Texte, die ich 2019 mal wieder nicht schrieb

Dezember 31, 2019

Um die Weihnachtstage plante ich einen Text zur alljährlichen Straßenschlacht in der Silvesternacht. Ich war noch nie ein Freund des verordneten Silvesterfrohsinns (Hey, ich brauche keinen Anlass, um mich zu betrinken und ich brauche dazu nicht die Gesellschaft ganzer Kompanien Besoffener, die ich niemals kennen lernen möchte. Außerdem kann ich mir die normale Silvestermusik auch mit multiplen parallelen Alkoholvergiftungen nicht hörbar trinken.), aber viele Jahre meines Lebens ging ich nach der Methode „Leben und knallen lassen“ vor. Erst in Berlin änderte sich das. Zu viele besoffene Idioten auf einer zu kleinen Fläche und die Böller erzeugen zwischen den Häusergassen einen infernalischen Lärm.

Aber inzwischen gibt es so viele Artikel darüber und in Umfragen sind große Mehrheiten dafür, die sich auf wenige Stunden beschränkende Erlaubnis für Kreti und Pleti mit Feuerwerk zu hantieren, zu beschränken. Denn es geht nicht um ein „Verbot der Silvesterböllerei“, sondern darum, eine Ausnahme, eine Erlaubnis, nicht weiter zu gewähren.

Beim Lesen all der Artikel dazu fragte ich mich: Warum soll ich dieses Jahr etwas dazu schreiben?

Daneben schrieb ich keine Texte zu den Aufregerthemen

Allgemeine Tempobeschränkung auf Autobahnen; – aber, hey!, wenn mir jemand erklären kann, warum es ein Recht auf Rasen geben soll, würde ich mir das gerne durchlesen. Ich meine damit keinen Text, in dem erklärt wird, warum Tempo-130 nichts bringt, sondern ein Text, in dem erklärt wird, warum es richtig und vernünftig ist, so schnell zu fahren, wie man möchte.

Sommer- und Winterzeit: bei jeder inzwischen von der EU verordneten Uhrumstellung ist das für einige Menschen der Weltuntergang, während sie keine Probleme mit Fernreisen und Schichtdienst haben.

Außerdem ist es anscheinend unmöglich, die Schule ein, zwei Stunden später beginnen zu lassen. Ich empfand den Schulbeginn für mein persönliches Wohlbefinden schon immer als „zu früh“. Meine erste Tat im Studium war daher der weitgehend erfolgreiche Versuch, alle Kurse, die vor zwölf Uhr mittags anfingen, zu ignorieren.

Weihnachten: da erscheinen jedes Jahr längliche Texte darüber, dass es schlimm ist, Weihnachten allein zu verbringen und dass es schlimm ist, Weihnachten bei der Familie zu verbringen. Für beide Situationen gibt es dann ernstgemeinte „Was ist zu tun“-Anweisungen, als gäbe es nicht auch andere periodische Familienzusammenkünfte, wie die dritte Scheidung der Eltern, die fünfte Hochzeit der Schwester und Geburtstage.

Aber was ist so schlimm daran, einige ruhige, von mir aus auch besinnliche Tage ohne lästige Termine, Telefongeklingel und E-Mail-Kaskaden allein zu verbringen? Endlich hat man die Zeit, einige dieser dicken Bücher oder epischen TV-Serien ohne Unterbrechungen zu genießen. Einige Monate später tut man das doch auch, ohne in eine Depression abzurutschen, im Urlaub auf der einsamen Hütte oder im Kloster mit dem Schweigegelübde.

Das geschrieben wünsche ich allen einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Und wenn ich mich beeile, komme ich noch auf die böllerfreie Festmeile vor dem Brandenburger Tor, werde von unbekannten Bierbäuchen gequetscht, höre schlechte Musik, trinke überteuerten Sekt und friere viele Stunden bis zum Silvesterfeuerwerk.


Cover der Woche

Dezember 31, 2019


TV-Tipp für den 31. Dezember: Pop around the Clock

Dezember 30, 2019

3sat, 05.00

Pop around the Clock

Um 5.00 Uhr geht es los mit einer bunten Mischung aus aktuellen und etwas älteren Konzerten von bekannten und sehr bekannten Musikern und Bands. Deshalb sind die „Rolling Stones“ wie jedes (?) Jahr dabei. Dieses Mal, um 15.45 Uhr, mit dem „Bridges to Bremen“-Konzert von 1998.

Außerdem gibt es Konzerte von John Fogerty (um 06.45 Uhr), The Who (um 08.30 Uhr), Beth Hart (um 09.30 Uhr), Metallica (dieses Mal S & M von 1999, um 12.30 Uhr), Paul Simon (1991 ohne Art im Central Park, um 14.30 Uhr), Elvis Presley (der ist eher selten dabei; dieses Mal mit Aloha from Hawaii, aufgenommen 1973, um 18.00 Uhr), direkt danach ein brandneues Elvis-All-Star-Tribute (um 19.00 Uhr), Sting (um 20.15 Uhr), Coldplay (um 22.15), U2 (eXPERIENCE Live – Berlin [!] 2018, um 00.20) und Little Steven and the Disciples of Soul (um 04.15 Uhr).

Das vollständige Programm gibt es hier.


Literaturklassiker im neuen Gewand: Georg Büchners „Woyzeck“ und „Bram Stoker’s Dracula“

Dezember 30, 2019

Bereits Werner Herzog und Klaus Kinski setzten sich mit diesen Geschichten auseinander. Aber ihre sehenswerte Interpretation von „Woyzeck“ und „Dracula“, der bei ihnen aus stummfilmhistorischen Gründen Nosferatu heißt, hatten keinen Einfluss auf diese Comic-Interpretationen.

