da ich ein Fan von Cop-Filmen bin…
Mit Edward Norton, Colin Farrell, Jon Voight, Noah Emmerich, Jennifer Ehle, Frank Grillo
Die 37-jährige Jugendbuchautorin Mavis Gary (Charlize Theron, großartig) hat es geschafft. Ihr gelang die Flucht aus einem kleinen Minnesota-Kaff in die große Stadt. Dass sie in Minneapolis (380.000 Einwohner) die meiste Zeit allein in ihrem Zimmer verbringt und mit einer milden Schreibblockade auf den Computerbildschirm starrt, ist doch egal.
Als sie erfährt, dass ihre Highschoolliebe jetzt stolzer Vater ist, beschließt sie, in ihren Geburtsort zurückzukehren und ihn aus der Kleinstadthölle zu befreien. Dass die Schönheitskönigin mit der spitzen Zunge bei ihren Klassenkameradinnen nicht gerade die Beliebteste war und dass Buddy Slade (Patrick Wilson, sympathisch wie immer) glücklich verheiratet ist und überhaupt nicht daran denkt, die Kleinstadt zu verlassen, stört sie nicht. Sie ist überzeugt, dass mit dem verstärkten Einsatz ihrer weiblichen Reize (aufgehübscht durch die passende Kleidung, Make-Up und Perücke) alles möglich ist.
Während Mavis sich in die aussichtslose Schlacht um ihren Ex wirft, beobachten wir zunehmend distanziert, eine Frau, die nicht erwachsen werden will (was okay ist) und die keinen Blick für die Wirklichkeit hat. Für sie muss sich die Wirklichkeit nach ihrem Willen richten.
Ach, was hätte nicht alles aus dieser Idee werden können. Immerhin arbeiten bei „Young Adult“ Jason Reitman und Diablo Cody wieder zusammen.
Genau, die Diablo Cody die für ihr erstes Drehbuch „Juno“ gleich den Oscar erhielt.
Und der Jason Reitman, der die intelligenten Komödien „Thank you for Smoking“, „Juno“ und „Up in the Air“ inszenierte und der für seine Filme bislang, nach der IMDB, über fünfzig Preise erhielt.
Da sind die Erwartungen natürlich etwas höher und die Enttäuschung über diesen Film, der weder Fisch noch Fleisch ist, ist vielleicht etwas heftiger. Denn für eine Komödie (und so wird der Film beworben) ist „Young Adult“ nicht witzig genug. Ich musste nicht einmal lachen. Und für ein Drama zu unernst und, auch aufgrund der nicht vorhandenen Fallhöhe (Was passiert, wenn sie ihr Ziel nicht erreicht?) nicht dramatisch genug.
Das liegt auch daran, dass Mavis als Autorin vielleicht erfolgreich ist, aber sie ist auch ziemlich dumm in ihrer Verkennung der Wirklichkeit und ihrer absoluten Ich-Bezogenheit, mit der sie sich für das Zentrum der Galaxie hält. Entsprechend überschaubar ist die Empathie mit ihr und unsere Identifikation mit ihrem Ziel. Denn anstatt zu hoffen, dass sie eine glückliche Ehe zerstört, hoffen wir, dass sie ihr Ziel nicht erreicht. Sie soll endlich erwachsen werden; was auch immer damit gemeint ist.
Eben jener Prozess eines verspäteten Erwachsen-Werdens wird in der mutlosen Anti-Romantic-Comedy „Young Adult“, die niemand weh tun will, erschreckend zäh in einer absolut vorhersehbaren Geschichte erzählt.
Young Adult (Young Adult, USA 2011)
Regie: Jason Reitman
Drehbuch: Diablo Cody
mit Charlize Theron, Patton Oswalt, Patrick Wilson, Elizabeth Reaser, Collette Wolfe, Jill Eikenberry, Richard Bekins, Mary Beth Hurt, Kate Nowlin
Der junge, idealistische CIA-Angestellte Matt Weston (Ryan Reynolds) langweilt sich in seinem Job. In Kapstadt bewacht er ein Safe House. Schon seit gefühlten Ewigkeiten. Denn bislang geschah nichts aufregendes. Das ändert sich als Tobin Frost (Denzel Washington), ein seit langem flüchtiger CIA-Agent, der sich jetzt mit höchst zwielichtigen Geschäften durchschlägt und, weil er von einer Armee gut ausgerüsteter Männer, die ihn umbringen wollen, verfolgt wird, in amerikanische Obhut begeben hat, bei ihm als gut bewachter Gast eingeliefert wird.
