Die hellseherisch begabte Annie hilft der Polizei erfolgreich bei der Suche nach einer vermissten jungen Frau. Der Besitzer des Grundstücks, auf dem ihre Leiche gefunden wurde, wird als Mörder verhaftet. Aber Annie glaubt, dass jemand anderes der Mörder ist.
Als nächstes drehte Raimi seine Spider-Man-Trilogie.
mit Cate Blanchett, Giovanni Ribisi, Keanu Reeves, Katie Holmes, Greg Kinnear, Hilary Swank, Kim Dickens, Gary Cole, Rosemary Harris, J.K. Simmons, John Beasley
Nur ein Narr wird bei dem Titel „Nightmare Alley“ ein Disney-Märchen erwarten. William Lindsay Greshams 1946 erschienener Roman ist ein Noir, der jetzt von Guillermo del Toro verfilmt wurde. Es ist die zweite Verfilmung. Die erste, mit Tyrone Power in der Hauptrolle, ist von 1947. Regie führte Edmund Goulding, Jules Furthman („Geächtet“, „Haben und Nichthaben“. „Tote schlafen fest“ und „Rio Bravo“) schrieb das Drehbuch und der deutsche Titel ist „Der Scharlatan“.
Dabei hat Stanton Carlisle, der titelgebende Scharlatan, der in der neuesten Version von Bradley Cooper gespielt wird, durchaus Talente. Er entdeckt sie bei einem kleinen Wanderzirkus. Dort trifft er auf Zeena (Toni Collette) und Pete Krumbein (David Strathairn), die eine Wahrsage-Show haben. Sie ist eine Mischung aus Betrug und praktisch angewandter Menschenkenntnis. Denn die Wünsche und Ängste der verschiedenen Menschen unterscheiden sich kaum. Nach Petes Tod wird Stanton Zeenas Partner.
Später verlässt Stanton mit der Zirkusartistin Molly Cahill (Rooney Mara) den Zirkus. Zum Abschied legt Zeena ihm die Tarotkarten. Er ist der Gehängte – und das ist keine gute Karte.
Jahre später hat er als „Der große Stanton“ in noblen Establishments eine Wahrsage-Show als umjubelter Mentalist. Bei einem seiner Auftritte trift er auf Dr. Lilith Ritter (Cate Blanchett). Sie wird die dritte wichtige Frau in seinem Leben und sie ist die erste Frau, die ebenso zielgerichtet wie er Menschen manipuliert. Die Psychoanalytikerin schlägt ihm eine Zusammenarbeit vor. Ihre Kundschaft ist vermögend. Sie können also Informationen, die sie während ihrer Analysesitzungen aus deren Leben erfährt, gewinnbringend in Stantons Gedankenleser-Shows einbauen. Zuerst erzählt er seinen nichtsahnenden Kunden Details aus deren Leben, die er unmöglich wissen kann. Danach zieht er ihnen das Geld aus den gut gefüllten Taschen.
Ihr erstes Opfer soll Ezra Grindle (Richard Jenkins) sein. Der stinkreiche und überaus misstrauische Industriemagnat fühlt sich immer noch schuldig für den schon Jahrzehnte zurückliegenden Tod seiner großen Liebe.
Die Geschichte von Stanton Carlisle wird gemeinhin als düstere Versionen vom amerikanischen Traum beschrieben. Es geht um das Streben nach Geld und Ruhm und wie real dieses „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Versprechen ist. Damit dürfte klar sein, wo Stans Geschichte endet; auch wenn einige über das deprimierend bittere Ende erstaunt sein werden. Der Roman und die erste Verfilmung sind kleinere Noir-Klassiker, die bei uns fast unbekannt sind. „Der Scharlatan“ hatte 1954 seinen deutschen Kinostart. Die erste deutsche Überetzung des Romans erschien 2019.
In der aktuellen Heyne-Hardcore-Ausgabe hat der Roman über fünfhundert Seiten. Damit ist er deutlich umfangreicher als ein normaler Noir- oder Pulp-Roman, der oft keine zweihundert Seiten benötigt, um seine Geschichte zu erzählen. Dafür gibt Gresham vor allem im ersten Drittel des Romans einen fundierten, für die Hauptgeschichte eher nebensächlichen, aber höchst kurzweiligen Einblick in das Leben eines Wanderzirkusses und mit welchen Tricks den ahnungslosen Kunden das Geld aus der Tasche gezogen wird.
Es ist allerdings auch ein sich über viele Jahre, die zu Jahrzehnten werden, erstreckender Roman, der teilweise mit großen Zeitsprüngen erzählt wird. Das führt zu einer episodischen Struktur, die auf Erklärungen und klare Ursache-Wirkungs-Mechanismen verzichtet. Stantons Auf- und Abstieg erscheint dabei, trotz einiger Hinweise, die in den verschiedenen Versionen leicht unterschiedlich gewichtet und so auch deutlicher herausgearbeitet werden, weniger in seiner Person angelegt, als dem Willen des Autors zu gehorchen.
Schließlich steht Stantons Ende von Anfang an fest. Er ist, wie Zeena ihm aus den Tarotkarten liest, der Gehängte. Er ist am Ende wieder am Anfang. Stanton ist am Ende sogar in einer schlechteren Lage als am Anfang der Geschichte. Sein schlimmster Alptraum wird wahr. Insofern ist der letzte Satz von del Toros Version grandios. Es ist ein Satz, auf den Gresham verzichtete.
Guillermo del Toro übernimmt, bis auf einige kleine Änderungen, Greshams Geschichte. Es sind hier und da Kürzungen. So tritt Stanton im Roman auch als Geistlicher und Oberhaupt der von ihm gegründeten Kirche der Himmlischen Botschaft auf. Einige Handlungsorte wurden verändert. Dadurch wird die Geschichte filmischer und es gibt in den Momenten auch Anspielungen auf andere Filme.
