Neu im Kino/Filmkritik: Über Steven Spielbergs Kindheits- und Jugenderinnerung „Die Fabelmans“

März 10, 2023

Wenige Tage nach seiner Berlinale-Aufführung und wenige Stunden vor der Oscar-Preisverleihung läuft Steven Spielbergs neuer Film „Die Fabelmans“ bei uns endlich regulär im Kino an. Er ist für sieben Oscars, unter anderem als bester Film, für die beste Regie und das beste Drehbuch nominiert. Weil im Moment alle besoffen vor Begeisterung für „Everything Everywhere All at Once“ sind, dürfte nach den aktuellen Voraussagen „The Fabelmans“ keinen Oscar erhalten. Ich würde, tapfer die Minderheitenmeinung vertretend, Spielbergs Biopic einige Oscars geben.

Strenggenommen ist „Die Fabelmans“ kein Biopic. Denn die titelgebenden Fabelmans gab es nie. Aber es ist ein offenes Geheimnis, dass Steven Spielberg in diesem Film die Geschichte seiner Kindheit und Jugend verfilmte. Das Fiktionalisierung bewahrt ihn lediglich vor Schwierigkeiten, wenn ihm jemand vorwirft, das sei damals anders gewesen. Und er kann natürlich immer sagen, dass es sich doch nur um eine erfundene Geschichte handelt. Er hat auch einige Details geändert. Aber letztendlich ist er näher an den Fakten als manche Filme, die sich als Biopic bezeichnen.

Spielberg erzählt die Geschichte von Sam ‚Sammy‘ Fabelman (Gabriel LaBelle; der jüngere Sammy wird von Mateo Zoryan Francis-DeFord gespielt). In New Jersey nehmen ihn seine Eltern am 10. Januar 1952 mit ins Kino. Sie sehen sich Cecil B. DeMilles „Die größte Schau der Welt“ (The Greatest Show on Earth) an. Der Sechsjährige ist gleichzeitig fasziniert und verängstigt von dem im Film spektakulär gezeigtem Zugunglück. Mit der Modelleisenbahn stellt er den Unfall nach, filmt ihn und lernt so, mit seinen Ängsten umzugehen.

Im folgenden erzählt Spielberg das weitere Schicksal von Sam und der überaus liebevollen, fürsorglichen und weltoffenen Familie Fabelman. Sein Vater Burt (Paul Dano) ist Computerentwickler für Datenspeichersysteme. Seine Arbeit führt sie im Lauf der Jahre von der Ostküste zur Westküste. Von New Jersey geht es über Arizona nach Kalifornien. Sam kommt dabei immer näher an den Ort seiner Träume: Hollywood. Seine Mutter Mitzi (Michelle Williams) ist eine Künstlerin. Für ihren Mann und ihre Kinder – Sam hat drei jüngere Schwestern – gab sie ihre Karriere als Konzertpianistin auf. Später verliebt sie sich in Bennie Loewy (Seth Rogen), den besten Freund der Familie. Daran zerbricht die Ehe. Mitzi verlässt ihren Mann und zieht mit Bennie weg.

Bis zu dieser Trennung wird Sam von Burt und Mitzi bei seinen Ambitionen als Filmregisseur gefördert. Auch wenn Burt Sams Filmbegeisterung eher als Hobby sieht, das ihn nicht daran hindern darf, einen richtigen Beruf zu erlernen. Schon als Jugendlicher dreht Sam Filme, wie einen Western und einen vierzigminutigen Kriegsfilm. Er kann seine Klassenkameraden überzeugen, bei den Filmen mitzumachen. Die so entstehenden Filme kommen gut an.

In Hollywood begegnet er in den frühen Sechzigern John Ford. David Lynch spielt den Western-Regisseur in einem grandiosen und schon jetzt legendärem Kurzauftritt.

Über hundertfünfzig Minuten erzählt Steven Spielberg die Geschichte von Sam Fabelman und zeigt, wieder einmal, was für ein begnadeter Geschichtenerzähler er ist. Denn Sams Leben verläuft überaus harmonisch und frei von Konflikten. Im Mittelpunkt steht seine Filmbegeisterung, wie er sie in konkrete Projekte umsetzt und wie der von seinen Eltern und seinem Umfeld bedingungslos unterstützt und gefördert wird. Die Scheidung seiner Eltern und, weil er immer wieder der neue Junge in der Klasse ist, gelegentliche Probleme mit Klassenkameraden, ändern daran nichts. Für Spielberg war diese Scheidung traumatisch und sie hinterließ in seinem Werk deutliche Spuren. Vor allem in „E. T. – Der Außerirdische“ verarbeitete er seine Kindheit so, dass er mit dem Film schon alles über sie sagte.

