Das ist also der Film, mit dem Daniel Day-Lewis seine Schauspielerkarriere beenden will. Sagt in Interviews der am 29. April 1957 in London geborene, inzwischen zum irischen Staatsbürger gewordene hochgelobte Schauspieler. Er vertieft sich oft für Ewigkeiten in seine Rollen. Er war schon immer sehr wählerisch. Er legte deshalb immer wieder lange Pausen zwischen den Filmen ein, in denen er sich aus dem Filmgeschäft zurückzog. Entsprechend schmal ist seine Filmographie. Die IMDB listet gerade einmal dreißig Filmauftritte auf. Sie ist allerdings auch ungewöhnlich hochkarätig. Zu seinen Filmen gehören „Mein wunderbarer Waschsalon“, „Zimmer mit Aussicht“, „Mein linker Fuß“, „Der letzte Mohikaner“, „Im Namen des Vaters“, „Gangs of New York“ und „Lincoln“. Mit Paul Thomas Anderson, dem Regisseur von „Der seidene Faden“, arbetete er bereits 2007 in „There will be Blood“ zusammen. Für sein Porträt eines skrupellosen Öl-Magnaten erhielt er seinen zweiten Oscar als bester Hauptdarsteller.
Er erhielt insgesamt drei Oscars und gewann weitere 140 Filmpreise, unter anderem zwei Golden Globes und vier Baftas.
Wenn die diesjährigen Preisverleihungen abgeschlossen sind, dürfte Day-Lewis, der selbstverständlich für „Der seidene Faden“ das Schneiderhandwerk erlernte, für sein Porträt des Modemachers Reynolds Woodcock einige weitere Trophäen erhalten haben.
Woodcock ist im London der fünfziger Jahre ein Schneider für die High Society. Er und seine Schwester Cyril (Lesley Manville) leben in einem für die Londoner Couturier-Szene typischen kleinem Modehaus in Mayfair. Es ist gleichzeitig Wohn- und Arbeitshaus und Produktionsstätte. Sie leben dort in einem von der Welt abgeschotteten Welt. Sie führt die Geschäfte, organisiert das tägliche Leben und achtet darauf, dass ihr Bruder die von ihm gewünschten Bedingungen für seine Kreativität hat. Sie achtet darauf, dass alle seine Regeln penibel eingehalten und seine Schrullen klaglos toleriert werden. So verlangt er beim Frühstück absolute Ruhe. Nur so kann er sich auf seinen Tag einstimmen und kreativ sein. Für Fremde ist das tägliche gemeinsame Frühstück eine Tortur, die in einem Mikrokosmos die Welt des „House of Woodcock“ zeigt.
Als Woodcock einen Wochenendauflug in ihr Landhaus Owlpen Manor unternimmt, trifft er in einem Fischerdorf in einem Restaurant die junge, etwas unbeholfene Kellnerin Alma (Vicky Krieps). Er ist von ihr fasziniert, lädt sie für den Abend ein, verführt sie (was angesichts seiner gesellschaftlichen Stellung leicht ist) und erwählt sie zu seiner neuen Muse.
Sie zieht bei ihm ein und muss als erstes die vielen Hausregeln lernen, wozu unter anderem die schon erwähnte absolute Stille beim gemeinsamen Frühstück gehört; – und wahrscheinlich wurde noch nie so ausdauernd und nervig ein Brötchen mit Butter bestrichen, bis auch der letzten Zuschauer im Saal verstanden hat, dass diese Art des Brötchenstreichens der Horror ist. Jedenfalls für einen Feingeist wie Woodcock, der in einer Zeit lebte, als Kreative wegen ihres Künstlertums jede Marotte und Neurose ausleben durften, weil sie nur so kreativ sein konnten.
Alma ist allerdings nicht bereit, sich klaglos den Hausregeln unterzuordnen.
„Der seidene Faden“ ist eine Gothic Romance, die immer wieder an Alfred Hitchcocks Daphne-du-Maurier-Verfilmung „Rebecca“, die Urmutter aller Gothic Romances, erinnert. Schließlich ist Alma im Woodcock-Haus quasi gefangen und den Launen des Hausherrn und seiner strengen Schwester gnadenlos ausgesetzt. Jedenfalls bis Woodcock genug von ihr hat und sich seine nächste Muse sucht. Nur dass dieses Mal die Muse das nicht akzeptieren möchte. Sie kämpft um ihren Platz an Woodcocks Seite und um ihre Eigenständigkeit. Und wer will kann diesen Kampf auch als den Kampf der weitgehend unbekannten Luxemburgerin Vicky Krieps („Der junge Karl Marx“, „Colonia Dignidad“, „A most wanted Man“) gegen Daniel Day-Lewis interpretieren. In jedem Fall behauptet sie sich erfolgreich gegen den älteren Mann, der, das muss auch gesagt werden, in einer Welt voller Frauen lebt, die ihn bewundern, seine Kreationen wollen, aber auch über ihn bestimmen. Ob das seine Schneiderinnen sind, die in einer hierarchisch fein abgestuften Klassengesellschaft im House of Woodcock arbeiten, oder seine vermögenden Kundinnen oder seine verstorbene Mutter oder seine Schwester, die als Haushälterin alles so organisiert, dass er für seine Kundinnen seine beste Leistung erbringen kann.
Paul Thomas Anderson erzählt diese letztendlich sehr verquere, dunkle Liebesgeschichte mit grandiosen Schauspielern, der sich bewusst in den Vordergrund spielenden Musik von „Radiohead“-Musiker und Anderson Hauskomponist Jonny Greenwood, einer prächtigen Ausstattung und einem sehr präzisen Blick auf kleinste Details. Die zahlreichen Anspielungen, erzählerischen Verschränkungen und Doppeldeutigkeiten machen „Der seidene Faden“ zu einem sehr komplexen und bezugreichen Werk. Allerdings erzählt Anderson seine Geschichte sehr langsam. Am Ende dauert der Film über hundertdreißig Minuten, aus denen man mindestens dreißig Minuten hätte herausschneiden können.
Der seidene Faden (Phantom Thread, Großbritannien 2017)
Regie: Paul Thomas Anderson
Drehbuch: Paul Thomas Anderson
mit Daniel Day-Lewis, Vicky Krieps, Lesley Manville, Brian Gleeson, Sue Clark, Harriet Sansom Harris, Lujza Richter
Länge: 131 Minuten
FSK: ab 6 Jahre
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Hinweise
Deutsche Facebook-Seite zum Film
Moviepilot über „Der seidene Faden“
Metacritic über „Der seidene Faden“
Rotten Tomatoes über „Der seidene Faden“
Wikipedia über „Der seidene Faden“ (deutsch, englisch)
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Zwei Gespräche mit Paul Thomas Anderson über den Film
Zwei Gespräche mit Vicky Krieps über den Film
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