Hereditary – Das Vermächtnis(Hereditary, USA 2018)
Regie: Ari Aster
Drehbuch: Ari Aster
Eigentlich ist Annie Graham über den Tod ihrer dominanten Mutter ganz froh. Trotzdem versucht sie sie während einer Séance zu kontaktieren. Dass das keine gute Idee ist, wissen gestandene Horrorfilmfans. Dass in diesem Moment schon die gesamte Familie Graham sich wie traumatisiert und von Dämonen getrieben durch das einsam gelegene Haus bewegt, trägt dann auch zur Beunruhigung gestandener Horrorfilmfans bei.
Überaus gelungenes, souverän inszeniertes Filmdebüts, das ein wirklicher Feel-Bad-Film ist. Auch sein zweiter Horrorfilm, „Midsommar“ überzeugte. Im Moment läuft sein dritter, deutlich schlechterer Film „Beau is afraid“ im Kino.
Knives out – Mord ist Familiensache (Knives out, USA 2019)
Regie: Rian Johnson
Drehbuch: Rian Johnson
Privatdetektiv Benoit Blanc soll herausfinden, wer den vermögenden Krimiautor Harlan Thrombey an seinem 85. Geburtstag ermordete. Blanc vermutet, dass der Mörder ein Familienmitglied ist.
TV-Premiere. Gelungenes, sehr unterhaltsames, witziges und stilbewusstes Update des klassischen Rätselkrimis.
Inzwischen ist der zweite Benoit-Blanc-Fall, „Glass Onion: A Knives Out Mystery“, abgedreht. Wieder inszeniert von Rian Johnson, wieder mit Daniel Craig als Benoit Blanc, wieder mit einigen bekannten Schauspielern als Verdächtige. Ob und wie lange Netflix den Film im Kino zeigt, ist unklar.
mit Daniel Craig, Chris Evans, Jamie Lee Curtis, Toni Collette, Don Johnson, Michael Shannon, Ana de Armas, Katherine Langford, LaKeith Stanfield, Jaeden Martell, Christopher Plummer, Riki Lindhome, Edi Patterson, Frank Oz, K Callan, Noah Segan, M. Emmet Walsh
Nur ein Narr wird bei dem Titel „Nightmare Alley“ ein Disney-Märchen erwarten. William Lindsay Greshams 1946 erschienener Roman ist ein Noir, der jetzt von Guillermo del Toro verfilmt wurde. Es ist die zweite Verfilmung. Die erste, mit Tyrone Power in der Hauptrolle, ist von 1947. Regie führte Edmund Goulding, Jules Furthman („Geächtet“, „Haben und Nichthaben“. „Tote schlafen fest“ und „Rio Bravo“) schrieb das Drehbuch und der deutsche Titel ist „Der Scharlatan“.
Dabei hat Stanton Carlisle, der titelgebende Scharlatan, der in der neuesten Version von Bradley Cooper gespielt wird, durchaus Talente. Er entdeckt sie bei einem kleinen Wanderzirkus. Dort trifft er auf Zeena (Toni Collette) und Pete Krumbein (David Strathairn), die eine Wahrsage-Show haben. Sie ist eine Mischung aus Betrug und praktisch angewandter Menschenkenntnis. Denn die Wünsche und Ängste der verschiedenen Menschen unterscheiden sich kaum. Nach Petes Tod wird Stanton Zeenas Partner.
Später verlässt Stanton mit der Zirkusartistin Molly Cahill (Rooney Mara) den Zirkus. Zum Abschied legt Zeena ihm die Tarotkarten. Er ist der Gehängte – und das ist keine gute Karte.
Jahre später hat er als „Der große Stanton“ in noblen Establishments eine Wahrsage-Show als umjubelter Mentalist. Bei einem seiner Auftritte trift er auf Dr. Lilith Ritter (Cate Blanchett). Sie wird die dritte wichtige Frau in seinem Leben und sie ist die erste Frau, die ebenso zielgerichtet wie er Menschen manipuliert. Die Psychoanalytikerin schlägt ihm eine Zusammenarbeit vor. Ihre Kundschaft ist vermögend. Sie können also Informationen, die sie während ihrer Analysesitzungen aus deren Leben erfährt, gewinnbringend in Stantons Gedankenleser-Shows einbauen. Zuerst erzählt er seinen nichtsahnenden Kunden Details aus deren Leben, die er unmöglich wissen kann. Danach zieht er ihnen das Geld aus den gut gefüllten Taschen.
Ihr erstes Opfer soll Ezra Grindle (Richard Jenkins) sein. Der stinkreiche und überaus misstrauische Industriemagnat fühlt sich immer noch schuldig für den schon Jahrzehnte zurückliegenden Tod seiner großen Liebe.
Die Geschichte von Stanton Carlisle wird gemeinhin als düstere Versionen vom amerikanischen Traum beschrieben. Es geht um das Streben nach Geld und Ruhm und wie real dieses „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Versprechen ist. Damit dürfte klar sein, wo Stans Geschichte endet; auch wenn einige über das deprimierend bittere Ende erstaunt sein werden. Der Roman und die erste Verfilmung sind kleinere Noir-Klassiker, die bei uns fast unbekannt sind. „Der Scharlatan“ hatte 1954 seinen deutschen Kinostart. Die erste deutsche Überetzung des Romans erschien 2019.
In der aktuellen Heyne-Hardcore-Ausgabe hat der Roman über fünfhundert Seiten. Damit ist er deutlich umfangreicher als ein normaler Noir- oder Pulp-Roman, der oft keine zweihundert Seiten benötigt, um seine Geschichte zu erzählen. Dafür gibt Gresham vor allem im ersten Drittel des Romans einen fundierten, für die Hauptgeschichte eher nebensächlichen, aber höchst kurzweiligen Einblick in das Leben eines Wanderzirkusses und mit welchen Tricks den ahnungslosen Kunden das Geld aus der Tasche gezogen wird.
