Ex-Delta-Force-Kämpfer Roy Pulver will wissen, warum er in einer Zeitschleife steckt und wie er sich aus ihr befreien kann. Dafür mordet er sich jeden Tag ein Stückchen weiter, ehe er getötet wird. Am nächsten Tag beginnt er wieder von vorne.
TV-Premiere der Over-the-Top-Actionfilm-Variante von „…und täglich grüßt das Murmeltier“, die nie ins Kino kaum. „als reines Actionfeuerwerk unterhält der Film (…) solide“ (Lexikon des internationalen Films)
mit Frank Grillo, Mel Gibson, Naomi Watts, Annabelle Wallis, Michelle Yeoh
Gefühlt Mitte Zwanzig (While we’re young, USA 2014)
Regie: Noah Baumbach
Drehbuch: Noah Baumbach
Dokumentarfilmer Josh doktert seit zehn Jahren an seinem neuen Dokumentarfilm herum. Als er und seine Frau ein zwanzig Jahre jüngeres Hipster-Paar kennen lernen, verändert sich ihr Leben. Zunächst entdecken sie ihre Jugend wieder.
Sehr lebensweise, traurige und gleichzeitig vergnügliche Midlife-Crisis-Komödie.
Die Handlung von „Mulholland Drive“ kann, wie bei dem ähnlich strukturiertem „Lost Highway”, kaum wiedergegeben werden. Denn dafür springt sie zu sehr zwischen Traum und Wirklichkeit, Gegenwart und Vergangenheit, hin und her.
Der Neo-Noir-Mystery-Thriller beginnt mit einem Autounfall. Eine junge Schönheit (Laura Elena Harring) verliert dabei ihr Gedächtnis. Sie irrt durch das nächtliche Hollywood, findet bei der jungen Schauspielerin Betty (Naomi Watts) Unterschlupf und nennt sich, nach einem Filmplakat, Rita. Gemeinsam versuchen die beiden Frauen hinter Ritas Geheimnis zu kommen.
Diese Suche ist dann vollkommen irreal, surreal und doch auch vollkommen logisch. Inzwischen wird „Mullholland Drive“ David Lynchs vollendetstes Werk genannt.
Zahlreiche Preise und noch mehr Nominierungen sagen einiges über die Qualität von “Mulholland Drive” aus. Lynch erhielt 2001 beim Filmfestival in Cannes den Preis für die beste Regie. Der Film erhielt den César als bester ausländischer Film. Für Krimifans ist die Nominierung von „Mulholland Drive“ für den Edgar als bester Kriminalfilm des Jahres wichtig. Für Science-Fiction-Fans ist es die Nominierung für den Saturn Award als bester Science-Fiction-Film. Beide Male wurde Christopher Nolans „Memento“ als bester Film ausgezeichnet.
David Lynch: „Ich habe zuerst visuelle Einfälle (…) So war es auch bei ‚Mulholland Drive‘. Ich bin eines Nachts wirklich über diese Straße gefahren, oberhalb von Los Angeles in den Bergen von Santa Maria. Alles fügte sich in meinem Kopf zum perfekten Bild: die mystische Dunkelheit, die symbolischen Gegenstände, die unheimliche Atmosphäre. Es entstanden sofort ganz konkrete Vorstellungen, wie bestimmte Szenen in meinem Film auszusehen haben. (…) Ich glaube, man muss meine visuellen und akustischen Einfälle auf sich wirken lassen und in ihren Sog geraten. Und zum Schluss soll man aus dem Kino kommen und im Idealfall meine Bilder nicht mehr loswerden.“ (AZ, 31. Januar 2002)
Am 1. März wird „Total Recall – Totale Erinnerung“ (natürlich die grandiose Version von Paul Verhoeven mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle und, natürlich, in einer restaurierten Fassung) im Rahmen der „Best of Cinema“-Reihe gezeigt.
Mulholland Drive – Straße der Finsternis (Mulholland Dr., USA/Frankreich 2001)
Regie: David Lynch
Drehbuch: David Lynch
mit Naomi Watts, Laura Elena Harring, Justin Theroux, Ann Miller, Robert Forster, Dan Hedaya, Lee Grant, Billy Ray Cyrus, Chad Everett, Mark Pellegrino
Mulholland Drive – Straße der Finsternis (Mulholland Dr., USA/Frankreich 2001)
Regie: David Lynch
Drehbuch: David Lynch
Die Handlung kann, wie beim Vorgänger “Lost Highway”, kaum wiedergegeben werden. Denn dafür springt sie zu sehr zwischen Traum und Wirklichkeit, Gegenwart und Vergangenheit, hin und her. Der Film beginnt mit einem Autounfall. Eine junge Schönheit verliert ihr Gedächtnis, findet bei der jungen Schauspielerin Betty Unterschlupf und nennt sich, nach einem Filmplakat, Rita. Gemeinsam versuchen sie hinter Ritas Geheimnis zu kommen.
Zahlreiche Preise und noch mehr Nominierungen sagen einiges über die Qualität von “Mulholland Drive” aus. So erhielt er den César als bester ausländischer Film und Lynch 2001 beim Filmfestival in Cannes den Preis für die beste Regie. Aber für uns Krimifans ist natürlich nur eine Nominierung wichtig. Nämlich der Edgar. „Mulholland Drive“ wurde als bester Kriminalfilm des Jahres nominiert.