Über hundertfünfzig Minuten benötigt del Toro dann, um Stantons Geschichte zu erzählen. Er erzählt sie extrem langsam und mit großem pathetischem Ernst; als habe er einen bedeutungsschweren Roman der Hochkultur verfilmt.
Dabei hätte „Nightmare Alley“ von einer kürzeren Laufzeit von unter zwei Stunden, einem eindeutigerem thematischen Fokus und einer damit verbundenen Zuspitzung profitiert, gerne mit mehr Pulp-Gestus und Schwarzem Humor.
Auch die Hauptfiguren Stanton, Lilith Ritter und Molly bleiben blass. Zu sehr müssen sie den Vorgaben der Geschichte gehorchen.
Vor allem Stanton bleibt erstaunlich blass als Scharlatan, der mit seiner Menschenkenntnis und seinen Tricks die Menschen begeistern kann. Ihm fehlt die Faszination des Bösen. Entsprechend unbeteiligt verfolgen wir seine Taten. Seinen Aufstieg vom Wanderzirkus zum Wahrsager und die Probleme, die er dabei hatte, sehen wir nicht. So fehlen – in jeder Version der Geschichte – die Jahre zwischen seinem Abschied aus dem Zirkus und seinem Auftritt im mondänen Nachtclub „Club Copacabana“. Gleichzeitig, wenn später der ihm von Zeena in den Tarotkarten prophezeite und überaus rasante Abstieg beginnt, bedauert man ihn nicht. Auch hier fehlen wieder wichtige Zwischenstationen. Stattdessen ist er in einem Moment „top of the world“ und im nächsten ein in der Gosse liegender Obdachloser. Unklar bleibt, wie es dazu kommt. Als Zuschauer können wir einige Vermutungen anstellen. Gelungen ist in dieser Beziehung Gouldings Version, die von Anfang an auf die verheerende Wirkung des Alkohols hinweist und Stantons Abstieg mit seiner Trunksucht erklärt.
Guillermo del Toro hat viel zu viel Respekt vor der Vorlage, die er nur edel bebildert. Seine „Nightmare Alley“ ist zu sehr von ihrer eigenen Wichtigkeit und Bedeutsamkeit überzeugt, um wirklich zu begeistern.
Nightmare Alley (Nightmare Alley, USA 2021)
Regie: Guillermo del Toro
Drehbuch: Guillermo del Toro, Kim Morgan
LV: William Lindsay Gresham: Nightmare Alley, 1946 (Nightmare Alley)
mit Bradley Cooper, Cate Blanchett, Toni Collette, Willem Dafoe, Richard Jenkins, Rooney Mara, Ron Perlman, Mary Steenburgen, David Strathairn, Jim Beaver, Tim Blake Nelson
Länge: 151 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
–
Die Vorlage
Willliam Lindsay Gresham: Nightmare Alley
(übersetzt von Christian Veit Eschenfelder und Anja Heidböhmer)
Der seltsame Fall des Benjamin Button (The curious Case of Benjamin Button, USA 2008)
Regie: David Fincher
Drehbuch: Eric Roth
LV: F. Scott Fitzgerald: The curious Case of Benjamin Button, 1922 (Kurzgeschichte)
Wie alle Menschen altert Benjamin Button. Allerdings wird er nicht älter, sondern jünger.
Prächtiges Ausstattungskino mit prominenter Besetzung, basierend auf einer Kurzgeschichte, die zu einem gut dreistündigem Film wurde.
mit Brad Pitt, Cate Blanchett, Taraji P. Henson, Julia Ormond, Jason Flemyng, Elias Koteas, Tilda Swinton, Jared Harris, Elle Fanning, Mahershala Ali (im Film als Mahershalhashbaz Ali)
Wiederholung: Montag, 24. Mai, 01.55 Uhr (Taggenau!)
Die Tiefseetaucher(The Life Aquatic with Steve Zissou, USA 2004)
Regie: Wes Anderson
Drehbuch: Wes Anderson, Noah Baumbach
Steve Zissou, von sich selbst und seiner Grandiosität überzeugter Meeresforscher und -filme im Geist von Jacques-Yves Cousteau, jagt für seinen neuen Film einen Hai, der einen seiner Weggefährten gefressen hat.
Und weil „Die Tiefseetaucher“ ein Film von Wes Anderson ist, gibt es viele schrullige Figuren und absurde Begegnungen. Ein höchst vergnüglicher Über- und Unterwassertrip.
mit Bill Murray, Owen Wilson, Cate Blanchett, Anjelica Huston, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, Michael Gambon, Noah Taylor, Bud Cort, Seu Jorge
LV: Patricia Highsmith: The Price of Salt, 1952 (Erstveröffentlichung unter dem Pseudonym Claire Morgan; Wiederveröffentlichung unter ihrem Namen als „Carol“, deutsche Titel „Salz und sein Preis“ und „Carol oder Salz und sein Preis“)
New York, 1950: zwei Frauen verlieben sich ineinander – und verstoßen damit gegen die gesellschaftlichen Konventionen.
Gelungene, sehr stilbewusste und sensible Patricia-Highsmith-Verfilmung, die kein Kriminalfilm (was man bei Highsmith ja erwartet), sondern eine tragische Liebesgeschichte ist.
LV: Patricia Highsmith: The Price of Salt, 1952 (Erstveröffentlichung unter dem Pseudonym Claire Morgan; Wiederveröffentlichung unter ihrem Namen als „Carol“, deutsche Titel „Salz und sein Preis“ und „Carol oder Salz und sein Preis“)
New York, 1950: zwei Frauen verlieben sich ineinander – und verstoßen damit gegen die gesellschaftlichen Konventionen.