Es ist allerdings auch ein sich über viele Jahre, die zu Jahrzehnten werden, erstreckender Roman, der teilweise mit großen Zeitsprüngen erzählt wird. Das führt zu einer episodischen Struktur, die auf Erklärungen und klare Ursache-Wirkungs-Mechanismen verzichtet. Stantons Auf- und Abstieg erscheint dabei, trotz einiger Hinweise, die in den verschiedenen Versionen leicht unterschiedlich gewichtet und so auch deutlicher herausgearbeitet werden, weniger in seiner Person angelegt, als dem Willen des Autors zu gehorchen.
Schließlich steht Stantons Ende von Anfang an fest. Er ist, wie Zeena ihm aus den Tarotkarten liest, der Gehängte. Er ist am Ende wieder am Anfang. Stanton ist am Ende sogar in einer schlechteren Lage als am Anfang der Geschichte. Sein schlimmster Alptraum wird wahr. Insofern ist der letzte Satz von del Toros Version grandios. Es ist ein Satz, auf den Gresham verzichtete.
Guillermo del Toro übernimmt, bis auf einige kleine Änderungen, Greshams Geschichte. Es sind hier und da Kürzungen. So tritt Stanton im Roman auch als Geistlicher und Oberhaupt der von ihm gegründeten Kirche der Himmlischen Botschaft auf. Einige Handlungsorte wurden verändert. Dadurch wird die Geschichte filmischer und es gibt in den Momenten auch Anspielungen auf andere Filme.
Über hundertfünfzig Minuten benötigt del Toro dann, um Stantons Geschichte zu erzählen. Er erzählt sie extrem langsam und mit großem pathetischem Ernst; als habe er einen bedeutungsschweren Roman der Hochkultur verfilmt.
Dabei hätte „Nightmare Alley“ von einer kürzeren Laufzeit von unter zwei Stunden, einem eindeutigerem thematischen Fokus und einer damit verbundenen Zuspitzung profitiert, gerne mit mehr Pulp-Gestus und Schwarzem Humor.
Auch die Hauptfiguren Stanton, Lilith Ritter und Molly bleiben blass. Zu sehr müssen sie den Vorgaben der Geschichte gehorchen.
Vor allem Stanton bleibt erstaunlich blass als Scharlatan, der mit seiner Menschenkenntnis und seinen Tricks die Menschen begeistern kann. Ihm fehlt die Faszination des Bösen. Entsprechend unbeteiligt verfolgen wir seine Taten. Seinen Aufstieg vom Wanderzirkus zum Wahrsager und die Probleme, die er dabei hatte, sehen wir nicht. So fehlen – in jeder Version der Geschichte – die Jahre zwischen seinem Abschied aus dem Zirkus und seinem Auftritt im mondänen Nachtclub „Club Copacabana“. Gleichzeitig, wenn später der ihm von Zeena in den Tarotkarten prophezeite und überaus rasante Abstieg beginnt, bedauert man ihn nicht. Auch hier fehlen wieder wichtige Zwischenstationen. Stattdessen ist er in einem Moment „top of the world“ und im nächsten ein in der Gosse liegender Obdachloser. Unklar bleibt, wie es dazu kommt. Als Zuschauer können wir einige Vermutungen anstellen. Gelungen ist in dieser Beziehung Gouldings Version, die von Anfang an auf die verheerende Wirkung des Alkohols hinweist und Stantons Abstieg mit seiner Trunksucht erklärt.
Guillermo del Toro hat viel zu viel Respekt vor der Vorlage, die er nur edel bebildert. Seine „Nightmare Alley“ ist zu sehr von ihrer eigenen Wichtigkeit und Bedeutsamkeit überzeugt, um wirklich zu begeistern.
Nightmare Alley (Nightmare Alley, USA 2021)
Regie: Guillermo del Toro
Drehbuch: Guillermo del Toro, Kim Morgan
LV: William Lindsay Gresham: Nightmare Alley, 1946 (Nightmare Alley)
mit Bradley Cooper, Cate Blanchett, Toni Collette, Willem Dafoe, Richard Jenkins, Rooney Mara, Ron Perlman, Mary Steenburgen, David Strathairn, Jim Beaver, Tim Blake Nelson
Länge: 151 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
–
Die Vorlage
Willliam Lindsay Gresham: Nightmare Alley
(übersetzt von Christian Veit Eschenfelder und Anja Heidböhmer)
Kurz nach dem Start fällt Captain Marina Barnett buchstäblich ein Blinder Passagier vor die Füße. Aus unbekannten und nie geklärten Gründen wurde er vor dem Abflug nicht entdeckt und jetzt ist es zu spät, um die zweijährige Mission noch zu stoppen. Michael Adams, so heißt der Blinde Passagier, ein Techniker vom Bodenpersonal, muss mit zum Mars fliegen. Die Medizinerin Zoe Levenson und der Biologe David Kim nehmen ihn als viertes Mitglied in ihre Crew auf. Es wird zwar etwas enger sein, aber es wird schon gehen.
Dummerweise bemerken sie kurz darauf, dass in Michaels Versteck ein Versorgungssystem irreparabel geschädigt wurde. Die Luft reicht nicht, sie alle lebendig zum Mars zu befördern.
„Stowaway – Blinder Passagier“ ist ein Hard-Science-Fiction-Film, wie „Der Marsianer – Rettet Mark Watney“ oder „Gravity“. Deshalb stehen die Bemühungen der Crew, aus ihrer misslichen Lage zu kommen und wie ihnen das auch in der Realität gelingen könnte, im Zentrum.
Außerdem sind die Astronauten normale Menschen, die auch in einer Extremsituation die Nerven behandeln und ihr Wissen zum Finden von Lösungen einsetzen. Es geht um Mathematik, Variablen, Wahrscheinlichkeiten, Unmöglichkeiten und darauf basierenden Improvisationen.
