Kleinkram: Lesungen, Filme und T-Shirts

Mai 31, 2009

Sebastian Fitzek stellt am kommenden Donnerstag, den 4. Juni, um 20.00 Uhr in der Klinik Oskar-Helene-Heim, Hörsaal (ist ausgeschildert, Clayallee 229, Berlin), seinen neuen Thriller „Splitter“ vor.

Eintritt ist null Euro, aber bei Fitzek muss man danach mit allem rechnen.

In „Splitter“ hat Marc Lucas einen Autounfall verschuldet. Seine schwangere Frau starb dabei und er macht sich Vorwürfe. Da erfährt er von einem psychiatrischen Experiment, das ihn von seinen quälenden Erinnerungen befreien könnte. Er nimmt daran teil – und jetzt wird sein Leben zu einem wirklichen Alptraum.

(Hoffentlich entpuppt sich die Geschichte am Ende nicht als Traum.)

Bei seinem Verlag Droemer gibt es auch einen Podcast mit Ausschnitten aus dem Roman und einem kurzen Interview mit Sebasitan Fitzek.

Jürgen Schreiber stellt am Mittwoch, den 3. Juni, um 19.30 Uhr zusammen mit Marianne Birthler sein Buch „Die Stasi lebt“ im Informationszentrum der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Mauerstraße 38, Berlin vor.

Schreiber erhielt zweimal den Wächter-Preis der deutschen Presse. In „Die Stasi lebt“ (Knaur) sind einige seiner Zeitungsreportagen über die Stasi damals und heute versammelt.

Der Verlag schreibt zum Buch:

In „Die Stasi lebt“ berichtet der Experte Jürgen Schreiber von den perfiden Aktionen des Ministeriums für Staatssicherheit. Mielkes Schattenarmee umfasste zuletzt 91000 hauptamtliche Mitarbeiter, der geheimpolizeilich und nachrichtendienstlich die innere und äußere Sicherheit der DDR garantieren sollte. Das wichtigste Instrument waren dabei die Inoffiziellen Mitarbeiter, von denen es zuletzt in der DDR 174.000 und in der Bundesrepublik 3.000 gab. Mit dem Fall der Mauer ist das Kapitel Stasi noch lange nicht abgeschlossen. Die Täter von einst leben noch immer unter uns. Frühere Stasi-Leute organisieren sich in Vereinen, betreiben höchst selbstgerecht Internetseiten, schmähen öffentlich ihre Opfer und wollen sich „ihre“ DDR nicht nehmen lassen.

Nachdem jetzt bekannt wurde, dass Karl-Heinz Kurras, der 1967 Benno Ohnesorg erschoss, jahrelang für die Stasi arbeitete und damit die Debatte über den Einfluss der Stasi auf die Bundesrepublik begann, dürften viele sich für die Lesung interessieren.

Keine Lust mehr auf einfarbige T-Shirts? Wie wär’s damit?

Bei Collider gibt es einige Ausschnitte aus Tony Scotts John-Godey-Verfilmung „The Taking of Pelham 123“. Sieht vielversprechend aus. Bei uns startet der Film am 23. Juli.

Brain Helgeland (L. A. Confidential, Mystic River) schrieb das Drehbuch.

Dort wird auch gemeldet, dass es einen weiteren „Alien“-Film geben soll. Ganz im Trend der Zeit ist es natürlich ein Prequel. Erfahren wir jetzt also, wie der „Alien“ zum Alien wurde?


TV-Tipp für den 1. Juni: Der Sträfling und die Witwe

Mai 31, 2009

3sat, 23.20

Der Sträfling und die Witwe (F/I 1971, R.: Pierre Granier-Deferre)

Drehbuch: Pierr Granier-Deferre, Pascal Jardin

LV: Georges Simenon: La Veuve Couderc, 1940 (Die Witwe Couderc)

1934 auf einem abgelegenen Hof spielende Liebesgeschichte zwischen einem entflohenen Sträfling und einer Witwe.

Krimidrama mit Alain Delon und Simone Signoret


TV-Tipp für den 31. Mai: Tatort: Der Mann auf dem Hochsitz

Mai 30, 2009

Heute gibt’s nach „Bienzle und der Biedermann“ (20.15 Uhr), „Eine Million Mäuse“ (23.30 Uhr) und „Peggy hat Angst“ (01.00 Uhr) den Abschluss einer „Tatort“-Nacht als Tagestipp:

SWR, 02.30

Tatort: Der Mann auf dem Hochsitz (D 1978, R.: Ulrich Neureuther)

Drehbuch: Richard Hey

LV: Richard Hey: Feuer unter den Füßen, 1984

Wurde ein Jäger auf seinem Hochsitz von einem Italiener angeschossen? Kommissarin Buchmüller ermittelt.

Nicole Heesters gebührt der Verdienst, die erste „Tatort“-Kommissarin (und die erste deutsche TV-Kommissarin) gewesen zu sein. Insofern ist sie das Vorbild für alle weiteren Kommissarinnen.

„Nicole Heesters verleiht ihrer Figur eine Art weltäufige Eleganz, sie erscheint klar, kühl und ohne Falsch. Gefühle kommen bei der Grand Dame des Verbrechns nur wohldosiert zum Tragen. Sie besteht auf einer klaren Trennung zwischen Beruf und Privatleben. (…) Im Subtext von ‚Der Mann auf dem Hochsitz’ geht es um das Scheitern von traditonellen Rollenvorgaben. (…) Das vielschichtige Gesellschaftsporträt von Autor Richard Hey gibt einen gelungenen Rahmen für den ersten Auftritt der Kommissarin ab.“ (Sabine Holtgreve: Supergirls – Die Geschichte der TATORT-Kommissarinnen, in Eike Wenzel, Hrsg.: Ermittlungen in Sachen TATORT, 2000)

Richard Hey verarbeitete später sein Drehbuch zum Roman „Feuer unter den Füßen“, der sich (so meine Erinnerung) zu stark auf die teilweise lange zurückreichenden Beziehungen der einzelnen Akteure konzentriert, um als Krimi noch zu überzeugen.