Gelungene, sehr stilbewusste und sensible Patricia-Highsmith-Verfilmung, die kein Kriminalfilm (was man bei Highsmith ja erwartet), sondern eine tragische Liebesgeschichte ist.
Drehbuch: Guillermo Arriaga (nach einer Idee von Guillermo Arriaga und Alejandro González Iñárritu)
In ihrem dritten gemeinsamen Spielfilm (nach „Amores Perros“ und „21 Gramm“) verschränken Iñárritu und Arriaga wieder mehrere Geschichten miteinander. Dieses Mal erzählen sie die Geschichte eines amerikanischen Touristenpärchens in Marokko, deren Haushälterin in San Diego und einer Teenagerin in Tokio. Auch wenn die Verbindung zwischen den Geschichten etwas gewollt ist (ich sage nur Gewehr) und der Film mit 135 Minuten Laufzeit ziemlich lang ist, hat er mir im Kino gut gefallen.
„Babel“ gewann, nach der IMDB, 42 Filmpreise und war für 136 weitere Preise nominiert. Er war, unter anderem, für den Oscar und BAFTA als bester Film des Jahres nominiert und erhielt in dieser Kategorie einen Golden Globe. In Cannes gewann er drei Preise (unter anderem für die Regie) und Arriagas Drehbuch hat es auf ungefähr jede wichtige Preisliste geschafft.
Mit Brad Pitt, Cate Blanchett, Rinko Kikuchi, Elle Fanning, Gael García Bernal, Adriana Barraza
LV: Mary Mapes: Truth and Duty: The Press, The President and The Privilege of Power, 2005
Im Sommer 2004 erfährt „60 Minutes II“-Produzenten Mary Mapes (Cate Blanchett), dass US-Präsident George Bush bei den Angaben zu seiner Militärzeit log. Sie und ihr Reporterteam recherchieren für eine TV-Reportage, die von Dan Rather (Robert Redford) präsentiert wird. Danach bricht, mitten im Wahlkampf, ein wahrer Shitstorm über sie herein.
Ein auf wahren Ereignissen basierendes, oft zu einseitig auf Mapes‘ Seite stehendes Journalistendrama. Letztendlich ist Vanderbilts von guten Absichten und guten Schauspielern getragenes Regiedebüt nur solala.
Gegen das wenige Monate vorher in den Kinos angelaufene, mit dem Oscar als bester Film des Jahres ausgezeichnete Drama „Spotlight“ sieht „Der Moment der Wahrheit“ reichlich blass aus.
Tagebuch eines Skandals (Notes on a Scandal, USA/Großbritannien 2006)
Regie: Richard Eyre
Drehbuch: Patrick Marber
LV: Zoe Heller: What was she thinking: Notes on a Scandal, 2003 (später auch „Notes on a Scandal“, deutsch: Tagebuch einer Verführung; Tagebuch eines Skandals)
Musik: Philip Glass
Als an einer Londoner Schule die junge Kunstlehrerin Sheba Hart eine Beziehung mit einem Schüler beginnt, wird sie von einer älteren Kollegin erpresst. Denn diese möchte nur von Sheba geliebt werden.
Tolles Schauspielerinnendrama, das für etliche wichtige Preise nominiert war. Der Roman war für den Booker-Preis nominiert. Blanchett und Dench unter anderem für den Oscar, Golden Globe und den Preis der Screen Actors Guild. Das Drehbuch ebenfalls für den Oscar, Golden Globe, BAFTA, British Independent Film Award und, der für uns Krimifans einzige relevante Preis, für den Edgar.
Mit Cate Blanchett, Judi Dench, Andrew Simpson, Bill Nighy
LV: Patricia Highsmith: The Price of Salt, 1952 (Erstveröffentlichung unter dem Pseudonym Claire Morgan; Wiederveröffentlichung unter ihrem Namen als „Carol“, deutsche Titel „Salz und sein Preis“ und „Carol oder Salz und sein Preis“)
New York, 1950: zwei Frauen verlieben sich ineinander – und verstoßen damit gegen die gesellschaftlichen Konventionen.
Gelungene, sehr stilbewusste und sensible Patricia-Highsmith-Verfilmung, die kein Kriminalfilm (was man bei Highsmith ja erwartet), sondern eine tragische Liebesgeschichte ist.
Bernadette Fox (Cate Blanchett) verlässt ihr Haus in Seattle nur selten; – wobei Haus die falschen Assoziationen weckt. Es ist ein von Brombeerhecken umranktes herrschaftliches Anwesen, das inzwischen eine richtiggehende Bruchbude ist. Dort lebt die ehemalige Stararchitektin mit ihrem liebevollen Mann Elgie (Billy Crudup), einem IT-Manager bei Microsoft, und ihrer fünfzehnjährigen, sehr, sehr begabten Tochter Bee (Emma Nelson). Sie sind eine wirklich harmonische Familie, die immer auch Raum für Fantasie und etwas, fast schon britische Schrulligkeit hat. Wobei Bernadettes Schrulligkeit auch von ihrer Psyche und den Tabletten kommen kann.
Jetzt wünscht Bee sich eine gemeinsame Reise in die Antarktis. Bernadette ist entsetzt, weil sie dafür ihr sie beschützendes Haus verlassen müsste.
Ab diesem Moment wartet man auf den Beginn der Reise. Oder wenigstens wie Bernadette versucht, diese Reise zu verhindern. Stattdessen reiht Richard Linklater zunehmend redundante Szenen aus dem Leben von Bernadette, Elgie und Bee aneinander. Das ist immer witzig, genau beobachtet und gut gespielt. Vor allem Cate Blanchett kann als Bernadette brillieren.