Joe Penna konzentriert sich in seinem Film auf diese vier Menschen im Raumschiff. Eine Welt außerhalb des Raumschiffs gibt es nicht. Bei Gesprächen mit der Zentrale, sehen wir diese nicht, hören nicht deren Antworten und erfahren nur durch Barnetts Statement, dass sie alles tun würden, um sie zu retten. Es ist, als habe man bei „Der Marsianer“ alle Szenen, die nicht Watney Überlebenskampf auf dem Mars zeigen, herausgeschnitten. Diese Heransgehensweise verstärkt die Isolation der Marsreisenden.
Einige Dinge habe ich allerdings nicht verstanden. Zum Beispiel, warum es nicht weitere Luftreinigungssysteme gibt und wie Michael in sein Versteck gekommen ist. Auch der Außenaufbau des Raumschiffs erschien mir etwas seltsam und, auch im Weltraum, unpraktisch. Er war allerdings wichtig für den Höhepunkt des Films.
Warum sie die Mission wenige Stunden nach dem Beginn nicht mehr abbrechen, wird im Film ebenfalls nicht genauer erklärt. Sie scheinen aber eine Technik anzuwenden, die auf dem von Astronaut Buzz Aldrin vorgeschlagenem Mars-Cycler-Konzept beruht. Die Idee ist, das Raumschiff, wie eine Kugel, zum Ziel zu schießen. Und wie eine Kugel, die den Lauf der Waffe verlassen hat, kann das sich auf dem Weg zum Mars befindende Schiff dann nicht mehr gestoppt werden.
Für diese und ähnliche Fragen wäre ein Audiokommentar von oder ein Gespräch mit einem Experten hilfreich gewesen. Im Film hätten solche Erklärdialoge, in denen ein Experte dem anderen Experten erklärt, was er weiß, genervt.
Insgesamt wirkt die Filmgeschichte äußerst realistisch und es ist auch angenehm, einfach Profis bei der Arbeit, die sie ruhig und kompetent verrichten, zu beobachten. Auch das ist spannend.
Regisseur Joe Penna und sein Co-Autor Ryan Morrison arbeiteten bereits bei Pennas Debütspielfilm „Arctic“, über den Überlebenskampf eines Mannes (Mads Mikkelsen) in der Arktis, zusammen.
Little Miss Sunshine (Little Miss Sunshine, USA 2006)
Regie: Jonathan Dayton, Valerie Faris
Drehbuch: Michael Arndt
Die siebenjährige Olive Hoover will an einem Schönheitswettbewerb teilnehmen. Also macht sich die Familie (eine sympathische Ansammlung gescheiterter Existenzen) in einem klapprigen VW-Bus auf den Weg quer durch die USA.
„Sehenswert.“ (Lexikon des internationalen Films)
Ein Feelgood-Independent-Movie, das unter anderem zwei Oscars erhielt (Drehbuch und beste Nebenrolle, es war auch als bester Film des Jahres nominiert) und ein Kritiker- und Publikumserfolg war.
Mit Abigail Breslin, Greg Kinnear, Paul Dano, Alan Arkin, Toni Collette, Steve Carell
Über viele Jahre, eigentlich schon Jahrzehnte, gab es traditionelle Rätselkrimis nur noch in Büchern und im Fernsehen. Erst mit der Kenneth Branaghs starbesetzter Agatha-Christie-Verfilmung „Mord im Orientexpress“ kehrte das locked-room-mystery wieder ins Kino zurück. Der Krimi war ein Kassenhit. Inzwischen dreht er, wieder mit vielen Stars, seine nächste Agatha-Christie-Verfilmung „Tod auf dem Nil“.
Dazwischen hat jetzt Rian Johnson sein locked-room-mystery geschmuggelt. Ohne eine literarische Vorlage, nach seinem Drehbuch, mit vielen Verweisen auf die literarischen und filmischen Vorbilder und mit vielen bekannten Schauspielern. Daniel Craig spielt den brillanten Privatermittler Benoit Blanc. Die Verdächtigen werden von Jamie Lee Curtis, Don Johnson, Chris Evans, Toni Collette, Michael Shannon und Ana de Armas gespielt. Und das Opfer von Christopher Plummer. Er spielt den renommierten Krimiautor Harlan Thrombey, der gerade, pünktlich zu seinem 85. Geburtstag, sein Testament geändert hat. Seine Familie, die aus unterschiedlichen Gründen auf das Geld spekulierte, ist entsetzt. Schließlich hat er sie mit seinem Vermögen schon seit Jahren durchgefüttert und sie haben das Erbe bereits fest für ihren Lebensstil eingeplant.
In der Nacht stirbt Harlan Thrombey in seinem Zimmer. Die Spuren, vor allem die Blutspuren, die Schnittwunde an seinem Hals und die in seiner Hand liegende Tatwaffe sprechen für einen Suizid. Auch wenn vollkommen rätselhaft ist, warum der durchaus rüstige Krimiautor sich umgebracht haben könnte.
Bevor die Polizei den Fall abschließen kann, mischt sich Benoit Blanc ein. Der Privatermittler hat einen Brief erhalten. In dem Brief steht, Harlan Thrombey wurde ermordet.
Blanc überprüft, nachdem die Polizei das schon getan hat, noch einmal die Alibis und Motive der Familienmitglieder und des Personals, wozu vor allem Harlan Thrombeys hispanische Pflegerin Marta (Ana de Armas) gehört. Sie ist die letzte Person, die den Ermordeten lebend sah. Für ihre Unschuld spricht, neben ihrem guten Wesen (für gestandene Rätselkrimifans kein stichhaltiger Grund), dass sie, immer wenn sie lügt, sich übergeben muss. Das passiert ihr, bis der Mörder überführt ist, öfter.
