In seinem neuen Film spielt Hugh Jackman den erfolgreichen New Yorker Anwalt Peter Miller. Er lebt mit Beth (Vanessa Kirby) zusammen. Sie haben ein gemeinsames Baby. Beruflich könnte er vor neuen Herausforderungen stehen.
Als bittet Peters Ex-Frau Kate (Laura Dern) ihn, ihren gemeinsamen Sohn Nicholas (Zen McGrath) bei sich aufzunehmen. Der Siebzehnjährige schwänzt die Schule, ist antriebslos, will nicht mehr bei seiner Mutter leben und er hat Stimmungsschwankungen. Jetzt will er bei Peter leben.
Peter und Beth nehmen ihn bei sich auf. Aber an Nicholas erratischem Verhalten ändert sich nichts.
„The Son ist nach seinem Debüt „The Father“ Florian Zellers zweiter Spielfilm. Wieder entstand der Film nach einem seiner Theaterstücke, wieder schrieb er das Drehbuch mit Christopher Hampton und wieder spielt Anthony Hopkins (der dieses in einer Nebenrolle einen ganz anderen Vater spielt) mit. Trotzdem enttäuscht „The Son“.
In „The Father“ erzählt Zeller die Geschichte des zunehmend dementen Anthony (Anthony Hopkins). Er inszenierte den Film aus Anthonys Perspektive und wir begreifen schnell, wie ein Mensch, der langsam sein Gedächtnis verliert, die Realität sieht und versucht sie zu begreifen, während ihm seine Vergangenheit und die Gegenwart zunehmend entgleiten.
„The Son“ ist dagegen nur ein konventionell erzähltes Vater-Sohn-Drama, in dem ein Vater seinem Sohn helfen will, ohne die Krankheit seines Sohnes zu verstehen. Das ist gut gespielt und auch gut inszeniert, aber meilenweit von der Qualität seines Debüts entfernt. Zellers neues Drama unterscheidet sich letztendlich kaum von einem banalen Herzkino-Film.
The Son (The Son, USA/Frankreich 2022)
Regie: Florian Zeller
Drehbuch: Florian Zeller, Christopher Hampton
LV: Florian Zeller: Le Fils, 2018 (Theaterstück)
mit Hugh Jackman, Laura Dern, Vanessa Kirby, Zen McGrath, Anthony Hopkins
Länge: 123 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Hinweise
Rotten Tomatoes über „The Son“
Wikipedia über „The Son“ (deutsch, englisch)
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Auch Lukas Dhont überzeugte mit seinem Debüt „Girl“. In ihm ging es um ein fünfzehnjähriges Transmädchen, das in einer bekannten Ballettschule ausgebildet werden möchte, während sie sich gleichzeitig auf ihre geschlechtsangleichende Operation vorbereitet.
In seinem zweiten Film „Close“, der aktuell für den Auslandsoscar nominiert ist, geht es um zwei Jungen, die auf dem Land jede Minute miteinander verbringen. Als die beiden Dreizehnjährigen auf eine neue Schule kommen und eine Klassenkameradin bemerkt, dass sie offensichtlich mehr als nur Freunde seien, verändert sich ihre Beziehung.
In der ersten Filmhälfte zeichnet Dhont diese Freundschaft und wie sie sich verändert äußerst sensibel und mit wenigen Worten. Léo und Rémi stehen am Beginn ihrer Pubertät auch vor der Frage, wie sie sich künftig sexuell orientieren wollen. Bislang war ihnen das egal.
In der Filmmitte gibt es dann ein überraschendes Ereignis, das die Handlung der zweiten Hälfte entscheidend beeinflusst. Gleichzeitig ist danach, auch ohne eine Antwort, die Frage der Klassenkameradin final beantwortet und der Film steht vor der Frage, was er in der zweiten Hälfte erzählen will.