Aber es ist ein Stillstand, in dem Bernadette sich gut eingerichtet hat. Denn nichts deutet darauf hin, dass sie ihre momentane Lebenssituation verändern möchte. Das augenfälligste Symbol dafür ist das Haus, in dem sie leben. Es ist ein Ruine, ein Schandfleck in dem noblen Viertel. Bernadette unternimmt noch nicht einmal halbherzige Versuche, es zu renovieren. Stattdessen telefoniert sie ständig mit ihrer abwesenden Sekretärin, lässt sich Pakete anliefern und fährt Bee zur Schule. Ihre Vergangenheit als große Hoffnung der Architektur hat sie hinter sich gelassen zugunsten eines privilegierten Lebens in der Provinz (Sorry, Seattle.). Der Grund für diesen Rückzug wird erst spät enthüllt und er überzeugt nicht wirklich. Oder anders gesagt: wenn das der Grund war, ist bei ihrem nächsten Architekturprojekt für einen fremden Auftraggeber die nächste Katastrophe schon vorprogrammiert.
Dieser Stillstand wird erst spät in dem Film überwunden, wenn Bernadette ohne sich von Elgie und Bee zu verabschieden in Richtung Antarktis verschwindet. Elgie und Bee verfolgen sie und auf dieser Reise scheinen sie sich immer nur um Tage und Stunden zu verpassen.
„Bernadette“ ist ein Feelgood-Roadmovie, das sich viel zu spät auf die Reise begibt.
Bernadette (Where’d you go, Bernadette, USA 2019)
Regie: Richard Linklater
Drehbuch: Richard Linklater, Holly Gent Palmo, Vincent Palmo
LV: Maria Semple: Where’d you go, Bernadette, 2012 (Wo steckst du, Bernadette?)
mit Cate Blanchett, Kristen Wiig, Billy Crudup, Emma Nelson, Laurence Fishburne, Troian Bellisario, Judy Greer, Steve Zahn
Einer der letzten Leinwandauftritte von Robert Redford, der gerade als „Ein Gauner & Gentleman“ im Kino kriminell erfreut
WDR, 23.40
Der Moment der Wahrheit (Truth, USA 2015)
Regie: James Vanderbilt
Drehbuch: James Vanderbilt
LV: Mary Mapes: Truth and Duty: The Press, The President and The Privilege of Power, 2005
Im Sommer 2004 erfährt „60 Minutes II“-Produzenten Mary Mapes (Cate Blanchett), dass US-Präsident George Bush bei den Angaben zu seiner Militärzeit log. Sie und ihr Reporterteam recherchieren für eine TV-Reportage, die von Dan Rather (Robert Redford) präsentiert wird. Danach bricht, mitten im Wahlkampf, ein wahrer Shitstorm über sie herein.
Ein auf wahren Ereignissen basierendes, oft zu einseitig auf Mapes‘ Seite stehendes Journalistendrama. Letztendlich ist Vanderbilts von guten Absichten und guten Schauspielern getragenes Regiedebüt nur solala.
Gegen das wenige Monate vorher in den Kinos angelaufene, mit dem Oscar als bester Film des Jahres ausgezeichnete Drama „Spotlight“ sieht „Der Moment der Wahrheit“ reichlich blass aus.
LV: Mary Mapes: Truth and Duty: The Press, The President and The Privilege of Power, 2005
Im Sommer 2004 erfährt „60 Minutes II“-Produzenten Mary Mapes (Cate Blanchett), dass US-Präsident George Bush bei den Angaben zu seiner Militärzeit log. Sie und ihr Reporterteam recherchieren für eine TV-Reportage, die von Dan Rather (Robert Redford) präsentiert wird. Danach bricht, mitten im Wahlkampf, ein wahrer Shitstorm über sie herein.
TV-Premiere zur Prime-Time für Nachteulen, Vampire und Werwölfe: ein auf wahren Ereignissen basierendes, oft zu einseitig auf Mapes‘ Seite stehendes Journalistendrama. Letztendlich ist Vanderbilts von guten Absichten und guten Schauspielern getragenes Regiedebüt nur solala.
Gegen das wenige Monate vorher in den Kinos angelaufene, mit dem Oscar als bester Film des Jahres ausgezeichnete Drama „Spotlight“ sieht „Der Moment der Wahrheit“ reichlich blass aus.
Hier ist sie nun: die Verfilmung eines Kinderbuchklassikers, der sich förmlich für eine Verfilmung anbietet. Nicht weil die Geschichte so neu ist, sondern weil einfach eine sattsam bekannte Geschichte mit dem kleinen Twist erzählt, dass der Held, der einen Toten wieder erweckt ein zehnjähriger Junge ist und alles etwas harmloser abläuft als in einer Stephen-King-Verfilmung. Aber auch nicht so harmlos, dass man der FSK-Freigabe „ab 6 Jahre“ problemlos, aus vollem Herzen zustimmen möchte. Dafür ist „Das Haus der geheimnisvollen Uhren“ dann doch etwas zu düster geraten.
Im Buch und Film wird der zehnjährige Lewis Barnavelt (Owen Vaccaro) von seinem in New Zebedee lebendem Onkel Jonathan (Jack Black) aufgenommen. Lewis hat seine über alles geliebten Eltern verloren. Sein Onkel lebt, wie er schnell erfährt, in einem Zauberhaus und er ist etwas exzentrisch, aber sehr liebenswert. Und er belästigt Lewis nicht mit Regeln und Vorschriften. Außerdem sind er und seine Nachbarin, Mrs. Zimmerman (Cate Blanchett), richtige Zauberer.
Die beiden Freigeister führen Lewis in die wundervolle Welt der Zauberei ein.
Als Lewis, um einen Klassenkameraden zu beeindrucken, einen Toten wieder zum Leben erweckt, setzt er unwissentlich eine katastrophale Dynamik in Gang.