Schnell findet Blanc in den Aussagen der Menschen, die in der Tatnacht im Haus waren, Widersprüche und Merkwürdigkeiten. Das stiftet ihn zu weiteren Fragen und Ermittlungen bei den gar nicht ehrbaren Mitgliedern der Thrombey-Sippe an.
„Knives out – Mord ist Familiensache“ setzt sich als liebevoll-ironische Auseinandersetzung mit dem traditionellem Rätselkrimi etwas unglücklich zwischen die Stühle. Für eine Komödie ist der Film zu ernst. Für einen ernsten Krimi ist er dann wieder zu unernst. Und das Rätsel ist, was vielleicht auch daran liegt, dass ich den Täter schon vor dem Filmstart erriet, zu leicht zu durchschauen.
Dafür sind die Schauspieler gut aufgelegt. Sie dürfen einen typisch britischen Clan von Neureichen, Aasgeiern und Erbschleichern verkörpern, die alle von dem Geld des Familienpatriarchen profitieren. Auch Thrombeys Anwesen erinnert an die altehrwürdigen britischen Landhäuser, in denen schon Hercule Poirot Mörder suchte. Weil die Geschichte in den USA in der Gegenwart spielt, gibt es dann einige Anspielungen auf die dortigen Lebensverhältnisse und auch einige moderne, für die Handlung letztendlich unerhebliche Gegenstände und Fahrzeuge.
So ist „Knives out“ ein vergnüglicher und stilbewusster Rätselkrimi, der allerdings lange nicht so gut ist, wie die euphorischen angloamerikanischen Kritiken vermuten lassen.
Knives out – Mord ist Familiensache (Knives out, USA 2019)
Regie: Rian Johnson
Drehbuch: Rian Johnson
mit Daniel Craig, Chris Evans, Jamie Lee Curtis, Toni Collette, Don Johnson, Michael Shannon, Ana de Armas, Katherine Langford, LaKeith Stanfield, Jaeden Martell, Christopher Plummer, Riki Lindhome, Edi Patterson, Frank Oz, K Callan, Noah Segan, M. Emmet Walsh
Ein Psychologe will einem Kind, das tote Menschen sieht, helfen.
Ein gewaltiger Publikumserfolg, inzwischen schon ein Klassiker und M. Night Shyamalans bester Film. Mit „The Sixth Sense“ erlebten wir ein grandioses Twist-Ende (mit schönen Grüßen von der „Twilight Zone“), das seitdem unzählige, schlechtere Nachahmer inspirierte.
mit Bruce Willis, Toni Collette, Oliva Williams, Haley Joel Osment, Donnie Wahlberg, Mischa Barton
auch bekannt als „Der sechste Sinn“ (Kinotitel, an den sich inzwischen wohl niemand mehr erinnert)
Ein Psychologe will einem Kind, das tote Menschen sieht, helfen.
Ein gewaltiger Publikumserfolg, inzwischen schon ein Klassiker und M. Night Shyamalans bester Film. Mit „The Sixth Sense“ erlebten wir ein grandioses Twist-Ende (mit schönen Grüßen von der „Twilight Zone“), das seitdem unzählige, schlechtere Nachahmer inspirierte.
mit Bruce Willis, Toni Collette, Oliva Williams, Haley Joel Osment, Donnie Wahlberg, Mischa Barton
auch bekannt als „Der sechste Sinn“ (Kinotitel, an den sich inzwischen wohl niemand mehr erinnert)
Little Miss Sunshine (Little Miss Sunshine, USA 2006)
Regie: Jonathan Dayton, Valerie Faris
Drehbuch: Michael Arndt
Die siebenjährige Olive Hoover will an einem Schönheitswettbewerb teilnehmen. Also macht sich die Familie (eine sympathische Ansammlung gescheiterter Existenzen) in einem klapprigen VW-Bus auf den Weg quer durch die USA.
„Sehenswert.“ (Lexikon des internationalen Films)
Ein Feelgood-Independent-Movie, das unter anderem zwei Oscars erhielt (Drehbuch und beste Nebenrolle, es war auch als bester Film des Jahres nominiert) und ein Kritiker- und Publikumserfolg war.
Mit Abigail Breslin, Greg Kinnear, Paul Dano, Alan Arkin, Toni Collette, Steve Carell
Nachdem Alice Racine in Paris einen Anschlag nicht verhindern konnte, nimmt die CIA-Verhörspezialistin eine Auszeit vom aktiven Dienst zugunsten eines ruhigen Undercover-Jobs. In London lebt sie jetzt unauffällig als Sozialarbeiterin und trifft sich immer wieder mit ihren Kontaktleuten vom britischen und amerikanischen Geheimdienst.
Eines Tages erhält sie eine Nachricht: sie soll einen Kurier für einen islamistischen Terrorpaten befragen. Die Informationen könnten einen B-Waffen-Anschlag verhindern.
Während des Verhörs erhält sie einen Anruf von der CIA, die sie für genau dieses Verhör haben möchte. In dem Moment ist ihr klar, dass die Londoner CIA-Abteilung von irgendwelchen Bösewichtern unterwandert wurde und die Männer, die das Verhör überwachen, keine CIAler sind.
Racine versucht mit dem Gefangenen, der ihr vertraut, zu flüchten. Er wird auf ihrer Flucht aus dem Verhörzimmer (das in einem Hotel ist) erschossen. Als sie ihren väterlichen CIA-Vertrauten Eric Lasch um Rat fragen will, wird dieser ebenfalls erschossen.
Vor seinem Tod hat er ihr die Adresse eines dem CIA unbekannte, sicheren Wohnung verraten.
Als sie sie betritt, erwischt sie den Einbrecher Jack Alcott auf frischer Tat. Er belauscht ihr Telefonat mit dem Leiter des Londoner CIA-Büros, rettet sie vor einigen schwerbewaffneten Polizisten und will ihr unbedingt helfen, den geplanten Anschlag zu verhindern.