Mit Nicole Heesters, Peter Nassauer, Jörg Fallheier, Stephan Orlac, Klaus Höhne (Gastauftritt als Kommissar Konrad)

Hinweise

Tatort-Fundus

Lexikon der deutschen Krimiautoren über Richard Hey

Wikipedia über Richard Hey


KrimiWelt-Bestenliste Juni 2009

Mai 30, 2009

Die Bestenliste der KrimiWelt für den Sommermonat Juni sieht so aus:

1          (-)        Fred Vargas: Der verbotene Ort

2          (-)        Leif GW Persson: Sühne

3          (-)        Don Winslow: Pacific Private

4          (-)        Nick Stone: Der Totenmeister

5          (1)       Roger Smith: Kap der Finsternis

6          (-)        Thomas Ross: Der Tod des Kandidaten

7          (9)       Robert Hültner: Inspektor Kajetan kehrt zurück

8          (-)        Stefan Slupetzky: Lemmings Zorn

9          (-)        William Gay: Nächtliche Vorkommnisse

10       (5)       Oliver Bottini: Jäger in der Nacht

Ja, richtig. Nur drei Krimis von der Mai-Liste haben’s in den Juni geschafft und, nachdem die letzte Bestenliste mit sechs deutschen Krimis doch übertrieben deutschlastig war, sind jetzt nur noch drei Deutsche dabei und, bis auf Fred Vargas, ist es eine reine Jungenliste. Ob das die Rache der Kritiker für den Glauser ist?

Hmhm.

Jedenfalls bin ich gerade beim Roger-Smith-Lesen. Ist bis jetzt ganz okay. Don Winslow, Nick Stone (Über 600 Seiten!), Thomas Ross und Robert Hültner liegen auf meinem Zu-Lesen-Stapel, neben Jack Ketchum, Garry Disher (Uh, warum ist der noch nicht auf der Liste?), Greg Rucka, Alex Berenson C. J. Box und Jason Starr, um nur einige zu nennen.

Rausgeflogen sind Jörg Juretzka (Alles total groovy hier), John Farrow (Eishauch), Monika Geier (Die Herzen aller Mädchen), Gianrico Carofiglio (Die Vergangenheit ist ein gefährliches Land), Uta-Maria Heim (Wespennest), Richard Stark (Keiner rennt für immer) und Jan Costin Wagner (Im Winter der Löwe).


TV-Tipp für den 30. Mai: Die Nacht für Uwe Friedrichsen

Mai 30, 2009

Dank überragender Planung der Programmmacher gibt es wieder ein leicht verspätetes Geburtstagsgeschenk. Uwe Friedrichsen erblickte am 27. Mai 1934 in Hamburg das Licht der Welt und der NDR spendiert ihm „Die Nacht für Uwe Friedrichsen“ mit drei gut abgehangenen Krimis:

NDR, 23.15

Schwarz Rot Gold: Made in Germany (D 1993, R.: Theo Mezger)

Drehbuch: Dieter Meichsner

Zaluskowski glaubt, dass ein in der Öffentlichkeit stehender Konzernboss gegen die Ausfuhrbestimmungen verstößt. Denn seine Bauteile können zu Handgranaten umgebaut werden.

Zwischen 1982 und 1995 entstanden 18 TV-Spielfilme mit Uwe Friedrichsen als Zollfahnder Zaluskowski. Drehbuchautor Dieter Meichsner, der alle Drehbücher nach wahren Fällen schrieb, gelang es, das dröge Thema Wirtschaftskriminalität in spannende Krimis zu verpacken. Bis jetzt fand er keinen Nachfolger.

Vor allem in den Achtzigern war „Schwarz Rot Gold“ eine der Serien, in denen Qualität und Quote stimmten: „gehört zum Besten, was in den achtziger Jahren an deutscher Krimiunterhaltung geboten wurde“ (Martin Compart: Crime TV).

In den vergangenen Jahren verstaubten die Folgen dann in den Programmarchiven. Aber Dank der DVD-Veröffentlichung der ersten sechs Folgen (mit einem ausgesucht hässlichem Cover, bei dem die jedes Cover verschandelnde FSK-Flatsche auch nichts mehr retten kann) zeigt der NDR am Samstag, den 13. Juni, um 23.15 Uhr die erste „Schwarz Rot Gold“-Folge „Unser Land“ (R.: Dieter Wedel).

Mit Uwe Friedrichsen, Siegfried W. Kernen, George Meyer-Goll, Edgar Bessen,    Rolf Becker, Hans Häckermann

NDR, 00.45

Die Männer vom K3: Halali für einen Jagdfreund (D 1992, R.: Dietrich Haugk)

Drehbuch: Harald Vock

Friedrichsen spielt einen Immobilienhai, dessen Haus von einem Unbekannten zerstört wird. Er beginnt, mit dem Gewehr in der Hand, den Täter zu jagen. Die Männer vom K3 suchen ebenfalls den Täter.

Eine weitere realistische Krimiserie, die von Harald Vock erfunden wurde und eine Fortsetzung des damals noch bekannten „Sonderdezernat K1“ (schon lange nicht mehr gezeigt) war.

Martin Compart zu den „Männern vom K3“: „für deutsche Verhältnisse überdurchschnittlich (…) Sympathisch ist auch der Siebziger-Jahre-Touch. Die Serie hechelt keinem Zeitgeist hinterher und negiert nicht die Bedeutung des sozialen Umfelds. Wenn Vock gut ist, gehört er zu den besten Krimi-Autoren des deutschen Fernsehens.“

Mit Harald Dietl, Hartmut Reck, Wolfgang Müller, Alexander Pelz, Uwe Friedrichsen, Rolf Hoppe, Claus Wilcke, Winfried Glatzeder, Karl Lieffen

NDR, 02.35

Schwarz Rot Gold: Schmutziges Gold (D 1991, R.: Theo Mezger)

Drehbuch: Dieter Meichsner

Ein Rentner wird beim Schmuggeln von Goldbarren erwischt. Er führt Zaluskowski zu einem Antiquitätenhändler.

Mit Uwe Friedrichsen, Edgar Bessen, Siegfried Kernen, Hannelore Elsner

Hinweise

Wikipedia über Uwe Friedrichsen

Die Krimihomepage über „Schwarz Rot Gold“

Wikipedia über „Schwarz Rot Gold“

Homepage von Dieter Meichsner

Lexikon der deutschen Krimiautoren über Dieter Meichsner

Die Krimihomepage über „Die Männer vom K3“

Wikipedia über „Die Männer vom K3“

Lexikon der deutschen Krimiautoren über Harald Vock

Amazon: FSK-Flatschen (Vergleichen Sie die deutschen mit den britischen Covers!)


2008 in Filmen – die komplette Version

Mai 29, 2009

Lexikon des internationalen Films 2008

Nach dem Ende des Fischer Film Almanach 1999 und des Heyne Filmjahrbuch 2005 ist das von der katholischen Zeitschrift „film-dienst“ herausgegebene  „Lexikon des internationalen Films“ inzwischen das letzte jährlich erscheinende Filmlexikon.