Denn er erweckte Isaac Izard (Kyle MacLachlan), den früheren Besitzer des Hauses. Izard ist ein böser Zauberer, der auch irgendetwas mit der tickenden Uhr zu tun hat, die irgendwo im Haus in der Wand verborgen ist und die einen Countdown schlägt.
Lewis, Onkel Jonathan und Mrs. Zimmerman versuchen die Katastrophe zu verhindern. Dummerweise haben sie keine Ahnung, wieviel Zeit sie noch haben und wer ihre Gegner sind.
Das klingt doch nach einer zünftigen Horrorgeschichte mit all den vertrauten und liebgewonnenen Genretopoi und Figuren, die dieses Mal für ein jüngeres Publikum erzählt wird.
Zu den Produzenten gehört, was für die kindgerechte Version spricht, Amblin Entertainment. Spielbergs Firma ist vor allem bekannt für familienfreundliche Filme, wie „E. T. – Der Außerirdische“. Zu den Amblin-Filmen gehört auch „Gremlins“. Und, obwohl es strenggenommen kein Amblin-ist, auch „Poltergeist“. Der Horrorfilm wurde von „The Texas Chainsaw Masscre“-Regisseur Tobe Hooper inszeniert. Hooper war damals und heute nicht für familien- und kindertaugliche Filme bekannt.
Ich sage das, weil „Das Haus der geheimnisvollen Uhren“ von Eli Roth inszeniert wurde. Roth ist für alles bekannt, außer für Kinderfilme. Horrorfilme, die oft Probleme mit der Zensur haben, sind sein Metier. Auch wenn er zuletzt mit „Knock Knock“ und „Death Wish“ Thriller drehte, die nicht gut waren.
„Das Haus der geheimnisvollen Uhren“ ist jetzt ein Kinderfilm, der nicht gut ist.
Das beginnt schon mit den Gruselszenen, die für ein kindliches Publikum wirklich sehr gruselig geraten sind. Wenn Lewis, Onkel Jonathan und Mrs. Zimmerman von einer Horde Halloween-Kürbisse oder einer Armada Puppen angegriffen werden und sie diese mit spürbarer Lust an brachialer Gewalt vernichten, dann ist da kein Hauch von Magie, sondern nur die Lust am Gemetzel zu spüren. Es sind Szenen, die sich an ein älteres Publikum richten.
Humor könnte solchen Momenten seinen Schrecken nehmen, aber in „Das Haus der geheimnisvollen Uhren“ wirkt der Humor, vor allem die Neckereien zwischen Onkel Jonathan und Mrs. Zimmerman, immer etwas zu forciert. Er hat auch keine reale Grundierung. Das trifft auf den gesamten Film, der 1955 in einem typischen Fünfziger-Jahre-All-America-Ort spielt. Bellairs‘ Roman spielt bereits 1948; was nichts daran ändert, dass Buch und Film in einem Traum-Amerika spielen, in dem der amerikanische Traum als Traum des weißen Mannes noch ungebrochen zelebriert wurde. Es ist auch ein Ort, der immer wie eine leblose, aus dem Fundus zusammengestellte Theaterkulisse wirkt.
Zu diesen Problemen, die sich ausschließlich aus der Präsentation ergeben, kommt eine sehr schleppend erzählte Filmgeschichte, die bei all ihren Änderungen doch erstaunlich nahe an der Vorlage bleibt. Schon der Roman ist kein prototypischer Pageturner, sondern ein Kinderbuch, dessen Geschichte sich über viele Monate erstreckt, in dem Izard erst in der Buchmitte von den Toten aufersteht und in dem die potentiell gruseligen Momente schnell abgehandelt werden. In einem Roman ist das weniger ein Problem als in einem Film. Es dauert eine Stunde, bis Lewis, um bei einem Klassenkameraden Eindruck zu schinden, mitten in der Nacht den Bösewicht des Films wieder erweckt. Dass er dadurch eine tödliche Dynamik in Gang setzt, begreift er erst später. Spannender wird die Geschichte in den folgenden ungefähr vierzig Minuten dadurch allerdings nicht. Roth reiht einfach, ohne ein Gefühl für Stimmungen, Episoden aneinander, währen Jack Black und Cate Blanchett erstaunlich blass bleiben.
Besser man sieht sich noch einmal „Gänsehaut“ an. Das ist, ebenfalls mit Jack Black, ein richtig vergnüglicher Horrorfilm für Kinder, der auch Erwachsenen gefällt und etliche gelungene Anspielungen hat.
Das Haus der geheimnisvollen Uhren (The House with a Clock in its Walls, USA 2018
Regie: Eli Roth
Drehbuch: Eric Kripke
LV: John Bellairs: A House with a Clock in its Walls, 1973 (Das Geheimnis der Zauberuhr, Das Haus der geheimnisvollen Uhren)
mit Owen Vaccaro, Jack Black, Cate Blanchett, Renée Elise Goldsberry, Sunny Suljic, Collen Camp, Lorenza Izzo, Kyle MacLachlan
LV: Patricia Highsmith: The Price of Salt, 1952 (Erstveröffentlichung unter dem Pseudonym Claire Morgan; Wiederveröffentlichung unter ihrem Namen als „Carol“, deutsche Titel „Salz und sein Preis“ und „Carol oder Salz und sein Preis“)
New York, 1950: zwei Frauen verlieben sich ineinander – und verstoßen damit gegen die gesellschaftlichen Konventionen.
Gelungene, sehr stilbewusste und sensible Patricia-Highsmith-Verfilmung, die kein Kriminalfilm (was man bei Highsmith ja erwartet), sondern eine tragische Liebesgeschichte ist.
