Neu im Kino/Buch- und Filmkritik: „Die Känguru-Verschwörung“ bestätigt die richtige Weltsicht

Nach einem gescheiterten romantischen Abendessen im Dunkelrestaurant – Marc-Uwe war etwas unbeholfen und sein Mitbewohner, der ohne eine Einladung dabei war, kommentierte alles süffisant und schaltete im Restaurant das Licht an – hofft Marc-Uwe auf eine zweite Chance bei seiner großen Liebe Maria. Er wettet mit ihr, dass er ihre Mutter aus ihrem verschwörungstheoretischem Wahn wieder in die reale Welt zurückholt. Dabei soll ihm sein Mitbewohner, das Känguru, helfen. Es ist ein echtes Känguru, das bei ihm wohnt, redet, politisiert, klugscheißt und sich durchschnorrt. Die Geschichte ihrer ersten Begegnung wird in „Die Känguru-Chroniken“ erzählt.

Das von Marc-Uwe Kling erfundene Känguru hatte seinen ersten Auftritt 2008 in dem wöchentlichen Podcast „Neues vom Känguru“ beim RBB-Radiosender „Fritz“. Die kurzen Geschichten kamen gut an. Später wurden sie als Bücher veröffentlicht und zu Bestsellern. 2020 kam mit „Die Känguru-Chroniken“ die Verfilmung in die Kinos. Die Komödie war das erste prominenten Opfer der Covid-Pandemie. Denn kurz nach dem erfolgreichen Kinostart schlossen die Kinos. Trotzdem sahen über 800.000 Zuschauer den Film in den Kinos. Er steht auf dem neunten Platz der besucherstärksten Filme des Jahres 2020 in den deutschen Kinos. Da war eine Fortsetzung unvermeidlich. „Die Känguru-Verschwörung“ heißt sie und sie läuft jetzt in den Kinos an.

Wenn der schluffige Kleinkünstler Marc-Uwe die Wette gewinnt, muss Maria ihn zu einem Essen in Paris einladen. Wenn er verliert, muss er Maria und ihrem Sohn seine günstige, große Kreuzberger Mietwohnung überlassen.

Das Känguru kommentiert die Wette durchaus prophetisch mit der rhetorischen Frage: „Bist du wahnsinnig?“

Im folgenden erzählt „Die Känguru-Verschwörung“, wie Marc-Uwe und das Känguru versuchen, Marias Mutter ‚Diesel-Liesel‘ Lisbeth Schlabotnik von ihrem verschwörungstheoretischem Denken abzubringen. Dummerweise ist sie von den verschiedenen Verschwörungstheorien hundertfünfzig Prozent überzeugt und in der Szene der aufstrebende Star. Entsprechend desaströs verläuft für unsere beiden Helden die erste Begegnung mit Diesel-Liesel in Köpenick bei einer Diskussionsveranstaltung über die Klimalüge.

Als nächstes soll sie in Bielefeld auf der „Conspiracy Convention“ vor Adam Krieger, dem großen Star der Szene, auftreten. Das ist für Marc-Uwe und das Känguru die zweite Chance, die Wette zu gewinnen.

Die Story dient Marc-Uwe Kling, der hier neben dem Drehbuch (zusammen mit Jan Cronauer) auch die Regie übernahm, natürlich nur als grober Rahmen für eine enttäuschende Nummernrevue. Die Hauptstory wird immer wieder von Episoden unterbrochen, die mit ihr nichts zu tun haben. Sie bringen sie in keinster Weise voran und könnten ohne einen Verlust aus dem Film herausgeschnitten werden. Das sind ein Kampf mit dem Hauptmann von Köpenick, eine Auseinandersetzung mit einem BVG-Busfahrer, ein Drogentrip und ein Reenactment der Varusschlacht, in das unsere beiden Helden kurz vor Bielefeld hineinstolpern. Die beiden Hauptfiguren variieren teils aus den Känguru-Geschichten altbekannte Gags. Die Witze über Verschwörungstheorien und deren Verfechter sind nicht besonders gelungen. Viel zu oft wiederholen sie nur naheliegende und altbekannte Gags über Verschwörungstheoretiker und ihre abstrusen Theorien. Dazwischen gibt es, an den unpassendsten Stellen, das Alternative-Zitate-Spiel (in dem Zitate verändert oder den falschen Personen zugeordnet werden), und immer wieder, immer in Zeitlupe, Schnick Schnack Schnuck (bzw. Schere, Stein, Papier). Mit diesem Spiel treffen Marc-Uwe und dem Känguru Entscheidungen; wobei Marc-Uwe immer verliert.