Insofern erzählt er auf emotionaler Ebene in „Die Fabelmans“ nichts, was er in seinen früheren Filmen nicht schon, ohne einen direkten und entsprechend offensichtlichen autobiobraphischen Bezug, erzählte. In „Die Fabelmans“ liefert er jetzt, nach dem Tod seiner Eltern, die Fakten und Hintergründe nach. Und er versucht sie, ihre Trennung und seine Jugend mit seiner jetzigen Lebenserfahrung zu verstehen. Vielleicht deshalb und sicher weil Steven Spielberg Steven Spielberg ist, fällt dieser Rückblick sehr freundlich, liebevoll und kitschfrei aus. In „Die Fabelmans“ gibt es keine Böseswichter und auch keine schlechten Menschen.

Für Spielberg-Fans und Cineasten ist diese wunderschöne, herzerwärmende Liebeserklärung an den Film ein Pflichttermin. Für alle, die gerne mehr über Steven Spielberg erfahren möchten, sich aber keine langen Filmgespräche mit unbewegter Kamera und Untertiteln ansehen wolle, ebenso.

Die Fabelmans (The Fabelmans, USA 2022)

Regie: Steven Spielberg

Drehbuch: Steven Spielberg, Tony Kushner

mit Gabriel LaBelle, Michelle Williams, Paul Dano, Seth Rogen, Judd Hirsch, Mateo Zoryan Francis-DeFord, Chloe East, Julia Butters, Sam Rechner, Keeley Karsten, Oakes Fegley, David Lynch

Länge: 151 Minuten (und damit ungefähr eine Minute kürzer als „Die größte Schau der Welt“)

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Die Fabelmans“

Metacritic über „Die Fabelmans“

Rotten Tomatoes über „Die Fabelmans“

Wikipedia über „Die Fabelmans“ (deutsch, englisch)

History vs. Hollywood meint: Stimmt alles mit dem Leben von Steven Spielberg überein

Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels” (Indiana Jones and the kingdom of the skull, USA 2008)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Gefährten” (War Horse, USA 2011)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs “Lincoln” (Lincoln, USA 2012)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ (Bridge of Spies, USA 2015)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „BFG – Big Friendly Giant (The BFG, USA 2016)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Die Verlegerin“ (The Post, USA 2017)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „Ready Player One“ (Ready Player One, USA 2018)

Meine Besprechung von Steven Spielbergs „West Side Story“ (West Side Story, USA 2021)

Steven Spielberg in der Kriminalakte

Steven Spielberg über seine Begegnung mit John Ford

Oscar Academy Conversations: Steven Spielberg und andere über den Film

 


TV-Tipp für den 28. Juli: Love & Mercy

Juli 27, 2022

WDR, 23.35

Love & Mercy (Love & Mercy, USA 2015)

Regie: Bill Pohlad

Drehbuch: Oren Moverman, Michael Alan Lerner

Sehenswertes Biopic über „Beach Boys“-Mastermind Brian Wilson, das sich auf zwei wichtige Abschnitte in Wilsons Leben konzentriert: die Arbeit an der legendären, die Popmusik verändernden LP „Pet Sounds“ und sein Leben in den 80er Jahren als Patient des gemeingefährlichen Dr. Eugene Landy, der nichts von Wilsons neuer Bekanntschaft hält.

„Love & Mercy“ ist nicht am chronologischen Abhandeln einer Musikerbiographie, sondern am Porträtieren eines schwierigen Charakters an zwei entscheiden Punkten seines Lebens interessiert.

Für Brian-Wilson-Fans ein Pflichttermin.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit John Cusack, Paul Dano, Elizabeth Banks, Paul Giamatti, Jake Abel, Kenny Wormald, Brett Davern, Graham Rogers

Hinweise

Moviepilot über „Love & Mercy“

Metacritic über „Love & Mercy“

Rotten Tomatoes über „Love & Mercy“

Wikipedia über „Love & Mercy“ (deutsch, englisch), die Beach Boys (deutsch, englisch) und Brian Wilson (deutsch, englisch)

AllMusic über die Beach Boys und Brian Wilson

Meine Besprechung von Bill Pohlands „Love & Mercy“ (Love & Mercy, USA 2015)


Neu im Kino/Filmkritik: „The Batman“ startet eine neue Trilogie

März 3, 2022

Sind wirklich schon zehn Jahre seit dem letzten „Batman“-Spielfilm „The Dark Knight rises“ vergangen? Das war der Abschluss der von Christopher Nolan mit Christian Bale als Batman inszenierten, hochgelobten und kommerziell erfolgreichen „The Dark Knight“-Trilogie. Danach gab es einige Versuche, Ben Affleck im ziemlich vermurksten DC Extended Universe als neuen Batman zu etablieren. Irgendwann verlor Affleck aus verschiedenen, auch persönlichen Gründen die Lust.

Jetzt spielt Robert Pattinson einen jüngeren Bruce Wayne. Der millionenschwere Firmenerbe – seine Eltern wurden vor zwanzig Jahren ermordert – lebt zurückgezogen. Er interessiert sich nicht für die Leitung der Firma und auch nicht für das gesellschaftliche und politische Leben von Gotham City. Jedenfalls ist das sein Image.