Bei Roy Thomas‘ und Mike Mignolas „Bram Stoker’s Dracula“ basiert auf Francis Ford Coppolas Film. Der ist inzwischen auch schon gut dreißig Jahre alt und er ist die letzte nennenswerte Spielfilm-Interpretation von Bram Stokers Romanklassiker.

Parallel zum Film erschien damals dieser Comic als limitierte vierteilige Mini-Serie. Lange Jahre war er nicht mehr erhältlich, während im Second-Hand-Buchmarkt die Preise stiegen. 2018 veröffentlichte IDW in den USA eine nicht-kolorierte Neuauflage, die auch der Anlass für die deutsche Neuausgabe war. Die ist, zum Glück!, koloriert.

Anstatt weißer Flächen knallem einem satte Farben entgegen, die die Geschichte und den psychedelisch-albtraumhaften Effekt der Panels verstärken. Nach der Lektüre der kolorierten Fassung von „Bram Stoker’s Dracula“ kann man sich keine andere Fassung mehr vorstellen.

Danach wurde Mike Mignola mit der von ihm erfundenen Figur „Hellboy“ weltweit bekannt.

Bram Stokers Vampirgeschichte dürfte ja bekannt sein. Trotzdem für die vergesslichen Geister: 1897 reist der Makler Jonathan Harker in die Karpaten. Dort vermittelt er Graf Dracula ein Anwesen in London und wird, auf Draculas Geheiß, von drei weiblichen Vampiren angegriffen. Währenddessen nähert Dracula sich in London Harkers Verlobter Mina. Weil seine blutsaugenden Taten nicht unbemerkt bleiben, wird Dr. Van Helsing um Hilfe gerufen. Er weiß, wie man einen Vampir besiegen kann.

Die Geschichte von „Woyzeck“ dürfte auch bekannt sein. Immerhin ist Georg Büchners Stück ein auf deutschen Bühnen immer noch gespielter und immer wieder neu interpretierter Klassiker.

Woyzeck ist ein einfacher Soldat, der von seinem Vorgesetzten unterdrückt und von seiner Frau, mit der er ein uneheliches Kind hat, betrogen wird. Als er sie mit seinem Nebenbuhler sieht, glaubt er, eine Stimme zu hören, die ihm befiehlt, sie zu töten.

Andreas Eikenroth verlegt die Geschichte vom frühen 19. Jahrhundert in eine diffuse Weimarer Republik. Er verschiebt auch einige Szenen des Bühnenstücks, das nur als Fragment erhalten ist, zu einem ihm schlüssiger erscheinendem Handlungsablauf.

Das Besondere an Eikenroths Interpretation ist allerdings die Art, wie er die Geschichte als Comic erzählt. Bei ihm besteht jede Seite aus einem Bild, das quasi mehrere Panels zu einem Bild zusammenfügt. Seine Zeichnungen sind dabei, wie er selbst sagt, von damaligen Künstlern, wie George Grosz, Karl Arnold, Egon Schiele, Max Liebermann, Jeanne Mammen und Heinrich Zille, beeinflusst.

Zu Eikenroths früheren Werken gehören „Die Schönheit des Scheiterns“ und „Hummel mit Wodka“.

Die Comics „Bram Stoker’s Dracula“ und „Woyzeck“ sind zwei überzeugende Interpretationen klassischer Geschichten.

Roy Thomas/Mike Mignola: Bram Stoker’s Dracula

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini, 2019

140 Seiten

29 Euro

Originalausgabe

Bram Stoker’s Dracula 1-4

Topp Comics, 1993

Neuauflage 2018 bei IDW

Andreas Eikenroth: Woyzeck

Edition 52, 2019

64 Euro

15 Euro

Hinweise

Wikipedia über Bram Stokers „Dracula“ (deutsch, englisch) und „Bram Stoker’s Dracula“ (deutsch, englisch)

Homepage von Mike Mignola

Meine Besprechung von Mike Mignola (Autor)/John Arcudi (Autor)/Guy Davis (Zeichner) „B. U. A. P.: Tödliches Terrain (Band 7)“ (BPRD: Killing Ground, 2008)

Meine Besprechung von Mike Mignola (Autor)/John Arcudi (Autor)/Guy Davis (Zeichner) „B. U. A. P.: Die Warnung (Band 8)“ (BPRD: The Warning, 2009/2010)

Meine Besprechung von Neil Marschalls Mike-Mignola-Verfilmung „Hellboy – Call of Darkness“ (Hellboy, USA 2019)

Homepage von Andreas Eikenroth

Wikipedia über Georg Büchners „Woyzeck“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 30. Dezember: Wind River – Tod im Schnee

Dezember 29, 2019

ZDF, 22,15

Wind River (Wind River, USA 2017)

Regie: Taylor Sheridan

Drehbuch: Taylor Sheridan

Im Indianerreservat Wind River im US-Bundesstaat Wyoming wird die Leiche einer jungen Indianerin gefunden. Die unerfahrene FBI-Agentin Jane Banner (Elizabeth Olsen) und der erfahrene Fährtenleser Cory Lambert (Jeremy Renner) suchen den Täter.

