WDR, 23.25 Zwei Tage, eine Nacht (Deux Jours, Une Nuit, Belgien/Frankreich/Italien 2014)
Regie: Jean-Pierre Dardenne, Luc Dardenne
Drehbuch: Jean-Pierre Dardenne, Luc Dardenne
Arbeiterin Sandra hat ein Wochenende, um ihre Kollegen zu überzeugen, sich für ihre Weiterbeschäftigung und damit gegen eine Prämie zu entscheiden. Und ihre Kollegen stehen vor der Frage: Solidarität oder Geld? Starkes Sozialdrama, das als konsequent zugespitzte Versuchsanordnung eine glasklare Analyse des modernen Kapitalismus ist.
mit Marion Cotillard, Fabrizio Rongione, Pili Groyne, Simon Caudry, Catherine Salée, Baptiste Sornin, Alain Eloy
Arte, 20.15 Rosetta (Belgien/Frankreich 1999, Regie: Luc Dardenne, Jean-Pierre Dardenne)
Drehbuch: Luc Dardenne, Jean-Pierre Dardenne
Die junge Rosetta sucht eine Arbeitsstelle. Aber niemand will sie einstellen.
Ein älteres, gewohnt sehenswertes und sozialkritisches Werk der Dardenne-Brüder, deren letzter Film „Zwei Tage, eine Nacht“ überall abgefeiert wurde.
In Cannes erhielt der Film die Goldene Palme und die Hauptdarstellerin wurde als beste Schauspielerin ausgezeichnet.
„Ein Film wie ‚Rosetta‘ rechtfertigt das Überleben des Kinos.“ (Alexander Horwath, Die Zeit, 3. Mai 2001)
In Belgien war der Film so erfolgreich, dass eine politische Maßnahme gegen die Jugendarbeitslosigkeit „Rosetta-Plan“ genannt wurde. Bei uns kam der Film erst 2001 in die Kinos.
Im Anschluss, um 21.45 Uhr, läuft die brandneue, gut einstündige Doku „Es war einmal…Rosetta“ über den Film.
mit Emilie Dequenne, Fabrizio Rongione, Anne Yernaux, Olivier Gourmet Hinweise Arte über „Rosetta“ Rotten Tomatoes über „Rosetta“ Wikipedia über „Rosetta“ (deutsch, englisch) Meine Besprechung von Luc und Jean-Pierre Dardennes „Zwei Tage, eine Nacht“ (Deux Jours, Une Nuit, Belgien/Frankreich/Italien 2014)
Es ist eine unschöne Entscheidung, die der Chef an seine Angestellten weiterleitete und, beeinflusst durch den sanften Druck des Vorarbeiters, entschieden die Angestellten einer kleinen Firma sich dafür, dass ihre Kollegin Sandra entlassen wird und sie eine Bonuszahlung erhalten. Sandra war die letzten Monate sowieso nicht da, weil sie eine Depression auskurierte.
Aber beeinflusst durch eine Arbeitskollegin und ihren Mann entschließt Sandra sich, nachdem der Chef am Freitag, nach Feierabend, sich einverstanden erklärt, am Montag noch einmal abstimmen zu lassen, an dem Wochenende um ihren Job zu kämpfen. Sie hat die titelgebenden „Zwei Tage, eine Nacht“, in der sie ihre Arbeitskollegen, die sie bislang fast alle nur von der Arbeit kannte, zu Hause besucht, Einblicke in deren Leben erhält und immer wieder sieht, wie dringend viele den Bonus brauchen. Aber sie braucht die Arbeit für sich und ihre Familie.
„Zwei Tage, eine Nacht“ von Jean-Pierre und Luc Dardenne („Der Junge mit dem Fahrrad“, „Das Kind“) ist eine konsequent zugespitzte Versuchsanordnung, die glasklar eine Frage formuliert: Sandra oder Bonus?
Denn welcher Chef lässt nicht gerne seine Angestellten mitbestimmen, wenn er sich so um eine unbequeme Entscheidung drücken oder sich eines Problemes elegant entledigen kann? Dass in dem Moment die Angestellten mit einer Frage konfrontiert werden, die sie eigentlich nicht entscheiden sollten, die nach ihrer Menschlichkeit fragt und die Solidarität der Arbeiter untereinander auf die Probe stellt, ist dem Chef egal oder vielleicht sogar gewünscht. Denn solange die Arbeiter miteinander beschäftigt sind, solidarisieren sie sich nicht.
Und so ist „Zwei Tage, eine Nacht“ mit einer grandiosen Marion Cotillard als zerbrechliche Sandra eine präzise Bestandsaufnahme des Kapitalismus und wie er funktioniert. Der Film stellt Fragen, verurteilt nicht und regt zum Nachdenken an. Es ist auch ein spannendes Drama, weil Sandra die Mehrheit ihrer Kollegen überzeugen muss. Was ihr manchmal gelingt, manchmal nicht; während wir Einblicke in das Leben der Arbeiter und ihrer Nöte erhalten, die niemals gekünstelt wirken. Sowieso ist „Zwei Tage, eine Nacht“ wahrhaftiger als es eine Dokumentation jemals sein könnte.