In Wirklichkeit verkloppt der Dreißigjähre seit zwei Jahren jede Nacht in Gotham City als Batman Bösewichter. Immer wieder wird er mit dem Bat-Signal (einer in den Himmel projezierten Fledermaus) von der Polizei um Hilfe gebeten. Gleichzeitig wird er als Vigilant angefeindet. Vor allem Streifenpolizisten des Gotham City Police Department reagieren mit unverhohlener Abneigung auf den maskierten Mann, der das Gesetz in die eigenen Hände nimmt.

Trotzdem bittet Lieutenant James Gordon (Jeffrey Wright), sein Freund bei der Polizei, ihn immer wieder um Hilfe. Zum Beispiel bei seinem neuesten Fall. Mitten im Wahlkampf wurde der Bürgermeister von dem Riddler ermordet. Der Mörder hat am Tatort eine Karte mit einem Rätsel hinterlassen. In ihm kündigt er weitere Taten an.

Batman will das verhindern. Dafür muss er die Rätsel des Riddlers entschlüsseln bevor er seinen nächsten Mord begeht und ihn finden. Bei seinen Ermittlungen trifft Batman auf viele aus den Batman-Comics (und auch früheren Batman-Filmen) bekannte Figuren, die hier von Matt Reeves im Rahmen ihrer bekannten Eigenschaften neu interpretiert werden. Es sind ‚Catwoman‘ Selina Kyle (Zoë Kravitz), der ‚Pinguin‘ Oswald Cobblepot (Colin Farrell, der unter der Maske nicht zu erkennen ist), der Gangsterboss Carmine Falcone (John Turturro) (ein ziemlich unbekannter Batman-Gegner, dessen Schnauzer und Brille das ungewöhnlichste an ihm sind) und ‚Riddler‘ Edward Nashton (Paul Dano), der während des gesamten Films unerkannt im Hintergrund agiert.

Diesen 08/15-Rätselplot erzählen Reeves und sein Co-Drehbuchautor Peter Craig dann wie eine vierteilige TV-Miniserie, in der jede Woche ein neuer Gegner, der in der nächsten Woche nicht wieder auftaucht, im Mittelpunkt steht. Auch andere wichtige Figuren verschwinden plötzlich aus der Filmgeschichte und tauchen noch nicht einmal im elend langen Epilog auf.

Ein großes Problem des Films ist die Laufzeit von drei Stunden. Damit ist „The Batman“ der mit Abstand längste Batman-Film und nur fünf Minuten kürzer als „Avengers: Endgame“, die längste Comicverfilmung, die kurzweilig viele Figuren und lose Fäden in einem epischen Finale zusammenführte. In „The Batman“ ist das anders. Um auf diese epische Länge zu kommen, erzählt Reeves unglaublich langsam. So dauert es eine gute halbe Stunde, bis wir zum ersten Mal das Gesicht von Bruce Wayne sehen. Davor lungert er in voller Montur am Tatort herum und hilft der Polizei beim Entschlüsseln der Spuren. Sherlock Holmes hätte das in einer halben Minute erledigt. In einer handelsüblichen TV-Serie hätte es höchstens drei Minuten gedauert. Mit einem strafferem und durchdachterem Drehbuch und einem schnellerem Erzähltempo hätte Reeves die Geschichte locker in der halben Zeit erzählen können.

Ein weiteres Problem ist die Zeichnung der Figur des dunklen Ritters, der gleichzeitig vor sich hin grübelt, kopflose Schlägereien mit Jugendgangs provoziert, der ein Selbstjustiz verübender Vigilant sein soll und, wenn er nicht gerade einen seiner seltenen Wutanfälle hat (bevorzugt bei Straßengangstern), peinlich darauf achtet, die Bösewichter nicht zu töten. Er verletzt sie, er fesselt sie und übergibt sie der Polizei. Das verleiht dem Finale, wenn er gegen eine Armee bewaffneter Bösewichter kämpft, dann eine fast schon humoreske Note.

Und damit kämen wir auch zu dem Konflikt des Films, der im Film angesprochen, aber niemals konsequent ausformuliert wird. Der Riddler bringt in seiner Mordserie Verbrecher um. Es sind korrupte Politiker und Polizisten, die sich Gotham City zur Beute gemacht haben. Letztendlich tut der Riddler genau das, was Batman sich nicht traut. Er nimmt das Gesetz in die eigenen Hände und er tötet die Verbrecher, weil in Gotham Polizei und Justiz korrupt sind. Inwiefern dieses Handeln gerechtfertigt ist, wird in zahlreichen Batman-Comics konsequenter durchbuchstabiert. Dann verschwimmt und verschwindet der Unterschied zwischen Batman und den von ihm bekämpften Verbrechern. Am Ende unterscheidet nur noch das Motiv sie.

