TV-Tipp für den 1. Januar: Catch me if you can

Dezember 31, 2009

ARD, 20.15

Catch me if you can (USA 2002, R.: Steven Spielberg)

Drehbuch: Jeff Nathanson

LV: Frank Abagnale (mit Stan Redding): Catch me if you can: The Amazing True Story of the Youngest and Most Daring Con Man in the History of Fun and Profit, 1980 (Mein Leben auf der Flucht, Catch me if you can)

Spielberg erzählt die wahre Geschichte des Hochstaplers Frank Abagnale. Der Film „ist eine swingende, schwerelose Krimikomödie, die durch Tempo, Charme und Verspieltheit überzeugt.“ (Berliner Zeitung, 30. Januar 2003)

Mit Leonardo DiCaprio, Tom Hanks, Christopher Walken, Martin Sheen, Nathalie Baye, James Brolin, Jennifer Garner

Wiederholung: Samstag, 2. Januar, 13.15 Uhr


Der „Stern“ als recherchefreie Zone

Dezember 31, 2009

Stefan Niggemeier hat mich auf diesen schön peinlichen Artikel von Wolfgang Röhl aufmerksam gemacht. Im „Stern“ pöbelt Röhl gegen die Wiederholungskultur der Öffentlich-Rechtlichen Sender (also ARD, ZDF, deren Regional- und Spartensender, wie Arte und 3sat). Dass er dabei die Wiederholungskultur der privaten Sender links liegen lässt; – geschenkt.

Aber dass er dabei auf jede Recherche verzichtet, ist kein gutes Zeichen für den „Qualitätsjournalismus“. Denn Röhl nennt Beispiele und greift dabei ziemlich daneben.

Der Aufhänger seiner Kolumne ist „Telefon“. Der lief aber nicht an Weihnachten (wie der Text suggeriert), sondern zuletzt am 24. Oktober um 23.15 Uhr im ZDF. 2008 und 2007 jeweils einmal (plus Nachtwiederholung) bei Tele 5. Das qualifiziert den Thriller nicht für diese Röhlsche Aussage: „Denn kaum ein Streifen – abgesehen vom „Tatort“-Klassiker „Reifezeugnis“ mit Nastassja Kinski – ist im deutschen Fernsehen so oft abgenudelt worden wie der Krimi um sowjetische Schläfer-Agenten in Amerika.“

Wirklich putzig ist die von Röhl erstellte Liste von „kinematografischen Reservisten, die das öffentlich-rechtliche Bezahlfernsehen immer gern an die Unterhaltungsfront schickt – oft mehrmals im Jahr -“. Es geht los mit dem schon erwähnten „Telefon“. Weiter geht’s unter anderem mit „Der eiskalte Engel“ (zuletzt 12. Mai 2008 im RBB, 2007 etwas öfter, weil er von Arte mehrmals wiederholt wurde; aber für so einen Klassiker ist das viel zu selten), „Die Vögel“ (2009, 2008 und 2007 jeweils einmal auf Vox), „Fahrstuhl zum Schafott“ (2009 auf Tele 5, 2007 auf 3sat), „Lohn der Angst“ (zuletzt am 26. April 2007 nach Mitternacht im ZDF), „Das Gesetz bin ich“ (2009 einmal im ARD, 2008 einmal im HR, 2007 einmal im ARD), „Der Malteser-Falke“ (zuletzt am 7. Januar 2007 auf 3sat), „Eine Leiche zum Dessert“ (gab es 2009 und 2008 nur auf Das Vierte, 2007 überhaupt nicht), „Es geschah am hellichten Tag“ (zuletzt, wenn das Original gemeint ist, am 3. Oktober 2009 und 3. Oktober 2007 im ZDF), „Die toten Augen von London“ und „Der Frosch mit der Maske“ (die stehen wohl stellvertretend für die Edgar-Wallace-Filme, die seit Jahren bei Kabel 1 laufen), „Der Klient“ und die „Dirty Harry“-Filme laufen auch nur bei den Privaten. Dass er dann die Wiederholungen von „sämtliche ‚James Bond‘-Filme“ den Öffentlich-Rechtlichen zuschlägt ist Quatsch, weil einige Bond-Filme (vor allem die ersten und letzten) bei den Privaten laufen.

Dracula“ (die 1958er Version mit Christopher Lee) lief zuletzt, nach einer jahrelangen Pause bei „Das Vierte“. An die letzten Ausstrahlungen von „Wenn die Gondeln trauern tragen“ (seit Ewigkeiten auf meiner Aufnehmen-Liste), „Vier im roten Kreis“ (Ähem, nach der ziemlich zuverlässigen OFDB lief dieser Jean-Pierre-Melville-Klassiker noch nie im TV.) und „Ein Mann sieht rot“ (nach der OFDB zuletzt 1999 auf Vox) erinnere ich mich überhaupt nicht.

Ich habe jetzt, weil ich diese Daten auf meinem PC habe, vor allem die Verfilmungen von Krimis herausgepickt und mir nur die letzten drei Jahre angesehen. Bei den anderen Filmen greift er oft ähnlich daneben und wenn er am Ende einige Serien nennt, die nach seiner Meinung öfters im ÖR-Fernsehen laufen, dann ist „Miami Vice“ ein schlechtes Beispiel und „Columbo“ falsch. Denn der ermittelt nur bei den privaten Kollegen von SRTL.

Sorry, Herr Röhl, das war nichts.

Und beim „Stern“ werden Fakten anscheinend überhaupt nicht mehr überprüft.

P. S.: Sie wollen wissen, wie oft „Reifezeugnis“ in den letzten Jahrzehnten wiederholt wurde? Nun, nach Tatort-Fundus gar nicht so oft.


Neu im Kino: Stepfather

Dezember 31, 2009

Stepfather (The Stepfather, USA 2009)

Regie: Nelson McCormick

Drehbuch: J.S. Cardone (nach einem Drehbuch von Donald E. Westlake und einer Geschichte von Carolyn Starin, Brian Garfield und Donald E. Westlake)

Von der Kritik gehasstes Remake von Joseph Rubens kleinem, Edgar-nominierten Klassikers „Kill, Daddy, Kill“ (The Stepfather, USA 1986), der die wahre Geschichte von John List verarbeitete. In dem Film ist List besessen von seinem Traum von einer glücklichen Familie. Wenn die anderen Familienmitglieder sich seinen Wünschen nicht mehr beugen, bringt er sie um und macht sich auf zur nächsten Traumfamilie. Aber dieses Mal misstraut die Tochter (im Original)/der Sohn (im Remake) dem Stiefvater.

Bei „Rotten Tomatoes“ kommt der Film auf 11 %, bei „Metacritic“ auf ebenfalls ziemlich enttäuschende 33 % und alle sind sich einig, dass das Original besser ist.