Ansonsten schließe ich mich dem „Großen Filmlexikon“ von TV Spielfilm an: „Dabei erinnert Lynch an sein Werk Lost Highway, ist aber so kompromisslos irreal und scheinbar unlogisch, so wild entschlossen, dem Zuschauer die Auflösung seines Thrillers zu überlassen, dass der inszenatorisch überwältigende Mulholland Drive zu Recht als sein bis dato vollendetstes Werk gilt.“
Sein nächster und bislang letzter Kinofilm „Inland Empire“ ist für mich einfach nur ein dreistündiger, quälend-langatmiger, pseudo-intellektueller Murks. Oder wie im Kino, als es im Abspann eine weitere Szene gab, der Mann hinter sagte: „Oh Mann, ist das immer noch nicht zu Ende?“
Mit Naomi Watts, Laura Elena Harring, Justin Theroux, Ann Miller, Robert Foster, Dan Hedaya, Lee Grant, Billy Ray Cyrus, Chad Everett
The International (The International, USA/Deutschland 2009)
Regie: Tom Tykwer
Drehbuch: Eric Warren Singer
Ein Interpol-Agent und eine New Yorker Staatsanwältin wollen eine mächtige Bank, die Krieg und Terror finanziert, zur Strecke bringen. Das ist natürlich nicht so einfach.
Eine Woche nachdem „The International“ 2009 die Berlinale eröffnete und dort auf ein geteiltes Echo stieß, lief Tom Tykwers neuer Film in den Kinos an. Für Berliner ist er wegen des exzessiven Berlin-Shooting natürlich ein Pflichtprogramm. Aber auch andere sollten einen Blick riskieren. Denn „The International“ ist ein grundsolider Politthriller, der weitgehend realistisch unterhält (jaja, die Schießerei im Guggenheim-Museum ist reinstes Kino. Oder glaubt wirklich irgendjemand, dass in der Realität in dem Museum minutenlang herumgeballert werden kann, ohne dass ein Polizist oder ein Sicherheitsbeamter auftaucht? Aber toll anzusehen ist sie trotzdem.).
„Es gibt doch zurzeit nicht gerade haufenweise starke Thriller mit überzeugendem Gegenwartsbezug, die trotzdem dynamisch und intensiv sind, und die nicht angestrengt aufklärerisch oder bieder moralisierend daherkommen. Energische und trotzdem nachdenkliche Filme, deren Actionsequenzen nicht so hysterisch und ermüdend wirken, sondern klug verteilt sind. So einen Film wollte ich machen, auch aus einem gewissen Frust heraus, dass es in den letzten Jahren nur ganz wenige Vorbilder gab, an denen man sich hätte orientieren können. (…) Unser Film ist auch eine Reminiszenz an die klassischen Polit-Thriller aus den Siebzigerjahren, wo die Idee eines geheimen Systems innerhalb der offiziellen Dienste sehr verbreitet war. (…) Dieses Element des Paranoia-Thrillers wollten wir aufnehmen und in die Gegenwart führen.“ (Tom Tykwer, Berliner Zeitung 31. Januar/1. Februar 2009)
Mit Clive Owen, Naomi Watts, Armin Müller-Stahl, Brian F. O’Byrne
TV-Premiere. Clint Eastwoods doch ziemlich zähes Biopic über J. Edgar Hoover (1895 – 1972), der ab 1924 bis zu seinem Tod Chef des Bureau of Investigation (BOI), das 1935 in Federal Bureau of Investigation (FBI) umbenannt wurde, war. Eastwood schildert das gesamte Berufs- und Privatleben dieser umstrittenen Persönlichkeit.
mit Leonardo DiCaprio, Armie Hammer, Naomi Watts, Damon Herriman, Jeffrey Donovan, Judi Dench, Josh Lucas, Adam Driver (sein Kinodebüt)
Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)(Birdman, USA 2014)
Regie: Alejandro G. Iñárritu
Drehbuch: Alejandro G. Iñárritu, Nicolás Giacobone, Alexander Dinelaris Jr., Armando Bo
Fesselnde Chronologie der letzten Stunde vor der Premiere von Riggan Thomsons erster Broadway-Inszenierung. Riggan war früher als Superheld „Birdman“ bekannt und diese Filmrolle hat Spuren bei ihm hinterlassen.
TV-Premiere, seltsamerweise erst knapp sechs Jahre nach dem Kinostart und dummerweise mit Werbepausen. Denn Alejandro G. Iñárritu inszenierte „Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“ so, dass der Eindruck entsteht, das Drama sei ohne einen Schnitt gedreht worden.
mit Michael Keaton, Zach Galifianakis, Edward Norton, Andrea Riseborough, Amy Ryan, Emma Stone, Naomi Watts, Lindsay Duncan, Merritt Wever, Jeremy Shamos, Bill Camp, Damian Young
Mulholland Drive – Straße der Finsternis (Mulholland Dr., USA/Frankreich 2001)
Regie: David Lynch
Drehbuch: David Lynch
Die Handlung kann, wie beim Vorgänger “Lost Highway”, kaum wiedergegeben werden. Denn dafür springt sie zu sehr zwischen Traum und Wirklichkeit, Gegenwart und Vergangenheit, hin und her. Der Film beginnt mit einem Autounfall. Eine junge Schönheit verliert ihr Gedächtnis, findet bei der jungen Schauspielerin Betty Unterschlupf und nennt sich, nach einem Filmplakat, Rita. Gemeinsam versuchen sie hinter Ritas Geheimnis zu kommen.
Zahlreiche Preise und noch mehr Nominierungen sagen einiges über die Qualität von “Mulholland Drive” aus. So erhielt er den César als bester ausländischer Film und Lynch 2001 beim Filmfestival in Cannes den Preis für die beste Regie. Aber für uns Krimifans ist natürlich nur eine Nominierung wichtig. Nämlich der Edgar. „Mulholland Drive“ wurde als bester Kriminalfilm des Jahres nominiert.