Während Frosts CIA-Bewacher gerade aus ihm einige Informationen herausfoltern wollen, wird das Safe House überfallen. Weston kann mit dem Gefangenen Frost, auf den er laut Dienstvorschrift aufpassen soll, flüchten.
Auf ihrer Flucht quer durch Südafrika haben sie immer noch ihre schießwütigen Verfolger an der Hacke, das CIA-Rettungsteam ist zwar unterwegs, muss aber erst eingeflogen werden, und ob Weston seinen Vorgesetzten vertrauen kann, weiß er nicht. Frost jedenfalls behauptet, dass ein CIA-Maulwurf das Safe House verraten habe.
Klingt doch spannend? So richtig schön paranoides Actionfutter für den Polit-Thriller-Fan. Aber „Safe House“ ist, trotz „Bourne“-Anleihen, eine ziemliche Enttäuschung. Das liegt allerdings weniger an der komplett vorhersehbaren Story, deren größte Überraschung letztendlich die Abwesenheit von Überraschungen ist. Denn dass der als superböse eingeführte Tobin Frost einer der Guten ist, dürfte nur jemand überraschen, der zuletzt im Kino war, als Afroamerikaner noch Neger hießen und immer den Bösewicht spielen mussten. Immerhin wird Frost von Denzel Washington gespielt – und er spielt ihn auch mit spürbarer Lust. Den wirklichen Bösewicht – das sind die Freuden des Type-Castings – habe ich schon bei seinem ersten Auftritt erkannt.
Nein, das Scheitern von „Safe House“ liegt an der durch die „Bourne“-Filme trendy gewordenen Wackelkamera und den Sekundenschnitten, die Tony Scott in dem Denzel-Washington-Film „Mann unter Feuer“ perfektionierte und damit seinen nächsten Film „Domino“ komplett ruinierte. Beides ist meistens für die Geschichte vollkommen überflüssig und, anstatt in die Geschichte hineingezogen zu werden, bleibt man als Beobachter, weil man sich ständig fragt, was man in diesem Schnitt- und Wackelchaos denn nun gerade sieht, außen vor. Dann entsteht statt einem angenehm-produktivem Gefühl von Desorientiertheit, Paranoia und erhöhter Wachsamkeit, wie in den „Bourne“-Filmen, einfach nur Frust über die Regie, die es nicht schafft, eine Geschichte zu erzählen, ohne sich ständig in den Vordergrund zu spielen.
Und so fabriziert Daniel Espinosa („Easy Money“) aus einem okayen 08/15-Thriller ein Ärgernis, das nur dank der hochkarätigen Besetzung im Kino läuft.
Safe House (Safe House, USA 2012)
Regie: Daniel Espinosa
Drehbuch: David Guggenheim
mit Denzel Washington, Ryan Reynolds, Vera Farmiga, Brendan Gleeson, Sam Shepard, Ruben Blades, Nora Arnezeder, Robert Patrick, Liam Cunningham, Tracie Thoms,
Richard Walker will mit seiner Frau einige romantische Tage in Paris verbringen. Aber dann verschwindet sie plötzlich, die Polizisten kümmern sich nicht um die angebliche Entführung und Walker gerät auf der Suche nach seiner Frau in Teufels Küche.
Polanski auf den Spuren von Alfred Hitchcock. Unterhaltsam, wenn auch etwas blutleer.