Epix veröffentlicht das Original am 8. Januar 2010 als „The Stepfather – Kill, Daddy, Kill“ auf DVD.

mit Dylan Walsh, Sela Ward, Penn Badgley, Amber Heard, Braeden Lemasters

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Film-Zeit über „Stepfather“

Wikipedia über John List

Drehbuchautor J. S. Cardone über „The Stepfather“


TV-Tipp für den 31. Dezember: Pop around the Clock

Dezember 31, 2009

3sat, 05.15

Thementag „Pop around the Clock“

Einen ganzen Tag lang gibt’s mehr oder weniger gute Pop- und Rockmusik. Los geht’s mit Jan Delay. Weiter geht’s mit Fleetwood Mac, Tom Petty, Eric Clapton und Steve Winwood, den Söhnen Mannheims, Peter Fox, Tina Turner (50th Anniversary Concert Tour), Neil Diamond (Hot August Night, Ausgabe 2008), Stevie Wonder, Pink, The Killers, Green Day und Oasis.

Alle Details hier.


Duane Swierczynskis Nebenbeschäftigungen

Dezember 30, 2009

Die Idee Text und Film miteinander zu verschmelzen ist nicht neu, aber erst jetzt, mit der zunehmenden Verbreitung von schnellen Internetverbindungen und mobilen Computern, kann sie auch auf einem hohen Niveau verwirklicht werden. Jedenfalls wenn man auf die in den USA Ende Oktober für den Apple iTunes erschienene Version von „Level 26- Dark Origins“ zugreift (andere digitale Versionen sind mir nicht bekannt). Dann kann man ohne Unterbrechung vom Roman zum Film und zurück wechseln. „Digi-Novel“ nennt ihr Erfinder Anthony E. Zuiker diese „völlig neuartige Erzählform“.

Er erfand auch die verschiedenen „CSI“-Serien und dank seiner Stellung als Produzent einer weltweit unglaublich erfolgreichen TV-Serienfamilie kann er auch für eine erfolgversprechende Umsetzung sorgen. Er hat einen exzellenten Zugang zu Studios, Schauspielern, Technikern und Autoren. Er kann das richtige Team für ein erfolgversprechendes Franchise zusammenstellen. Auch „Level 26“ ist als Franchise gedacht. Er hat bereits den Namen „Digi-Novel“ schützen gelassen, eine umfangreiche Homepage (mit einer regen Community) erstellt und die nächsten beiden „Level 26“-Bände sind für 2010 und 2011 angekündigt. Dabei bedeutet „Digi-Novel“ ganz einfach, dass es einen eigenständigen Roman gibt und an bestimmten Stellen das Lesen zum Ansehen von kurzen, die Handlung weiterführenden Filmen unterbrochen werden soll. Den Roman schrieb Duane Swierczynski. Bei uns ist er auch als Duane Louis bekannt und er ist einer der aufregenden jungen Krimiautoren, die sich erfolgreich in verschiedenen Medien tummeln.

Die Filme sind von Anthony E. Zuiker in der modernen TV-Ästhetik (irgendwo zwischen „24“ und „CSI“) gedreht. Die Besetzung ist mit Michael Ironside, Bill Duke, Glenn Morshower (Agent Aaron Pierce in „24“) und Kevin Weisman (Marshall Flinkman in „Alias“) sogar ziemlich prominent. Aber der wichtigste Charakter in den Filmen ist der Serienkiller Sqweegel, der von dem Artisten Daniel Browning Smith, dem „most flexible man alive“, gespielt wird.

Die Filme sind in der ersten Digi-Novel aber nur die nette Beigabe zu dem von Duane Swierczynski geschriebenen Roman „Level 26 – Dark Origins“, der weniger an Swierczynskis eigene Noir-Thriller, sondern an Zuikers „CSI“-Franchise, populäre Serien, wie „Criminal Minds“, und die sattsam bekannten Erzählkonventionen von Serien und TV-Filmen erinnert.

Das ist dann auch die Crux von „Level 26 – Dark Origins“. Die Story setzt sich vollkommen überraschungsfrei aus den altbekannten Bestandteilen zusammen. Es gibt einen Serienkiller, vom FBI Sqweegel genannt, der schlimmer als alle anderen Serienkiller ist. Er mordet bereits seit Jahrzehnten und er hinterlässt an den Tatorten keine Spuren. Noch nicht einmal genug Material für einen DNA-Test. Das FBI weiß nur deshalb von ihm, weil er sie in unregelmäßigen Abständen über seine Taten informiert. Bis jetzt gelang es nur einem Polizisten, ihn einmal fast zu schnappen. Aber Sqweegel entkam und brachte die Familie seines Jägers Steve Dark um. Heute lebt Dark zurückgezogen in Malibu, Kalifornien und seine Freundin erwartet ein Kind. Da schickt Sqweegel einem hohen Politiker ein Video von einem seiner Verbrechen und dieser zwingt Steve Dark dazu, die Jagd auf Sqweegel wieder aufzunehmen.

Dark (wir sind nicht überrascht) tut’s und bis zur alles entscheidenden Begegnung zwischen Sqweegel und Dark verläuft alles in den bekannten Serienkillerthrillerbahnen. Der Killer informiert die Polizei mit einem Abzählreim über seine künftigen Taten. Er hat (jetzt plötzlich) eine Mission und will dafür eine bestimmte Zahl von Morden innerhalb weniger Tage begehen. Er macht plötzlich unglaublich dämliche Fehler. Immerhin ist Sqweegel ein Level-26-Killer. Einer, der schlimmer und geschickter als alle anderen Killer ist. Ed Gein schaffte es nur auf Stufe 13, Ted Bundy auf 17 und John Wayne Gacy auf Stufe 22 der von den FBI-Jungs erstellten, titelgebenden Eingruppierung von Mördern nach ihrer Bösartigkeit. Außerdem verfügt Sqweegel über viel Geld und unglaublich gute Verbindungen. Er wählt weltweit seine Opfer nicht zufällig aus, sondern er hat lange vor der Tat von einem ihrer Geheimnisse erfahren. Das alles wird nicht näher erklärt. Es wird auch kein Versuch unternommen, zu erklären warum Sqweegel zu Sqweegel wurde; was uns immerhin die Therapiesitzung erspart. Sqweegel ist im Buch einfach nur die langweilig-banale Inkarnation des Bösen. Allerdings ohne den Charme eines Hannibal Lector.

Als Roman ist „Level 26 – Dark Origins“ daher nicht mehr als ein austauschbarer, banal-langweiliger Serienkillerthriller, der sich immer wie die Romanfassung des „TV-Thriller of the Week“ durchaus flott, wenn auch gerade am Anfang etwas holprig, wegliest und nach der Lektüre sofort vergessen ist.