Das Kernstück des Buches bildet, wenig überraschend, eine kommentierte Aufstellung der 2008 in Deutschland im Kino, DVD und TV uraufgeführten Filme. Dabei scheinen die Macher mit über 2000 Filmen (grober Schätzwert) sich inzwischen wirklich als Komplettisten zu verstehen. Denn neben Spielfilmen, wozu auch restaurierte Stummfilme wie „Die Finanzen des Großherzogs“ gehören, und TV-Filmen (die schon seit längerem aufgenommen werden), werden inzwischen auch zahlreiche spielfilmlange Dokumentarfilme (die meistens im TV ihre Premiere erlebten) und TV-Serienfilme besprochen. So sind „Wilsberg“, „Nachtschicht“, „Mord in bester Gesellschaft“, „Donna Leon“, „Ein starkes Team“, „Inga Lindström“, „Die Landärztin“ (wir wollen ja nicht nur im Krimbereich bleiben),  britische Serien, wie „Inspector Barnaby“, „Der Preis des Verbrechens“ und „Waking the Dead“, und die britische Miniserie „Mord auf Seite eins“ (Das Remake von „State of Play“ startet in unseren Kinos am 18. Juni) aufgeführt. Bei vielen Filmen gibt es, teils umfangreiche, Hinweise auf die DVD-Ausstattung und alternative Fassungen. Das ist vor allem bei Horrorfilmen wie „Saw“, die manchmal in mehreren Versionen auf den Markt geworfen werden, sehr sinnvoll.

Weil DVDs (und Blue-rays) inzwischen immer mehr von Filmfans gekauft werden, zeichnet die „film-dienst“-Redaktion außergewöhnlich gut ausgestatteten DVDs mit dem „Silberling“ aus. Die so ausgezeichneten Filme wurden auch in das Lexikon aufgenommen und die verschiedenen DVD-Ausgaben (wie bei „I am Legend“, „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“, „Jumper“, „The Dark Knight“ und „Dirty Harry“) werden kritisch vorgestellt. Dabei wurde ausschließlich auf die Qualität der Ausstattung und nicht die des Films geachtet. Denn etliche der gut ausgestatteten Filme haben den „film-dienst“-Kritikern nicht gefallen. So schreiben sie über „Alien vs. Predator 2“ (die Century3 Cinedition erhielt einen Silberling): „uninspirierter Science-Fiction-Horrorfilm, der allenfalls durch seine stümperhafte Dramaturgie und die lausig inszenierten Actionsequenzen auffällt“.

Aber meine Lieblingskritik (jedenfalls bis jetzt) ist zum Uwe-Boll-Film „Far Cry“ (mit Til Schweiger in der Hauptrolle): „Krachlederne Computerspiel-Verfilmung, die mit dem Charme billig heruntergekurbelter B-Filme kokettiert, sich in Wahrheit aber als schlecht gemachter A-Film entpuppt, in dem auch Schauspieler aus der zweiten Reihe hoffnungslos unterfordert sind.“

In ihren Kurzkritiken, damit jetzt kein falscher Eindruck entsteht, lobt die unabhängige Redaktion auch einige harte Horrorfilme, wie John Carpenters „Pro-Life – Des Teufels Brut“. Insgesamt gelingt es den Kritikern, wie schon seit langem, die Filme treffend und undogmatisch einzuordnen.

Neben den Kurzkritiken gibt es längere Kritiken zu den letztjährigen Lieblingsfilmen der „film-dienst“-Redaktion. Das sind „Gomorrha“, „Happy-Go-Lucky“, „Lornas Schweigen“, „No Country for Old Men“, „Schmetterling und Taucherglocke“, „The Dark Knight“, „Tödliche Entscheidung – Before the Devil knows you’re dead“, „WALL-E“ und „Waltz with Bashir“.

Drei der Redaktionslieblinge waren auch ein „Kinotipp der katholischen Filmkritik“. Diese sind natürlich ebenfalls aufgeführt. Abgeschlossen werden die Listen mit den Preisträgern von wichtigen Festivals und Preisverleihungen, einem umfangreichen Adressenteil und einem Register der Regisseure und Originaltitel (was zum Auffinden der Filme im Filmlexikon vollauf genügt. Für genauere Recherchen gibt es die IMDB).

Außerdem wird, neben einem Rückblick auf das Filmjahr 2008, die Veranstaltung des Verbandes der deutschen Filmkritik zum Verhältnis von Internet- und Zeitungsfilmkritiken dokumentiert. Der Auslöser für die Tagung war die Polemik „Warum wir die Filmkritik brauchen“ von Josef Schnelle in der Berliner Zeitung vom 14. August 2008. In ihr behauptet er, dass eine fundierte Filmkritik nur in Printmedien und nicht im Internet stattfinden könne. Die Aufregung war groß und hatte sich bis zur Tagung schon wieder gelegt. Dennoch sind die Vorträge und Diskussionen sehr lesenswert. Denn die kundigen Referenten fielen nicht in die Schlachtordnung von „wir sind gut – die sind böse“ zurück, sondern sie zeigten, welche Möglichkeiten das Netz bietet und wo die Grenzen sind. Gleichzeitig wurde über die Aufgabe von (Film)Kritik reflektiert.

Schade bei dem umfassenden Kompendium ist nur, dass die 2008 Verstorbenen, abgesehen von einigen Ausnahmen, nicht erwähnt werden und Zahlen über Kinobesuche, DVD-Käufe und Zuschauerquoten, die auch im Internet nur schwer zu finden sind, vollkommen fehlen.

film-dienst: Lexikon des internationalen Films – Filmjahr 2008

Schüren, 2009

640 Seiten

22,90 Euro

Hinweis

Homepage von „film-dienst“


Fundstücke

Mai 29, 2009

Nicht immer sind die Autoren mit den Verfilmungen ihrer Romane zufrieden. Der A. V. Club hat 13 Beispiele aufgeschrieben. Einige der aufgeführten, hm, Fälle kannte ich schon. Stephen King und „Shining“. Brian Garfield und „Death Wish“.  Clive Cussler und „Sahara“. Und natürlich den krönenden Abschluss der Liste.

Lawrence Block, Elmore Leonard und Donald Westlake fehlen.

Bei Barry Eisler gibt es die Mitschrift eines Gespräches zwischen zwei, in Afghanistan in einer Höhle sitzenden Terroristen.