Aber kann sie ihm vertrauen? Und, viel wichtiger, warum sollte sie ihm vertrauen?
Das ist wahrscheinlich der unglaubwürdigste Moment in Michael Apteds Agenten-Thriller „Unlocked“: ein Einbrecher will einer Agentin helfen, anstatt möglichst schnell abzuhauen. Und sie ist, ohne einen ersichtlichen Grund, einverstanden. Sie ist eine ausgezeichnete Kämpferin; – Hey, sie wird von „Lisbeth Salander“ Noomi Rapace gespielt, die, ohne mit der Wimper zu zucken, Computertastaturen und Sandsäcke vertrimmt. Sie kann mehrere Sprachen. Sie kennt sich mit Computern aus. Sie hat immer noch ausgezeichnete Verbindungen in die Geheimdienste. Kurz: Sie braucht Alcott nicht.
Der Plot selbst ist eine dieser sattsam bekannten Agentengeschichten, in der wir überrascht sein sollen, wenn sich der gute Vorgesetzte als Bösewicht entpuppt, der den Anschlag plant, weil er die Politiker in Washington oder London für Weicheier hält und er nur so die nötigen Rechte und Mittel für seinen Kampf gegen den islamistischen Terror erhält. Als müssten Geheimdienste seit 9/11 mit schrumpfenden Budgets und immer weniger Rechten kämpfen.
Trotzdem ist gegen diesen, zugegeben hanebüchenen, Plot nichts einzuwenden, wenn er richtig präsentiert wird. Dann vergisst man gerne, dass diese unglaublich komplizierten Verschwörungen, in denen jeder jeden betrügt, nur im Universum eines Films funktionieren können. Wobei „Unlocked“ auch hier mit einigen bemerkenswerten Plotlöchern zu kämpfen hat, deren Diskussion ich mir jetzt erspare, weil sie zu viel von der Geschichte und den überraschenden Wendungen verraten würde.
Michael Apted, der mit Filmen wie „Gorky Park“, „Gorillas im Nebel“, „Halbblut“, „James Bond: Die Welt ist nicht genug“ und „Enigma“ zeigte, dass er sein Handwerk in ungefähr jedem Genre versteht, inszenierte „Unlocked“ als bräsige Pflichtübung, die, auch wegen des Drehbuchs, niemals auch nur ansatzweise das Potential der Geschichte ausschöpft oder von seinem Cast mehr als Dienst nach Vorschrift verlangt. Und der kann sich sehen lassen. Neben Rapace spielen Orlando Bloom, Toni Collette, John Malkovich und Michael Douglas mit. Ohne erkennbares Engagement auf Autopilot in einem Agententhriller, der ebenfalls auf Autopilot ins Ziel fliegt.
Unlocked(Unlocked, USA 2017)
Regie: Michael Apted
Drehbuch: Peter O’Brien
mit Noomi Rapace, Orlando Bloom, Toni Collette, John Malkovich, Michael Douglas, Matthew Marsh, Makram Khoury, Brian Caspe, Philip Brodie, Tosin Cole, Michael Epp, Tom Reed
Erinnert ihr euch noch an „xXx – Triple X“? Das war vor fünfzehn Jahren ein rabaukiger Actionfilm, die Vulgär-Version eines James-Bond-Films mit viel „The Fast and the Furious“-Gefühl, aber ohne das ganze Familien- und Kameradschaftsgedöns. Bei den Actionszenen kam dann, zu Land, zu Wasser, in der Luft und dazwischen, alles zum Einsatz, was das Herz des Actionfans erfreut. Vin Diesel verkörperte den muskelbepackten Helden Xander Cage, genannt „Triple xXx“ wegen seiner xXx-Tätowierung im Nacken, förmlich. Etwaige Bedenken hinsichtlich seiner schauspielerischen Fähigkeiten fegte er mit einem breiten Grinsen weg. Er war xXx. Damals hatte er mit Dominic Toretto in „The Fast and the Furious“ (2001) und dem blinden Weltraumkrieger Riddick in „Pitch Black“ (2000) seinen Durchbruch an der Kinokasse.
Er war ein Star und wollte auch andere Rollen spielen.
Beim zweiten „Fast & Furious“-Film spielte er nicht mit. Inzwischen ist er schon lange wieder zu dem kommerziell sehr einträglichem Actionfranchise zurückgekehrt. Mit Riddick gab es weitere Filme, die kommerziell und künstlerisch nicht besonders überzeugend ausfielen.
Auch beim zweiten „xXx“-Film war er nicht dabei. In dem Actionfilm hieß es, Xander Cage sei bei einem Anschlag gestorben. Ice Cube übernahm als Darius Stone die Rolle des Agenten. Der Film war bei der Kritik und dem Publikum ein Flop. Danach dachte man, dass das geplante Franchise tot sei.
Aus heutiger Perspektive ist der Film als Frühwerk von Drehbuchautor Simon Kinberg und damit als Vorschau auf die heutigen Superheldenfilme interessant. So ist der die Welt bedrohende Feind Teil der US-Administration. Also ein scheinbar Guter, der in Wirklichkeit ein Bösewicht ist. Der Held und seine Organisation sind existentiell bedroht, werden oft auch aufgelöst, und jeder Tod kann ein Täuschungsmanöver sein (vor allem wenn der Tote von einem bekannten Schauspieler gespielt wird). Kinberg war, teilweise als Autor, meist als Produzent, in die „X-Men“-Filme, „Fantastic Four“ und „Deadpool“ involviert.