Die Idee einer Digi-Novel wurde dagegen schon ziemlich gut umgesetzt. Vor allem die Filme mit dem sich unmöglich verrenkendem Sqweegel sind eindeutig für’s Auge gedacht. Duane Swierczynski unternimmt auch keinen Versuch, das zu beschreiben. Störend ist beim Lesen allerdings die Aufforderung, alle zwanzig Seiten eine Pause einzulegen und am PC die nächste „Cyberbrücke“ (Zuiker) anzusehen. Ungefähr nach der dritten Pause liest man dann den Krimi ganz traditionell in einem Rutsch durch und sieht sich danach die Filme an.

Bei den im X-Men-Kosmos spielenden „Cable“-Comics, die Duane Swierczynski für Marvel schreibt, kann er sich innerhalb einer bestehenden Welt austoben. Er hat den Nebencharakter Nathan „Cable“ Summers, ein Mutant und Söldner, ausgewählt und lässt ihn in verschiedenen Jahren in der Zukunft Abenteuer erleben. Cable soll ein für das Überleben der Mutanten wichtiges Mutantenbaby beschützen. Er taucht mit dem Baby im Zeitstrom unter. Dummerweise hat die Maschine, die Cable und dem Baby ein Verschwinden in der Zukunft gestattete einen Defekt. Sie können nur immer weiter in die Zukunft flüchten. Gejagt werden sie von dem ehemaligen X-Man Lucas Bishop. Er kam aus einer totalitären Zukunft und er glaubt, dass das Baby für eben diese Zukunft verantwortlich ist. Deshalb will er es töten.

Diese Prämisse ermöglicht es Duane Swierczynski, viele Kämpfe zwischen Cable und Bishop und viele verschiedene zukünftige Welten zu erfinden. Auch in dem zweiten „Cable“-Sammelband „Heimatfront“ kloppen die beiden Kontrahenten sich ausgiebig. Außerdem erfahren wir einige weitere Hintergründe über Cables Mission.

Diese Comic-Serie ist vor allem etwas für die Swierczynski-Komplettisten (Hey, es ist X-Men und es ist SF.) und natürlich die Fans der X-Men.

Duane-Swierczynski-Fans müssen dagegen auf den nächsten Roman von Duane Louis warten. „Schnelle Beute“ ist von Heyne für April 2010 angekündigt.

Anthony E. Zuiker/Duane Swierczynski: Level 26 – Dark Origins

(übersetzt von Axel Merz)

Lübbe, 2009

432 Seiten

14,99 Euro

Originalausgabe

Level 26 – Dark Origins

Dutton 2009

Duane Swierczynski (Autor)/Michel Lacombe (Zeichner)/Ariel Olivetti (Zeichner): Cable 2: Heimatfront

(übersetzt von Michael Strittmatter)

Marvel Deutschland, 2009

100 Seiten

12,95 Euro

Enthält

Cable 6: Homefront (Oktober 2008, Heimatfront)

King-Size Cable Spectacular 1: The Wolf Pit (November 2008, Die Wolfshöhle)

X-Force: Ain’t no Dog (August 2008, Bin kein Hund)

Hinweise

Homepage zu „Level 26“

Secret Dead Blog von Duane Swierczynski

Meine Besprechung von Duane Louis (Swierczynskis) „Letzte Order“ (Severance Package, 2008)

Meine Besprechung von Duane Louis (Swierczynskis) „Blondes Gift“ (The Blonde, 2006)

Meine Besprechung von Duane Swierczynskis „Cable: Kriegskind – Band 1″ (Cable: War Child – 1, 2008)

Bonus

Ein Auftritt von Gummimann Daniel Browning Smith (dem Darsteller von Sqweegel)


TV-Tipp für den 30. Dezember: Pat Garrett jagt Billy the Kid

Dezember 30, 2009

ARD, 23.55

Pat Garrett jagt Billy the Kid (USA 1973, R.: Sam Peckinpah)

Drehbuch: Rudolph Wurlitzer

Der Titel verrät die Story – und das Ende kennen wir aus den Geschichtsbüchern.

Grandioser Abgesang auf den Wilden Westen und das Ende der sechziger Jahre. Es wird, wie üblich, die rekonstruierte Langfassung gezeigt (in der leider die grandiose Sterbeszene am Fluss mit Dylans Knockin´ on heavens door fehlt). MGM brachte damals nur eine gekürzte Fassung in die Kinos.

Der Film hat eine Trägheit und einen elegischen Ton, in denen man versinken kann. Was kommen wird, ist so klar, dass er immer wieder innehalten, abweichen, verzögern kann. Die Szenen müssen nicht ineinander greifen, es gibt abrupte Wechsel, und im Grunde ist es ein Film übers Herumhängen im Grenzgebiet, in runtergekommenen Häusern, provisorischen Quartieren. Es gibt eine ausgeprägte Vorliebe für Abend- und Morgendämmerung, für das Nachmittagslicht im amerikanischen Südwesten, und mittendrin gerät man immer wieder in kurze Sequenzen von einer tranceartigen Schönheit.“ (Peter Körte in Filmgenres: Western, Reclam 2003)

Mit Kris Kristofferson, James Coburn, Bob Dylan (auch Musik), Jason Robarts Jr., Richard Jaeckel, Katy Jurado, Slim Pickens, John Beck, Rita Coolidge, R. G. Armstrong, Jack Elam, L. Q. Jones, Harry Dean Stanton, Rudolph Wurlitzer, Sam Peckinpah (spielt Will, den Sargmacher), Elisha Cook Jr.

Hinweise

Wikipedia über „Pat Garrett jagt Billy the Kid (deutsch, englisch)

Kriminalakte über Sam Peckinpah

Meine Besprechung von „Passion & Poetry: The Ballad of Sam Peckinpah“


Cover der Woche

Dezember 29, 2009


KrimiWelt-Bestenliste Januar 2010

Dezember 29, 2009

Die letzte Bestenliste der KrimiWelt für dieses Kalenderjahr sieht so aus:

1 (4) Don Winslow: Frankie Machine

2 (6) Gerard Donovan: Winter in Maine

3 (1) David Peace: Tokio im Jahr Null

4 (-) Angelo Petrella: Nazi Paradise

5 (5) Heinrich Steinfest: Gewitter über Pluto

6 (3) Linus Reichlin: Der Assistent der Sterne

7 (10) William Boyd: Einfache Gewitter

8 (-) Giampaolo Simi: Camorrista

9 (-) Jim Nisbet: Dunkler Gefährte

10 (5)* Ulrich Ritzel: Beifang

In ( ) ist die Platzierung vom Vormonat. Ritzel ist ein Wiedereinstieg. Er war im November auf der Bestenliste.

Jim Nisbet und Angelo Petrella, beide bei Pulp Master, erschienen, habe mir gut gefallen und ich werde sie die Tage auch gebührend abfeiern. David Peace hab ich schon abgefeiert. Gerard Donovan hat mich nicht so richtig überzeugt und Don Winslow liegt immer noch auf dem Zu-Lesen-Stapel, irgendwo zwischen James Ellroy, Olen Steinhauer, Robert Littell, Colin Harrison, Daniel Depp und einigen anderen Büchern.