„‘Frantic’ ist Modell und Archetyp des Thrillers. Jede Handlungssequenz ist dem Kinogänger wohlvertraut. Auf dieser Ebene bietet der Film absolut keine Überraschungen, läuft fast zu reibungslos, um wirkliches Interesse zu erregen. (…) Was ‘Frantic’ interessant macht, ist der ausschließlich subjektive Blickwinkel, der die Erzählstruktur beherrscht: derjenige Walkers nämlich, des Fremden in feindseliger Umgebung.“ (Fischer Film Almanach 1989)
mit Harrison Ford, Emmanuelle Seigner, Betty Buckley, Alexandra Stewart
„Ich stelle mir den Film von morgen also noch persönlicher vor, als einen individualistischen und autobiographischen Roman, wie ein Bekenntnis oder Tagebuch. Die jungen Filmemacher werden sich in der ersten Person ausdrücken und schildern, was ihnen widerfahren ist. Das könnte die Geschichte ihrer ersten oder neuesten Liebe sein, ihr politische Erwachen, ein Reisebericht, eine Krankheit, ihr Militärdienst, ihre Hochzeit, ihre letzten Ferien, und es müsste fast notgedrungen ankommen, weil es wahr und neu wäre…Der Film von morgen wird ein Akt der Liebe sein.“ schrieb Francois Truffaut in der „Cahiers du Cinéma“. Er bewunderte die Filme von Max Ophüls, Ingmar Bergmann, Orson Welles, Alfred Hitchcock und den Film Noir (eigentlich ist, wenn ein Hollywood-Stil einen französischen Namen erhält, schon alles gesagt). Er schrieb herbe Verrisse über die damaligen französischen Filme und 1958 erhielt er keine Akkreditierung für das Filmfestival Cannes.
Ein Jahr später erhielt der Siebenundzwanzigjährige für seinen ersten Spielfilm, „Sie küssten und sie schlugen ihn“ (Les quatre cents coups), den Großen Preis von Cannes für die Regie. In dem Film begann er den von ihm vorher formulierten Anspruch in die Tat umzusetzen. Denn die Geschichte von Antoine Doinel (verkörpert von dem Dreizehnjährigen Jean-Pierre Léaud) weist etliche Gemeinsamkeiten mit seiner Biographie auf. In dem Film erzählt Truffaut von Antoine, der in einer dysfunktionalen Familie aufwächst. Seine Mutter geht fremd. Sein Stiefvater flüchtet sich in sein Hobby und Antoine Doinel, der nach einem Vorbild sucht, flüchtet in die Welt des Kinos und der Bücher. Er beginnt zu stehlen, wird erwischt und landet in einem Erziehungsheim, aus dem er wieder flüchtet. Ein Klassiker der Nouvelle Vague.
1962 kehrte Truffaut für den Kurzfilm „Antoine und Colette“ (Antoine et Colette), der ein Teil des Episodenfilms „Liebe mit zwanzig“ (L’amour à vingt ans) ist, zu Antoine Doinel zurück. Die anderen Episoden waren von Renzo Rossellini, Andrzeij Wajda, Marcel Ophüls und Shintaro Ishihara..
Truffaut erzählt von Antoines erster Liebe zu Colette (Marie-France Pisier), wie er sich sein Geld verdient, die Abende verbringt und sich gut mit Colettes Eltern versteht. Ein wunderschöner und leichter Kurzfilm.
1968 folgte der zweite Doinel-Spielfilm „Geraubte Küsse“ (Baisers voles), der während der Proteste gegen die Entlassung von Henri Langlois, dem Leiter der Cinémathèque, entstand. In dem Film wird Antoine unehrenhaft aus dem Militär entlassen. Er arbeitet als Nachtportier, Privatdetektiv und, undercover, als Schuhverkäufer. Er verliebt sich in mehrere Frauen, vor allem in die Frau des Besitzers des Schuhgeschäfts (Delphine Seyrig), und er verfolgt Christine Darbon (Claude Jade), in die er wirklich verliebt ist, die aber, wie schon Colette in „Antoine und Colette“, nichts von ihm wissen will, und er versteht sich ausgezeichnet mit ihren Eltern. Am Ende des Films finden sie zueinander.
Schon 1970 gab es mit „Tisch und Bett“ (Domicile conjugal) den dritten Doinel-Spielfilm, Antoine und Christine sind verheiratet. Er versucht im Hinterhof das perfekte Rot für Blumen zu finden. Sie gibt Musikunterricht und der gesamte Hinterhof ist ein funktionierender Mikrokosmos der Gesellschaft. Er wird Vater. In einer wundervollen Montage zeigt Truffaut, wie Antoine begreift, dass seine Frau schwanger ist.
Er kriegt, eher zufällig, einen Job bei einem amerikanischen Konzern. Er soll Modellboote steuern und das tut er hingebungsvoll. Er verliebt sich in eine Japanerin, die er während der Arbeit kennenlernte, und seine Ehe steht auf dem Spiel. Denn letztendlich kann Antoine gar nicht verstehen, dass er sich zwischen den beiden Frauen entscheiden muss.