J. D. Rhoades schreibt über seine Tätigkeit als Juror für den diesjährigen Edgar und gibt Verlegern (und Autoren) einige Hinweise für die erfolgreiche Teilnahme bei Wettbewerben.

Sean Chercover denkt über „Elmore Leonard and Anthony Neil Smith and Adverbs“ nach.

Und hier sind die Schreibregeln von Anthony Neil Smith:

I’m trying to get lost in the story, in the voice, and not distracted by the writer trying to show me what a hot shit genius writer he or she is.  When the voice hooks me, the story can be about anything and I’ll follow right along.


TV-Tipp für den 29. Mai: Serpico

Mai 29, 2009

Das Vierte, 20.15

Serpico (USA 1973, R.: Sidney Lumet)

Drehbuch: Waldo Salt, Norman Wexler

LV: Peter Maas: Serpico, 1971

Serpico ist ein junger, idealistischer Polizist, der auch gegen die Korruption im System vorgehen will. Seine Kollegen und Vorgesetzten findet das nicht gut.

Grandioser, auf Tatsachen beruhender, vor Ort gedrehter, pessimistischer Cop-Thriller mit Al Pacino

„Die Karriere von Frank Serpico…erlaubt Lumet einen breiten, aber detaillierten Angriff auf die in der Stadt ausgebreitete Korruption und die frustrierenden Mechanismen der Bürokratie bei ihrer Selbstverteidigung, während die emotionalen Kräfte seines Films, dieses Mal, denen des Helden treffend angepasst sind.“ (Richard Combs in Monthly Film Bulletin)


TV-Tipp für den 28. Mai: Mitternacht im Garten von Gut und Böse

Mai 28, 2009

Arte, 21.00

Mitternacht im Garten von Gut und Böse (USA 1997, R.: Clint Eastwood)

Drehbuch: John Lee Hancock

LV: John Berendt: Midnight at the Garden of Good and Evil, 1994 (Mitternacht im Garten der Lüste)

Der New Yorker Reporter John Kelso soll in Savannah, Georgia, nur über die traditionelle Weihnachtsfeier eines vermögenden Antiquitätenhändlers berichten. Aber dann geschieht ein Mord und Savannah hat einen ausgewachsenen Skandal.

Bei der Verfilmung des, an der Kinokasse ziemlich untergegangenen, True-Crime-Bestsellers von John Berendt beschränkte Clint Eastwood sich auf die Regie. Er inszenierte ein langes, nicht sonderlich spannendes, in einer Gerichtsverhandlung mündendes  Opus über die Doppelmoral im Süden der USA.

„Eastwoods Faszination für gepflegte Langsamkeit [verlangt] dem Zuschauer einiges an Geduld ab. Wer sie aufbringt, wird entlohnt mit dem exotischen Sittengemälde einer bizarren Gesellschaft der obersten Tausend.“ (Angie Dullinger, AZ)

Mit John Cusack, Kevin Spacey, Jude Law, Alison Eastwood, Lady Chablis (als sie selbst)

Wiederholungen

Freitag, 5. Juni, 00.25 Uhr (Taggenau!)

Freitag, 5. Juni, 14.45 Uhr

Hinweise

Booknotes: Interview mit John Berendt (28. August 1997)


Kleinkram mit/von/über Michael Connelly, Tom Piccirilli, Ken Bruen, John Harvey – und die Schweiz

Mai 27, 2009

Anlässlich der Veröffentlichung seines neuen Romans „The Scarecrow“ hat Michael Connelly den dreiteiligen Film „Conflict of Interest“ gemacht:

Michael Connelly has always tried to give his readers bonus material with each new novel. Short stories, lost chapters, and visual adaptations. This time we have something new. A short film called „Conflict of Interest,“ which features the exploits of FBI Agent Rachel Walling leading up to the point she enters the story of THE SCARECROW. Don’t worry, there are no spoilers here. The story runs parallel to THE SCARECROW. The case Rachel is working comes very close to the story Jack McEvoy is chasing. Written by Michael Connelly, the film will be available in three parts.


Tom Piccirilli schreibt über die George-V.-Higgins-Verfilmung „The Friends of Eddie Coyle:

In what may be the finest performances of his long and acclaimed career, Robert Mitchum plays small-fish gunrunner Eddie “Fingers” Coyle in director Peter Yates’s film version of George V. Higgins’s brilliant and highly influential crime novel. (…)

Paul Monash’s faithfully adapted script is compelling, convincing, and razor-wire taut. The dialogue is pitch-perfect poetry of the gutters. The location shooting in Boston and environs along with the semi-documentary style to the film lends an already dark and realistic movie even more gritty authenticity. The deceptively simple story shrugs forward step by step in the finest film noir fashion, advancing to an inevitable, gut-wrenching, yet subdued finale. A true cinematic gem, this is one of the best American crime films of the 70s.

Der Anlass? Die DVD-Veröffentlichung in den USA (was natürlich auf eine deutsche Veröffentlichung in naher Zukunft hoffen lässt. Denn im TV ist er schon seit Ewigkeiten nicht mehr gelaufen.).

Darüber dürfte Ken Bruen sich freuen.

John Harvey (er hat gerade seinen hundertsten Roman veröffentlicht) möchte kürzer treten. Nur noch alle zwei Jahre ein Buch und stattdessen…

Die neue Ausgabe von CrimeScene beschäftigt sich mit der Schweiz. Die Ausgaben zu Frankreich und Niederland gibt es hier.


TV-Tipp für den 27. Mai: Tatort: Brüder

Mai 27, 2009

WDR, 23.40

Tatort: Brüder (D 1997, R.: Hartmut Griesmayr)

Drehbuch: Wolfgang Brenner

Kommissar Flemmings Zwillingsbruder, ein Anwalt, der jetzt Spitzenkandidat einer konservativen Partei ist, gerät in Mordverdacht. Denn in seinem Auto wurde im Wahlkampf eine von ihm schwangere Studentin erschossen.

Letzter Flemming-Tatort, mit Flemming-Darsteller Martin Lüttge in einer Doppelrolle. – Bestenfalls, wie alle Flemming-Tatorte, solala.