Den Rest find ich nicht so interessant.


TV-Tipp für den 29. Dezember: Die Killer-Elite

Dezember 29, 2009

ARD, 01.50

Die Killer-Elite (USA 1975, R.: Sam Peckinpah)

Drehbuch: Marc Norman, Stirling Siliphant

LV: Richard Rostand (Robert Hopkins): Monkey in the middle, 1973

Die Freunde Locken und Hansen arbeiten für COMTEG, eine Personenschutzgesellschaft, die an den schmutzigen Fronten des Kalten Krieges kämpft. Nach einem Auftrag verrät Hansen Locken und schießt ihn zum Krüppel. Locken sinnt jetzt auf Rache. Die Gelegenheit kommt, während er einen japanischen Politiker beschützt.

Ein als Agenten-Thriller getarnter harter Thriller über Freundschaft und Verrat.

Der Film „zerfällt in zwei sorgfältig voneinander getrennte Hälften…Bis zum Tod Hansens bleibt alles im Rahmen eines konventionellen Thrillers, die zweite Hälfte des Films wird zum definitiven Beleg der These, dass Peckinpah jeden Stoff mit seinen immergleichen Themen und Obsessionen veredelte. Er konnte keine Nebenwerke und Auftragsarbeiten abliefern, und auch ein Projekt, wie dieses, das er sich nicht selbst ausgesucht hatte, formte er zum Nachweis seiner unverwechselbaren Identität als Autorenregisseur um.“ (Frank Arnold/Ulrich von Berg: Sam Peckinpah). Das heißt: „Unter dem Deckmäntelchen eines Genrefilms von der Stange ist ‚The Killer Elite’ ein ambitioniertes und persönliches Bekenntnis zur Selbstanalyse und zur Lernbereitschaft, auch eine weitere Abhandlung des Themas Rache und ihrer Bezwingung, aber ein ungebrochen optimistischer Film ist er nicht.“ (ebenda)

Mit James Caan, Robert Duvall, Arthur Hill, Bo Hopkins, Mako, Burt Young

Hinweise

Wikipedia über „Die Killer-Elite“ (deutsch, englisch)

New York Times: Filmbesprechung von Richard Eder (18. Dezember 1975)

The Agitation of the Mind (Neil Fulwood) über „The Killer Elite“ (24. Dezember 2009 – dort gibt es auch weitere Artikel über Sam Peckinpah)


berlinkriminell lobt

Dezember 29, 2009

berlinkriminell (Barbara Keller) bespricht „Schneeflöckchen, Mordsglöckchen“ (mit meinem Kurzkrimi „Die Sache mit den Fabergé-Eiern“, edition karo):

ein amüsantes Paperback (…)  auch die anderen Erzählungen können sich sehen lassen. Die Rezensentin testete sie gleich auf zwei Weihnachtsfeiern an, indem sie selbst eine Kurzgeschichte las, beziehungsweise lesen lies und dabei mit Freunden einige Kurzweil hatte.


DVD-Kritik: Mike Siegels „Passion & Poetry – The Ballad of Sam Peckinpah“

Dezember 28, 2009

Die breite Öffentlichkeit denkt bei Sam Peckinpah immer noch zuerst an Gewalt. In „Straw Dogs“ kämpft ein junges amerikanisches Intellektuellenpaar gegen rückständige englische Dorfbewohner. Der Stein des Anstoßes war, neben dem gewalttätigem Ende, in vielen Ländern die für den Film zentrale Vergewaltigung der Ehefrau. Auch in Deutschland stand der Film deshalb von 1983 bis 2007 auf dem Index. In „Getaway“ schießt ein Gangsterpaar sich den Weg frei und in „The Wild Bunch“ sterben die Verbrecher in einem wahren Blutrausch. Das Ende ist auch heute, auf dem kleinen Bildschirm, immer noch überwältigend. Vor vierzig Jahren muss es für das damalige Publikum ein schockierender Alptraum gewesen sein.

Peckinpahs andere Filme, wie seine sehr persönlichen Filme „The Ballad of Cable Hogue“ und „Junior Bonner“, sind dagegen viel unbekannter und auch die stillen Momente in seinen Spielfilmen (von denen es viele gibt) wurden zunächst kaum beachtet. So ist auch in „The Wild Bunch“ die Gewalt in den ersten und letzten Minuten des Films nur die Klammer für die vielen ruhigen Szenen, in denen wir Pike Bishop und seine Jungs kennen und auch irgendwie lieben lernen. Aus den Desperados werden Menschen, die wissen, dass ihre Zeit vorüber ist. Denn im Gegensatz zu ihrem Verfolger, ihrem alten Gefährten Deke Thornton, wollen sie sich nicht anpassen.

Bishop und seine Gefährten sind typische Peckinpah-Charaktere. Es sind Westerner, deren Werte nicht mehr in die moderne Gesellschaft passen. Sie sind Individualisten, die ihrem eigenen moralischen Kompass folgen. Sie wissen das, aber sie sind auch unfähig Kompromisse einzugehen. Lieber sterben sie.

Oder, wie Sam Peckinpah in „Ride the High Country“ einem Charakter einen Satz seines Vaters in den Mund legte: „All I want is to enter my house justified.“ In der deutschen Synchronisation wurde daraus: „Alles was ich will, ist, dass ich als rechtschaffener Mensch diese Welt wieder verlasse.“

Außerdem behandelt Peckinpah immer wieder den Zusammenprall unterschiedlicher Kulturen. Oft ist es der alte Wilde Westen gegen die moderne Industriegesellschaft. Deshalb spielen seine Western zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Seltener der Norden (vulgo die USA) gegen den Süden (vulgo Mexiko). Einmal kehrt Peckinpah sein normales Wertesystem um. In „Straw Dogs“ müssen linksliberale Intellektuelle gegen rückständige Dorfbewohner kämpfen und der von Dustin Hoffman gespielte linkische Ehemann verteidigt sich am Ende äußert gewalttätig.

Schon zu Lebzeiten und heute noch immer bewundern ihn viele Kollegen, Kritiker und Kinogänger. Allein schon die zahlreichen, vor allem in den USA, nach seinem Tod erschienenen und nicht ins Deutsche übersetze Bücher, verraten einiges über seinen Einfluss.