In „The Batman“ ist das kein Thema. Da ist Batman ein Detektiv, der mit seinem Intellekt und seinen Fäusten ermittelt. Dass er gleichzeitig ein Milliardär und Nachfahre der Familie Wayne ist, die zu den Gründern der Stadt gehört und die auch ihre Leichen im Keller hat, ist für „The Batman“ nur soweit wichtig, dass der Riddler ihn als letzten Wayne umbringen will.

Auf den ersten Blick sieht „The Batman“ in seiner „Blade Runner“-Noir-Optik gut aus. Auf die Dauer stören allerdings die konsequent dunklen Bilder, die den Film zu einer Ode in Schwarz verkommen lassen, in der kein Spritzer Blut zu sehen ist. Eine nächtliche Autoverfolgungsjagd ist deshalb kaum nachvollziehbar. Die anderen Kampfszenen, die vor allem Faustkämpfe sind, sind deshalb oft aus größerer Entfernung, vor einem helleren Hintergrund und in wenigen Schnitten inszeniert. Aber es bleibt, mit viel Regen und Taschenlampen (auch in Innenräumen), ein ermüdend dunkles Schwarz in Schwarz.

The Batman“ ist ein viel zu lang geratener Thriller, der eindeutig von einer kürzeren Laufzeit (so in Richtung deutlich unter zwei Stunden) und einem damit verbundenem strafferem, sorgfältiger durchkomponiertem Drehbuch profitiert hätte.

Dann wäre ich sicher von diesem Batman-Film begeisterter von diesem Batman, der die bekannte Figur für das Kino neu interpretiert und seinen Stil konsequent durchhält.

The Batman (The Batman, USA 2022)

Regie: Matt Reeves

Drehbuch: Matt Reeves, Peter Craig

LV: Bill Finger, Bob Kane (Erfinder der DC-Figur Batman)

mit Robert Pattinson, Zoë Kravitz, Paul Dano, Jeffrey Wright, Andy Serkis, Colin Farrell, John Turturro, Peter Sarsgaard, Jayme Lawson, Rupert Penry-Jones, Barry Keoghan, Jayme Lawson, Alex Ferns

Länge: 177 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Warner-DC-Facebook-Seite

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „The Batman“

Metacritic über „The Batman“

Rotten Tomatoes über „The Batman“

Wikipedia über „The Batman“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Matt Reeves‘ „Planet der Affen: Revolution“ (Dawn of the Planet of the Apes, USA 2014)

Meine Besprechung von Matt Reeves‘ „Planet der Affen: Survival“ (War for the Planet of the Apes, USA 2017)


TV-Tipp für den 19. Februar: Love & Mercy

Februar 18, 2022

RBB, 23.30

Love & Mercy (Love & Mercy, USA 2015)

Regie: Bill Pohlad

Drehbuch: Oren Moverman, Michael Alan Lerner

Sehenswertes Biopic über „Beach Boys“-Mastermind Brian Wilson, das sich auf zwei wichtige Abschnitte in Wilsons Leben konzentriert: die Arbeit an der legendären, die Popmusik verändernden LP „Pet Sounds“ und sein Leben in den 80er Jahren als Patient des gemeingefährlichen Dr. Eugene Landy, der nichts von Wilsons neuer Bekanntschaft hält.

„Love & Mercy“ ist nicht am chronologischen Abhandeln einer Musikerbiographie, sondern am Porträtieren eines schwierigen Charakters an zwei entscheiden Punkten seines Lebens interessiert.

Für Brian-Wilson-Fans ein Pflichttermin.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit John Cusack, Paul Dano, Elizabeth Banks, Paul Giamatti, Jake Abel, Kenny Wormald, Brett Davern, Graham Rogers

Hinweise

Moviepilot über „Love & Mercy“

Metacritic über „Love & Mercy“

Rotten Tomatoes über „Love & Mercy“

Wikipedia über „Love & Mercy“ (deutsch, englisch), die Beach Boys (deutsch, englisch) und Brian Wilson (deutsch, englisch)

AllMusic über die Beach Boys und Brian Wilson

Meine Besprechung von Bill Pohlands „Love & Mercy“ (Love & Mercy, USA 2015)


TV-Tipp für den 5. Februar: Ewige Jugend

Februar 4, 2022

3sat, 22.50

Ewige Jugend (Youth, Italien/Frankreich/Schweiz/Großbritannien 2015)

Regie: Paolo Sorrentino

Drehbuch: Paolo Sorrentino

Der Komponist Fred Ballinger und sein Freund, der Drehbuchautor Mick Boyle, verbringen den Sommer in der Schweiz in einem edlen Wellness-Tempel. Die beiden alten Herren genießen die Ereignislosigkeit. Sie blicken wehmütig auf ihre früheren Jahre zurück und beobachten, milde desinteressiert, die anderen Hotelgäste. Ab und an wird Ballinger, – weil es doch nicht vollkommen ohne Story geht -, von einem Gesandten der Queen gefragt wird, ob er sein bekanntestes Stück für eine Feier dirigieren möchte. Ballinger lehnt diese Unterbrechung seines Ruhestandes zunächst ab.