Grandioser Schnee-Western von Taylor Sheridan. Er schrieb die Bücher für „Sicario“ und „Hell or High Water“.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

Sheridans nächster Spielfilm ist die Michael-Koryta-Verfilmung „Those who wish me dead“.  In den USA soll der Thriller im Oktober 2020 starten. Also noch genug Zeit, die deutsche Ausgabe von Korytas „Die mir den Tod wünschen“ (Heyne 2016) zu lesen.

mit Jeremy Renner, Elizabeth Olsen, Kelsey Asbille, Jon Bernthal, Graham Greene, Gil Birmingham, Julia Jones, Teo Briones, Martin Sensmeier, Hugh Dillon, James Jordan

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Wind River“

Metacritic über „Wind River“

Rotten Tomatoes über „Wind River“

Wikipedia über „Wind River“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Denis Villeneuves „Sicario“ (Sicario, USA 2015) (nach einem Drehbuch von Taylor Sheridan) und der DVD und des Soundtracks

Meine Besprechung von David Mackenzies „Hell or High Water“ (Hell or High Water, USA 2016) (nach einem Drehbuch von Taylor Sheridan)

Meine Besprechung von Taylor Sheridans „Wind River (Wind River, USA 2017)

Meine Besprechung von Stefano Sollimas „Sicario 2“ (Sicario: Day of the Soldado, USA/Italien 2018) (nach einem Drehbuch von Taylor Sheridan)

 


TV-Tipp für den 29. Dezember: Winchester ’73

Dezember 28, 2019

Westerntag bei 3sat mit einer ansehnlichen Auswahl bekannter und guter klassischer Hollywood-Western. Gezeigt werden u. a.  „Trommeln am Mohawk“ (um 12.25 Uhr), „Der Mann aus Alamo“ (um 14.05 Uhr), „Faustrecht der Prärie“ (um 15.20 Uhr), „Die gebrochene Lanze“ (um 16.55 Uhr), „Alvarez Kelly“ (um 18.30 Uhr), „Der Garten des Bösen“ (um 21.45 Uhr), „Der Scharfschütze“ (um 23.20), „Zwei ritten zusammen“ (um 00.40 Uhr), „Der letzte Scharfschütze“ (um 02.25 Uhr)  und

3sat, 20.15

Winchester ’73 (Winchester ’73, USA 1950)

Regie: Anthony Mann

Drehbuch: Robert L. Richards, Borden Chase (nach einer Geschichte von Stuart N. Lake)

Lin will seine Winchester zurück haben. Aber dieses Gewehr geht durch viele Hände, die Anthony Mann liebevoll zeigt.

Einer der unumstrittenen Western-Klassiker und die erste Zusammenarbeit von Regisseur Anthony Mann und James Stewart.

mit James Stewart, Shelley Winters, Dan Duryea, Stephen McNally, Millard Mitchell, Charles Drake, Will Geer, Jay C. Flippen, Rock Hudson, Tony Curtis

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Winchester ’73“

Turner Classic Movies über „Winchester ’73“

Wikipedia über „Winchester ’73“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: Was für ein „Jam“!

Dezember 28, 2019

Sabus neuer Film „Jam“ beginnt mit einem ziemlich spektakulärem Autounfall, der auch auf dem Plakat zu sehen ist. Ausgehend von diesem, ähem, Zusammentreffen bewegt die Filmgeschichte sich vorwärts und rückwärts in der Zeit. Dabei konzentriert Sabu sich in seiner gewohnt grotesk-absurden Erzählung auf drei Männer.

Hiroshi ist ein abgehalfterter Schnulzensänger, dessen Fans vor allem Damen im fortgeschrittenen Alter sind. Die meisten könnten seine Mutter oder Großmutter sein. Ihnen gibt er mit seinen Songs und den an seine Konzerte anschließenden Gespräche die nötige Seelenmassage. Nach einem Konzert wird er von einem seiner Fans entführt und ans Bett gefesselt. Sie will, dass Hiroshi ein Lied für sie komponiert und bei seinem nächsten Konzert singt.

Tetsuo ist gerade aus dem Gefängnis entlassen und auf einem sehr gewalttätigen Rachetrip an seinen früheren Kumpels. Begleitet wird er von seiner an Alzheimer leidenden, im Rollstuhl sitzenden Großmutter, die ihren verstorbenen Ehemann sucht.

Takeru arbeitet als Chauffeur. Seine Freundin liegt im Sterben. Weil ein Wahrsager ihm sagte, dass sie geheilt würde, wenn er jeden Tag ein paar gute Taten verübe, will er täglich Gutes tun. Deshalb bietet er einigen Männern, die dringend einen Fahrer benötigen, seine Dienste an. Dummerweise sind sie Verbrecher, die einen Fluchtwagenfahrer suchen. Jetzt haben sie ihn gefunden.

Wie diese drei Geschichten genau zusammenhängen, wird erst am Filmende deutlich.

Jam“ ist eine schwarzhumorige, sich zwischen alle Genrekonventionen setzende Groteske, die, wie man es von Sabu erwartet, die Macht des Zufalls beschwört und sie mit vielen Zitaten würzt. Diese sind mal mehr, mal weniger gegen den Strich gebürstet. Teils liefern sie auch die sofort erkennbare Interpretationsfolie für die Ereignisse. Schließlich wissen wir spätestens seit der Stephen-King-Verfilmung „Misery“, wozu Fans imstande sind.

Dabei sind die Einzelteile, einzelne Szenen, Situationen und Bilder, gelungener als das dann doch zu zerfaserte Gesamtbild. „Jam“ ist ein Sabu-Film, der vor allem seine alten Fans anspricht, die gerne wieder, mit einigen neuen Figuren, in Sabus Welt eintauchen.