1978 beschloss Truffaut mit „Liebe auf der Flucht“ (L’amour en fuite) seinen Antoine-Doinel-Zyklus. In dem Film begegnet Antoine, der sich seit „Tisch und Bett“ nicht veränderte, wieder seiner ersten Liebe Colette (die auch wieder von Marie-France Pisier gespielt wird) und er ist inzwischen von seiner Vergangenheit umzingelt. 18 Filmminuten des neunzigminütigen Films sind direkt aus den vorherigen Doinel-Filmen entnommen und werden in „Liebe auf der Flucht“ teilweise in einem anderen Zusammenhang zitiert werden. Dazu gibt es noch Zitate aus Doinels erfolglosem, autobiographischen Roman „Der Liebessalat“.
Die Antoine-Doinel-Film weitgehend episodisch und sie leben vor allem von Jean-Pierre Léauds Interpretation des Charakters, dessen Leben zuerst deutliche Parallelen zu Truffauts Leben hatte, später dann zu Léauds Leben.
Dank Léaud ist dieser Antoine Doinel ein sehr sympathischer Charakter, auch wenn er, wie ein Kind, Ich-bezogen, verantwortungs- und planlos ist. Denn er scheitert in ungefähr jedem Job und auch aus dem Militär wird er, am Anfang von „Geraubte Küsse“ unehrenhaft entlassen. Als der Vorgesetzte ihn fragt, warum er sich überhaupt verpflichtet habe, zuckt Doinel nur mit den Schultern und flüchtet sich in die Ausrede, er habe persönliche Gründe gehabt.
Aber gleichzeitig ist er, wie ein Kind, begeisterungsfähig, er nimmt nichts wirklich ernst und er ist hilfsbereit. Insofern ist er ein sympathischer Bruder Leichtfuß, der auch ein halber Schlawiner ist, und der nicht treu sein kann. Nicht weil er seine Frau Christine nicht liebt, sondern weil er die Frauen liebt.
Die Antoine-Doinel-Geschichten sind, im Gegensatz zu den kalten Abrechnungen Claude Chabrols, liebevolle Porträts der Bourgeoisie und des aufstrebenden Bürgertums. Denn auch wenn die ganze Welt revolutionär auf die Straße geht, ist Antoine nur an Christine, seiner guten Beziehung zu ihren Eltern und sich selbst interessiert.
Wahrscheinlich hat Antoine „1968“ überhaupt nicht wahrgenommen und eine Diskussion mit ihm über Politik und die Gesellschaft erscheint ziemlich fruchtlos; obwohl er die neu gewonnenen sexuellen Freiheiten gerne mitnimmt. Auch weil er bestimmte gesellschaftliche Konventionen einfach ignoriert.
Gerade in der Zeichnung des Lebens eines jungen Mannes, der keine Eltern mehr hat, und der versucht auf seinen eigenen Füßen zu stehen, der eine Familie gründet („Geraubte Küsse“ endet implizit mit der Heirat; „Tisch und Bett“ zeigt die ersten Ehejahre und die Freude über seinen Sohn) zeichnet Truffaut ein sehr präzises soziologisches Porträt der damaligen Zeit und mit welchen Gegenständen sich junge Menschen einrichteten; fast als ob er Pierre Bourdieus „Die feinen Unterschiede“ gelesen hätte. Aber das Werk erschien erst 1979.
Und der Hinterhof, auf dem Antoine in „Tisch und Bett“ seine Blumen färbt, ist ein kleiner gesellschaftlicher Kosmos. Hier treffen sich die Menschen, sie kennen sich, sie helfen sich, sie tratschen und niemand hat ein Geheimnis. Heute sind diese Hinterhöfe und diese Hausgemeinschaften verschwunden. Und ob es sie 1970 noch so gab, wie Truffaut sie in „Tisch und Bett“ idealisiert, bezweifle ich.