Mit Martin Lüttge, Roswitha Schreiner, Ulrich Gebauer, Diana Körner, Hans-Christoph Blumenberg

Hinweise

Schmalenbach (Homepage von Wolfgang Brenner, letzte Aktualisierung circa 2000)

Lexikon deutschen Krimiautoren über Wolfgang Brenner

Krimi-Couch über Wolfgang Brenner

Meine Besprechung von Wolfgang Brenners „Bollinger und die Friseuse“ (2007)


Cover der Woche

Mai 26, 2009

Stark - Die Singdrossel


TV-Tipp für den 26. Mai: The Score

Mai 25, 2009

Kabel 1, 20.15

The Score (USA/D 2001, R.: Frank Oz)

Drehbuch: Kario Salem, Lem Dobbs, Scott Marshall Smith (nach einer Geschichte von Daniel E. Taylor und Kario Salem)

Hehler Max überredet den immer allein arbeitenden Profieinbrecher Nick Wells zu einem Einbruch ins ausgezeichnet gesicherte Zolllager von Montreal. Dort ist für einige Tage ein wertvolles Königszepter. Die Pläne erhält Nick dank eines Insiders. Dummerweise will der Insider bei dem Coup nicht nur helfende Hand sein.

Drei Schauspielgiganten in einem amüsanten Caper. Was will man mehr an einem lauschigen Frühlingsabend?

The Score” ist der letzte Film von Marlon Brando. Nach mehreren, sehr höflich formuliert, schlechten Werken, gelang ihm mit dem elegant, altmodischen “The Score” ein würdevoller Abschied.

Mit Robert De Niro, Edward Norton, Marlon Brando, Angela Bassett, Gary Farmer, Paul Soles


Im Verhörzimmer: Horst Eckert über „Sprengkraft“

Mai 22, 2009

Horst Eckert SW

Zur Veröffentlichung von Horst Eckerts neuem Roman „Sprengkraft“ habe ich unserem besten Autor von Polizeiromanen und Politthrillern einige Fragen zu seinem neuen Roman gestellt.

In „Sprengkraft“ explodiert in einer Hinterhofmoschee eine Bombe. War das ein fehlgeschlagener islamistischer Anschlag? Ein erfolgreicher rechtsradikaler Anschlag? Oder sollte ein Zeuge beseitigt werden? Während Anna Winkler und Martin Zander ermitteln, versucht eine rechtsradikale Partei, die jetzt mit einer CDU-Politikerin als Vorsitzenden in den Landtag einziehen will, von dem Attentat zu profitieren.

„Sprengkraft“ ist Horst Eckerts präziser Kommentar zur Lage der Nation und schon jetzt einer der besten deutschen Kriminalromane des Kalenderjahres.

Was war die Inspiration für „Sprengkraft“?

Da kam Einiges zusammen: Die Kofferbomben, die 2006 in zwei Zügen gefunden wurden, die Sauerlandzelle, die angeblich im Jahr 2007 ein großes Attentat plante. Darauf reagieren die Sicherheitspolitiker mit Grundgesetzänderungen, als hätten sie nur auf einen Anlass gewartet, um die totale Kontrolle des Staates über die Bürger zu verwirklichen. Und auch der Alltag in den Städten wandelt sich. Wir haben die meisten Migranten nie integriert. Früher schienen sie uns egal zu sein, heute fallen uns ihre Bärte und Kopftücher auf. Wo Minarette gebaut werden, regt sich Misstrauen und Angst vor dem Fremden. Der Konflikt nimmt absurde Formen an: Erzkonservative, die sich noch vor kurzem gegen die strafrechtliche Verfolgung von Vergewaltigung in der Ehe gewehrt haben, wettern heute gegen den Islam – im Namen der Frauenrechte! Ich kann mir vorstellen, dass die Kulturen bald noch heftiger aufeinanderprallen. Wenn die Arbeitslosenzahlen steigen, Zukurzgekommene einen Sündenbock suchen – und vielleicht tatsächlich mal eine Bombe hochgeht.

Wenn man „Sprengkraft“ in eine Reihe mit deinen vorherigen Romanen stellt, ist eine Entwicklung zu immer politischeren Geschichten festzustellen. Ist das, wie bei Maj Sjöwall/Per Wahlöö, eine bewusste Entwicklung oder geschah das eher unbewusst?

Ich entscheide spontan von Roman zu Roman. Gänzlich unpolitisch waren meine Bücher nie. Ob ich über Korruption bei der Polizei schreibe, über kommunalpolitische Eskapaden eines Provinzfürsten, über den Afghanistankrieg oder über eine Konzernfusion. Vielleicht ist bei „Sprengkraft“ zum ersten Mal das Etikett des Politthrillers berechtigt. Das heißt aber nicht, dass mein nächster Roman ebenfalls einer wird. Neben dem „Großen Ganzen“ interessieren mich nach wie vor die Abgründe und Tragödien des menschlichen Miteinanders im ganz Privaten, die Verletzlichkeit der Seele und das, was Unrecht und Gewalt mit dem Einzelnen machen. Ich glaube, darum geht es letztlich auch in „Sprengkraft“.

Was war für dich die Initialzündung für „Sprengkraft“?

Die Überlegung, was ein islamistischer Anschlag auslösen würde. Doch schon mein zweiter Gedanke war, dass ich keinen Roman schreiben will, in dem die Rollen allzu eindeutig verteilt wären: hier der gute deutsche Kommissar, dort der böse Attentäter. Die Wirklichkeit ist vielschichtig und schillernd, nicht banal. Und ich wusste, dass ich kein Blutbad mit Hunderten von Toten brauche, um dem Leser Schauer über den Rücken zu jagen. Der Alltag ist gruselig genug: Der Mord an dem Regisseur van Gogh in Amsterdam, Schäubles BKA-Gesetz, vierzig Prozent Erstwählerstimmen für Rechtsradikale in Österreich, die Verwicklung deutscher Geheimdienste in den Sauerlandfall … Und noch etwas war für mich von Anfang an klar: Ich will kein politisches Manifest abliefern, sondern die Geschichten meiner Figuren erzählen. „Schauen, schauen, schauen und nie das Erstaunen vergessen“, wie es Friedrich Glauser einmal formuliert hat.

Geschichten entwickeln sich immer im Spannungsfeld von Thema, Charakter und Plot? Was ist bei dir zuerst da? Und wie sieht dann die weitere Entwicklung aus?

Mit den Figuren entwickelt sich zugleich der Plot. Sie werden lebendig, indem sie handeln. Das heißt, ich entwickle beides parallel, als Einheit, zunächst in Skizzen für das Romangerüst.

Wie ist dein Schreibprozess?