Jam (Jam, Japan/Deutschland 2018)

Regie: Sabu (Pseudonym von Hiroyuki Tanaka)

Drehbuch: Sabu

mit Sho Aoyagi, Keita Machida, Nobuyuki Suzuki

Länge: 102 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Filmportal über „Jam“

Moviepilot über „Jam“

Rotten Tomatoes über „Jam“

Meine Besprechung von Sabus „Mr. Long“ (Mr. Long, Japan/Taiwan/Hongkong, China/Deutschland 2017)

Meine Besprechung von Sabus „Happiness“ (Happiness, Japan/Deutschland 2016)


TV-Tipp für den 28. Dezember: High-Rise

Dezember 27, 2019

One, 22.05

High-Rise (High-Rise, Großbritannien 2015)

Regie: Ben Wheatley

Drehbuch: Amy Jump

LV: J. G. Ballard: High-Rise, 1975 (Der Block, Hochhaus, High-Rise)

Der Neurophysiologe Dr. Robert Laing zieht in ein am Stadtrand von London liegendes modernes Hochhaus. Als er seine Mitbewohner kennenlernt, bemerkt er die Klassengesellschaft im Haus, die Konflikte zwischen den Stockwerken und ihre dekadente Vergnügungssucht.

TV-Premiere. Sehr düstere Satire auf die Gesellschaft und den Kapitalismus, toll besetzt, glänzend und sehr stilbewusst inszeniert von Ben Wheatley.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung des Films und der Vorlage, die in einem sehr interessanten Spannungsverhältnis stehen.

mit Tom Hiddleston, Jeremy Irons, Sienna Miller, Luke Evans, Elisabeth Moss, James Purefoy, Keeley Hawes, Peter Ferdinando, Sienna Guillory

DVD

DCM World

Bild: 2.40:1 (16:9 anamorph)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Vom Roman zum Film, Interviews mit Cast & Crew, Trailer, Wendecover

Länge: 114 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Die Vorlage

Ballard - High-Rise

J.G. Ballard: High-Rise

(aus dem Englischen von Michael Koseler)

Diaphanes, 2016

256 Seiten

17,95 Euro

Es handelt sich um die revidierte Fassung der 1992 im Suhrkamp Verlag als „Hochhaus“ erschienenen Übersetzung.

Im Heyne Verlag erschien 1982 als „Der Block“ eine Übersetzung des Romans von Walter Brumm.

Originalausgabe

High-Rise

Jonathan Cape, 1975

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „High-Rise“

Metacritic über „High-Rise“

Rotten Tomatoes über „High-Rise“

Wikipedia über „High-Rise“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ben Wheatleys „Sightseers“ (Sightseers, Großbritannien 2012)

Meine Besprechung von Ben Wheatleys „High-Rise“ (High-Rise, Großbritannien 2015) und der DVD

Meine Besprechung von Ben Wheatleys „Free Fire“ (Free Fire, Großbritannien/Frankreich 2016)

 


Neu im Kino/Filmkritik: Das tropische Melodrama „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão“

Dezember 27, 2019

Nach seiner Langzeitbeobachtung „Tempelhof THF“ über das Leben von Asylbewerbern in der Sammelunterkunft im ehemaligen Flughafen Tempelhof in Berlin kehrt Karim Aïnouz zum Spielfilm zurück und wenn nicht beide Filme in seiner Filmographie nebeneinander stünden, würde man nicht vermuten, dass beide Filme vom gleichen Regisseur gemacht wurden. Dabei hat sein neuer Film „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão“ durchaus einen dokumentarischen Blick mit dem er die fünfziger Jahre in Rio de Janeiro und die damaligen gesellschaftlichen Strukturen wieder aufleben lässt. Es sind, wie damals auch in Deutschland, Strukturen, die Frauen eine passive Rolle zuwiesen.

1950 sind Eurídice (Carol Duarte) und Guida Gusmão (Julia Stockler) nicht nur Schwestern, sondern unzertrennlich und an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Sie haben Träume, die jedes Mädchen hat. Und einen Vater, der mit den Ideen seiner Töchter nichts anfangen kann. Sie sollen sich in die von ihm gutgehießenen Traditionen einfügen, die auf die Heirat mit dem richtigen Mann und einem Leben als ihn umsorgende Hausfrau hinauslaufen.

Aber Eurídice will Konzertpianistin werden und Guida will ein Leben in Freiheit und voll sexueller Erfüllung. Entsprechend exzessiv will sie am Nachtleben teilhaben. Ihre Schwester deckt sie bei den nächtlichen Ausflügen. Als sie sich in einen Seemann verliebt, brennt sie mit ihm durch.

Wenige Monate später kehrt Guida zurück. Der Seemann hat sie verlassen und sie ist schwanger. Ihr Vater weist sie brüsk ab. Fortan verhindert er die Kontaktaufnahmen zwischen den beiden Schwestern.

Je länger Aïnouz die getrennt voneinander laufenden Leben der beiden Schwestern verfolgt, umso größere Probleme hatte ich mit der Konstruktion der Geschichte. Immerhin leben sie in einer Stadt. Da sollen sie in all den Jahren und Jahrzehnten, über die sich die Geschichte erstreckt, nicht noch mindestens einmal versucht haben, miteinander in Kontakt zu treten? Vor allem weil Guida ein neues Leben in einer verrufenen Gegend beginnt, und Eurídice, die traditionell verheiratet wird, am Filmanfang als unzertrennliche Seelenverwandte geschildert werden. Da sollte doch, neben all den Briefen, auch mal ein Telefonanruf oder ein Hausbesuch möglich gewesen sein.

Sehenswert ist Aïnouz‘ ‚tropisches Melodram‘ (Fassbinder-Bewunderer Aïnouz über seinen Film), dank der beiden starken Hauptfiguren, ihren akkurat nachgezeichneten unterschiedlichen Lebenswegen und der feinfühligen Inszenierung trotzdem. Wegen der Bilder empfiehlt sich die große Leinwand. In Cannes wurde „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão“ in der Sektion Un Certain Regard als bester Film ausgezeichnet.

Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão (A Vida Invisível de Eurídice Gusmão, Brasilien/Deutschland 2019)

Regie: Karim Aïnouz

Drehbuch: Murilo Hauser, Inés Bortagaray, Karim Aïnouz

LV: Martha Batalha: A Vida Invisível de Eurídice Gusmão, 2016 (Die vielen Talente der Schwestern Gusmão)

mit Julia Stockler, Carol Duarte, Gregorio Duvivier, Bárbara Santos, Flávia Gusmão, Maria Manoella, António Fonseca

Länge: 140 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Filmportal über „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão“

Moviepilot über „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão“

Metacritic über „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão“

Rotten Tomatoes über „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão“

Wikipedia über „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Karim Ainouz‘ „Zentralflughafen THF“ (Deutschland/Frankreich/Brasilien 2018)


Neu im Kino/Filmkritik: „7500“, dieses Flugzeug wurde entführt

Dezember 27, 2019

Als Pilot Michael Lutzmann (Carlo Kitzlinger) und sein ebenso erfahrener Co-Pilot Tobias Ellis (Joseph Gordon-Levitt) im Cockpit des Airbus A 319 vor dem Start routiniert die Checkliste durchgehen und etwas privat plaudern, erwarten sie einen einen langweiligen Routineflug von Berlin nach Paris.

Kurz nach dem Start übernehmen Entführer das Kommando in der Passagierkabine. Sie wollen unbedingt in das Cockpit. Nach vorherigen Entführungen ist es inzwischen gut gesichert. Nur der Pilot kann die Tür öffnen und genau das soll er unter keinen Umständen tun.

Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände gelingt es einem der Terroristen in das Cockpit einzudringen. Bei dem Kampf wird Pilot Lutzmann schwer verletzt. Co-Pilot Ellis kann Kenan (Murathan Muslu) überwältigen und ihn auf einem Klappsitz fesseln.

Die anderen Terroristen versuchen weiterhin, Ellis zum Öffnen der Tür zu bewegen und so die Gewalt über die Maschine zu erlangen. Dabei schrecken sie auch nicht vor tödlicher Gewalt gegen die Passagiere und Stewardessen zurück. Eine der Stewardessen ist Ellis‘ Freundin und die Mutter ihres Sohnes. Ellis versucht das Schlimmste zu verhindern ohne das Leben der Passagiere zu gefährden oder Gewalt anzuwenden.

Mit seinem Spielfilmdebüt „7500“ sendet Patrick Vollrath, dessen Kurzfilm „Alles wird gut“ 2016 für den Kurzfilmoscar nominiert war, unübersehbar sein Bewerbungsschreiben nach Hollywood. Dafür verpflichtete er mit Joseph Gordon-Levitt einen US-Star als Hauptdarsteller, drehte größtenteils auf Englisch und erzählt eine Thrillergeschichte. Diese spielt als Quasi-Zwei-Personenstück in Echtzeit im engen Cockpit eines Passagierflugzeugs. Nur am Filmanfang, wenn Überwachungskameras das Einchecken der Entführer dokumentieren, und am Filmende verlässt die Kamera für wenige Minuten, eher Sekunden, das Cockpit.

Vollrath gelingt es in diesem engen Raum eine beträchtliche Spannung zu erzeugen.

Das ist nicht in jeder Minute perfekt. Das gilt für allem für die Gespräche zwischen Ellis und den Terroristen, ihrem Motiv und ihrem Plan. Manchmal ist es auch etwas unlogisch. Aber insgesamt ist „7500“ ein spannender B-Thriller, der sich nicht vor vergleichbaren US-Thrillern verstecken muss. Im Gegenteil!

P. S.: Unnützes Wissen: 7500 ist in der internationalen Luftfahrt der Notfallcode für eine Flugzeugentführung.

7500 (Deutschland 2019)

Regie: Patrick Vollrath

Drehbuch: Patrick Vollrath, Senad Halilbasic

mit Joseph Gordon-Levitt, Omid Memar, Aylin Tezel, Murathan Muslu, Carlo Kitzlinger

Länge: 92 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Filmportal über „7500“

Moviepilot über „7500“

Rotten Tomatoes über „7500“

Wikipedia über „7500“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 27. Dezember: E. T. – Der Außerirdische

Dezember 26, 2019

ZDFneo, 21.35

E. T. – Der Außerirdische (E. T. – The Extreterrestrial, USA 1982)

Regie: Steven Spielberg

Drehbuch: Melissa Mathison

Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände strandet der knuddelige Außerirdische E. T. in einer kalifornischen Kleinstadt. Der junge Elliott und seine Freunde wollen ihm helfen, während die Erwachsenen den Außerirdische jagen.

Der heute immer noch gern gesehene Science-Fiction-Film (?, Kinderfilm?) war ein weltweiter Kassenhit. Es ist einer der wenigen SF-Filme, in denen der Außerirdische keine Bedrohung, sondern eine kindliche, verlorene, gutmütige Seele ist, die nur nach Hause will.