Jetzt gibt es die höchstens von Vin-Diesel-Fans heiß erwartete Rückkehr des Xander Cage. Denn Vin Diesel, der neben dem „Fast & Furios“-Franchise gerne ein zweites lukratives Standbein hätte, spielt wieder den vulgär-großmäuligen, grundsympathischen Extremsportler, der sich wie ein kleines Kind freut, wenn um ihn herum ein veritables Kindergeburtstagschaos herrscht.
D. J. Caruso („Disturbia“, „Eagle Eye“) übernahm als reiner Regiehandwerker ohne irgendeine erkennbare künstlerische Vision die Aufgabe, den Star in ein möglichst gutes Licht zu setzen. Das wäre okay, wenn nicht gleichzeitig in jeder Szene der Star auf peinlichste Weise gehuldigt würde. Jeder kennt Xander Cage. Jeder mag ihn. Er ist in dem Geheimdienst eine Legende. Jeder will mit ihm zusammen arbeiten. Entsprechend groß und „Fast & Furious“-bunt ist dann das Team, das Xander Cage rekrutiert. Immerhin verzichtet Xander Cage auf die „Wir sind eine Familie“-Ansprachen von Dom Toretto.
Die Story folgt den Pfaden des heute so beliebten superkomplexen und verschachtelten und vor Überraschungen triefendem Actionfilm.
Cage soll „Pandoras Box“ wieder beschaffen. Es handelt sich um eine handliche Festplatte, auf der die Codes sind, mit denen man jeden militärischen Satelliten abstürzen lassen kann. In den falschen Händen kann mit der Festplatte also der nächste Weltkrieg ausgelöst werden. Sie wurde von einer vierköpfigen Gruppe extrem talentierter und extrem unbekannter Kampfsportler geklaut. In einer extrem ambitionierten Aktion aus einem höchst gesichertem Geheimdiensthochhaus.
Mit seinen Jungs und Mädels macht Cage sich im Auftrag von Gibbons-Nachfolgerin Jane Marke (Toni Collette, latent beleidigt aussehend, mit Betofrisur und Betongesicht) auf den Weg um den halben Globus. Das Finale ist dann, wenig exotisch, in den Hinterhöfen und Lagerhallen einer US-Großstadt.
Weil eine solche einfache Geschichte heute anscheinend nicht mehr abendfüllend ist, gibt es in Carusos Film einen Bösewicht hinter dem Bösewicht und Gute, die zu Bösewichtern werden und umgekehrt. Tote tauchen wieder auf (wie der eigentlich tote Xander Cage), Bösewichter, die früher einen großen Abgang hatten, sterben in einer Zehntelsekunde, während das Interesse an der Geschichte rapide sinkt. Denn der Hauptbösewicht hat kein Charisma mehr. Bis er enttarnt wird, kennt ihn niemand. Oder man hält ihn für einen Vertreter der Guten. Jedenfalls ist er nicht bedrohlich und damit auch keine Bedrohung für den Helden und, in diesem Fall, sein Team. Das ist dann kein Bond-Bösewicht mehr („Die Rückkehr des Xander Cage“ will auch keine Bond-Kopie sein) und auch kein Yorgi, der von Anfang an bekannte Bösewicht des ersten „xXx“-Films, sondern nur noch ein Gesicht mit dem Hinweisschild „Böser Bösewicht“.
Dabei geht niemand wegen der Geschichte in einen Actionfilm, der vor allem Action liefern möchte und der dafür halt eine Geschichte braucht, die die Action sinnvoll zusammenhält. Eine solche Geschichte haben die Drehbuchautoren Chad St. John („London has fallen“) und F. Scott Frazier („Collide“) nicht geschrieben.
Die Action ist gewohnt hektisch geschnitten. Man ahnt mehr, wer gerade wie gegen jemand anderes kämpft, als dass man sieht, wie der Kampf abläuft. Rückblickend scheint „xXx: Die Rückkehr des Xander Cage“, wenn wir das Gerede weglassen, nur aus wenigen Faustkämpfen (viele Schnitte) und vielen Schießereien (viel Lärm) zu bestehen. Gerade letzteres ist nicht besonders aufregend. Vor allem wenn die Schießereien in leerstehenden Lagerhallen, dem bevorzugten Handlungsort billiger Actionfilme, spielen.
xXx: Die Rückkehr des Xander Cage (xXx: Return of Xander Cage, USA 2017)
Regie: D. J. Caruso
Drehbuch: Chad St. John, F. Scott Frazier (basierend auf einem von Rich Wilkes erfundenen Charakteren)
mit Vin Diesel, Samuel L. Jackson, Ruby Rose, Nina Dobrev, Rory McCann, Deepika Padukone, Toni Collette, Ice Cube
Der Undercover-Polizeithriller „Imperium“ ist der neueste Versuch von Daniel Radcliffe, nach dem Ende von Harry Potter, als ernsthafter und interessanter Schauspieler bekannt zu werden. Er will, im Gegensatz zu Mark Hamill, der immer nur Luke Skywalker ist (seine vielen Sprecher-Rollen zählen weltweit nicht), nicht auf ewig Harry Potter bleiben. Also wählt er oft bewusst schräge Rollen und Filme, die ihm wichtig sind.
In „Imperium“ spielt er den jungen, intelligenten und ambitionierten FBI-Agenten Nate Foster. Die Ranghöhere Angela Zamparo (Toni Collette) sucht ihn für einen Undercover-Einsatz aus. Nachdem in der Nähe von Washington, D. C. bei einem Unfall Cäsium verschwand, glaubt sie, dass Rechtsextremisten einen Anschlag mit einer schmutzigen Bombe vorbereiten und der beängstigend gut informierte Internet-Moderator Dallas Wolf (Tracy Letts) der Kopf der Terroristen ist. Foster soll sein Vertrauen erlangen. Dafür muss er zuerst das Vertrauen von anderen Rechtsextremisten erlangen. Diese bilden einen oft erschreckend normalen Querschnitt durch die Gesellschaft.