Über dieses Ereignis wird im folgenden kaum gesprochen. Stattdessen gibt es eine Abfolge weitgehend unzusammenhängender Szenen, in denen die Geschichte sich keinen Millimeter vorwärts bewegt. Nach der konzentrierten ersten Hälfte plätschert das Drama jetzt nur noch langatmig in Richtung Abspann.
Close (Close, Belgien/Frankreich/Niederlande 2022)
Regie: Lukas Dhont
Drehbuch: Lukas Dhont, Angelo Tijssens
mit Eden Dambrine, Gustav de Waele, Èmilie Dequenne, Léa Drucker, Keven Janssens, Marc Weiss
Länge: 104 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Hinweise
Wikipedia über „Close“ (deutsch, englisch, französisch)
Meine Besprechung von Lukas Dhonts „Girl“ (Girl, Belgien/Niederlande 2018)
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Als Fünfundzwanzigjährige kehrt Freddie 2013 für einige Tage nach Seoul zurück. Als Baby wurde sie von einem französischen Ehepaar adoptiert. Jetzt will sie ihre Eltern, über die sie nichts weiß und an die sie bislang offensichtlich niemals dachte, kennen lernen. Über eine Adoptionsagentur kann sie ihre Eltern kontaktieren. Diese sind inzwischen geschieden. Ihre Mutter will sie nicht sehen. Ihr Vater schon.
Über letztendlich ein Jahrzehnt erzählt Davy Chou in „Return to Seoul“ Freddies Geschichte und wie sich ihre Suche und ihre Beziehung zu ihren biologischen Eltern entwickelt. Und eben dieser lange Zeitraum erweist sich als ein Problem. Freddie erster Besuch in Seoul, der den größten Teil des Films einnimmt, überzeugt. Es wird eine junge Frau auf der Suche gezeigt. Gleichzeitig sind für sie die Tage an Seoul eine Gelegenheit all das zu tun, was Studentinnen in fremden Städten tun. Mit Zufallsbekanntschaften stürzt sie sich lebenslustig in das pulsierende Nachtleben und verbreitet eine wohltuende Portion Unruhe.
Danach wird es episodischer und zunehmend unklarer, wohin sich die Geschichte entwickeln soll. 2015 führt sie ein langes Gespräch mit einem Waffenhändler, bei den zunächst unklar ist, warum sie sich mit ihm unterhält, warum sie wieder (?) in Seoul ist und was sie in Seoul tut oder tun will. Sie trifft wieder ihren Vater und seine Familie. Sie hat einen Freund, der sie nach Seoul begleitet. Sie wird älter und irgendwann ist der Film vorbei.
„Return to Seoul“ ist, wie „Close“, strikt chronologisch erzählt und nach einer starken ersten Hälfte plätschert der Film, wie „Close“, unentschlossen vor sich hin. Im Gegensatz zu „Close“, dessen Geschichte sich innnerhalb weniger Monate abspielt, überspringt Day Chou in seinem Drama immer wieder mehrere Jahre und Freddie wird von einer Mittzwanzigerin zu einer Mittdreißigerin.
Return to Seoul (Return to Seoul/Retour à Séoul, Belgien/Deutschland/Frankreich 2022)
Regie: Davy Chou
Drehbuch: Davy Chou
mit Park Ji-Min, Oh Kwang-Rok, Guka Han, Yoann Zimmer, Hur Ouk-Sook, Kim Sun-Young, Louis-Do de Lencquesaing, Emeline Briffaud
Länge: 119 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Der Film ist mehrsprachig. Für die deutsche Kinofassung wurde Französisch synchronisiert. Die anderen Sprachen sind untertitelt.
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Hinweise
Filmportal über „Return to Seoul“
Moviepilot über „Return to Seoul“
AlloCiné über „Return to Seoul“
Metacritic über „Return to Seoul“
Rotten Tomatoes über „Return to Seoul“
Wikipedia über „Return to Seoul“ (englisch, französisch)