In „Ewige Jugend“ gibt es noch nicht einmal die Scheinaktivitäten von Sorrentinos früheren Filmen. Handlungstechnisch passiert nichts. Visuell passiert nichts. Das hat, gerade wegen der Altersweisheit der Charaktere, durchaus seinen kontemplativ entspannenden Reiz. Wenn man in der richtigen Stimmung ist.

mit Michael Caine, Harvey Keitel, Rachel Weisz, Paul Dano, Jane Fonda, Mark Kozelek, Robert Seethaler, Alex Macqueen

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Ewige Jugend“

Wikipedia über „Ewige Jugend“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Paolo Sorrentinos „Cheyenne – This must be the Place“ (This must be the Place, Italien/Frankreich/Irland 2011)

Meine Besprechung von Paolo Sorrentinos „La grande Bellezza – Die große Schönheit“ (La grande Bellezza, Italien/Frankreich 2013)

Meine Besprechung von „Paolo Sorrentino – Director’s Collection“

Meine Besprechung von Paolo Sorrentinos „Loro – Die Verführten“ (Loro, Italien/Frankreich 2018)


TV-Tipp für den 9. Januar: 12 Years a Slave

Januar 8, 2022

Arte, 20.15

12 Years a Slave (12 Years a Slave, USA 2013)

Regie: Steve McQueen

Drehbuch: John Ridley

LV: Solomon Northup: Twelve Years a Slave, 1853

New York, 1841: Solomon Northup wird von Sklavenhändlern entführt und in die Südstaaten verkauft.

Steve McQueens grandioser Film schildert die wahre Geschichte von Solomon Northup. Der vielfach ausgezeichnete und hochgelobte Film erhielt, unter anderem, den Oscar als Bester Film.

Mehr über den Film gibt es in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Chiwetel Ejiofor, Michael Fassbender, Lupita Nyong’o, Benedict Cumberbatch, Brad Pitt, Paul Dano, Paul Giamatti, Sarah Paulson, Alfre Woodard

Hinweise

Moviepilot über „12 Years a Slave“

Metacritic über „12 Years a Slave“

Rotten Tomatoes über „12 Years a Slave“

Wikipedia über „12 Years a Slave“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Steve McQueens „Shame“ (Shame, Großbritannien 2011)

Meine Besprechung von Steve McQueens „12 Years a Slave“ (12 Years a Slave, USA 2013)

Meine Besprechung von Steve McQueens „Widows – Tödliche Witwen“ (Widows, USA 2018)


TV-Tipp für den 8. Juli: Little Miss Sunshine

Juli 7, 2021

Disney Channel, 20.15

Little Miss Sunshine (Little Miss Sunshine, USA 2006)

Regie: Jonathan Dayton, Valerie Faris

Drehbuch: Michael Arndt

Die siebenjährige Olive Hoover will an einem Schönheitswettbewerb teilnehmen. Also macht sich die Familie (eine sympathische Ansammlung gescheiterter Existenzen) in einem klapprigen VW-Bus auf den Weg quer durch die USA.

„Sehenswert.“ (Lexikon des internationalen Films)

Ein Feelgood-Independent-Movie, das unter anderem zwei Oscars erhielt (Drehbuch und beste Nebenrolle, es war auch als bester Film des Jahres nominiert) und ein Kritiker- und Publikumserfolg war.

Mit Abigail Breslin, Greg Kinnear, Paul Dano, Alan Arkin, Toni Collette, Steve Carell

Wiederholung: Freitag, 9. Juli, 22.50 Uhr

Hinweise

Metacritic über “Little Miss Sunshine”

Rotten Tomatoes über “Little Miss Sunshine”

Wikipedia über “Little Miss Sunshine” (deutsch, englisch)

Go into the Story: Interview mit Michael Arndt (26. April 2009, aufgenommen wahrscheinlich 2006)

Meine Besprechung von Jonathan Dayton/Valerie Faris’ “Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin” (Ruby Sparks, USA 2012)

Meine Besprechung von Jonathan Dayton/Valerie Faris‘ „Battle of the Sexes – Gegen jede Regel“ (Battle of the Sexes, USA 2017)


TV-Tipp für den 24. April: There will be Blood

April 23, 2021

Auch mit Werbepausen beeindruckend

Servus TV, 20.15

There will be Blood (There will be Blood, USA 2007)

Regie: Paul Thomas Anderson

Drehbuch: Paul Thomas Anderson

LV: Upton Sinclair: Oil!, 1927 (Öl!)

Porträt von Daniel Plainview (Daniel Day-Lewis), einem kapitalistisch-egoistischem, Menschen verachtenden und rein instrumentell behandelnden Ölsucher, der zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts in Kalifornien ein Vermögen macht. Sein Gegenspieler ist der ebenso ehrgeizige evangelikale Prediger Eli Sunday (Paul Dano). Mit großen Showveranstaltungen sammelt er Gläubige um sich. Und mit Plainview kooperiert er, um seine Gemeinde (und damit sich selbst) zu mästen.