Die Antoine-Doinel-Filme sind immer episodisch und auch etwas ziellos. Dank Léaud und den vielen kleinen, präzise beobachteten Vignetten und filmischen Witzen (wenn Doinel sich in „Geraubte Küsse“ als Privatdetektiv versucht und höchst auffällig eine Frau verfolgt; wenn er mit einer deutlich größeren Frau eine Straße hinuntergeht) und dem humoristischen Tonfall, der oft die Geschichte konterkariert, sind sie auch heute noch unterhaltsam, aber auch etwas zäh anzusehen.
enthält „Sie küssten und sie schlugen ihn“, „Geraubte Küsse“, „Tisch und Bett“ und „Liebe auf der Flucht“
Bild: verschieden
Sprachen/Ton: Deutsch, Französisch (Mono DD)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial, das es meistens nicht auf den Einzel-DVDs gibt: Episodenfilm „Liebe mit zwanzig“ (Regie: Shintarô Ishihara, Marcel Ophüls, Renzo Rossellini und Andrzej Wajda, mit dem Doinel-Film „Antoine und Colette“), „Arbeit mit François Truffaut“ (1986, Regie: Rainer Gansera), Einführungen des Truffaut-Biografen Serge Toubiana, „Die Unverschämten“ 1957, Regie: Francois Truffaut, Kurzfilm), Probeaufnahmen von Jean-Pierre Léaud, Patrick Auffay und Richard Kanayan zu „Sie küssten und sie schlugen ihn“, Jean-Pierre Léaud bei der Cannes-Premiere von „Sie küssten und sie schlugen ihn“, Ausschnitt aus der Fernsehsendung „Cinéastes de notre temps: François Truffaut, dix ans, dix films“ (1970), Truffaut spricht über die ersten drei Teile des Zyklus, Ausschnitt aus der Fernsehsendung „Midi Magazine“ (1970), Aufnahmen von den Dreharbeiten zu „Tisch und Bett“, Ausschnitt aus der Fernsehsendung „Approches du cinéma: François Truffaut ou la Nouvelle Vague“ (1972), Ausschnitt aus der Fernsehsendung „Cinescope“ (1980), Ausschnitt aus der Fernsehsendung „Champ contrechamp“ (1981), Unterstützungsspot für Henri Langlois von François Truffaut und Jean-Luc Godard, Originaltrailer, 24-seitiges Booklet
Länge: 451 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Einzeln erhältlich sind
Geraubte Küsse (Baisers voles, Frankreich 1968)
Drehbuch: Francois Truffaut, Claude de Givray, Bernard Revon
Bonusmaterial: Einführung des Truffaut-Biografen Serge Toubiana, Unterstützungsspot für Henri Langlois von François Truffaut und Jean-Luc Godard, Trailer, Wendecover
Länge: 87 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Tisch und Bett (Domicile conjugal, Frankreich 1970)
Drehbuch: Francois Truffaut, Claude de Givray, Bernard Revon
Das Magazin „People“ schreibt, die Stephanie-Plum-Romane hätten den selben Suchteffekt wie Kartoffelchips. Das stimmt schon. Aber „Kuss mit lustig“, der neueste Roman mit der leicht chaotischen Kopfgeldjägerin Stephanie Plum, ist auch so nahrhaft wie eine Tüte Kartoffelchips.
In ihrem vierzehntem Auftritt (weshalb der Originaltitel auch „Fearless Fourteen“ ist. Bei uns hat man nach „Aller guten Dinge sind vier“ mit den nummerierten Titeln aufgehört.) muss Stephanie Plum auf einen Teenager, dessen Mutter sie ins Gefängnis brachte und der keine anderen Verwandten hat, die ihn aufnehmen wollen, der sich aber mit Spraydosen und Computerspielen gut selbst beschäftigen kann, und eine alternde Sängerin mit erhöhtem Alkoholkonsum, die in Trenton, New Jersey, ein großes Konzert geben will, aufpassen. Weil das Gerücht umgeht, dass in dem Haus ihres Freundes, dem Polizisten Joe Morelli, die Millionenbeute von einem Banküberfall versteckt ist, hat sie wegen der vielen Schatzsucher, die sich einen Dreck um Morellis Eigentum scheren, auch nachts keine Ruhe und eigentlich sind damit genug Plots vorhanden, um ein veritables Chaos anzurichten.