Variety schrieb: „’E. T. – Der Außerirdische‘ ist vielleicht der beste Disney-Film, den Disney nie gedreht hat.“

Für mich ist E. T. der emotionalste Film, den ich gemacht habe. Und das ist kein Zufall. Er drückt aus, was ich selbst tief im Inneren gefühlt habe. (…) E. T. stellt für mich die Quintessenz meiner Kindheit dar und zugleich ihr Ende.“ (Steven Spielberg)

mit Henry Thomas, Drew Barrymore, Dee Wallace, Peter Coyote, Robert McNaughton

Hinweise

Rotten Tomatoes über „E. T. – Der Außerirdische“

Wikipedia über „E. T. – Der Außerirdische“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels” (Indiana Jones and the kingdom of the skull, USA 2008)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Gefährten” (War Horse, USA 2011)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Lincoln” (Lincoln, USA 2012)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ (Bridge of Spies, USA 2015)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „BFG – Big Friendly Giant (The BFG, USA 2016)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Die Verlegerin“ (The Post, USA 2017)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Ready Player One“ (Ready Player One, USA 2018)

Steven Spielberg in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 26. Dezember: Über den Dächern von Nizza

Dezember 25, 2019

BR, 23.00

Über den Dächern von Nizza (To catch a Thief, USA 1955)

Regie.: Alfred Hitchcock

Drehbuch: John Michael Hayes

LV: David Dodge: To catch a thief, 1952

John Robie hat sich zur Ruhe gesetzt. Als ein anderer Einbrecher Robies Stil nachahmt, will er im wohlverstandenen Eigeninteresse den Nachahmer fangen.

Lockere Krimikomödie von Hitchcock, die zur Blaupause für künftige kultivierte Thriller-Romanzen werden sollte. Hitchcock war besonders an dem Aspekt der fetischistischen Liebe (To catch a thief) interessiert und pfiff – wie so oft – auf die Logik.

Mit Cary Grant, Grace Kelly (die danach den Fürst von Monaco heiratete), Charles Vanel, Jessie Royce Landis, Brigitte Auber, René Blancard

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Über den Dächern von Nizza“

Wikipedia über „Über den Dächern von Nizza“ (deutsch, englisch) und über Alfred Hitchcock (deutsch, englisch)

Senses of Cinema (Ken Mogg) über Alfred Hitchcock

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock präsentiert – Teil 1“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock präsentiert – Teil 2“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock zeigt – Teil 1“

Meine Besprechung von „Alfred Hitchcock zeigt – Teil 2

Meine Besprechung von Alfred Hitchcocks “Mr. und Mrs. Smith” (Mr. and Mrs. Smith, USA 1941)

Meine Besprechung von Thilo Wydras “Alfred Hitchcock”

Alfred Hitchcock in der Kriminalakte

Meine Besprechung von Robert Blochs “Psycho” (Psycho, 1959)

Meine Besprechung von Robert V. Galluzzos “Psycho Legacy” (The Psycho Legacy, USA 2010 – eine sehenswerte Doku über die “Psycho”-Filme mit Anthony Perkins, mit vielen Stunden informativem Bonusmaterial)

Meine Besprechung von Stephen Rebellos “Hitchcock und die Geschichte von ‘Psycho’” (Alfred Hitchcock and the Making of ‘Psycho’, 1990)

Meine Besprechung von Sacha Gervasis auf Stephen Rebellos Buch basierendem Biopic “Hitchcock” (Hitchcock, USA 2012)

 


TV-Tipp für den 25. Dezember: 8 Frauen

Dezember 24, 2019

Arte, 20.15

8 Frauen (8 Femmes, Frankreich 2002)

Regie: François Ozon

Drehbuch: François Ozon, Marina de Van

LV: Robert Thomas: Huit Femmes, 1958/1962 (Theaterstück)

Weihnachten in einem verschneiten Landhaus: In der Nacht wird der Hausherr ermordet. Die Täterin ist eine der acht Frauen, die im Haus sind. Selbstverständlich hat jede von ihnen ein gutes Motiv das Ekel umzubringen. Und ein todsicheres Alibi.

Ein Cozy mit Gesang und einem Darstellerinnenensemble, das über jeden Zweifel erhaben ist und die Crème de la Crème des französischen Films versammelt.

mit Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Emmanuelle Béart, Fanny Ardant, Virginie Ledoyen, Danielle Darrieux, Ludivine Sagnier, Firmine Richard, Dominique Lamure

Wiederholung: Freitag, 3. Januar, 13.50 Uhr

Hinweise

Rotten Tomatoes über „8 Frauen“

Wikipedia über „8 Frauen“ (deutschenglischfranzösisch)

Spiegel: Interview mit Francois Ozon über „8 Frauen“

Blickpunkt Film: Interview mit Francois Ozon über „8 Frauen“

epd Film: Interview mit Francois Ozon (8/2007)

Homepage von Francois Ozon

Meine Besprechung von Francois Ozons “In ihrem Haus” (Dans la Maison, Frankreich 2012)

Meine Besprechung von Francois Ozons ”Jung & Schön” (Jeune & jolie, Frankreich 2013)

Meine Besprechung von Francois Ozons „Eine neue Freundin“ (Une nouvelle amie, Frankreich 2014)

Meine Besprechung von François Ozons „Frantz“ (Frantz, Deutschland/Frankreich 2016)

Meine Besprechung von François Ozons „Der andere Liebhaber“ (L’Amant Double, Frankreich/Belgien 2017)

Meine Besprechung von François Ozons „Gelobt sei Gott“ (Grâce à Dieu, Frankreich 2019)


Cover der Woche

Dezember 24, 2019


Weihnachtsmusik?

Dezember 24, 2019

Los Lobos – viel Spaß!


TV-Tipp für den 24. Dezember: Ist das Leben nicht schön?

Dezember 23, 2019

Nach dem Auspacken der Geschenke (Gutschein, Gutschein, Gutschein, Socken, nochmal Gutschein, superspannendes Buch eines Nobelpreisträgers, Unterhosen, eine Nummer zu groß [„du wächst da noch rein“])

Servus TV, 22.45

Ist das Leben nicht schön? (It’s a wonderful Life, USA 1946)

Regie: Frank Capra

Drehbuch: Frances Goodrich, Albert Hackett, Frank Capra, Jo Swerling (zusätzliche Szenen), Michael Wilson (ungenannt) (nach einer Geschichte von Philip Van Doren Stern)

Am Heiligabend (also heute, vor langer Zeit in einer anderen Welt) will sich der hochverschuldete Familienvater George Bailey (James Stewart) umbringen. Bevor er zur Tat schreitet, taucht Engel Clarence auf und schildert ihm, wie es ohne ihn in dem lauschigen Städtchen Bedford Falls aussähe.