Bildgewaltiges Drama, das in jeder Sekunde auf maximale Überwältigung zielt. Und vom Wesen der amerikanischen Kultur erzählt.

Mit Daniel Day-Lewis, Paul Dano, Kevin J. O’Connor, Ciarán Hinds, Dillon Freasier, Elizabeth Barrett

Wiederholung: Sonntag, 25. April, 01.25 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „There will be Blood“

Wikipedia über „There will be Blood“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Paul Thomas Andersons „Inherent Vice – Natürliche Mängel“ (Inherent Vice, USA 2015)

Meine Besprechung von Paul Thomas Andersons „Der seidene Faden“ (Phantom Thread, Großbritannien 2017)


TV-Tipp für den 10. April: 12 Years a Slave

April 9, 2021

Pro7, 20.15

12 Years a Slave (12 Years a Slave, USA 2013)

Regie: Steve McQueen

Drehbuch: John Ridley

LV: Solomon Northup: Twelve Years a Slave, 1853

New York, 1841: Solomon Northup wird von Sklavenhändlern entführt und in die Südstaaten verkauft.

Steve McQueens grandioser Film schildert die wahre Geschichte von Solomon Northup. Der vielfach ausgezeichnete und hochgelobte Film erhielt, unter anderem, den Oscar als Bester Film.

Mehr über den Film gibt es in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Chiwetel Ejiofor, Michael Fassbender, Lupita Nyong’o, Benedict Cumberbatch, Brad Pitt, Paul Dano, Paul Giamatti, Sarah Paulson, Alfre Woodard

Wiederholung: Montag, 12. April, 01.00 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Moviepilot über „12 Years a Slave“

Metacritic über „12 Years a Slave“

Rotten Tomatoes über „12 Years a Slave“

Wikipedia über „12 Years a Slave“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Steve McQueens „Shame“ (Shame, Großbritannien 2011)

Meine Besprechung von Steve McQueens „12 Years a Slave“ (12 Years a Slave, USA 2013)

Meine Besprechung von Steve McQueens „Widows – Tödliche Witwen“ (Widows, USA 2018)


TV-Tipp für den 21. Februar: There will be Blood

Februar 20, 2021

Arte, 20.15

There will be Blood (There will be Blood, USA 2007)

Regie: Paul Thomas Anderson

Drehbuch: Paul Thomas Anderson

LV: Upton Sinclair: Oil!, 1927 (Öl!)

Porträt von Daniel Plainview (Daniel Day-Lewis), einem kapitalistisch-egoistischem, Menschen verachtenden und rein instrumentell behandelnden Ölsucher, der zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts in Kalifornien ein Vermögen macht. Sein Gegenspieler ist der ebenso ehrgeizige evangelikale Prediger Eli Sunday (Paul Dano). Mit großen Showveranstaltungen sammelt er Gläubige um sich. Und mit Plainview kooperiert er, um seine Gemeinde (und damit sich selbst) zu mästen.

Bildgewaltiges Drama, das in jeder Sekunde auf maximale Überwältigung zielt. Und vom Wesen der amerikanischen Kultur erzählt.

Mit Daniel Day-Lewis, Paul Dano, Kevin J. O’Connor, Ciarán Hinds, Dillon Freasier, Elizabeth Barrett

Hinweise

Rotten Tomatoes über „There will be Blood“

Wikipedia über „There will be Blood“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Paul Thomas Andersons „Inherent Vice – Natürliche Mängel“ (Inherent Vice, USA 2015)

Meine Besprechung von Paul Thomas Andersons „Der seidene Faden“ (Phantom Thread, Großbritannien 2017)


TV-Tipp für den 12. November: Love & Mercy

November 11, 2020

WDR, 23.30

Love & Mercy (Love & Mercy, USA 2015)

Regie: Bill Pohlad

Drehbuch: Oren Moverman, Michael Alan Lerner

Sehenswertes Biopic über „Beach Boys“-Mastermind Brian Wilson, das sich auf zwei wichtige Abschnitte in Wilsons Leben konzentriert: die Arbeit an der legendären, die Popmusik verändernden LP „Pet Sounds“ und sein Leben in den 80er Jahren als Patient des gemeingefährlichen Dr. Eugene Landy, der nichts von Wilsons neuer Bekanntschaft hält.

Love & Mercy“ ist nicht am chronologischen Abhandeln einer Musikerbiographie, sondern am Porträtieren eines schwierigen Charakters an zwei entscheiden Punkten seines Lebens interessiert.