Am Anfang stehen Zettel, die mit wüsten Figuren-Diagrammen vollgekritzelt sind und mit Handlungsbruchstücken, die ich in ein oder zwei Zeilen notiere. Später schreibe ich die Etappen der verschiedenen Handlungsstränge auf Karteikarten, lege sie auf dem Fußboden aus und bringe sie in eine sinnvolle Reihenfolge. Daraus entsteht die Outline, die bereits erste Dialoge enthalten kann. Wenn ich nach etwa einem halben Jahr mit dem eigentlichen Schreiben beginne, heißt das noch lange nicht, dass die Geschichte im Kopf bereits fertig ist. In den zwei Jahren, die ich insgesamt für einen Roman brauche, lerne ich mein Personal immer näher kennen. Es bringt mich ständig auf neue Ideen. Das berühmte Eigenleben der Figuren macht vielleicht nur zwanzig Prozent aus, aber möglicherweise sind es die entscheidenden zwanzig Prozent, ohne die meine Figuren nicht glaubwürdig und eindrucksvoll wären.

Wenn die erste Manuskriptversion fertig ist, überarbeite ich, so oft es geht. Der Abgabetermin rückt näher, aber ich spüre, dass der Text mit jedem Durchgang besser wird. Also arbeite ich zehn Stunden, auch am Wochenende. War ich zu Beginn faul, zweifelnd und depressiv, werde ich jetzt manisch. Mit dem Ziel vor Augen, den perfekten Kriminalroman zu schreiben. Ich hoffe zumindest, diesem Ziel mit jedem Buch näher zu kommen.

Vor längerem hast du gesagt, es gäbe Pläne für eine Verfilmung deines Kurzromans „Der Absprung“. Hat sich da etwas Konkreteres ergeben? Gibt es weitere Pläne für Verfilmungen?

Das Drehbuch lag bei einigen Produzenten. Aber für die Fernsehleute ist das Ende zu tragisch, der Held nicht positiv genug, sie sagen, das sei Kinostoff. Für die Kinoleute ist es wiederum zu sehr Krimi, also vermeintlich nur ein Fernsehstoff. Vielleicht müsste ich es ein weiteres Mal überarbeiten, um trotzdem jemanden zu überzeugen. Aber im letzten Jahr war mir „Sprengkraft“ wichtiger. Ich liebe die Arbeit an der Literatur und das viel zitierte Kino im Kopf, das ein gutes Buch bei jedem einzelnen Leser auf jeweils andere Art auslösen kann, viel bunter und reichhaltiger als es die Glotze jemals könnte.

Welche fünf Bücher empfiehlst du für den nächsten Urlaub?

Fünf? Ich habe schon zehn geschrieben!

Aber wenn im Koffer Platz für fünf weitere Romane ist, dann nehmt folgende mit, Leute:

Frank Göhre, Zappas letzter Hit

John Harvey, Schrei nicht so laut

Ross Thomas, Teufels Küche

James Ellroy, Die Schwarze Dahlie –

und als Nicht-Krimi: Philip Roth, Sabbaths Theater.

Vielen Dank für das Gespräch!

Eckert - Sprengkraft

Horst Eckert:  Sprengkraft

Grafit, 2009

416 Seiten

18,90 Euro

Hinweise

Homepage von Horst Eckert

Meine Besprechung von Horst Eckerts „Sprengkraft“

Meine Besprechung von Horst Eckerts „Königsallee“

Meine Besprechung von Horst Eckerts „Der Absprung“

Meine Besprechung von Horst Eckerts „617 Grad Celsius“


Horst Eckerts zehnter Streich

Mai 22, 2009

Eckert - Sprengkraft

Dass mir das neue Buch „Sprengkraft“ von Horst Eckert gefällt ist nicht erstaunlich. Immerhin bin ich ein bekennender Eckert-Fan.

Dass sein neuer Roman ein spannender Polizeikrimi ist, ist auch nicht erstaunlich.

Dass er nach seinen vorherigen Büchern noch politischer wird (Kritiker lieben es ja, Entwicklungen zu entdecken), ist auch nicht erstaunlich.

Erstaunlich ist aber, dass Horst Eckert anscheinend als einziger deutscher Autor in der Lage ist, einen ernstzunehmenden Politthriller über die heutige Bundesrepublik, die Terrorgefahr und den Abbau der Bürgerrechte zu schreiben. Andere Autoren planen gleich einen Umsturz, inszenieren ein Kasperle-Theater auf Soap-Niveau oder lassen irgendwo in der Provinz Bomben explodieren (Hintertupfigen als Ziel eines Anschlages? Uh-huh.). Das alles hat mit der Realität ungefähr so viel zu tun, wie der letzte „Krieg der Sterne“-Film. Unterhaltsam, vielleicht, aber nicht weiter beunruhigend.

Dagegen demonstriert Horst Eckert mit seinem zehnten Roman „Sprengkraft“ eindrucksvoll, wie ein deutscher Politthriller aussehen kann. Dabei wurden bereits seine vorherigen Romane immer politischer. Er thematisierte schon immer Verflechtungen, Korruption und Machtgier innerhalb der Polizei. In seinen neueren Romanen rückten das Machtgeflecht und die Beziehungen zwischen Polizei, Wirtschaft und der Stadt- und Landespolitik immer mehr in das Zentrum seiner Geschichte. Auch der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan und der Polizei in Bosnien wurden angesprochen. Aber in „Sprengkraft“ steht die große Politik, nämlich der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus, und wie jeder dabei sein eigenes Süppchen kocht, im Mittelpunkt.

In einem Nebenraum einer Hinterhofmoschee explodiert eine Bombe. Die Opfer sind die jungen Islamisten Rafi Diouris, Said Boussoufa und der Konvertit Yassin Dennis Scholl, die gerade einen Anschlag planten und sich bereits den Sprengstoff besorgt hatten. Die ermittelnden Beamten Anna Winkler und Martin Zander fragen sich, ob deren Bomben zufällig explodierten oder ob es ein rechtsradikaler Anschlag gegen die Moschee war.

Außerdem hat Zander von Kriminaldirektor Benedikt Engel den Auftrag erhalten, herauszufinden welcher Polizist vor 18 Monaten die Ermittlungen gegen den auf der Straße erschossenen Bruder von Rafi Diouris torpedierte und wohin damals die Drogen verschwunden sind. Wenn der korrupte Zander den Maulwurf nicht findet, ist er seinen Job los. Weil Rafi Diouris mehr über diesen Dealermord weiß, als er der Polizei verrät, könnte der Anschlag auch ihm gegolten haben.