Kling führte hier erstmals, durchaus gelungen Regie. Er hat viele Ideen. Er denkt in Filmbildern und es gibt etliche Nebenbei-Gags, die für mich zu den gelungensten Witzen des Films zählen. Allerdings nervt die immergleiche Präsentation von Schnick Schnack Schnuck, das im Film viel zu oft gespielt wird. Die Dialoge sind eher ambitionslos auf dem Niveau einer schlechteren TV-Sketch-Comedy inszeniert. Das Timing ist entsprechend. Und die Schauspieler spielen alle zu ausdruckslos. Das ist zwar angenehmer als ein permanentes Overacting, aber es ist hier einfach zu emotionslos.

Am Ende ist „Die Känguru-Verschwörung“ linksalternatives Wohlfühlkino, das niemanden überfordern oder verunsichern will. Das könnte zum Nachdenken führen.

Zum Filmstart erschien „Der Storyboard-Comic zum Film“. Dafür wurde das Storyboard, also die von Axel Eichhorst vor den Dreharbeiten gezeichnete Visualisierung des Films, die einen genauen Eindruck von dem späteren Film vermittelt, genommen und von Michael Holtschulte (Text), Ralf Marczinczik und Jan Thüring (Layout) für die Buchveröffentlichung bearbeitet. Das jetzt veröffentlichte Storyboard vermittelt einen guten, aber auch eigenständig lesbaren Eindruck von dem Film. Die Zeichnungen wirken immer wie Skizzen, die in erster Linie Anweisungen sind, die den Mitarbeitern am Set die Vision des Regisseurs vermitteln sollen. Die Dialoge und Abläufe sind aus dem Drehbuch und dem Film entnommen.

Die Känguru-Verschwörung (Deutschland 2022)

Regie: Marc-Uwe Kling

Drehbuch: Marc-Uwe Kling, Jan Cronauer

Buch zum Film: Marc-Uwe Kling/Jan Cronauer/Axel Eichhorst: Die Känguru-Verschwörung, 2022

mit Dimitrij Schaad, Rosalie Thomass, Petra Kleinert, Michael Ostrowski, Benno Fürmann, Volker Zack, Adnan Maral, Tim Seyfi, Carmen-Maja Antoni, Melanie Straub, Daniel Zillmann, Nils Hohenhövel

Länge: 103 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Das Buch zum Film

Marc-Uwe Kling/Jan Cronauer/Axel Eichhorst: Die Känguru-Verschwörung

Ullstein, 2022

296 Seiten

20 Euro

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Die Känguru-Verschwörung“

Moviepilot über „Die Känguru-Verschwörung

Wikipedia über „Die Känguru-Verschwörung“ und über Marc-Uwe Kling

Homepage von Marc-Uwe Kling

Meine Besprechung von Dani Levys Marc-Uwe-Kling-Verfilmung „Die Känguru-Chroniken“ (Deutschland 2020) und der Vorlage(n)

Meine Besprechung von Marc-Uwe Klings „Qualityland“ (2017)

Meine Besprechung von Marc-Uwe Klings „Qualityland 2.0 – Kikis Geheimnis“ (2020)

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