Aber das kommt dann doch arg betulich, nett und, trotz einiger Leichen und Explosionen, harmlos daher. Vor allem wenn man bedenkt, was für ein Feuerwerk an Gags und satirischen Spitzen Donald Westlake in seinem letzten Dortmunder-Roman „Get Real“ aus dem Zusammentreffen von Reality-TV und Wirklichkeit schlug. In „Kuss mit lustig“ versucht die Sängerin sich ziemlich erfolglos als Reporterin. Doch während bei Westlake und seinen Comic-Crime-Novels jeder Satz ein Treffer ist, plätschert in „Kuss mit lustig“ doch alles, bis zum überhasteten Schluss, sehr dahin. Das liest sich zwar schnell weg, aber, wie bei einer Tüte Kartoffelchips, die man wider besseren Wissens zu Ende isst, schwindet der Genuss, bei zunehmend schlechtem Gewissen, mit der Zahl der gegessenen Chips.
Im Kino startet am 19. April die Verfilmung des ersten Stephanie-Plum-Krimis „Einmal ist keinmal“ mit Katherine Heigl in der Hauptrolle. Die nette Komödie wäre als überbudgetierter Pilotfilm für eine TV-Serie sicher besser aufgehoben. Denn schon im Film überwiegen die seriellen Elemente und Seriencharaktere, die auch alle in „Kuss mit lustig“ dabei sind.
LV: Henri-Pierre Roché: Jules et Jim, 1953 (Jules und Jim)
1912 lernen sich der französische Literat Jim und sein deutscher Kollege Jules kennen. Beide verlieben sich in die lebenslustige Cathérine – und erleben die reine Liebe zu dritt.
„Jules und Jim“ ist wahrscheinlich Truffauts bekanntester Film. Jedenfalls ist sein Kultfilm ein zeitloser Film über die scheinbar unmögliche reiner Liebe in einer Dreierbeziehung.
„Es wird kaum ein Wort darüber verloren, dass ‚Jules und Jim’ alles andere als den bürgerlichen Moralvorstellungen huldigt, sondern sie im Gegenteil auch noch lustvoll verhöhnt. (…) Obwohl so traurige Ereignisse wie Ehebruch, Selbstmord und Tod erzählt werden, handelt ‚Jules und Jim’ eigentlich von nichts anderem als vom Glück. Truffaut hängt die ganze Filmdauer der Frage nach, wie das richtige Leben aussehen müsse, was man tun müsse, um wirklich glücklich zu sein.“ (Willi Winkler: Die Filme von Francois Truffaut)
Der Film basiert auf einem autobiographischen Roman von Henri-Pierre Roché (1879 – 1959). Zehn Jahre später verfilmte Truffaut seinen Roman „Zwei Mädchen aus Wales und die Liebe zum Kontinent“. In ihm variieren Roché und Truffaut die Geschichte von „Jules und Jim“: ein Mann steht zwischen zwei Frauen.
Anschließend läuft die spielfilmlange Doku „Francois Truffaut – Eine Autobiographie“ (Frankreich 2004, R.: Anne Andreu).
Mehr Bonusmaterials gibt es auf der nicht mehr erhältlichen Concorde-Veröffentlichung (die damals anscheinend nur in einer Box erschien) und, selbstverständlich, auf der Criterion-Veröffentlichung (allerdings nur wenn der DVD-Player auch US-DVDs abspielt).
Die innere Sicherheit (D 2000, R.: Christian Petzold)
Drehbuch: Christian Petzold, Harun Farocki
Die 15-jährige Jeanne ist mit ihren Eltern ständig auf der Flucht. Denn diese sind gesuchte, ehemalige RAF-Terroristen. Jetzt müssen sie wegen Geldproblemen zurück nach Deutschland. Die alten Freunde sollen ihnen aus der finanziellen Misere helfen. Und Jeanne ist erstmals wirklich verliebt.
Mit dem genau beobachteten, die deutsche Wirklichkeit sezierenden Drama über vergangene Schuld, das Erwachsenwerden und Verpflichtungen hatte Christian Petzold seinen Durchbruch bei den Kritikern und dem Publikum (über 100.000 Zuschauer). Stellvertretend für die zahlreichen euphorischen Besprechungen: „bester deutscher Film des Jahres“ (Michael Althen, SZ, 31. Januar 2001)
Mit Julia Hummer, Barbara Auer, Richy Müller, Günther Maria Halmer
Als Francois Truffaut überraschend am 21. Oktober 1984 starb, war er als Regisseur so bekannt, dass der Verleih mit dem „neuen Truffaut“ werben konnte und die Leute ins Kino gingen. Er war einer der großen französischen Regisseure, einer der Begründer der Nouvelle Vague, der seitdem konstant alle ein, selten zwei Jahre einen neuen Film inszenierte, der auch beim Publikum und den Kritikern ankam. Claude Chabrol drehte einen Krimi nach dem nächsten. Jean-Luc Godard, ein Freund aus den Anfangstagen der Nouvelle Vague, hatte sich damals vollkommen ins experimentelle Kino, mit einem sehr überschaubarem Publikum, zurückgezogen. Die anderen Begründer der Nouvelle Vague drehten auch eher für ein Nischen- oder Filmkunstpublikum; – falls ihre Filme überhaupt in den deutschen Kinos liefen.