Für Brian-Wilson-Fans ein Pflichttermin.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit John Cusack, Paul Dano, Elizabeth Banks, Paul Giamatti, Jake Abel, Kenny Wormald, Brett Davern, Graham Rogers

Hinweise

Moviepilot über „Love & Mercy“

Metacritic über „Love & Mercy“

Rotten Tomatoes über „Love & Mercy“

Wikipedia über „Love & Mercy“ (deutsch, englisch), die Beach Boys (deutsch, englisch) und Brian Wilson (deutsch, englisch)

AllMusic über die Beach Boys und Brian Wilson

Meine Besprechung von Bill Pohlands „Love & Mercy“ (Love & Mercy, USA 2015)


TV-Tipp für den 12. August: Ewige Jugend

August 12, 2020

Arte, 20.15

Ewige Jugend (Youth, Italien/Frankreich/Schweiz/Großbritannien 2015)

Regie: Paolo Sorrentino

Drehbuch: Paolo Sorrentino

Der Komponist Fred Ballinger und sein Freund, der Drehbuchautor Mick Boyle, verbringen den Sommer in der Schweiz in einem edlen Wellness-Tempel. Die beiden alten Herren genießen die Ereignislosigkeit. Sie blicken wehmütig auf ihre früheren Jahre zurück und beobachten, milde desinteressiert, die anderen Hotelgäste. Ab und an wird Ballinger, – weil es doch nicht vollkommen ohne Story geht -, von einem Gesandten der Queen gefragt wird, ob er sein bekanntestes Stück für eine Feier dirigieren möchte. Ballinger lehnt diese Unterbrechung seines Ruhestandes zunächst ab.

In „Ewige Jugend“ gibt es noch nicht einmal die Scheinaktivitäten von Sorrentinos früheren Filmen. Handlungstechnisch passiert nichts. Visuell passiert nichts. Das hat, gerade wegen der Altersweisheit der Charaktere, durchaus seinen kontemplativ entspannenden Reiz. Wenn man in der richtigen Stimmung ist.

mit Michael Caine, Harvey Keitel, Rachel Weisz, Paul Dano, Jane Fonda, Mark Kozelek, Robert Seethaler, Alex Macqueen

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Ewige Jugend“

Wikipedia über „Ewige Jugend“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Paolo Sorrentinos „Cheyenne – This must be the Place“ (This must be the Place, Italien/Frankreich/Irland 2011)

Meine Besprechung von Paolo Sorrentinos „La grande Bellezza – Die große Schönheit“ (La grande Bellezza, Italien/Frankreich 2013)

Meine Besprechung von „Paolo Sorrentino – Director’s Collection“

Meine Besprechung von Paolo Sorrentinos „Loro – Die Verführten“ (Loro, Italien/Frankreich 2018)


TV-Tipp für den 30. Mai: Little Miss Sunshine

Mai 29, 2018

Ein sonniger Film für einen sonnigen Tag

Disney Channel, 20.15

Little Miss Sunshine (Little Miss Sunshine, USA 2006)

Regie: Jonathan Dayton, Valerie Faris

Drehbuch: Michael Arndt

Die siebenjährige Olive Hoover will an einem Schönheitswettbewerb teilnehmen. Also macht sich die Familie (eine sympathische Ansammlung gescheiterter Existenzen) in einem klapprigen VW-Bus auf den Weg quer durch die USA.

„Sehenswert.“ (Lexikon des internationalen Films)

Ein Feelgood-Independent-Movie, das unter anderem zwei Oscars erhielt (Drehbuch und beste Nebenrolle, es war auch als bester Film des Jahres nominiert) und ein Kritiker- und Publikumserfolg war.

Mit Abigail Breslin, Greg Kinnear, Paul Dano, Alan Arkin, Toni Collette, Steve Carell

Wiederholung: Donnerstag, 31. Mai, 22.05 Uhr

Hinweise

Film-Zeit über „Little Miss Sunshine“

Metacritic über “Little Miss Sunshine”

Rotten Tomatoes über “Little Miss Sunshine”

Wikipedia über “Little Miss Sunshine” (deutsch, englisch)

Go into the Story: Interview mit Michael Arndt (26. April 2009, aufgenommen wahrscheinlich 2006)

Meine Besprechung von Jonathan Dayton/Valerie Faris’ “Ruby Sparks – Meine fabelhafte Freundin” (Ruby Sparks, USA 2012)

Meine Besprechung von Jonathan Dayton/Valerie Faris‘ „Battle of the Sexes – Gegen jede Regel“ (Battle of the Sexes, USA 2017)


TV-Tipp für den 1. Mai: 12 Years a Slave

April 30, 2018

Pro7, 20.15

12 Years a Slave (12 Years a Slave, USA 2013)

Regie: Steve McQueen

Drehbuch: John Ridley

LV: Solomon Northup: Twelve Years a Slave, 1853

New York, 1841: Solomon Northup wird von Sklavenhändlern entführt und in die Südstaaten verkauft.

Steve McQueens grandioser Film schildert die wahre Geschichte von Solomon Northup. Der vielfach ausgezeichnete und hochgelobte Film erhielt, unter anderem, den Oscar als Bester Film.