Der talentierte Mr. Ripley (The talented Mr. Ripley, USA 1999)
Regie: Anthony Minghella
Drehbuch: Anthony Minghella
LV: Patricia Highsmith: The talented Mr. Ripley, 1955 (Nur die Sonne war Zeuge, Der talentierte Mr. Ripley)
Eigentlich sollte der mittellose Tom Ripley den reichen Reedersohn Dickie Greenleaf nur aufspüren und wieder nach Hause bringen. Aber sie sehen sich so verdammt ähnlich und Ripley gefällt das Leben als reicher Müßiggänger.
Zweite Verfilmung des ersten Tom Ripley-Romanes (hier: Matt Damon, 1960 in der legendären Erstverfilmung „Nur die Sonne war Zeuge“ von René Clement war es Alain Delon) – dieses Mal als klassisches Hollywood-Kino, welches die Atmosphäre der 50er perfekt rekonstruiert. „Der talentierte Mr. Ripley“ ist im Wesentlichen nettes, etwas langatmiges, nicht sonderlich fesselndes Ausstattungskino.
Der Film war unter anderem für den Edgar Alan Poe Award nominiert.
Mit Matt Damon, Gwyneth Paltrow, Jude Law, Cate Blanchett, Philip Seymour Hoffman, Jack Davenport, James Rebhorn, Philip Baker Hall, Lisa Eichhorn
Von der großen Leinwand, also der wirklich großen IMAX-Leinwand, hat sich der Mann mit dem Hammer jetzt auf den Weg auf die kleinen Bildschirme gemacht. Da wirken dann einige Kloppereien nicht mehr so groß wie im Kino, aber der Spaß bleibt.
Das Marvel-Studio hat nämlich Taika Waititi mit der Regie für „Thor – Tag der Entscheidung“ beauftragt und ihm bei diesem dritten „Thor“-Einzelabenteuer freie Hand gelassen. Waititi ist ein Neuseeländer, der mit Komödien bekannt wurde. Wie die Pseudo-Doku „5 Zimmer Küche Sarg (What we do in the Shadows, Neuseeland 2014) über eine Vampir-WG im heutigen Wellington (Neuseeland) und ihre alltäglichen Probleme zwischen Hausputz (studentisch), Essgewohnheiten (blutig) und Abendgestaltung (eher einsam). Das war eine herrlich abgedrehte schwarze Komödie für Halloween. „Thor – Tag der Entscheidung“ ist dann weniger schwarzhumorig geraten.
Als nach dem Tod ihres Vaters Odin (Anthony Hopkins) die Schwester der miteinander verfeindeten Halbbrüder Thor (Chris Hemsworth), der Edle, und Loki (Tom Hiddleston), der Schlawiner, auftaucht, gibt es gleich Ärger. Denn die Todesgöttin Hela (Cate Blanchett) ist ziemlich verärgert. Als Erstgeborene will sie die ihr zustehende Macht über Asgard haben. Sofort befördert sie ihre Brüder, die bislang nichts von ihr wussten, an das letzte Ende der Galaxis auf den Schrottplaneten Sakaar. Dort regiert der Grandmaster (Jeff Goldblum). Wie es sich für einen egozentrischen Herrscher mit Klatsche gehört, erfreut er mit eratischem Gehabe. Zum Ämusement des Volkes veranstaltet er Gladiatorenkämpfe. Bei dem nächsten Kampf soll Thor gegen das unbesiegbare grüne Monster kämpfen. Also, eigentlich soll er sich von ihm töten lassen. Als Thor in der Arena steht, erkennt er das Monster sofort: Es ist sein alter Freund Bruce Banner (Mark Ruffalo), der seit längerem als Hulk lebt und extrem – – – hulkig ist.
Und das ist erst der Anfang des neuesten Thor-Abenteuers.
Waititi erzählt seine Geschichte mit vielen Abweichungen und irrwitzigen Einfällen als durchgeknallte, herrlich respektlose Nummernrevue. Mit viel Slapstick in und zwischen den Kloppereien. Und viel Witz und Situationskomik zwischen den Kloppereien.
Thor, der als hammerschwingender Sohn von Odin mit Goldlocken, schon immer etwas lächerlich war, darf hier seinen Spruch „Ich bin Thor, Sohn von Odin“ ungefähr ein Dutzend Mal voller Inbrust und mit heiligem Ernst, als sei es ein tiefschürendes Shakespeare-Zitat, aufsagen. Die Angesprochenen sind von dieser Vorstellung wenig beeindruckt. Denn Thor ist ein Trottel. In einer Trottelgeschichte. Das ist in diesem Umfang eine vollkommen neue und sehr vergnügliche Dimension im Marvel Cinematic Universe.
Die Standard-DVD hat kein Bonusmaterial.
Derzeit läuft im Kino noch sehr erfolgreich das nächste Marvel-Einzelabenteuer „Black Panther“.