Ansonsten schließe ich mich dem „Großen Filmlexikon“ von TV Spielfilm an: „Dabei erinnert Lynch an sein Werk Lost Highway, ist aber so kompromisslos irreal und scheinbar unlogisch, so wild entschlossen, dem Zuschauer die Auflösung seines Thrillers zu überlassen, dass der inszenatorisch überwältigende Mulholland Drive zu Recht als sein bis dato vollendetstes Werk gilt.“
Sein nächster und bislang letzter Kinofilm „Inland Empire“ ist für mich einfach nur ein dreistündiger, quälend-langatmischer, pseudo-intellektueller Murks. Oder wie im Kino der Mann hinter sagte: „Oh Mann, ist das immer noch nicht zu Ende?“
Mit Naomi Watts, Laura Elena Harring, Justin Theroux, Ann Miller, Robert Foster, Dan Hedaya, Lee Grant, Billy Ray Cyrus, Chad Everett
Gefühlt Mitte Zwanzig (While we’re young, USA 2014)
Regie: Noah Baumbach
Drehbuch: Noah Baumbach
Dokumentarfilmer Josh doktert seit zehn Jahren an seinem neuen Dokumentarfilm herum. Als er und seine Frau ein zwanzig Jahre jüngeres Hipster-Paar kennen lernen, verändert sich ihr Leben. Zunächst entdecken sie ihre Jugend wieder.
TV-Premiere einer sehr lebensweisen, traurigen und gleichzeitig vergnüglichen Midlife-Crisis-Komödie.
St. Vincent – Mein himmlischer Nachbar(St. Vincent, USA 2014)
Regie: Ted Melfi (aka Theodore Melfi)
Drehbuch: Ted Melfi
Weil die gerade eingezogene Maggie (Melissa McCarthy) jemand braucht, der auf ihren Sohn Oliver (Jaeden Lieberher) aufpasst, engagiert sie den misanthropischen Nachbarn Vincent (Bill Murray). Der ist als Aufpasser eine denkbar schlechte Wahl.
TV-Premiere einer herzigen und sehr witzigen Komödie.
The International (The International, USA/Deutschland 2009)
Regie: Tom Tykwer
Drehbuch: Eric Warren Singer
Ein Interpol-Agent und eine New Yorker Staatsanwältin wollen eine mächtige Bank, die Krieg und Terror finanziert, zur Strecke bringen. Das ist natürlich nicht so einfach.
Eine Woche nachdem „The International“ 2009 die Berlinale eröffnete und dort auf ein geteiltes Echo stieß, lief Tom Tykwers neuer Film in den Kinos an. Für Berliner ist er wegen des exzessiven Berlin-Shooting natürlich ein Pflichtprogramm. Aber auch andere sollten einen Blick riskieren. Denn „The International“ ist ein grundsolider Politthriller, der weitgehend realistisch unterhält (jaja, die Schießerei im Guggenheim-Museum ist reinstes Kino. Oder glaubt wirklich irgendjemand, dass in der Realität in dem Museum minutenlang herumgeballert werden kann, ohne dass ein Polizist oder ein Sicherheitsbeamter auftaucht? Aber toll anzusehen ist sie trotzdem.).
„Es gibt doch zurzeit nicht gerade haufenweise starke Thriller mit überzeugendem Gegenwartsbezug, die trotzdem dynamisch und intensiv sind, und die nicht angestrengt aufklärerisch oder bieder moralisierend daherkommen. Energische und trotzdem nachdenkliche Filme, deren Actionsequenzen nicht so hysterisch und ermüdend wirken, sondern klug verteilt sind. So einen Film wollte ich machen, auch aus einem gewissen Frust heraus, dass es in den letzten Jahren nur ganz wenige Vorbilder gab, an denen man sich hätte orientieren können. (…) Unser Film ist auch eine Reminiszenz an die klassischen Polit-Thriller aus den Siebzigerjahren, wo die Idee eines geheimen Systems innerhalb der offiziellen Dienste sehr verbreitet war. (…) Dieses Element des Paranoia-Thrillers wollten wir aufnehmen und in die Gegenwart führen.“ (Tom Tykwer, Berliner Zeitung 31. Januar/1. Februar 2009)
Mit Clive Owen, Naomi Watts, Armin Müller-Stahl, Brian F. O’Byrne
Wiederholung: Mittwoch, 30. Mai, 00.10 Uhr (Taggenau!)
Als Jeanette Walls in den späten achtziger Jahren in Manhattan ihre Mutter nachts im Müll nach Essbarem wühlen sieht, fährt sie im Taxi weiter und beginnt sich an ihre Kindheit zu erinnern.
Aus diesen Erinnerungen entstand ihr autobiographischer Roman „Schloss aus Glas“, der 2005 erschien und ein Bestseller wurde. Jetzt wurde er von Destin Daniel Cretton verfilmt. Aber er hat keine Idee, wie er den Roman verfilmen soll, weil er nicht weiß, welche Geschichte er aus welcher Perspektive erzählen will.
Er weiß daher auch nicht, wie er die Erinnerungen von Jeanette Walls anordnen soll, damit sie eine kraftvolle Geschichte ergeben. So plätschert der über zweistündige Film vor sich hin. Die Erinnerungen an bestimmte Ereignisse bleiben beliebig, weil sie keine Folgen haben. Es gibt keine Entwicklung, vor allem nicht bei Jeannettes Eltern. Es gibt auch keine Konflikte, die zu einer Entwicklung führen. Es gibt nur anekdotische Erinnerungen.
Der Film konzentriert sich dabei auf Jeanettes Leben in New York als Klatsch-Kolumnistin und, in zahlreichen Rückblenden, auf ihre Kindheit und Jugend in den Sechzigern und frühen Siebzigern. Die Rückblenden enden, als die 1960 geborene als Siebzehnjährige von zu Hause nach New York flüchtet. Die über zehnjährige Lücke zwischen ihrer Kindheit und ihrem jetzigen Leben wird nie ausgefüllt.