„Imperium“ ist das gelungene Spielfilmdebüt von Daniel Ragussis. Er inszenierte vorher auch den hochgelobten und mit mehreren Preisen ausgezeichneten Kurzfilm „Haber“ mit Christian Berkel als Fritz Haber. Die Inspiration für „Imperium“ war dabei die Arbeit des Ex-FBI-Agenten Michael German, der lange Zeit, auch undercover, im rechten Milieu ermittelte und darüber das Sachbuch „Thinking Like a Terrorist: Insights of a Former FBI Undercover Agent“ schrieb. Ragussis las es, kontaktierte German und gemeinsam entwickelten sie die Filmgeschichte, die ein realistisches und ungeschöntes Porträt der rechtsextremen Szene vermittelt.
In seinem Film, dessen straff erzählte Geschichte weitgehend den aus zahlreichen Thrillern über Undercover-Einsätze bekannten Erzählmustern folgt, hat Ragussis auch einige moralische Ambivalenzen und Überraschungen eingebaut, die gelungen einige Themen aus „Airlington Road“ aufnehmen. So gibt es neben den normal-dumpfen, entsprechend bedrohlichen Neo-Nazis, denen man schon vor dem ersten Bier jede Schweinerei zutraut, auch die bürgerlichen Nazis. Der Radiomoderator Dallas Wolf und der nette, gebildete Vorstadtdaddy Gerry Conway (Sam Trammell, „True Blood“), der alle Nazi-Gruppen zu regelmäßigen Barbecue-Nachmittagen (ohne Alkohol) einlädt, sind in ihrer Normalität und Biederkeit die schlimmsten Charaktere des Films. Sie könnten überall unsere Nachbarn sein.
Nach dem Sieg von Donald Trump ist „Imperium“ auch ein Blick auf die US-amerikanische Nazi- und ultrakonservative Bewegung („Alt-Right“ klingt doch ziemlich verharmlosend), die sich jetzt als Sieger sieht. Ohne eine einzige Bombe gezündet zu haben.
Als Bonus gibt es ein insgesamt siebzehnminütiges Featurettes von der Aufführung beim Zurich Film Festival mit Impressionen vom Grünen Teppich und Kurzinterviews mit Daniel Ragussis und Daniel Radcliffe (die wegen des Fragestellers kaum zu Wort kommen) und einem gut zehnminütigem Interview mit Daniel Radcliffe zum Film.
Imperium (Imperium, USA 2016)
Regie: Daniel Ragussis
Drehbuch: Daniel Ragussis (nach einer Geschichte von Michael German)
mit Daniel Radcliffe, Toni Collette, Tracy Letts, Sam Trammell, Nestor Carbonell, Chris Sullivan, Seth Numrich, Pawel Szajda, Devin Druid, Burn Gorman, Adam Meier
–
DVD
Ascot Elite
Bild: 2.38:2 (16:9)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: „Imperium“ auf dem Zurich Film Festival 2016: Exklusives Interview und Impressionen, Deutscher und Originaltrailer, Wendecover
Neben den Heile-Welt-Weihnachtsfilmen gibt es auch die anderen Weihnachtsfilme und dass „Krampus“, benannt nach einer heute vor allem in Österreich und den umliegenden Gebieten bekannten Schreckgestalt, die als böser Nikolaus unartige Kinder bestraft, in die zweite Kategorie fällt, dürfte niemand überraschen.
Nachdem der junge Max wutentbrannt, nach einem Streit mit der blöden bis grenzdebilen Verwandtschaft, die jedes Jahr über die Weihnachtstage zu Besuch kommt, seinen Wunschzettel an den Nikolaus zerreißt und aus dem Fenster wirft, hält Krampus das für eine Aufforderung Max, dessen Familie und die ganze Kleinstadt zu besuchen. Denn, so die Filmsage, Krampus bestraft all jene, die nicht mehr an das Fest der Liebe und den Geist der Weihnacht glauben. Dass Krampus nach dieser Auftragsbeschreibung viel zu tun hat, muss uns nicht stören. Der Nikolaus und das Christkind kriegen das mit dem Geschenke-Verteilen ja auch hin. Und dann gibt es noch die aus Österreich kommende Oma, die das Kaminfeuer hütet und so einen Besuch von Krampus verhindern will. Sie erzählt eine weitere leicht abweichende Krampus-Geschichte.
In dem Film geschieht dann das, was wir aus unzähligen Alien-Invasionsfilmen kennen. Menschen flüchten. Sie schreien. Sie sterben. Und am Ende kämpfen einige der Überlebenden erfolgreich gegen die alptraumhaft aussehenden Aliens, die hier als kreischend-mordlüsterne Lebkuchenmänner (Nein, keine Gremlins!) kommen, Hörner und maskenhafte Gesichter (was dann an, nun, Männer mit Masken erinnert) haben und auch mal einige Familienmitglieder im Boden verschwinden lassen. Das sorgt für durchaus kurzweiliges Vergnügen, bei dem die Motivation der Bösewichter für ihr Schlachtfest nebensächlich ist.
Letztendlich ist „Krampus“, sparsam garniert mit einigen wenigen Witzen, nur ein weiterer Alien-Invasionsfilm. Denn der weihnachtliche Hintergrund, der das Potential für satirische Spitzen hätte, wird komplett verschenkt. Das Ende hat dann seine eigenen Probleme, die vor allem darin liegen, dass die Macher mit einer uralten, sehr einfallslosen und entsprechend mutlosen Pointe enden.
Als halbstündige „The Twilight Zone“-Episode hätte „Krampus“ sicher besser funktioniert.
Kabel 1, 22.20 The Sixth Sense (USA 1999, Regie: M. Night Shyamalan)
Drehbuch: M. Night Shyamalan
Ein Psychologe will einem Kind, das tote Menschen sieht, helfen.
