Neu im Kino/Filmkritik: „Die Möbius-Affäre“ oder Doppelbödig ist das Agentenleben

Er war „OSS 117 – Der Spion, der sich liebte“. Er war, Oscar-prämiert, George Valentin, „The Artist“. Jetzt ist Jean Dujardin Grégory Lioubov in Éric Rochants ziemlich gelungenem, romantischen Polit-Thriller „Die Möbius-Affäre“.

Der russische Top-Spion Lioubov soll in Monaco mit seinem undercover operierendem Team den Oligarchen Ivan Rostovski (Tim Roth) überführen. Dieser hat sein Vermögen wohl irgendwie mit krummen Geschäften erzielt und ist immer noch in mehr oder weniger illegale Geschäfte verwickelt. So genau wird das in dem Film nie erklärt.

Lioubov will über die US-amerikanische Finanzexpertin Alice Redmond (Cécile de France) an Rostovski herankommen. Er weiß allerdings nicht, dass Alice auch vom US-amerikanischen Geheimdienst erpresst wird, weil dieser ebenfalls an Rostovski heran will. Und, als ob das nicht schon kompliziert genug wäre, spielt sie ihr eigenes Spiel, Rostovski lässt sie sein Wohlwollen spüren und Lioubov verliebt sich in sie und sie in ihn, den sie unter falscher Identität kennen lernt.

Die Möbius-Affäre“ ist ein eleganter, vor prächtiger Kulisse spielender Agententhriller, in dem alle Charaktere immer auch eine zweite Agenda verfolgen, es daher immer unklar ist, wie echt ihre Gefühle sind und ob sie zu den Guten oder zu den Bösen gehören. Es ist auch ein Liebesfilm. Regisseur und Drehbuchautor Rochant nennt Alfred Hitchcocks „Berüchtigt“/“Weißes Gift“ (Notorious, 1946) als Vorbild. Das ist nachvollziehbar und, auch wenn „Berüchtigt“ ein Hitchcock-Klassiker ist, hat er mir nie so richtig gefallen. Die Geschichte entwickelte sich zu langsam und die Liebesgeschichte verdrängte die verbrecherischen Geschäfte des Bösewichts, was man auch daran sieht, dass Claude Rains im Original einen Nazi, der andere Nazis in Brasilien versteckt, und in der ursprünglichen deutschen Synchronfassung (die als „Weißes Gift“ in die Kinos kam) einen Drogenhändler spielte. In dieser Fassung wurden auch alle Anspielungen auf Deutschland und die bösen Nazis entfernt.

Außerdem ist „Die Möbius-Affäre“ auch ein Finanzthriller. Oder will es sein. Denn genau wie in dem romantischen Thriller „Berüchtigt“ bleiben die verbrecherischen Geschäfte des Bösewichts im Ungefähren. Es hat irgendwie etwas mit Geld zu tun. Über Geldwäsche, spekulative Investitionen und den internationalen Finanzmarkt erfahren wir nichts, was nicht über einen MacGuffin hinausgeht. Das kann funktionieren, wenn die restliche Geschichte sich flott entwickelt. Es genug Action gibt, die von lästigen Fragen ablenkt. Und die Charaktere farbig und der Bösewicht hübsch dämonisch gezeichnet wurden. Hitchcock hat das verstanden und deshalb waren uns die mehr oder weniger elaborierten Geheimdienstplots egal, weil sie, wie in „39 Stufen“, „Der Mann, der zuviel wusste“ oder „Der unsichtbare Dritte“ nur dazu dienten, die Handlung in Gang zu setzen.

Doch gerade an Tempo mangelt es Rochants Film und die Geheimdienstintrigen werden, wie bei John le Carré, immer komplizierter und es wird immer deutlicher, dass die sich im Hintergrund befindenden Spieler, vulgo die Geheimdienstchefs in den USA und Russland, alle anderen, wie Spielfiguren, über ihr Schachbrett bewegen. Aber die alten Gewissheiten des Kalten Krieges sind vorbei und in „Die Möbius-Affäre“ befinden sich alle Charaktere in moralischen Graubereichen, in denen unklar ist, wer die Guten und wer die Bösen sind.

Das hat einen durchaus intellektuellen Reiz, aber ich hatte bei dem Film auch immer das Gefühl, dass mehr drin gewesen wäre. Denn im Gegensatz zur guten alten Zeit des Spionagefilms, in der man mit dem einfachen Hinweis, dass der Bösewicht ein Kommunist sei, alles erklärte, muss jetzt doch etwas mehr Energie in die Etablierung des Bösewichts gesteckt werden und wenn es um schmutzige Finanzgeschäfte geht, sollten die auch etwas genauer erklärt werden.

Aber so bleibt nur ein altmodischer, elegant erzählter Spionagethriller übrig, der, wie ein Finanzderivat, etwas zu sehr im luftleeren Raum hängt.

Die Möbius-Affäre - Plakat

Die Möbius-Affäre (Möbius, Frankreich 2013)

Regie: Éric Rochant

Drehbuch: Éric Rochant

mit Jean Dujardin, Cécile de France, Tim Roth, Émilie Dequenne, Wendell Pierce, Aleksey Gorbunov

Länge: 108 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Die Möbius-Affäre“

Rotten Tomatoes über „Die Möbius-Affäre“

Wikipedia über „Die Möbius-Affäre“ (englisch, französisch)

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