Ihre Kindheit und Jugend erlebt Jeanette mit ihren drei teils jüngeren, teils älteren Geschwister als Abenteuer. Dass sie hoch verschuldet sind und ihre Eltern die Rechnungen nicht bezahlen könnte, wissen sie nicht. Diese ständige Flucht vor ihren Gläubigern ist auch der Grund für die vielen Umzüge. Später ziehen sie in ein schon halb verfallenes Haus, in dem sie länger Leben können.
Ihre Mutter Rose Mary (Naomi Watts) wäre gerne eine Künstlerin. Ihr Vater Rex ist ein Schwätzer, der seit Ewigkeiten große Pläne hat, aus denen nichts wird. So hat er großartige Ideen für das titelgebende „Schloss aus Glas“. So nennt er sein in der Realität niemals auch nur begonnenes Traumhaus. Währenddessen verfällt ihre im Wald gelegene Hütte, in der sie Leben, immer weiter. Er ist auch ein Trinker und Spieler. Beide Eltern sind nur an sich interessierte Egoisten. Deshalb flüchten ihre Kinder auch so früh wie möglich aus der elterlichen Obhut.
Aber im Film erscheinen sie als irgendwie doch durchaus liebenswerte, fast schon vorbildliche, die bürgerliche Gesellschaft und repressive Konventionen ablehnende Eltern mit einer überschäumenden Liebe zu ihren Kindern, die sie mit ihren alternativen, aber erfolgreichen alternativen Erziehungsmethoden zu freien Menschen erziehen wollen. Ihren Egoismus thematisiert das Drama nicht. Rex‘ Alkoholismus hakt er mit ein, zwei Ausrastern und herumlungern auf der Couch ab. Seine Frau Mary kümmert sich auch nicht intensiver um ihre Kinder. Das stünde ja ihrer Selbstverwirklichung im Weg, die für sie immer wichtiger war als die Erziehung ihrer Kinder. Wenn am Filmende dieser Egoismus mit dem Glorienschein einer erfolgreichen Erziehung ummäntelt wird, will man es nicht glauben.
Dafür versammeln sich dann die Walls-Kinder vor laufender Kamera, schwelgen in Erinnerungen an ihre abenteuerliche Jugend und loben ihre Eltern.
Dass ihr Vater Rex in diesem Moment wieder, wie vor allem in den ersten Filmminuten, zu einem zweiten „Captain Fantastic“ wird, verdeutlicht noch einmal den großen Unterschied zwischen den beiden Filmen. In Matt Ross‘ Film wollte der von Viggo Mortensen gespielte Vater seinen Kindern etwas beibringen. Dafür übernahm er die Verantwortung und der Film hatte eine Haltung zu seinem Charakter und zu seiner Geschichte. Und der Vater macht eine Entwicklung durch. Kurz gesagt hat „Captain Fantastic“ alles, was „Schloss aus Glas“ nicht hat.
Schloss aus Glas (The Glass Castle, USA 2017)
Regie: Destin Daniel Cretton
Drehbuch: Destin Daniel Cretton, Andrew Lanham
LV: Jeannette Walls: The Glass Castle, 2005 (Schloss aus Glas)
mit Brie Larson, Woody Harrelson, Naomi Watts, Ella Anderson, Chandler Head, Max Greenfield, Josh Caras, Charlie Shotwell, Iain Armitage, Sarah Snook, Sadie Sink, Olivia Kate Rice, Brigette Lundy-Paine, Shree Crooks, Eden Grace Redfield
Henry (Jaeden Lieberher) ist ein hochintelligenter Junge, der entdeckt, dass die Nachbarstochter von ihrem Stiefvater missbraucht wird. Dummerweise ist Glenn (Dean Norris) der Polizeichef der Kleinstadt und alle Versuche von Henry, die Obrigkeiten über den Missbrauch zu informieren, versanden. Also entschließt er sich, ihn umzubringen. In dem titelgebenden „Book of Henry“ schreibt er seinen Plan bis ins letzte Detail auf.
So beginnt „The Book of Henry“ und die Verwirklichung dieses Plans steht auch im Mittelpunkt des Films. Aber anders, als man es nach diesem Anfang erwartet.
Das Drehbuch für „The Book of Henry“ ist von Gregg Hurwitz, der vor allem als Thrillerautor bekannt und erfolgreich ist. Er schrieb die erste Version des Drehbuchs vor fast zwanzig Jahren. „Es lebte die ganze Zeit in mir fort. Tatsächlich bin ich mit dem dem Drehbuch erwachsen geworden. Es hat diese jugendliche Energie und über die Jahre, die ich es überarbeitet habe, war ich in der Lage all diese Dinge, die ich gelernt habe, darin unterzubringen. Eines Tages hatte ich Kinder und ich konnte das einbringen, was ich als Elternteil gelernt habe.“
Colin Trevorrow inszenierte vor „The Book of Henry“ die hochgelobte Indie-Komödie „Journey of Love – Das wahre Abenteuer ist die Liebe“ (Safety Not Guaranteed) und den Blockbuster „Jurassic World“. Vor wenigen Tagen wurde er als Regisseur von „Star Wars Episode IX“ gefeuert.