Im Kino war der Film kein Erfolg. Dann lief er im Fernsehen so lange an den Weihnachtstagen bis er zu dem Weihnachtsfilm wurde. Regisseur Capra und Hauptdarsteller Stewart nannten den Film ihren Lieblingsfilm – und inzwischen ist er auch der Lieblingsfilm von vielen, vielen Menschen. So steht er in der IMDB-Top-250-Liste auf dem 25. Platz.

Mit James Stewart, Donna Reed, Lionel Barrymore, Henry Travers, Thomas Mitchell, Beulah Bondi, Ward Bond

Wiederholung: Mittwoch, 25. Dezember, 08.15 Uhr

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Ist das Leben nicht schön?

Turner Classic Movies über „Ist das Leben nicht schön?“

Wikipedia über „Ist das Leben nicht schön?“ (deutsch, englisch)

Filmzentrale über „Ist das Leben nicht schön?“


TV-Tipp für den 23. Dezember: Ein Mann in Bestform

Dezember 23, 2019

Arte, 23.40

Ein Mann in Bestform (Paradis pour tous, Frankreich 1982)

Regie: Alain Jessua

Drehbuch: Alain Jessua, André Ruellan

Als ein gescheiterter Versicherungsvertreter nach einem gescheitertem Suizidversuch im Rollstuhl sitzt, ergeht er sich nicht in Selbstmitleid. Denn ein experimentierfreudiger Arzt wendet eine experimentelle Behandlung auf ihn an, die gegen Depressionen hilft. Und gegen Gewissensbisse.

Alain Jessuas witzige Gesellschaftssatire konfrontiert den konsumorientierten Trend unserer Leistungsgesellschaft mit unangepassten Querdenkern – eine Situation, die sogenannte normale Menschen an den Rand des Wahnsinns treibt.“ (Fischer Film Almanach 1992)

Gut gespielte, aber nur mittelmäßig inszenierte Komödie über das Leben und die Leistungsgesellschaft.“ (Lexikon des internationalen Films)

als Film, der die Gratwanderung zwischen Spannung und Satire versucht, ist es ein tapferes, exzentrisches Experiment.“ (Phil Hardy, Hrsg.: Die Science Fiction Filmenzyklopädie)

Unbekanntester Film des inzwischen nicht mehr sonderlich bekannten Alain Jessua. Zu seinen anderen, ebenfalls kaum gezeigten Filmen gehören „Der Schocker“ (Traitement de choc, 1973), „Die letzte Warnung“ (Armaguedon, 1977, beide mit Alain Delon) und „Die Hunde“ (Les chiens, 1979, mit Gérard Depardieu und Fanny Ardant).

Die deutsche Premiere des letzten Films von Patrick Dewaere war 1991 auf Video.

Dewaere, der damals in Frankreich ein Star war, verübte 1982 35-jährig Suizid.

mit Patrick Dewaere, Stéphane Audran, Fanny Cottençon, Jacques Dutronc, Philippe Léotard

auch bekannt als „Brainwash – Ein Mann in Bestform“ (VHS-Titel)

Hinweise

Wikipedia über „Ein Mann in Bestform“ und Alain Jessua (deutsch, englisch, französisch)


TV-Tipp für den 22. Dezember: Der Wind und der Löwe

Dezember 21, 2019

Tele 5, 20.15

Der Wind und der Löwe (The Wind and the Lion, USA 1975)

Regie: John Milius

Drehbuch: John Milius

Tanger, 1904: Scheich El Raisuli (Sean Connery) entführt eine Amerikanerin (Candice Bergen) und löst heftige diplomatische Komplikationen aus.

Klassischer Abenteuerfilm und „eine der schönsten Heldenfiguren aus dem Repertoire des Superstars“ (Adolf Heinzlmeier: Sean Connery)

Für das „Time“-Magazin gehört „Der Wind und der Löwe“ zu den zehn besten Filmen des Jahrzehnts.

mit Sean Connery, Candice Bergen, Brian Keith, John Huston, Geoffrey Lewis

Wiederholung: Dienstag, 24. Dezember, 17.55 Uhr

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Der Wind und der Löwe“

Wikipedia über „Der Wind und der Löwe“ (deutsch, englisch)

Sean Connery in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 21. Dezember: Stirb langsam 2

Dezember 20, 2019

Pro7, 22.55

Stirb langsam 2 (Die hard 2, USA 1990)

Regie: Renny Harlin

Drehbuch: Steven E. de Souza, Doug Richardson

LV: Walter Wager: 58 Minutes, 1987

John McClane (Bruce Willis) feiert Weihnachten: nachdem er im ersten Teil ein Hochhaus zerlegte, ist dieses Mal ein Flughafen dran, unterstützt wird er von Franco Nero, Dennis Franz, William Atherton, Reginald VelJohnson, William Sadler, John Amos, Vondie Curtis-Hall.