Auch Mike Siegel ist ein Peckinpah-Fan. Der Sindelfinger war als Teenager von „Convoy“ und „Steiner“ begeistert, wollte mehr über den Macher wissen und baute in den vergangenen Jahren ein großes Peckinpah-Archiv auf. Er veröffentlichte das reich bebilderte und sehr informative Buch „Passion & Poetry: Sam Peckinpah in Pictures“ (nur noch antiquarisch, aber die Suche lohnt sich). Bereits in dem Buch wies er einige Male auf die von ihm gedrehte Dokumentation „Passion & Poetry: The Ballad of Sam Peckinpah“ hin. Denn die meisten Interviews waren damals bereits gedreht und er war gerade beim Schneiden. Aber dann verzögerte sich alles. Siegel übernahm verschiedene Aufträge, wie das schon erwähnte Peckinpah-Buch und Featurettes für Peckinpah-DVDs. In den vergangenen Jahren wurde der Film auf mehreren Festivals gezeigt, aber kein TV-Sender wollte ihn kaufen. Auch Arte machte in letzter Minute einen Rückzieher.

Jetzt brachte Mike Siegel den Film, mit etwas Geld von der Filmförderung Baden-Württemberg, auf DVD heraus und das Warten hat sich gelohnt. Denn, wie Siegel in seinen informativen Audiokommentaren sagt, wollte er jetzt einfach möglichst viel von seinem Peckinpah-Material veröffentlichen. Deshalb gibt es neben der zweistündigen Dokumentation „Passion & Poetry: The Ballad of Sam Peckinpah“ auch die ebenfalls gut zweistündige, dreiteilige Dokumentation „Stories on a Storyteller“, weitere Ausschnitte aus dem Interview mit Ernest Borgnine (der in seinem Redefluss kaum zu bremsen war), ein Featurette über die Hacienda Cienega Del Carmen (dort entstand die legendäre Schlusssequenz von „The Wild Bunch“) und „Mike’s Home Movies“. Das sind einige Impressionen von Ausstellungen über Peckinpah und Präsentationen von „Passion & Poetry: The Ballad of Sam Peckinpah“ auf verschiedenen Festivals. Bis auf „Mike’s Home Movies“, einer kurzen Mischung aus B-Roll und filmischem Tagebuch, sind die anderen Bonusfilme eine absolut wichtige und sehenswerte Ergänzung zu dem Hauptfilm. Die „Stories on a Storyteller“ ist eine weitere eigenständige Dokumentation über Peckinpah, die auch gut als Hauptfilm hätte fungieren können.

Der Hauptfilm „Passion & Poetry“ folgt dem Leben von Sam Peckinpah: chronologisch werden seine Jugend, seine Zeit beim Militär, die ersten TV-Arbeiten in Hollywood und seine Spielfilme abgehandelt. Die Chronologie wird durch Einschübe über Peckinpahs Frauen und seine Alkohol- und Kokainsucht unterbrochen. Die Geschichte seines Lebens wird erzählt von Peckinpah-Vertrauten, wozu vor allem seine Schwester Fern Lea Peter (die hier erstmals vor der Kamera über Sam sprach), seine Tochter Lupita, langjährigen Mitarbeitern, wie Katy Haber, Chalo González, Gordon Dawson und Dan Melnick, Schauspielern, die teilweise in mehreren seiner Filme auftraten, wie Ernest Borgnine, James Coburn, Kris Kristofferson, Bo Hopkins, R. G. Armstrong, L. Q. Jones, David Warner, Vadim Glowna, Ali MacGraw und Senta Berger, und Peckinpah-Biographen, wie David Weddle, zählen. Ergänzt werden die neuen Interviews von einigen längeren Interviews, die Sam Peckinpah noch zu Lebzeiten gab. Illustriert werden die Geschichten von Fotografien, ganz wenigen Filmausschnitten und Trailern zu seinen Filmen. Wie Siegel in dem Audiokommentar erzählt, musste er auf die Trailer ausweichen, weil er nicht genug Geld hatte, um die Rechte an speziellen Filmausschnitte zu erwerben.

Umrahmt wird Peckinpahs Biographe von Bildern der Hacienda Cienega Del Carmen und längeren Behind-the-Scenes-Aufnahmen von seiner letzten Regiearbeit: einem Musikvideo für Julian Lennon. Sie zeigen einen alten Mann – obwohl Peckinpah damals noch keine Sechzig war. Das Video entstand im Sommer 1984. Am 28. Dezember 1984 starb er.

Passion & Poetry“ ist kein Peckinpah-kritischer Film oder eine quasi-wissenschaftliche Werkanalyse. Es ist eine sehr informative Biographie, die vor allem eine Liebeserklärung an den Regisseur ist. Sie lebt von den Erinnerungen seiner Freunde und Mike Siegel lässt sie sehr ausführlich zu Wort kommen. Das driftet öfters ins Anekdotische ab, ist aber immer interessant. Denn Mike Siegel gelingt es, ein ganzes Leben in knapp zwei Stunden zu erzählen. Und die Dokus „Passion & Poetry“ und „Stories on a Storyteller“ (denn alles was ich über „Passion & Poetry“ geschrieben habe, gilt auch für „Stories on a Storyteller“) laden zum wiederholten Ansehen der Filme von Sam Peckinpah ein.

Mike Siegel nahm auch einen deutschen und einen englischen Audiokommentar auf, die sich vom Inhalt kaum unterscheiden. In beiden erzählt er, wie er zum Peckinpah-Fan wurde, von den Dreharbeiten und warum es so lange dauerte, bis der Film endlich auch außerhalb von Filmfestivals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt wird. Denn der Hauptdreh war im Winter 2002. Damit sind sie ein interessanter Einblick in die Welt des unabhängigen Filmemachens.

Aber auch nach dieser sehr umfangreichen Doppel-DVD kommt Mike Siegel von Sam Peckinpah nicht los. Als nächstes plant er eine Dokumentation über Peckinpahs Kriegsfilm „Steiner – Das eiserne Kreuz“, die dann als Bonusmaterial auf einer werkgetreuen DVD erscheinen soll.

Passion & Poetry: The Ballad of Sam Peckinpah

(D 2005)

Regie: Mike Siegel

Drehbuch: Mike Siegel

mit Ernest Borgnine, James Coburn, Kris Kristofferson, Ali MacGraw, R. G. Armstrong, L. Q. Jones, Bo Hopkins, David Warner, Senta Berger, Vadim Glowna, Mario Adorf, Gordon T. Dawson, Roger Fritz, Chalo González, Katherine Haber, Martin Lewis, Dan Melnick, Lupita Peckinpah, Fern Lea Peter, Garner Simmons, Isela Vega, David Weddle, Monte Hellman (Erzähler), Sam Peckinpah (Archivaufnahmen)

DVD

El Dorado Productions

Länge: 115 Mnuten

Bild: 1,78:1 (4:3)

Sprache: Englisch

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Audiokommentar (deutsch, englisch), Stories of a Storyteller (3-teilige Dokumentation mit zusätzlichen Interviews: The Westerner [29 Minuten], Art & Success [36 Minuten], Poet on the Loose [38 Minuten]), Mapache Territory (15 Minuten), Ernest Borgnine on The Wild Bunch (15 Minuten), Mike’s Home Movies (15 Minuten), Booklet, Wendecover

FSK: ab 12 Jahre

Außerdem

Mike Siegel: Passion & Poetry – Sam Peckinpah in Pictures

Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2003

576 Seiten

(nur noch antiquarisch)

Die Spielfilme von Sam Peckinpah

Gefährten des Todes (The deadly Companions, USA 1961, Drehbuch: Albert Sidney Fleischman)

Sacramento (Ride the High Contry, USA 1962, Drehbuch: N. B. Stone jr.)