Mit „The Book of Henry“ drehte er eine herrlich abgedrehten Offbeat-Komödie, deren Charme im ständigen Durchbrechen der Erwartungen, dem Wechsel von Genres und Genreerwartungen, ihrem Humor und ihren Charakteren liegt. So ist Henry quasi das unumstrittene, vernünftige Familienoberhaupt. In der Schule beschützt er seinen jüngeren Bruder Peter (Jacob Tremblay). Auch das Nachbarmädchen Christina (Maddie Ziegler) will er, wie gesagt, beschützen. Nebenbei organisiert er die familiären Finanzen so gut, dass ihre Mutter nicht mehr arbeiten müsste. Aber Susan (Naomi Watts) will in einem Diner weiterarbeiten, wenn sie nicht gerade begeistert Computerspiele spielt. Sie ist das Kind der Familie – und ein Teil des Humors von „The Book of Henry“ besteht darin, dass Menschen Dinge tun, für die sie zu jung oder zu alt sind oder Dinge wissen, für die sie zu jung sind. Zum Beispiel wenn Henry sich mit seinem Doktor fachmännisch über eine für ihn gestellte Diagnose unterhält, während Susan sich verzweifelt fragt, was sie ohne Henry tun soll. Ein anderer Teil des Humors kommt aus der liebevollen Versponnenheit seiner Charakter. Denn so richtig „normal“ ist in „The Book of Henry“ niemand, aber jeder lebt in seiner Fantasiewelt oder jagt seinem Traum hinterher.
Und die Geschichte mit ihren überraschenden Wendungen und damit verbundenen Stimmungs- und Genrewechseln spricht vieles an, was zum Erwachsenwerden dazugehört. Neben der ersten Liebe gehören auch Tod und Verlust dazu. Allerdings gehen Hurwitz und Trevorrow mit diesen Problemen anders um, als man es erwarten würde.
Denn „The Book of Henry“ steht näher bei Filmen wie Emir Kusturicas „Arizona Dream“ oder Hal Ashbys „Harold und Maude“ oder, um mal das Genre zu wechseln, an Alfred Hitchcocks „Psycho“ (wo die Protagonistin nach 45 Minuten in der Dusche ermordet wird) als an aktuelle Feelgood- und Comig-of-Age-Filme, deren Geschichte man nach dem Ansehen des Trailers kennt. „The Book of Henry“ beginnt als Schulkomödie für Kinder und Jugendliche, wird zum Sterbedrama und endet, immer weniger für Kinder geeignet, als Thriller, den man nicht zu ernst nehmen sollte.
Das ist vielleicht auch der Grund, weshalb „The Book of Henry“ bei der US-Kritik so schlecht ankam.
Denn „The Book of Henry“ ist ein höchst unterhaltsamer Film. Für eine bestimmte Klientel, die Offbeat-Humor und Filme liebt, die sich bewusst zwischen alle Stühle setzen. Für die könnte er zu einem Kultfilm werden.
*
(unsichtbarer Infokasten) Naomi Watts ist aktuell auch in „Schloss aus Glas“, der Verfilmung von Jeanette Wallis‘ autobiographischem Roman, zu sehen.
Ihre beiden Filmkindern kennt sie aus „Shut in“ (Jacob Tremblay) und „St. Vincent“ (Jaeden Lieberher).
Lieberher hat in der nächste Woche startenden, sehr gelungenen und an der US-Kinokasse sehr erfolgreichen Stephen-King-Verfilmung „Es“ eine Hauptrolle.
*
The Book of Henry (The Book of Henry, USA 2017)
Regie: Colin Trevorrow
Drehbuch: Gregg Hurwitz
mit Naomi Watts, Jaeden Lieberher, Jacob Tremblay, Lee Pace, Dean Norris, Sarah Silverman, Bobby Mynihan, Maxwell Simkins
Arthur Brennan (Matthew McConaughey) reist nach Japan, um sich in dem dortigen Selbstmörderwald Aokigahara umzubringen. Kaum hat er die tödlichen Pillen geschluckt, sieht er einen hilflos durch den Wald irrenden Mann (Ken Watanabe), der offensichtlich aus dem Wald heraus will. Brennan zeigt Takumi Nakamura den Weg. Allerdings bemerkt er kurz darauf, dass er ihn in die falsche Richtung geschickt hat. Er verfolgt ihn, um ihm den richtigen Weg aus dem Wald zu zeigen und fortan irren sie orientierungslos durch den riesigen Wald. Dabei erzählen sie sich, warum sie sich umbringen wollen.
Dass der Aokigahara-Wald durchaus unheimlich ist, wissen wir aus „The Forest“. In dem Horrorfilm musste die Heldin sich mit mehr oder weniger realen Geistern, die sie töten wollten, herumschlagen. Dagegen hat Brennan es eindeutig besser erwischt. Er muss sich, während er mit Nakamura durch den Wald stolpert, nur mit den Geistern seiner Vergangenheit, seiner Beziehung zu seiner Frau Joan (Naomi Watts), herumärgern. Und der Frage, ob er wirklich sterben will.
„The Sea of Trees – Liebe wird dich nach Hause führen“ ist Gus Van Sants Selbstfindungsdrama mit absehbarer Pointe und Übererklärung in den letzten Minuten. Das ist sicher nicht van Sants bester Film, überhaupt nicht experimentell und nicht besonders anspruchsvoll. Es ist aber bei weitem nicht so schlecht, wie man nach Berichten über Buhrufen während der Cannes-Premiere befürchten musste. Die Schauspieler überzeugen. Die Außenaufnahmen (gedreht wurde im Purgatory Chasm in Massachusetts) ebenso. Die schon im deutschen Untertitel angedeutete Botschaft „Liebe wird dich nach Hause führen“ sagt nichts falsches. Sie ist halt, wie der gesamte Film, wenig überraschend und ungefähr so tiefsinnig wie ein Kalenderspruch. Dabei hätte die Beziehung zwischen Brennan und seiner Frau viel Stoff für ein komplexes Drama geboten. Er ist ein Lehrer, der seinen Schülern etwas beibringen will, und sich gerne in intellektuellen Gedankengebäuden verliert. Sie eine Alkoholikerin, die das Geld verdient. Auch die Beziehung zwischen Brennan und Nakamura hätte als Basis für einen Culture Clash fungieren können. Immerhin stehen sie für verschiedene Kulturen und Weltsichten. Aber der Film bleibt immer an der Oberfläche.