Gleichzeitig versucht die rechtslastige „Bürgerbewegung Pro Freiheit“ mit einer neuen Vorsitzenden, der von der CDU abgeworbenen Bundestagsabgeordneten Carola Ott-Petersen, und dem von Unternehmer Edwin A. Bucerius teuer bezahlten PR-Berater Moritz Lemke, in den Landtag einzuziehen. Ott-Petersen entdeckt in der Parteizentrale seltsame Rechnungen und verschwindet plötzlich. Lemke ist zwar einerseits ein Alt-Linker (Gründungsmitglied der Grünen!), aber andererseits kann er das Geld gut gebrauchen und er ist für das Lob und die Schmeicheleien der Parteifinanziers empfänglich. Denn die Bombe beweist doch, so sagt er sich, dass die Partei mit ihren ausländerfeindlichen Parolen Recht hat.

Diese miteinander verbundenen Geschichten entwickeln sich vor aktuellen Schlagzeilen. Die Proteste gegen eine religionskritische Ausstellung in der Berliner Turmstraße (also vor meiner Haustür; die Ausstellung fand gut bewacht statt und war gut besucht), die verschiedenen missglückten Anschläge von mutmaßlich islamistischen Terroristen in Deutschland, die deutschsprachigen Al-Kaida-Videos, der jetzt schon stattfindende massive Abbau von Bürgerrechten mit dem Hinweis auf den internationalen Terrorismus (Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchung können hier als Stichworte genügen), die zunehmende Abneigung der Deutschen gegen den Islam, die damit verbundenen Proteste in mehreren Großstädten gegen den Bau von Moscheen und, natürlich, die Umgangsformen in der Politik werden auch in „Sprengkraft“ genannt.

Horst Eckert verknüpft diese bundesdeutsche Wirklichkeit gewohnt souverän mit ungefähr einem halben Dutzend verschiedener Handlungsfäden, ohne jemals den Überblick zu verlieren, und wartet mit einem überraschenden, die vorherigen Gewissheiten in Frage stellendem, glaubwürdigen  Ende auf.

„Sprengkraft“ ist Eckerts präziser Kommentar zur Lage der Nation. Dabei kommen, wie schon bei Ross Thomas, die Mächtigen nicht besonders gut weg.

Horst Eckert: Sprengkraft

Grafit, 2009

416 Seiten

18,90 Euro

Die Taten des Horst Eckert

Annas Erbe, 1995

Bittere Delikatessen, 1996

Aufgeputscht, 1997

Finstere Seelen, 1999

Die Zwillingsfalle, 2000

Ausgezählt, 2002

Purpurland, 2003

617 Grad Celsius, 2005

Königsallee, 2007

Kleinere Delikte von Horst Eckert

Der Absprung, 2006 (Kaliber.64)

und zahlreiche Kurzgeschichten

Hinweise

Homepage von Horst Eckert

Meine Besprechung von Horst Eckerts „Königsallee“

Meine Besprechung von Horst Eckerts „Der Absprung“

Meine Besprechung von Horst Eckerts „617 Grad Celsius“

Kriminalakte: Interview mit Horst Eckert (22. Mai 2009)


Neue TV-Krimi-Buch-Tipps online

Mai 22, 2009

Bei den Alligatorpapieren (Gute Besserung, Alfred!) gibt’s, mit vielen schönen Bildern, die TV-Krimi-Buch-Tipps für die kommenden zwei Wochen. Hier die ersten Zeilen:

In den kommenden beiden Wochen dürfen Henning-Mankell-Fans sich auf die britische Version mit Kenneth Branagh als Kommissar Wallander freuen. Außerdem gibt es eine neue Folge von „Der Kommissar und das Meer“, etliche Håkan-Nesser-Verfilmungen und Inspector Barnaby ermittelt emsig.
Die sehenswerten Filme sind Martin Enlens Robert-Hültner-Verfilmung „Tatort: Vorstadtballade“, Wim Wenders Joe-Gores-Verfilmung „Hammett“, seine Patricia-Highsmith-Verfilmung „Der amerikanische Freund“, Jean-Luc Godards Debüt „Außer Atem“, Clint Eastwoods John-Berendt-Verfilmung „Mitternacht im Garten von Gut und Böse“, Sidney Lumets Peter-Maas-Verfilmung „Serpico“, Jean Negulescos Eric-Ambler-Verfilmung „Die Maske des Dimitrios“, Alfred Hitchcocks Victor-Canning-Verfilmung „Familiengrab“, Ulrich Neureuthers Richard-Hey-Verfilmung „Tatort: Der Mann auf dem Hochsitz“ (erster Auftritt der ersten deutschen TV-Kommissarin), Jonathan Demmes Thomas-Harris-Verfilmung „Das Schweigen der Lämmer“, Claude Chabrols Jean-Marie-Fitère-Verfilmung „Violette Nozière“, Lee Tamahoris Pete-Dexter-Verfilmung „Nach eigenen Regeln“ und Don Siegels „Dirty Harry“.
In der Klassikerabteilung gibt es Marcel Carnés „Hafen im Nebel“ und Lt. Columbo hat noch eine Frage.


TV-Tipp für den 22. Mai: Die Abenteuer des Sherlock Holmes; Sherlock Holmes: Der Hund von Baskerville

Mai 21, 2009

Für unser Geburtstagskind Sir Arthur Conan Doyle bleiben wir etwas länger wach

ZDF, 00.15

Die Abenteuer des Sherlock Holmes (USA 1939, R.: Alfred Werker)

Drehbuch: Edwin Harvey Blum, William A. Drake

LV: Bühnenstück von William Gillette, Kurzgeschichten von Sir Arthur Conan Doyle

Wo sind die Kronjuwelen? Hat Professor Moriarty sie geklaut? Sherlock Holmes sucht sie.

Zweiter Einsatz von Basil Rathbone als Sherlock Holmes und Nigel Bruce als Dr. Watson. Ida Lupino ist bei diesem klassischen Detektivfilm auch dabei.

ZDF, 01.35

Sherlock Holmes: Der Hund von Baskerville (USA 1939, R.: Sidney Lanfield)

Drehbuch: Ernest Pascal

LV: Arthur Conan Doyle: The hound of the Baskervilles, 1902 (Der Hund von Baskerville)

1889, Baskerville Hall: Sir Henry fürchtet um sein Leben und bittet Sherlock Holmes um Hilfe.

Der ämusante Oldie war der erste Film der überaus erfolgreichen Sherlock-Holmes-Reihe von 20th Century Fox mit Basil Rathbone und Nigel Bruce. Die Reihe lief acht Jahre.