Ein gewaltiger Publikumserfolg, inzwischen schon ein Klassiker und M. Night Shyamalans bester Film. Mit „The Sixth Sense“ erlebten wir ein grandioses Twist-Ende (mit schönen Grüßen von der „Twilight Zone“), das seitdem unzählige, schlechtere Nachahmer inspirierte.
Davor, um 20.15 Uhr, und danach läuft „Unbreakable – Unzerbrechlich“, die zweite, deutlich schlechtere Zusammenarbeit von M. Night Shyamalan und Bruce Willis.
mit Bruce Willis, Toni Collette, Oliva Williams, Haley Joel Osment, Donnie Wahlberg, Mischa Barton
auch bekannt als „Der sechste Sinn“ (Kinotitel, an den sich inzwischen wohl niemand mehr erinnert) Wiederholung: Freitag, 30. Januar, 02.35 Uhr (Taggenau!) Hinweise Rotten Tomatoes über „The Sixth Sense“
Wikipedia über „The Sixth Sense“ (deutsch, englisch) Meine Besprechung von M. Night Shyamalans „After Earth“ (After Earth, USA 2013)
Hector ist ein erfolgreicher Psychiater in London, glücklich verheiratet und in einer ausgewachsenen Sinnkrise. Denn er glaubt, dass er seine Patienten nicht wirklich glücklich macht. Aber was ist „Glück“? Um das Herauszufinden, macht sich Hector auf den Weg um den Globus. Seine Gattin lässt er in London zurück. Seine Erkenntnisse notiert er in einer Kladde. Gerne mit einer niedlichen Zeichnung.
Na, das ist doch eine hübsche Idee, die schon als Roman ein Bestseller war und als Feelgood-Movie nur dann funktioniert, wenn man keine Fragen stellt, sich naiver als ein Fünfjähriger gibt und sich nicht an den Klischees und Kalendersprüchen stört, die noch nicht einmal ein vulgärphilosophisches Niveau erreichen. Denn Hectors ekletische Erkenntnisse über das Glück passen auf alles und nichts, regen höchstens zum zustimmenden Nicken, aber nie zum Nachdenken, geschweige denn zum Widerspruch oder zu einer Diskussion über den Begriff „Glück“ ein.
Und die Erlebnisse, die der für einen erfolgreichen Psychiater arg naive Hector hat und die ihn zu Glückskeks-Erkenntnissen wie „Unglück vermeiden ist nicht der Weg zum Glück“ oder „Glück ist, wenn man sich rundum lebendig fühlt“ führen, sind keine netten kleine Episoden, sondern eine einzige Klischeeparade, die man sich aus banalen Komödien der fünfziger und sechziger Jahre zusammensuchte und die wohlig vertraut, aber doch ziemlich antiquiert sind.
So trifft der vollkommen lebensuntüchtig wirkende Hector (Simon Pegg, liebenswert) auf dem Flug nach Shanghai Edward, einen Investmentbanker, der nur ans Geldverdienen denkt und Hector (was im wirklichen Leben nie passiert) großmütig durch das pulsierende Nachtleben führt. In der Nacht bandelt Hector mit Ying Li an, verliebt sich sofort in diese junge, überaus willige Schönheit und muss am nächsten Tag – Überraschung! – feststellen, dass sie eine Prostituierte ist. Seine Erkenntnis aus diesem Erlebnis: „Manchmal bedeutet Glück, etwas nicht zu wissen.“
Dann wandert Hector zu tibetanischen Mönchen, die den Errungenschaften der Moderne nicht abgeneigt sind. In Südafrika trifft er einem befreundeten Arzt, der jetzt Bedürftigen hilft und mit seinem Freund zusammen lebt. Unser Hans im Glück gerät in typisch afrikanische Kriegswirren und er befreundet sich mit einem gefürchteten kolumbianischen Drogenhändler. Auf seiner letzten Reisestation, in Los Angeles, trifft Hector seine großer Liebe wieder, zu der er seit Ewigkeiten keinen Kontakt mehr hatte und die jetzt eine glücklich verheiratete Mutter ist.
Aber diese Ortswechsel führen nie zu tieferen Erkenntnissen oder einer sich auf ein bestimmtes Ende hin bewegenden Geschichte. Sie sind nur die weitgehend austauschbare Kulisse für die Auftritte bekannter Schauspieler wie Veronica Ferres (im Original mit einem schönen deutsch-englischem Sprachmischmasch), Stellan Skarsgard, Jean Reno, Toni Colette und Christopher Plummer.
Man kann dem Film nicht wirklich böse sein, weil er so harmlos, nett und gefällig wie ein Heinz-Erhardt-Film ist. Aber gerade diese durchaus gut präsentierte durchgehende Ambitionslosigkeit verärgert auch. Immerhin drehte Regisseur Peter Chelsom unter anderem „Hear my Song“ und „Funny Bones“.
Dagegen ist „Hectors Reise oder Die Suche nach dem Glück“ nur das filmische Äquivalent zu einem Buch, das man jemand schenkt, den man nicht kennt.
Little Miss Sunshine (USA 2006, R.: Jonathan Dayton, Valerie Faris)
Drehbuch: Michael Arndt
Die siebenjährige Olive Hoover will an einem Schönheitswettbewerb teilnehmen. Also macht sich die Familie (eine sympathische Ansammlung gescheiterter Existenzen) in einem klapprigen VW-Bus auf den Weg quer durch die USA.
„Sehenswert.“ (Lexikon des internationalen Films)
Ein Feelgood-Independent-Movie, das unter anderem zwei Oscars erhielt (Drehbuch und beste Nebenrolle, es war auch als bester Film des Jahres nominiert) und ein Kritiker- und Publikumserfolg war.
Mit Abigail Breslin, Greg Kinnear, Paul Dano, Alan Arkin, Toni Collette, Steve Carell