Heute ist der am 6. Februar 1932 in Paris geborene Regisseur, abgesehen von seinem legendären Interviewbuch „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ und seiner Rolle als Wissenschaftler in Steven Spielbergs „Unheimliche Begegnung der dritten Art“, fast vergessen. Zu selten laufen seine Filme im Fernsehen (obwohl Arte jetzt einige seiner Filme zeigt) und zu chaotisch ist die Veröffentlichungspolitik seiner Filme auf DVD: einige Filme gibt es nicht auf DVD, andere sind bei verschiedenen Firmen erschienen und teils nicht mehr erhältlich. Arthaus veröffentlichte jetzt ungefähr die Hälfte seiner Spielfilme, die einen großen und ziemlich umfassenden Einblick in sein Schaffen ermöglichen, auf zwei, verschieden zusammengestellten Boxen. Die meisten Filme sind auch einzeln erhältlich.
Truffaut begann, zusammen mit Claude Chabrol, Jean-Luc Godard, Eric Rohmer und Jacques Rivette, als Filmkritiker bei der „Cahiers du Cinema“ und drehte drei Kurzfilme. Mit seinem Regiedebüt, dem autobiographisch gefärbten Drama „Sie küssten und sie schlugen ihn“, wurde er 1959 gleich bekannt. Jean-Pierre Léaud, der jugendliche Darsteller von Antoine Doinel, dem Helden des Films, wurde auch bekannt und in den folgenden Doinel-Filmen wurde die Biographie des Filmcharakters immer ununterscheidbarer von Truffauts Biographie und von Léauds Leben. Insofern war die Rolle für Léaud Segen und Fluch zugleich und auch heute, über dreißig Jahre nach dem letzten Doinel-Film, ist Léaud für Filmliebhaber immer noch Antoine Doinel.
Truffauts war ein Fan der amerikanische Kriminalromane, die in der Schwarzen Serie erschienen. Schon sein zweiter Spielfilm „Schießen Sie auf den Pianisten“ (1960) war eine David-Goodis-Verfilmung, die sich allerdings mehr an der Nouvelle Vague und ihrer Verspieltheit, als am US-amerikanischen Film Noir orientierte.
Mit seinem dritten Spielfilm, dem Klassiker „Jules und Jim“ (1961), inszenierte er dann seinen ersten Liebesfilm (wobei natürlich alle seine Filme Liebesfilme sind), ein anfangs leichtes Drama über zwei Männer, die eine unabhängige Frau lieben.
In den folgenden Jahren pendelte er, mit einigen Einzelwerken, wie dem Science-Fiction-Film „Fahrenheit 451“ (1966), und zutiefst persönlichen Werken, wie „Das grüne Zimmer“ (1978), zwischen weiteren Doinel-Filmen, Noirs und Liebesdramen. Sein letzter Film „Auf Liebe und Tod“ (1983) fasste, ungewollt, sein Schaffen zusammen. Es ist eine locker erzählte, in Schwarz-Weiß gedrehte Hommage an den Film Noir und eine Liebeserklärung an die Frauen. Vor allem natürlich an seine Partnerin, die Hauptdarstellerin Fanny Ardant.