Nennen wir „The Sea of Trees“ einfach Gus van Sants Version eines Selbstfindungsdramas der Nicholas-Sparks-Schule und da gehört Van Sants Film zu den besseren Werken.
The Sea of Trees – Liebe wird dich nach Hause führen (The Sea of Trees, USA 2015)
Regie: Gus Van Sant
Drehbuch: Chris Sparling
mit Matthew McConaughey, Ken Watanabe, Naomi Watts
–
DVD
Ascot Elite
Bild: 2.40:1 (16:9)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Featurette: A Story of Beauty and Tragedy, Trailer, Wendecover
Naomi Watts wollte wieder einmal in einem Horrorfilm mitspielen – soweit man „Shut in“ einen Horrorfilm nennen kann. Doch dazu später mehr. Also nahm sie die Rolle der Kinderpsychologin Mary an, die in Neuengland in einem einsam im Wald gelegenem Anwesen, in dem sie auch ihre Praxis hat, lebt.
Vor einigen Monaten gab es einen schrecklichen Autounfall, bei dem ihr Mann starb und ihr Stiefsohn schwer verletzt überlebte. Seit dem Unfall pflegt sie ihren vollständig gelähmten, achtzehnjährigen Stiefsohn Stephen (Charlie Heaton) in dem Haus.
Einer ihrer Patienten ist der taube, verhaltensauffällige Waisenjunge Tom (Jacob Tremblay).
An einem Winterabend steht er vor ihrer Haustür. Kurz darauf verschwindet das Kind und alle nehmen an, dass Tom sich im Wald verirrte und tot ist.
Seitdem hat Mary Visionen oder Alpträume oder etwas ganz anderes, in denen Tom auftaucht.
Regisseur Farren Blackburn (u. a. die TV-Serien „The Fades“ und „Daredevil“) will sich in seinem Spielfilmdebüt nicht entscheiden, welche Fährten er für die Zuschauer auslegen soll. Also ob er einen Thriller erzählen will, in dem Mary in den Wahnsinn getrieben wird oder ob er ein Drama erzählt, in dem sie von ihren Schuldkomplexen gequält (Mann tot, Sohn im Rollstuhl, Patient spurlos verschwunden), wahnsinnig wird oder ob er einen Horrorfilm erzählen will, in dem Mary von für sie von höchst realen Dämonen gequält wird. Jede Richtung ergäbe vielleicht keinen brillanten, aber in jedem Fall okayen Film. Blackburn schlägt allerdings keine Richtung ein und so ist „Shut in“ über weite Strecken ein Geisterhorrorfilm, der nicht ängstigen will und bei dem man sich fragt, was er erzählen will.
Im langen dritten Akt gibt es dann eine Auflösung, die hoffnungslos unglaubwürdig ist. Einerseits weil sie nicht vorbereitet wird, andererseits weil sie nicht funktioniert. Weder in der Realität, noch in der Filmrealität.
„Shut in“ ist ein Film zum Vergessen. Trotzt Naomi Watts, Oliver Platt (als ihr Psychologe, der sie via Skype berät) und Jacob Tremblay, der allerdings schnell im Schnee verschwindet. Oder doch nicht.
Shut in(Shut in, USA/Kanada/Frankreich 2016)
Regie: Farren Blackburn
Drehbuch: Christina Hodson
mit Naomi Watts, Oliver Platt, Jacob Tremblay, Charlie Heaton, David Cubitt, Clémentine Poidatz
Nur eine Sekunde und das Leben von Davis Mitchell (Jake Gyllenhaal), glücklich verheiratet, kinderlos, erfolgreicher Investmentbanker in der Firma seines Schwiegervaters, ist zerstört durch einen Autounfall, den er unverletzt überlebt. Aber seine Frau ist tot.
Noch in der Nacht, im Krankenhaus, schreibt Mitchell, der mit dieser Situation nicht umgehen kann und sich ablenken will, einen Beschwerdebrief an die Firma, die dort einen nicht funktionierenden Verkaufsautomat aufgestellt hat. In dem Brief, auch weil er nicht annimmt, dass er wirklich gelesen wird, versucht er seine Situation und seine Beweggründe zu erklären.
Es ist der erste Brief, den er an die Firma schreibt und die, zu seiner Überraschung, von der Kundendienst-Mitarbeiterin Karen (Naomi Watts) gelesen werden. Die allein lebende Mutter eines 14-jährigen Sohnes antwortet ihm, spricht ihn an und gibt ihm auch ein zu Hause, während er versucht, mit seinem Verlust umzugehen.
Eine Methode ist dabei, den Ratschlag von seinem Stiefvater Phil (Chris Cooper), man müsse gewisse Dinge, um sie zu verstehen, komplett auseinandernehmen und wieder zusammen setzen, wortwörtlich zu nehmen. Beginnend mit dem tropfenden Kühlschrank. Weil Mitchells handwerkliches Geschick gegen Null tendiert, steht er anschließend vor den Trümmern des Kühlschranks. Aber das hindert ihn nicht daran, weitere Gegenstände auseinanderzunehmen.