Wenn Die Hard eine neo-klassische Geschichte auf eine (beinahe) neo-klassische Weise erzählt, eine höchst traditionsbewusste Dramaturgie mit einem neuen Twist verbindet, dann ist Die Hard 2 der Beginn eines formelhaften Spiels: Vieles, was Willis´ Figur, den New Yorker Cop John McClane, anbelangt, ist nun bereits etabliert, wird wiederholt, variiert und vertieft, und erst in dieser Reflexion wird ein Charakter zum paradigmatischen Helden. Der Regisseur Renny Harlin erweist sich dabei als perfekter Erfüllungsgehilfe, da er selber dieser Formel kaum etwas hinzufügt, sondern versucht, alles auf eine geradezu mathematische Weise zu steigern: mehr Effekte, mehr Action, mehr Tote – mehr Bruce Willis.“ (Georg Seeßlen in Annette Kilzer, Hrsg.: Bruce Willis)

Für den dritten „Stirb langsam“-Film wurde dann die Beschränkung auf die Weihnachtstage (Hey, auch Terroristen wollen einen friedlichen Heiligabend feiern!) und einen sehr begrenzten Ort aufgegeben.

Mit Bruce Willis, Franco Nero, Dennis Franz, William Atherton, Reginald VelJohnson, William Sadler, John Amos, Vondie Curtis-Hall

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Stirb langsam 2“

Wikipedia über „Stirb langsam 2“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Renny Harlins „5 Days of War“ (5 Days of War, USA 2010)

Meine Besprechung von Howard Chaykin (Autor)/Stephen Thompson/Gabriel Andrade jr. (Zeichner): Die Hard – Das erste Jahr (Die Hard: Year One 1 – 8, 2009)

Meine Besprechung von John Moores „Stirb langsam – Ein guter Tag zum Sterben“ (A good day to die hard, USA 2012)


Neu im Kino/Filmkritik: „The Farewell“ – Abschiednehmen auf die chinesische Art

Dezember 20, 2019

Billi (Awkwafina, zuletzt „Jumanji: The next level“) ist eine gar nicht so untypische junge New Yorkerin. Sie hat sich gerade – erfolglos – für ein Stipendium beworben. Einen Freund hat sie nicht. Und auch kein offenkundiges Lebensziel.

Als sie erfährt, dass ihre immer noch in China lebende, über alles geliebte Großmutter todkrank ist, möchte sie sie noch einmal sehen. Ihre Eltern sind dagegen. Denn die Nai Nai (Mandarin für die Großmutter väterlicherseits) weiß nichts von ihrer Krebserkrankung. Die Ärzte geben ihr nur noch wenige Wochen. Chinesischen Traditionen folgend soll Nai Nai es auch nicht erfahren.

Weil Billis Eltern überzeugt sind, dass Billi vor ihrer Nai Nai das Geheimnis sofort ausplaudern wird, soll Billi nicht mit nach Changchun, einer Industriestadt in der nordöstlichen chinesischen Provinz Jilin, fahren.

Billi soll in New York bleiben, während die restliche in den USA und Japan lebenden Familienmitglieder sich auf den Weg nach Changchun machen. Der Vorwand für das seit Jahren in dieser Größe nicht mehr erfolgte Familientreffen ist die Hochzeit von Billis Cousin mit einer Japanerin.

Trotzdem fliegt Billi nach Changchun, wo sie als Überraschungsgast auftaucht und leicht ungläubig das rege Treiben betrachtet. Nai Nai (Zhao Shuzhen) bereitet resolut die Hochzeitsfeier vor. Ihre Kinder und Kindeskinder versuchen die Fassade der Fröhlichkeit aufrecht zu halten, während sie sich von Nai Nai verabschieden und in Erinnerungen schwelgen. Schließlich wissen sie, dass sie Nai Nai nach diesen Tagen nicht wieder lebendig sehen werden.

In ihrem zweiten Spielfilm erzählt Lulu Wang eine autobiographische Geschichte. Ihr alter ego Billi muss, wie Lulu Wang 2013, eine Antwort auf ihre widerstreitenden Gefühle und den Ansprüchen ihrer Familie finden. Die anderen Familienmitglieder stehen vor dem gleichen Problem. Außerdem müssen sie sich mit veränderten Traditionen arrangieren. Als Auswanderer hielten sie an Traditionen fest, die sich in China veränderten. Gleichzeitig veränderte ihr Leben im Ausland ihren Blick auf heimische Traditionen.

Das zeigt Wang sehr präzise, feinfühlig und humorvoll. Die kleinen Differenzen und auch die inneren Konflikte jeder Person werden so nachvollziehbar. Jeder schweigt und lügt über etwas anderes. Und ziemlich oft haben die anderen eine sehr gute Vorstellung, worüber geschwiegen wird und worüber sie, mit guten Absichten, belogen werden.

Diese sehr differenziert ausfallende und genau beobachtende Familienporträt bewegt sich allerdings zu nah an den Fakten der wahren Lüge entlang. Die verschiedenen Positionen zum Belügen von Nai Nai werden dargestellt, aber es wird keine Antwort gegeben. Daher gibt es am Ende auch keine Lösung für das Dilemma, vor dem Billi steht. Die letzten Filmminuten, der Abspann, die Existenz dieses Films (und die Frage, wie Nai Nai darauf reagiert) zeigen diese Unentschlossenheit noch einmal auf.

So ist „The Farewell“ nur die gelungene Beschreibung einer Situation.

Zum Ansehen empfehle ich die schlüssig zwischen Englisch und Mandarin wechselnde Originalfassung.

The Farewell (The Farewell, USA 2019)

Regie: Lulu Wang

Drehbuch: Lulu Wang

mit Shuzhen Zhao, Awkwafina, X Mayo, Lu Hong, Lin Hong, Tzi Ma, Diana Lin, Yang Xuejian, Becca Khahil

Länge: 101 Minuten

FSK: ab 0 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „The Farewell“

Metacritic über „The Farewell“

Rotten Tomatoes über „The Farewell“

Wikipedia über „The Farewell“ (deutsch, englisch)