Sierra Charriba (Major Dundee, USA 1965, Drehbuch: Harry Julian Fink, Oscar Saul, Sam Peckinpah)

The Wild Bunch – Sie kannten kein Gesetz (The Wild Bunch, USA 1969, Drehbuch: Walon Green, Sam Peckinpah)

Abgerechnet wird zum Schluss (The Ballad of Cable Hogue, USA 1970, Drehbuch: John Crawford, Edmund Penney)

Wer Gewalt sät (Straw Dogs, GB 1971, Drehbuch: David Zelag Goodman, Sam Peckinpah)

Junior Bonner (Junior Bonner, USA 1972, Drehbuch: Jeb Rosebrook)

Getaway/Ein Mann wird gejagt (Getaway, USA 1972, Drehbuch: Walter Hill)

Pat Garrett jagt Billy the Kid (Pat Garrett and Billy the Kid, USA 1973, Drehbuch: Rudolph Wurlitzer)

Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia (Bring me the Head of Alfredo Garcia, USA/Mexiko 1974, Drehbuch: Gordon Dawson, Sam Peckinpah)

Die Killer-Elite (The Killer Elite, USA 1975, Drehbuch: Marc Norman, Stirling Silliphant)

Steiner – Das eiserne Kreuz (Cross of Iron, DGB/Jug 1977, Drehbuch: Julius J. Epstein, Walter Kelley, James Hamilton)

Convoy (Convoy, USA 1978, Drehbuch: Bill L. Norton)

Das Osterman-Weekend (The Osterman-Weekend, USA 1983, Drehbuch: Alan Sharp, Ian Masters)

Hinweise

Homepage zum Film

Wikipedia über Sam Peckinpah (deutsch, englisch)

Georg Seeßlen über Sam Peckinpah (der Nachruf erschien zuerst in epd Film 2/1985)

The Guardian: Rick Moody über Sam Peckinpah (9. Januar 2009)

Senses of Cinema: Gabrielle Murray über Sam Peckinpah

Die letzte Regiearbeit von Sam Peckinpah: die Musikvideos „Valotte“ und „Too late for goodbyes“ von Julian Lennon



TV-Tipp für den 28. Dezember: Sacrameto

Dezember 28, 2009

ARD, 01.45

Sacramento (USA 1962, R.: Sam Peckinpah)

Drehbuch: N. B. Stone, Jr. (ungenannt: William S. Roberts, Sam Peckinpah)

Sacramento, um 1900: Drei Männer, von denen zwei ihre besten Jahre bereits hinter sich haben, sollen aus einer in den Bergen gelegenen Goldgräberstadt Gold abholen und ins Tal zur Bank bringen. Bald haben sie mehr Ärger an der Hacke als sie verdauen können.

Bereits bei Peckinpahs zweitem Spielfilm, der den Beginn des Spätwesterns markierte, sind alle seine Themen vorhanden. Und die ständigen Probleme mit dem Studio. „Die MGM sah in ´Ride the High Country´ einen billigen, schnell heruntergedrehten Film, gerade gut genug, im Sommer ein Doppel-Film-Programm voll zu machen. Wenn ich versucht hätte, ihnen zu sagen, um was es in dem Film wirklich geht, nämlich um Einsamkeit und Erlösung, dann hätten sie mich auf der Stelle rausgeschmissen. Sie hassten ohnehin, was ich da drehte, und sie haben mich herausgeworfen, bevor ich mit dem Schneiden, dem Synchronisieren und der Musik fertig wurde.“ (Peckinpah im Playboy-Interview)

Mit Randolph Scott, Joel McCrea, Ronald Starr, Mariette Hartley, R. G. Armstrong, L. Q. Jones, Warren Oates

Hinweise

Wikipedia über „Sacramento“ (deutsch, englisch)


Kleinkram

Dezember 27, 2009

Bei Krimikultur gibt es ein Interview mit Pulp-Master-Macher Frank Nowatzki.

Viceland unterhält sich mit David Simon (The Wire).

Das Wall Street Journal mit Dan Brown.

Das Time Magazine mit Sue Grafton.

Christa Faust verrät, welche Bücher und Filme ihr im vergangenen Jahrzehnt gefielen.

Als Noir of the Week gibt es „Die Dame im See“ (The Lady in the Lake, USA 1946). Robert Montgomery spielte die Hauptrolle und übernahm auch die Regie. Das ging,  jedenfalls in der Theorie einfach, weil der Film (wie der Roman) ausschließlich aus der subjektiven Sicht des Helden erzählt wurde. Und dieser ist – ihr ahnt es – Raymond Chandlers Privatdetektiv Philip Marlowe.

Schnittberichte hat einen ausführlichen Vergleich der verschiedenen Fassungen von „Krieg der Sterne“ (vor allem die Kinofassung mit der später von George Lucas erstellten Special Edition) und sie verraten uns, welche Szenen aus John Woos neuestem Epos „Red Cliff“ für die internationale Fassung (die bei uns nur auf DVD erschien) geschnitten wurden (Teil 1, Teil 2).


One World Berlin: Interview mit Walter van Rossum online

Dezember 27, 2009

Nachdem die Jungs von „Schattenblick“ bereits einen ausführlichen Bericht über den von mir (als HUler) präsentierten Abend „Die Innere Sicherheit? – Mediale Darstellungen der Terrorbedrohung für Deutschland“ und ein Interview mit Kay Sokolowsky (zuletzt „Feindbild Moslem“) veröffentlichten, ist jetzt auch ihr Gespräch mit Walter van Rossum online. Er verbrachte einige „Sonntage mit Sabine Christiansen“ und erstellte die hörenswerte Radioreportage „Ein Käfig voller Enten – Recherchen zur Sauerlandzelle“ (Deutschlandfunk 2009).