Dabei ist dieses Zerstörungsinteresse natürlich nur ein sehr deutliches Bild für den seelischen Zustand von Mitchell, dessen Leben bislang in den vorgezeichneten Bahnen verlief und der sich letztendlich in die Firma einheiratete. Auch seine Beziehung zu Karen und ihrem pubertierendem Sohn, für den eher zu einer Art schrägem Vater wird (wie Maude für Harold; – falls noch jemand „Harold und Maude“ kennt.), ist ein unbewusster Versuch den Tod seiner Frau zu überwinden, während er die archetypischen Stufen der Trauer durchlebt. Und wer diese Stufen kennt, kennt auch den Plot des Films, der die Trauer immer wieder mit schwarzem Humor und absurden Szenen durchbricht.
Demolition – Lieben und Leben (Demolition, USA 2015)
Regie: Jean-Marc Vallée
Drehbuch: Bryan Sipe
mit Jake Gyllenhaal, Naomi Watts, Chris Cooper, Judah Lewis
Ein Autounfall verbindet drei verschiedene Geschichten.
Wie bereits in ihrem Debüt „Amores Perros – Was ist Liebe?“ verbinden Iñárritu und Arriaga mehrere kleine Geschichten miteinander und erzählen sie nicht chronologisch. Weil man die meiste Zeit mit dem Zusammensetzen der mit hektischer Handkamera gefilmten Geschichten beschäftigt ist, fällt nicht auf, dass sie doch sehr banal sind.
„Und doch bleibt am Ende nur der Eindruck einer virtuosen Stilübung, weil die kolportagehafte Story zu dünn ist für ihre inszenatorische Aufquirlung.“ (Rainer Gansera, SZ, 6. September 2003)
Mit Sean Penn, Naomi Watts, Danny Huston, Benicio Del Toro, Charlotte Gainsbourg
Was bei Harry Potter, Twilight und Die Tribute von Panem funktionierte, soll auch bei „Die Bestimmung“ funktionieren: das Finale, die Verfilmung des abschließenden Romans der Trilogie, wird auf zwei Filme aufgeteilt zu einer „Trilogie in vier Filmen“. Deshalb wird die Geschichte gestreckt, es gibt Veränderungen zur Vorlage (hier die Details LINK) und der Film endet einfach mitten in der Geschichte, was dazu führt, dass man einen halben Film besprechen soll und die Zuschauer zwei Tickets lösen müssen, um eine Geschichte zu sehen. Dabei war und ist „Die Bestimmung“ nicht „Die Tribute von Panem“. Also von ihrer Qualität. Die Story selbst folgt den ausgetretenen dystopischen Pfaden, die sich nur anhand ihrer Hauptdarstellerin unterscheiden.
Am Ende von „Die Bestimmung – Insurgent“ warf Beatrice „Tris“ Prior (Shailene Woodley) einen Blick über die gut gesicherte Mauer von ihrer Welt, dem zerstörten Chicago und entdeckte eine Welt dahinter.
Jetzt flüchtet sie, bepackt und bekleidet als ginge es zum nächsten Café, mit ihren Freunden, die wir aus den vorherigen Filmen kennen, aus der Stadt. Tori (Maggie Q) stirbt dabei (sie ist ja auch wirklich zu alt, um mit einigen Jugendlichen abzuhängen). Peter (Miles Teller) wird mitgenommen, weil er verspricht, sich jetzt wirklich zu benehmen. Der Opportunist tut es natürlich nicht, sondern verbündet sich wieder mit den bösen, erwachsenen Mächtigen. Dieses Mal verkörpert von David (Jeff Daniels), dem Leiter des „Amt für genetisches Sozialwesen“.
David will Tris für seine Zwecke einspannen. Denn, so erklärt er Tris, Chicago sei Teil eines genetisches Experiments, das die Fehler eines vorherigen genetisches Experiments beheben soll. Tris, die zu keiner Fraktion (das waren die aufgrund ihrer Eigenschaften, vulgo Gene, in Gruppen sortierte Menschen) gehöre, sei, die Auserwählte. Ihr Genpool sei rein und daher sei sie das gelungene Ergebnis des zweihundertjährigen Experiments. Deshalb will er mit ihren reinen Genen weiterarbeiten. Sie vervielfältigen und weitere reine Menschen schaffen, während sich in Chicago die Menschen mit den defekten Genen gegenseitig weiter töten dürfen.
Ähem, abgesehen von dem idiotischen Lösungsvorschlag, misslungene genetische Experimente mit noch mehr Genetik zu beheben, ist diese Gesellschaft ein einziger faschistoider Staat, was aber die frei denkende Tris, die ja in Chicago gegen verschiedene Diktaturen kämpfte und sich eben nicht in irgendeine Gesellschaft einordnen wollte, nicht daran hindert, von Davids Vision begeistert zu sein. Jedenfalls zunächst und eher so Drehbuch-begeistert.
Wer „Die Bestimmung – Divergent“ und „Die Bestimmung – Insurgent“ nicht gesehen hat und auch nicht plant, sich in einem Jahr den Abschluss der Trilogie anzusehen, kann getrost auf „Die Bestimmung – Allegiant“ verzichten. Es ist ein Film ohne Anfang und ohne Ende. Es ist, als ob man eine Folge aus einer mediokren Soap Opera sieht und sich dabei ständig fragt: Was soll das? Weder die Welt, noch die Hauptfiguren und die Konflikte werden eingeführt, weil man das ja schon in den vorherigen beiden Filmen getan hat. Es gibt auch keine erklärende Einführung oder Zusammenfassung bisheriger Ereignisse, weil Zuschauer ja die vorherigen beiden Filmen gesehen haben.