Hinweise

Homepage von Sir Arthur Conan Doyle (Erben)

Krimi-Couch über Sir Arthur Conan Doyle

Kirjasto über Sir Arthur Conan Doyle

Wikipedia über Sir Arthur Conan Doyle (deutsch, englisch)

Sherlockian.net (Einstiegsseite mit vielen Links)

Thrilling Detective über Sherlock Holmes


Neu im Kino: Public Enemy No. 1 – Todestrieb

Mai 21, 2009

Public Enemy No. 1. – Todestrieb (L’Ennemi Public No 1, F 2008, R.: Jean-Francois Richet)

Drehbuch: Abdel Raouf Dafri, Jean-François Richet

Zweiter Teil der hochgelobten Biographie des in Frankreich kultisch verehrten Gangsters Jacques Mesrine. Jetzt geht’s vor allem um sein öffentlichkeitswirksames Katz- und Mausspiel mit der Polizei.

Mit Vincent Cassel, Ludivine Sagnier, Mathieu Amalric, Gérard Lanvin, Samuel Le Bihan

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Film-Dienst über „Publick Enemy No. 1. – Todestrieb“

Kriminalakte über „Public Enemy No. 1 – Mordinstinkt“


Stephen Kings Ausflug zu Hard Case Crime

Mai 21, 2009

King - Colorado KidKing - The Colorado Kid

Vor- und Nachworte werden meist als uninteressantes Geblubber überblättert. Manchmal, wie bei Stephen Kings „Colorado Kid“, werden sie nicht übersetzt. Dabei sind Kings Erklärungen zu seinen Geschichten immer lesenswert und auch bei „Colorado Kid“ verrät King einiges über die Hintergründe der Geschichte und dass sie seine Leser spalten werde. Denn er löst das Rätsel um die Leiche nicht, aber das haben die beiden alten Provinzjournalisten Vince Teague und Dave Bowie vom Weekly Islander auf Moose-Lookit Island, Maine, ihrer jungen Kollegin Stephanie McCann immer wieder gesagt. Denn sie versuchen bereits seit einem viertel Jahrhundert herauszufinden, wie das Colorado Kid auf ihre Insel kam. Lange ist seine Identität unbekannt und als er, dank eines hartnäckigen, jungen Gerichtsmediziners endlich einen Namen und einen Wohnort hat, wird es richtig rätselhaft. Denn wie kam er auf die Insel? Wie starb er? Wer ermordete ihn? Und warum? Stephanie schlägt ihren beiden Mentoren mehrere Lösungen vor. Diese beantworten geduldig ihre Fragen und verführen sie so langsam.

In der kurzen Geschichte „Colorado Kid“ geht es letztendlich darum, der aus Cincinnatti, Ohio, kommenden Studentin an einem langen Nachmittag das Inselleben schmackhaft zu machen. Entsprechend gemütlich ist das Erzähltempo, wenn die beiden alten Knacker der jungen Frau auf der Veranda der Zeitung die Geschichte mit Pausen und Abschweifungen erzählen und dabei immer wieder betonten, dass es eigentlich überhaupt keine Geschichte sei.

Und King wechselt im plaudernden Tonfall der beiden alten, rüstigen Landeier (der eine ist Mitte Sechzig, der andere Anfang Neunzig) immer wieder von der Gegenwart in die Vergangenheit, an die sie sich noch sehr gut erinnern.

In Amerika erschien „Colorado Kid“ als dreizehnter Band der „Hard Case Crime“-Reihe. King war, als er von dem Konzept der Reihe erfuhr, sofort begeistert, lehnte die Anfrage für einige lobende Worte über die Reihe ab und bot eine neue Geschichte an. Herausgeber Charles Ardai griff natürlich sofort zu. Dank des bekannten Autors (es war auch das erste ins Deutsche übersetzte Hard-Case-Crime-Buch) verkaufte sich die, nach Kings Einschätzung, Softboiled-Geschichte ausgezeichnet und machte die Reihe außerhalb der Krimiszene bekannt.

Allerdings wurde „Colorado Kid“, vor allem wegen des offenen Endes, von vielen Lesern heftig kritisiert. King schreibt in seinem Nachwort, dass er kein Ende wollte, sondern beim Schreiben vor allem an dem Rätsel interessiert gewesen sei. Das macht die Lektüre allerdings auch etwas unbefriedigend. Deshalb wäre es vielleicht besser, wenn „Colorado Kid“ in künftigen Auflagen zusammen mit anderen Geschichten publiziert würde. Immerhin hat „Colorado Kid“ für King-Verhältnisse kaum die Länge einer Novelle. Aber einer sehr unterhaltsamen.

Die aktuelle Ausgabe hat als Bonusmaterial eine kommentierte Bibliographie der im Heyne-Verlag erschienenen Stephen-King-Bücher. Zwei Dinge fallen bei der Bibliographie auf: erstens fehlen die Erscheinungsjahre und zweitens hat Heyne nie „Carrie“ veröffentlicht.

Stephen King: Colorado Kid

(übersetzt von Andrea Fischer)

Heyne, 2009

176 Seiten

7,95 Euro

Originalausgabe

The Colorado Kid

Hard Case Crime, 2005

Deutsche Erstveröffentlichung

Ullstein, 2006

Hinweise

Homepage von Stephen King

Mein Porträt zu Stephen Kings Geburtstag

Meine Besprechung von Stephen Kings/Richard Bachmans „Qual“ (Blaze, 2007)

Meine Besprechung von Stephen Kings „Nachgelassene Dinge“ (The things they left behind) in Ed McBains „Die hohe Kunst des Mordens“ (Transgressions, 2005)


TV-Tipp für den 21. Mai: La Mala Educación – Schlechte Erziehung

Mai 21, 2009

Arte, 21.00

La Mala Educación – Schlechte Erziehung (E 2004, R.: Pedro Almodóvar)

Drehbuch: Pedro Almodóvar

Nach zwanzig Jahren treffen sich zwei Klosterschüler wieder. Der eine ist jetzt ein gefeierter Regisseur. Der andere ein armer Schauspieler mit einem Drehbuch über seine Zeit im Kloster zwischen Missbrauch, Homosexualität, Lügen und Rachegedanken.

Das ist der Ausgangspunkt für einen typischen Almodóvar, der souverän zwischen Gegenwart und Vergangenheit, Realität und Fiktion wechselt. „Wohl das reifste Werk des spanischen Enfant terrible.“ (Margret Köhler, Blickpunkt Film 21/2004)

Mit Gael Garcia Bernal, Daniel Giménez-Cacho, Fele Martinez, Lluis Homar

Wiederholung: Samstag, 23. Mai, 03.00 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Film-Zeit über „La Mala Educación“

Wikipedia über „La Mala Educación“