So sagt Walter van Rossum:

Der Begriff des Qualitätsjournalismus ist schreiend komisch, denn das ist wirklich ein letzter Versuch, noch irgendwie zu verhindern, daß alle Leute alles sagen dürfen. Die Öffentlichkeit, die die Presse oder diesen Qualitätsjournalismus produziert, funktioniert in meinen Augen seit langem nicht mehr. Qualitätsjournalismus hat sich auch angesichts der großen Koalition offenbart als etwas, das nicht in der Lage ist, die Welt selbständig zu betrachten, sondern dies immer nur nach Maßgabe dessen, was politisch erlaubt und gestattet ist, tut. Wir erleben in den letzten zehn Jahren einen unerträglichen Einheitsbrei, ein quasi totalitäres Einheitsdenken von allem und jedem, wo die übelsten Behauptungen des Neoliberalismus überall nachgequatscht wurden und es aber auch nirgendwo eine bescheidene Gegendarstellung gab. Ich kann jeden verstehen, der keine Zeitung mehr liest. Das Kaufen einer Zeitungen ist eine Ritualhandlung, die ich zum Beispiel aus eben diesem Grund vollziehe, aber nicht, um mich zu informieren.

Und zum Islam und dem Islamismus meint er unter anderem:

Der Islamismus kann bestimmt nicht beanspruchen, die Generalrepräsentation zu übernehmen, aber es gibt einen islamischen Hintergrund, das ist völlig klar. So können sich christliche Fundamentalisten natürlich auf die Bibel berufen. Wenn Sie dort auf 150 Seiten Träume von Genoziden und Morden und Brandschatzen finden, dann können Sie natürlich sagen, daß der christliche Fundamentalist dort seinen Stoff findet. Und so verhält es sich auch mit dem Islamisten, der findet auch seinen Stoff. Der Islam, so wie er heute gelebt wird, ist keine Einheit, sondern stellt sich, im Gegensatz zum Christentum, als unendliche Vielzahl von sehr lokalen Traditionen, Bezügen, Geschichten dar. Sie werden nicht einen Türken und einen Usbeken finden, die denselben Islam vertreten. Die verbreitete Darstellung, daß der Islam eine Einheit wäre, trifft nicht zu. Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann könnte es vielleicht dazu kommen, aber auch das glaube ich nicht ernsthaft.


TV-Tipp für den 27. Dezember: Getaway; Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia

Dezember 27, 2009

ARD, 23.30

Getaway (USA 1972, R.: Sam Peckinpah)

Drehbuch: Walter Hill

LV: Jim Thompson: Getaway, 1958 (Getaway)

Auf Wunsch des korrupten Politikers Jack Benyon wird Doc McCoy vorzeitig aus der Haft entlassen. Er soll eine Bank ausrauben. Der Überfall gelingt, aber danach geht alles schief.

Die gelungene und kommerziell sehr erfolgreiche Verfilmung des Krimis, mit Steve McQueen und Ali MacGraw – obwohl das letzte Drittel des Buches fehlt. Und das ist noch nicht alles, wie der französische Regisseur Alain Corneau meint: „Im Gegensatz zu Hammett und Chandler sind die Amerikaner nicht dazu in der Lage, Thompson zu verfilmen. Nehmen wir zum Beispiel Getaway. Die Figuren werden für die Verfilmung um 180 Grad gedreht, das Buch um mindestens ein Drittel gekürzt. Die Personen und das Thema des Romans wurden an die Seite gedrängt. Doc McCoy ist im Buch ein viel düsterer Charakter als Steve McQueen, und die philosophischen Dimensionen gingen völlig verloren.“ – Trotzdem ist „Getaway“ ein kalter, düsterer und amoralischer Film.

Mit Steve McQueen, Ali MacGraw, Ben Johnson, Al Lettieri, Slim Pickens, Bo Hopkins

ARD, 01.35

Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia (USA 1974, R.: Sam Peckinpah)

Drehbuch: Gordon Dawson, Sam Peckinpah (nach einer Story von Frank Kowalski und Sam Peckinpah)

Der mehr als abgehalfterte Barpianist Benjamin wittert seine große Chance. Denn auf den Kopf von Alfredo Garcia ist eine hohe Belohnung ausgesetzt. Und Benjamin weiß, wo Alfredos Kopf ist.

Wie eine klassische griechische Tragödie rollt das Filmdrama vor dem Zuschauer ab, mit allen Momenten und Zutaten des klassischen Genres. In einem hermetisch geschlossenen Zirkel, aus dem es keinen Ausweg gibt, zeugt Gewalt fortzeugend Gewalt…Dennoch wird man sagen dürfen, dass – sicher im Gegensatz zu unendlich vielen anderen Action-Filmen – hier die Gewalt in einem eindeutig kritischen, und zwar politisch-kritischen Rahmen dargestellt und präsentiert wird. Peckinpah zeigt einen Staat, in dem statt der Gesetze das Recht des Stärkeren regiert, statt des Rechtes die Faust, statt der Pistole die Maschinenpistole.“ (Film-Dienst)

Mit Warren Oates, Isela Vega, Gig Young, Kris Kristofferson

Wiederholung: RBB, Dienstag, 29. Dezember, 23.35 Uhr

Weitere Peckinpah-Filme

Sacramento: ARD, Dienstag, 29. Dezember, 01.45 Uhr (Taggenau!)

Die Killer-Elite: ARD, Mittwoch, 30. Dezember, 01.50 Uhr (Taggenau!)

Pat Garrett jagt Billy the Kid: ARD, 30. Dezember, 23.55 Uhr


TV-Tipp für den 26. Dezember: A Scanner Darkly – Der dunkle Schirm

Dezember 26, 2009

RTL II, 21.55

A Scanner Darkly – Der dunkle Schirm (USA 2006, R.: Richard Linklater)

Drehbuch: Richard Linklater

LV: Philip K. Dick: A Scanner Darkly, 1977 (Der dunkle Schirm)

USA, demnächst: Die Regierung führt einen gnadenlosen Krieg gegen Drogen. Polizist Bob Arctor soll in einem Undercover-Einsatz einen wichtigen Drogenhändler schnappen. Dummerweise wird er selbst süchtig und er weiß immer weniger, wer er ist und wem er vertrauen kann. Irgendwann glaubt er sogar, dass er sich selbst jagt.

TV-Premiere einer tollen Dick-Verfilmung, die bei uns ihre Premiere auf DVD erleben musste. Und das trotz der guten Besetzung.

Linklater verwandete für den Film die Rotoscoping-Technik, d. h. zuerst drehte er die Szenen ganz normal, anschließend übermalte er sie am Computer. Jetzt sieht “A Scanner Darkly” wie ein Trickfilm aus und natürlich wird so auch die zunehmende Identitätskrise des Helden und die allumfassende Paranoia visualisiert. Bei Dick war es die Paranoia der Siebziger; bei Linklater ist es die Post-9/11-Paranoia.