In der Dokumentation „Godard trifft Truffaut“ werden seine Jahre bei der Filmzeitschrift „Cahiers du Cinema“, seine ersten Jahre als Regisseur, seine Freundschaft zu Jean-Luc Godard und der endgültige Bruch der Freundschaft nach Truffauts Film „Die amerikanische Nacht“ (1973), ein starbesetzter Spielfilm über die Dreharbeiten für einen Spielfilm. Doch schon davor hatten sich ihre Wege getrennt. Jean-Luc Godard wurde nach „1968“ in seinen Filmen zunehmend politischer und löste sich immer mehr von den Erzählkonventionen. Truffaut dagegen drehte unpolitische und persönliche Filme, wie die Antoine-Doinel-Filme „Geraubte Küsse“ (1968) und „Tisch und Bett“ (1970), die historischen Filme „Der Wolfsjunge“ (1969) und „Zwei Mädchen aus Wales und die Liebe zum Kontinent“ (1971) und die überdrehte Krimi-Farce „Ein schönes Mädchen wie ich“ (1972). Das war oft gar nicht so weit vom klassischen Hollywood-Starkino und dem von ihnen in den fünfziger Jahren attackiertem französischen Film entfernt.
Emmanuel Laurent verrät in seiner spielfilmlangen Doku „Godard trifft Truffaut“ wenig über die Freundschaft der beiden Regisseure, die wahrscheinlich auch gar nicht so tief war, wie der Filmtitel suggeriert, sondern einfach nur das Zusammentreffen von zwei Filmbegeisterten, die zuerst gemeinsam Artikel schrieben und später, als Teil der Nouvelle Vague, sich manchmal gegenseitig halfen und natürlich die Werke der anderen in den Himmel lobten. Diese Freundschaft bleibt in dem Film, auch weil er keine psychologischen Erklärungen gibt und es von Truffaut und Godard keine Statements dazu gibt, immer eher eine Behauptung. Aber man erfährt einiges über die Ursprünge der Nouvelle Vague und ihre ersten Filme.
In den kommenden Tagen werfen wir einen genaueren Blick auf seine Spielfilme.
Bonusmaterial, das es meistens nicht auf den Einzel-DVDs gibt: Episodenfilm „Liebe mit zwanzig“ (Regie: Shintarô Ishihara, Marcel Ophüls, Renzo Rossellini und Andrzej Wajda, mit dem Doinel-Film „Antoine und Colette“), „Arbeit mit François Truffaut“ (1986, Regie: Rainer Gansera), Einführungen des Truffaut-Biografen Serge Toubiana, „Die Unverschämten“ 1957, Regie: Francois Truffaut, Kurzfilm), Probeaufnahmen von Jean-Pierre Léaud, Patrick Auffay und Richard Kanayan zu „Sie küssten und sie schlugen ihn“, Jean-Pierre Léaud bei der Cannes-Premiere von „Sie küssten und sie schlugen ihn“, Ausschnitt aus der Fernsehsendung „Cinéastes de notre temps: François Truffaut, dix ans, dix films“ (1970), Truffaut spricht über die ersten drei Teile des Zyklus, Ausschnitt aus der Fernsehsendung „Midi Magazine“ (1970), Aufnahmen von den Dreharbeiten zu „Tisch und Bett“, Ausschnitt aus der Fernsehsendung „Approches du cinéma: François Truffaut ou la Nouvelle Vague“ (1972), Ausschnitt aus der Fernsehsendung „Cinescope“ (1980), Ausschnitt aus der Fernsehsendung „Champ contrechamp“ (1981), Unterstützungsspot für Henri Langlois von François Truffaut und Jean-Luc Godard, Originaltrailer, 24-seitiges Booklet
enthält: Auf Liebe und Tod, Die Frau nebenan, Geraubte Küsse, Jules und Jim, Die letzte Metro, Liebe auf der Flucht, Schießen Sie auf den Pianisten, Ein schönes Mädchen wie ich, Sie küssten und sie schlugen ihn, Die süße Haut, Tisch und Bett, Zwei Mädchen aus Wales und die Liebe zum Kontinent
Arthaus/Studiocanal
Bild: verschieden
Sprachen/Ton: Deutsch, Französisch (Mono DD)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial (anscheinend identisch mit den Einzel-DVDs): Kurzfilme „Antoine und Colette“ und „Die Unverschämten“, Einführungen des Truffaut-Biografen Serge Toubiana, Probeaufnahmen der Jungdarsteller zu „Sie küssten und sie schlugen ihn“, Kameratest mit Marie Dubois und Charles Aznavour zu „Schießen Sie auf den Pianisten“, Unterstützungsspot für Henri Langlois von François Truffaut und Jean-Luc Godard zu „Geraubte Küsse“, Unveröffentlichte Szene zu „Die letzte Metro“, Trailer, Wendecover