Aber auch als weiteres Bindeglied zwischen dem Anfang der Geschichte in „Die Bestimmung – Divergent“ und dem Abschluss, nächstes Jahr in „Die Bestimmung – Ascendant“ funktioniert „Die Bestimmung – Allegiant“ nicht. Die gänzlich humorfreie Handlung, wenn man sie denn so nennen will, bewegt sich im Schneckentempo mit, jedenfalls bis zum Abschluss dieses Films, verzichtbaren Subplots, voran. So als strecke man eine dünne Suppe noch weiter. Die Konflikte sind unklar, weil einfach zwischen den verschiedenen Handlungsorten und Erzählsträngen hin und her gewechselt wird, ohne dass sie in einer erkennbaren Beziehung zueinander stehen. Anstatt die Handlung voranzutreiben, entschleunigen sie sie weiter. Die Charaktere sind erschreckend blass. Und das gilt auch für die schon aus den beiden vorherigen Filmen bekannten Figuren. Die utopische Welt ist hirnrissig in ihrer Mischung aus glänzendem High Tech und zerstörter Kriegslandschaft. Chicago sieht, immer noch, wie das zerbombte Berlin zwei Tage nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aus. Die menschenfeindliche Kloake um Chicago, durch die Tris und ihre Freunde gehen, wie die DDR zur Wende. Bitterfeld lässt grüßen.
Mit seinem „Amt für genetisches Sozialwesen“ (bin ja gespannt auf die anderen Projekte des Amtes) hat David mitten in einer stinkend-toxischen Müllkippe eine kleine Insel geschaffen, in der die unteren Ränge in einer riesigen Lagerhalle ohne irgendeinen Hauch von Privatsphäre übernachten müssen, während David in einem großen Zimmer logiert und die Forschungsabteilung ebenso pompös ausgestattet ist.
Hätten sie nicht in den vergangenen zwei Jahrhunderten etwas terraforming betreiben können? Und warum will irgendjemand, der High-Tech-Labore schaffen kann, nicht auch einmal etwas aufräumen? Zweihundert Jahre sollten doch genügen, um etwas Ordnung zu schaffen. Und auch bei uns ist in Internaten, Kasernen, Krankenhäusern und Gefängnissen die Zeit der Schlafsäle schon lange vorbei. Sogar Mehrbettzimmer werden immer seltener.
Auch in der dritten „Die Bestimmung“-Episode bleiben die Hauptfiguren, wie gesagt, blass. Teilweise, was vor allem für die Erwachsenen gilt, werden sie sogar zunehmend uninteressanter und hängen nur so im Film herum, um, vielleicht, im Finale eine wichtige Rolle zu haben. Den Jugendlichen geht es nur etwas besser.
Tris, die uns ja als weibliche Heldin verkauft wird, fällt im Zweifelsfall in die vertrauten, konservativen Rollenmuster zurück. Anstatt selbst zu kämpfen, lässt sie sich von ihrem Freund retten und überlässt ihm das Kämpfen. Ellen Ripley wäre das niemals eingefallen.
Wetten, dass sich am Ende von „Die Bestimmung – Ascendant“ Tris Priors Ambitionen für ihr weiteres Leben auf das Gründen einer Familie und sonntägliche Kirchenbesuche beschränken?
LV: Joseph Wilson: The Politics of Truth: : A Diplomat’s Memoir – Inside the Lies That Led to War and Betrayed My Wife’s CIA Identity; Valerie Plame: Fair Game: My Life as a Spy, My Betrayal by the White House, 2007
Valerie Plame war CIA-Agentin. Ihr Mann, der Exbotschafter und Bill-Clinton-Berater Joseph Wilson, wurde von George W. Bush beauftragt, in Niger die Beweise für den Irak-Krieg zu liefern. Er fand keine. Die Regierung behauptete das Gegenteil. Wilson ging an die Öffentlichkeit – und die Regierung Bush startete eine Schmutzkampagne gegen Wilson und seine Frau, die dabei als CIA-Agentin enttarnt wurde.
Ein weiterer Polit-Thriller, der mit der Regierung Bush und dem „war on terror“ abrechnet. Doch während der unterschätzte „Green Zone“ (inszeniert von Paul Greengrass, der zwei „Bourne“-Film inszenierte), basierend auf einem Sachbuch, eine Geschichte erfand, nahm „Bourne“-Regisseur Liman als Grundlage für seinen international abgefeierten Film eine Interpretation der wahren Ereignisse, die auch „Plamegate“ (nach „Watergate“) genannt wurde . Die deutschen Kritiker sind dagegen negativer.
Jedenfalls ist es schön, dass der Polit-Thriller der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine so gelungene Renaissance erlebt.
mit Sean Penn, Naomi Watts, Sam Shepard, Noah Emmerich, Michael Kelly, Bruce McGill
Tödliche Versprechen – Eastern Promises (Großbritannien/USA/Kanada 2007, Regie: David Cronenberg)
Drehbuch: Steven Knight
Eine Hebamme gerät zwischen die Fronten der Russenmafia. Denn sie besitzt ein Tagebuch, das einige Verbrecher belastet. Ein Killer soll sie umbringen.
Hartes, in London spielendes, top besetztes Gangsterdrama von David Cronenberg.
Steven Knight schrieb unter anderem das Oscar- und BAFTA-nominierte und mit dem Edgar Allan Poe-Preis ausgezeichnete Drehbuch zum Stephen Frears-Film „Kleine schmutzige Tricks“ (Dirty Pretty Things, GB 2002).
„Eastern Promises“, wurde, oft in den Kategorien, bester Film, beste Regie, beste Hauptrolle und bestes Drehbuch, für zahlreiche Preise nominiert und erhielt auch einige. Knights Drehbuch war für den Edgar nominiert.
mit Viggo Mortensen, Naomi Watts, Armin Müller-Stahl, Vincent Cassel
Wiederholung: Donnerstag, 9. Dezember, Eins Plus, 22.15 Uhr