Am 26. April läuft „Avengers: Infinity War“ an. Der neue Trailer des über zweieinhalbstündigen Films mit über sechzig Hauptcharakteren, so heißt es infinitiv aus dem Hause Marvel, sieht so aus:
–
Thor: Tag der Entscheidung (Thor: Ragnarok, USA 2018)
Regie: Taika Waititi
Drehbuch: Eric Pearson, Craig Kyle, Christopher L. Yost
LV: Charaktere von Stan Lee, Larry Lieber, Jack Kirby
mit Chris Hemsworth, Tom Hiddleston, Cate Blanchett, Idris Elba, Jeff Goldblum, Tessa Thompson, Karl Urban, Mark Ruffalo, Anthony Hopkins, Benedict Cumberbatch, Sam Neill, Stan Lee, Matt Damon (ungenannt)
–
DVD
Marvel/Walt Disney Studios Home Entertainment
Bild: 2,39:1 (16:9)
Ton: Deutsch, Englisch, Türkisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch für Hörgeschädigte, Türkisch
„Manifesto“ funktioniert als Leistungsschau von Cate Blanchett prächtig. Als Film höchstens mittelmäßig. Das liegt daran, dass Film- und Videokünstler Julian Rosefeldt für „Manifesto“ Blanchett zwölf verschiedene Rollen spielen und dabei Ausschnitte aus unzähligen Manifesten vortragen lässt. Erst im Abspann erfährt man, welche Texte in welchen Filmsegmenten vorgetragen wurden. Bis dahin sind sie nur mehr oder weniger passende Textbausteine unbekannter Herkunft, die mehr oder weniger stark im Widerspruch zu der Filmszene sind. Das ist, wenn Worte, Bilder und Situationen zu sehr auseinanderklaffen, absurd und amüsant. Wenn, zum Beispiel, eine Lehrerin sichtlich überforderten Grundschülern mit ernster Stimme sagt: „Nichts ist originär. Klaut von allem, was euch inspiriert oder eure Fantasie anregt.“ Aber oft ist es nur ein intellektuelles Schattenspiel, das dem Zuschauer alle Informationen zu einem tieferen Verständnis vorenthält.
So trägt ein Obdachloser (Blanchett) Manifeste des Situanismus vor, eine Börsenmaklerin (wieder Blanchett) des Futurismus, eine Arbeiterin in einer Müllverbrennungsanlage (wieder Blanchett) der Architektur, eine Geschäftsführerin bei einem privaten Empfang (wieder – na, so langsam dürft ihr es begriffen haben) des Vortizismus, Blauer Reiter und Abstrakten Expressionismus, eine tätowierte Punkerin des Estridentismus und Kreationismus, eine Wissenschaftlerin des Suprematismus und Konstruktivismus, eine Trauerrednerin des Dadaismus, eine Puppenspielerin des Surrealismus und Spatialismus, eine konservative Mutter mit Familie der Pop Art, eine Choreographin des Fluxus, Merz und Performance, eine Nachrichtensprecherin und Reporterin der Konzeptkunst und des Minimalismus, und eine Lehrerin der Filmkunst. Dabei nimmt sich Rosefeldt aus den einzelnen Manifesten die Sätze, die ihm gefallen und er montiert sie zu einem neuen Metatext, der dann interessant ist, wenn man die Texte, ihre philosophischen und historischen Hintergründe kennt und so auch bemerkt, wo sie überraschende Gemeinsamkeiten oder unüberbrückbare Unterschiede in ihrem Theoriegebäude und ihrer Weltanschauung haben; – falls man die Theoriegebäude überhaupt kennt.
In der hier gewählten Version eines Spielfilms funktioniert das eher nicht. In einer Ausstellung als Filminstallation (und das war „Manifesto“ in seiner ersten Präsentationsform) funktioniert so etwas besser; wenn man die einzelnen Filmsegmente als Startpunkt für eine tiefere Beschäftigung mit den Autoren und ihren Theoriegebäuden sieht. In einer Ausstellung sind diese Informationen normalerweise vorhanden. Im Kino nicht.
So ist „Manifesto“ eine Versuchsanordnung, die zeigt, wie wandlungsfähig Cate Blanchett ist. Auch wenn man weiß, dass sie alle Rollen spielt, muss man manchmal zwei-, dreimal hinsehen, um sie zu erkennen.
Gedreht wurde der Film an elf Drehtagen in Berlin und der näheren Umgebung.
Weil Jasmine es unerträglich fände, von ihren Freundinnen aus der New Yorker Oberschicht an der Kasse gesehen zu werden, quartiert sie sich nach der Totalpleite ihres Mannes in San Francisco bei ihrer Schwester Ginger ein. Die bodenständige Ginger will Jasmine helfen, aber sie lebt in ihrer eigenen Traumwelt.
TV-Premiere eines von der Kritik abgefeierten Woody-Allen-Films vier Jahre nach dem Kinostart zu einer unmöglichen Uhrzeit.
Zum Kinostart meinte ich zu diesem um eine quirlige Schwester und etwas Wirtschaftskrimi angereichertes Quasi-Remake von Amos Kolleks „Sue – Eine Frau in New York“: „ein etwas zwiespältiges Vergnügen, trotz der gewohnt grandiosen Schauspieler und der gut gespielten Szenen, die mal mehr auf die Mike-Leigh-Schule, mal mehr in Richtung Ingmar Bergman, auch etwas in Richtung High-Society-Satire schielen und alle im Woody-Allen-Kosmos grundiert sind.“
mit Cate Blanchett, Sally Hawkins, Alec Baldwin, Peter Sarsgaard, Louis C. K., Bobby Cannavale, Michael Stuhlbarg, Andrew Dice Clay, Max Casella, Alden Ehrenreich, Tammy Blanchard
Seinen neuen Film drehte Terrence Malick in Austin, Texas. Unter anderem bei den dortigen Rockmusikfestivals und neben den Filmstars sind auch etliche Rockmusiker, wie Patti Smith, Iggy Pop und John Lydon (aka Johnny Rotten), dabei. Das macht „Song to Song“ allerdings nicht zu einem Film über die Musikszene von Austin oder die Rockmusik. Sie ist nur der beliebig austauschbare Hintergrund für Malickrismen, die in der richtigen Stimmung ihren Reiz entfalten können, meistens aber nur als Kunstkitsch nerven. Auch in seinem vorherigen Film „Knight of Cups“, in dem Christian Bale einen erfolgreichen Hollywood-Comedy-Drehbuchautor in einer Midlife-Crisis spielte, war es so. Da wurde im Presseheft zwar behauptet, dass Bale einen Autor spielte, aber man sah ihn nie bei der Arbeit und man erfuhr nichts, aber auch absolut nichts über Hollywood. Bale hätte genausogut jeden anderen Beruf ausüben können.