A Scanner Darkly” war für einen Hugo als bester SF-Film des Jahres nominiert.

mit Keanu Reeves, Rory Cochrane, Robert Downey jr., Winona Ryder, Woody Harrelson, Melody Chase

Hinweise

Homepage von Philip K. Dick

Wikipedia über „A Scanner Darkly“ (deutsch, englisch)

Infowars: Interview mit Richard Linklater über „A Scanner Darkly“ (12. Juli 2006)



TV-Tipp für den 25. Dezember: Arabeske

Dezember 25, 2009

BR, 22.30

Arabeske (USA 1966, R.: Stanley Donen)

Drehbuch: Julian Mitchell, Stanley Price, Pierre Marton (Pseudonym von Peter Stone)

LV: Alex Gordon (auch Gordon Cotler): The Cipher, 1961

Oxford-Professor Pollock soll eine hethitische Inschrift entziffern. Er weiß nicht, dass er danach umgebracht werden soll.

Schwungvolle Agenten-Komödie in einem verschwenderischen Dekor, z. B. trägt Sophia Loren nur Kleider von Dior. Ist einer der besten nicht von Hitchcock inszenierten Hitchcock-Filme – und eine prall gefüllte Wundertüte an Intrigen und Gegenintrigen.

Gordons Buch war 1962 als bestes Debüt für den Edgar nominiert.

Mit Gregory Peck, Sophia Loren

Wiederholung: SWR, Dienstag, 29. Dezember, 00.20 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Wikipedia über „Arabeske“ (deutsch, englisch)

Bibra-Online über „Arabeske“


Fröhliche Weihnacht!

Dezember 24, 2009

Jack Bauer hatte keinen Erfolg. Nach dem Verhör übernahm der Nikolaus die CTU:

Loudon Wainwright III (Yep, der Daddy von Rufus und Martha) hat auch einige „Weihnachtslieder“ geschrieben (Sorry für den schlechten Sound):

Sohn Rufus hat auch ein Weihnachtslied:


TV-Tipp für den 24. Dezember: Lichter der Großstadt

Dezember 24, 2009

Arte, 21.00

Lichter der Großstadt (USA 1931, R.: Charlie Chaplin)

Drehbuch: Charlie Chaplin, Harry Clive (ungenannt), Harry Crocker (ungenannt)

Tramp Charlie verliebt sich in ein blindes Blumenmädchen. Um ihr eine Augenoperation zu ermöglichen, muss er Geld verdienen. Das ist allerdings nicht so einfach.

Ein weiterer, schon lange nicht mehr gezeigter Charlie-Chaplin-Klassiker.

Wie alle großen Komödien Chaplins enthält ‚City Lights‘ sowohl slapstickhafte als auch romantische, sentimentale, und melancholische Elemente. Doch kaum ein anderer seiner Filme zerfällt so deutlich in einen burlesken und einen romantischen Handlungsstrang. (…) Was dem Film, abgesehen von den thematischen Berührungspunkten zwischen den beiden Parallelhandlungen, formale Geschlossenheit verleiht, ist die spielerische Leichtigkeit und das exakte Timing der Inszenierung. Chaplin selbst wies darauf hin, dass ‚City Lights‘ mehr als seine anderen Filme den Charakter eines Tanzes oder Balletts besitzt.“ (Lars Heiler in Heinz-B. Heller/Matthias Steinle, Hrsg.): Filmgenres Komödie, 2005)

mit Charlie Chaplin, Virginia Cherrill, Florence Lee, Harry Myers, Allan Garcia

Wiederholungen

Freitag, 1. Januar 2010, 14.10 Uhr

Donnerstag, 7. Januar 2010, 15.25 Uhr

Hinweise

Charlie-Chaplin-Seite

Charlie Chaplin Archive

Wikipedia über Charlie Chaplin (deutsch, englisch)

Arte über die Charlie-Chaplin-Reihe

Wikipedia über „Lichter der Großstadt“ (deutsch, englisch)


Wolf Schneider tut’s wieder

Dezember 23, 2009

Es gibt Bücher, die sind nichts für Kritiker. Das liegt nicht am Buch, sondern an der Art des Lesens. Als Kritiker muss man ein Buch, möglichst schnell, von vorne bis hinten durchlesen. Denn die Leser wollen, möglichst gestern, wissen, ob das Buch gut ist. Ob sie dafür Geld und Zeit investieren sollen.

Also werden die 66 Lektionen von Wolf Schneider hintereinander weggelesen. Die Texte in „Gewönne doch der Konjuktiv!“ sind kurz. Sie sind amüsant und regen zum Nachdenken an. Aber mit zunehmender Seitenzahl langweilen sie auch.

Denn der Unterschied zwischen „Interpretationsdiskrepanzen“ (Seite 22) und „Migrationshintergrund“ (Seite 223) ist aus sprachkritischer Sicht minimal. Beide Male ist es schlechtes Deutsch und Wolf Schneider schreibt schon seit Jahrzehnten dagegen an. Deshalb werden alle, die seine älteren Werken, wie „Deutsch für Profis“, „Deutsch für Kenner“ und „Deutsch fürs Leben“, gelesen haben, viele der in „Gewönne doch der Konjunktiv!“ formulierten Gedanken, teils mit sehr ähnlichen Beispielen, bereits kennen.

Auch sind die in seinem neuesten Buch abgedruckten drei- bis vierseitigen Essays nicht neu. Er schrieb sie für die Neue Zürcher Zeitung (NZZ). Diese veröffentlichte sie später als „Der vierstöckige Hausbesitzer“ (1996/1997), „Dem Kaiser sein Bart“ (1998) und „Den Briefträger biss der Hund“ (2000) und Rowohlt wählte jetzt 66 Essays für das Taschenbuch „Gewönne doch der Konjunktiv!“ aus. Aber veraltet sind sie, wie ein Blick in die Tageszeitung zeigt, immer noch nicht. Es gibt immer noch unverständliche Sätze, bürokratische und wissenschaftliche Blähsprache und zahlreiche, sinnlose Anglizismen. Es gibt einen neuen deutschen Krimipreis, den Ripper Award, und den kürzlich verliehenen Biene Award. Biene steht für „Barrierefreies Internet eröffnet neue Einsichten“ und damit dürfte Wolf Schneider einen Anlass für eine weitere treffende Sprachkritik haben.

Bei dem Kritiker stellt sich aber spätestens nach der fünfzigsten Sprachlektion das Gefühl ein, eine große Schachtel leckerer Pralinen essen zu müssen, auch wenn die letzten fünf Pralinen nicht mehr schmecken. Nicht weil, sie schlechter als die ersten sind, sondern weil er einfach satt ist.

Der normale Leser kann dagegen Wolf Schneiders neues Buch „Gewönne doch der Konjunktiv!“ lesen, wie es geplant war.

Täglich eine Sprachlektion.

Täglich einmal über Sprache nachdenken.

Und das 66 Tage.

Dann ist „Gewönne doch der Konjunktiv!“ ein feines Buch – auch wenn Sie die anderen Bücher von Wolf Schneider kennen. Denn er lädt ein, über die Sprache nachzudenken.

Wolf Schneider: Gewönne doch der Konjunktiv! – Sprachwitz in 66 Lektionen

rororo, 2009

256 Seiten

8,95 Seiten


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