Im Gegensatz zu Malicks vorherigen Filmen ist in „Song to Song“ fast eine Geschichte erkennbar. Wenn man „Geschichte“ als eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Synopse, Film und Wahrnahme des Films sieht. Bei „Knight of Cups“ war die Synopse dagegen nur eine mögliche Zusammenfassung des Films. Bei „Song to Song“ geht es um eine junge Musikerin (Rooney Mara), die zwischen zwei Männern steht. Der eine ist ein erfolgreicher Musikproduzent (Michael Fassbender). Der andere ein aufstrebender Songwriter (Ryan Gosling). Sie ist mit beiden mal zusammen, mal getrennt. Mit einem gründet sie dann eine Familie.
An dieser „Geschichte“ hängt Terrence Malick seine Bilder auf, die sich nie um eine nachvollziehbare Chronologie kümmern und bei denen man auch überhaupt nicht versuchen sollte, sie in eine Chronologie zu pressen. Das war schon bei seinen vorherigen Filmen, die er seit 2011 mit „The Tree of Life“ in einem wahren Schaffensrausch heraushaute, so. Es geht Malick nicht um eine Geschichte, sondern nur um eine ästhetisch ansprechende Symphonie von Bildern und Tönen. Und genauso sehr, wie sich die Filme ähneln, könnte man einfach eine alte Besprechung recyclen. Denn wie in Malicks vorherigen Filmen ist der pompös herausgestellte Ort und das achsowichtige Milieu der Geschichte für die Handlung und die Charaktere vollkommen egal. So dürfen die Schauspieler in „Song to Song“ zwar, wie Groupies, im Backstage-Bereich der Bühne herumstehen und über das Festivalgelände streunen, aber sie könnten genausogut beliebige Festivalbesucher oder Freunde der Veranstalter sein. Am Ende der zwei Stunden wissen wir noch nicht einmal, welche Musik Faye, Cook und BV machen; außer dass es keine Klassik ist. Dann wären sie durch ein Opernhaus gestolpert.
Entsprechend beliebig ist der Soundtrack, den wahrscheinlich ein jüngerer Mitarbeiter von Malick als Mix-Tape zusammenstellen durfte, und die Auftritte der teils groß herausgestellten Rockmusiker. Bis auf Patti Smith beschränken sich ihre Auftritte auf Ein-Satz-Statements im Backstage-Bereich. Gedreht wurde während dem 2012er Austin City Limits Festival, dem South by Southwest Festival (SXSW) und dem Fun Fun Fun Fest. Im Film gibt es einige kurze Konzertausschnitte und Backstage-Impressionen mit mehr oder weniger bekannten Musikern und Bands.
Immerhin können die Austin-Festivalmacher sich über einen großen Werbefilm für Austin freuen. Die Weltpremiere des Films war dann auch am 10. März 2017 auf dem SXSW.
Fans der neuen Malick-Filme werden in „Song to Song“ all das finden, was ihnen an seinen in diesem Jahrzehnt gedrehten Filmen gefiel. Die schwebenden Bilder von Kameramann Emmanuel Lubezki; wobei die Festivalimpressionen sich nicht so wahnsinnig von anderen Konzertfilmen und Festivalberichten unterscheiden und sie auch nicht so schön wie Sonnenuntergänge in der Wüste sind. Die bedeutungsschwangeren Off-Texte, die dieses Mal von den verschiedenen Charakteren geflüstert werden und die die Liebesgeschichte etwas strukturieren. Über Kalenderweisheiten kommen sie allerdings nie hinaus. Und alles wird mit religiösem Kitsch zugekleistert.
Wobei es dieses Mal sehr lange dauert, bis der religiöse Kitsch in seiner ganzen Kraft zuschlägt. Dafür ist er am Ende des Films noch penetranter als in seinen vorherigen Filmen. Immerhin sorgte das Ende im Kinosaal für einen ungläubigen halbkollektiven Lacher und Oh-my-god-Stöhner. Denn Ironie, Witz, eine gewisse Doppeldeutigkeit oder ein Interpretationsspielraum bei der Botschaft kommen in Malicks Welt und im gesamten Film nicht vor. Dafür dürfen die Schauspieler, wie in seinen vorherigen Filmen, ohne Drehbuch improvisieren und so die Dreharbeiten als befreiende Selbsterfahrung erleben. Sie hatten sicher ihren Spaß. Für das Publikum ist das Ergebnis dann prätentiöser Quark mit banalreligiöser Beigabe, die immerhin schön aussieht.
Mit seinem grandiosen Frühwerk – „Badlands“ (1973), „In der Glut des Südens“ (Days of Heaven, 1978), „Der schmale Grad“ (The Thin Red Line, 1998) und, wenn auch sehr eingeschränkt, „The New World“ (2005) – hat „Song to Song“ nichts zu tun.
Song to Song (Song to Song, USA 2017)
Regie: Terrence Malick
Drehbuch: Terrence Malick
mit Ryan Gosling, Rooney Mara, Michael Fassbender, Natalie Portman, Cate Blanchett, Holly Hunter, Val Kilmer, Bérénice Marlohe, Lykke U, Tom Sturridge, Patti Smith, Iggy Pop, John Lydon, Florence Welch, The Black Lips, The Red Hot Chili Peppers (die meisten Auftritte bewegen sich im Cameo-Bereich)
Länge: 129 Minuten
FSK: ab 6 Jahre
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Aus der Freigabebegründung der FSK
Kindern im Grundschulalter bietet die Handlung praktisch keine Anknüpfungspunkte, weshalb sie eine große Distanz zu den Geschehnissen wahren können. Zugleich werden Kinder ab 6 Jahren von den teils mysteriös-poetischen Bilderwelten des Films nicht überfordert oder geängstigt.