Mehr über den Film gibt es in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Chiwetel Ejiofor, Michael Fassbender, Lupita Nyong’o, Benedict Cumberbatch, Brad Pitt, Paul Dano, Paul Giamatti, Sarah Paulson, Alfre Woodard

Wiederholung: Mittwoch, 2. Mai, 02.10 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film (dito)

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „12 Years a Slave“

Moviepilot über „12 Years a Slave“

Metacritic über „12 Years a Slave“

Rotten Tomatoes über „12 Years a Slave“

Wikipedia über „12 Years a Slave“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Steve McQueens „Shame“ (Shame, Großbritannien 2011)

Meine Besprechung von Steve McQueens „12 Years a Slave“ (12 Years a Slave, USA 2013)


Geboxt: Die Spielfilme des Herrn Sorrentino

November 28, 2017

Il Divo“, „Cheyenne“, „La grande Bellezza“ und „Ewige Jugend“ – vier von der Kritik hochgelobte Filme, die auch bei uns im Kino liefen und Paolo Sorrentino weltbekannt machten. So erhielt „Ewige Jugend“ den Europäischen Filmpreis in den Kategorien Bester Film, Regie und Schauspieler (Michael Caine). „La grande Bellezza“ erhielt den Oscar als bester fremdsprachiger Film. „Cheyenne“ erhielt in Cannes den Preis der ökumenischen Jury. Und „Il Divo“ erhielt in Cannes den Preis der Jury. Um nur einige der zahlreichen Preise zu nennen, die diese vier Filme erhielten, die jetzt als „Paolo Sorrentino – Director’s Collection“ erschienenen.

Bei den Filmen fällt auf, wie sehr sie sich, trotz vollkommen verschiedener Geschichten und Genres, ähneln. Alle vier Filme sind geprägt von einem zutiefst melancholischen Blick auf das Leben. Alle Protagonisten verkörpern eine große Ennui, die sich auch durch den gesamten Film zieht. Sie haben schon alles gesehen. Sie wollen nichts mehr erreichen. Sie sind von ihrem Leben und den Menschen gelangweilt. Sie sind milde desinteressiert am Leben. Immer wieder flanieren sie ziellos durch die Stadt. Sie sind, auch wenn sie noch jung sind, alte Männer, die in einer Welt leben, die nur noch für Abgesänge taugt.

Mit „Il Divo“ wurde der 1970 in Neapel geborene Paolo Sorrentino international bekannt. In diesem satirischen Mix aus Polit-Thriller und Biopic porträtiert er den „Democrazia Cristiana“-Politiker Giulio Andreotti (1919 – 2013). Er war zwischen 1947 und 1992 an 33 Regierungen beteiligt, davon sieben Mal als Ministerpräsident. 1992 wurde er zum Senator auf Lebenszeit ernannt. Er wurde immer wieder beschuldigt, Verbindungen zur Mafia zu haben.

In dem vor allem in den frühen Neunziger spielenden Film ist Andreotti bereits ein alter Mann, der keine Miene verzieht und der sich durch ein Panoptikum ebenso versteinerter Gestalten bewegt. Formal knüpft „Il Divo“ sehr gekonnt an die Tradition des italienischen Polit-Thrillers an. Vor allem den Filmen von Francesco Rosi. Beide scheuen sich nicht, den Zuschauer in jeder Beziehungen zu fordern und das italienische politische System bis in seine feinsten Verästelungen zu analysieren.

Cheyenne – This must be the Place“ ist Sorrentinos Ausflug in die USA. Im Mittelpunkt steht der sich im finanziell gut gepolsterten Ruhestand befindende Gothic-Sänger Cheyenne, den anscheinend nichts aus seiner Lethargie reißen kann. Und das will schon etwas heißen bei einem Musikstil, in dem schon pubertierende Musiker eine Weltmüdigkeit und Todessehnsucht verkörpern, die auch Hundertjährige kaum erreichen. Durch die Nachricht vom nahenden Tod seines Vaters, den er seit Ewigkeiten nicht gesehen hat, wird er aus seiner Lethargie gerissen. Er reist zurück in die USA und beginnt nach der Beerdigung seines Vaters einen Roadtrip durch das Land. Er sucht den Mann, der seinen Vater im KZ folterte.

Mit „La grande Bellezza“ kehrt Sorrentino zurück nach Rom. Er porträtiert den von seinem Leben zu Tode gelangweilten Klatschkolumnisten Jep Gambardella, der seinen 65. Geburtstag feiert und sich fragt, was er aus seinem Leben gemacht hat.

In der Box erscheint der Film auf DVD (bzw. Blu-ray) in der nur hier erhältlichen dreißig Minuten längeren166-minütigen „Extended Version“ mit „neuen Szenen, Figuren, Orten und neuem Schnitt“ (Covertext). Sorrentino meint zur neuen Fassung: „Bei meiner ersten Fassung war es noch notwendig, Kompromisse einzugehen und einige Szenen zu opfern. Diese erweiterte Version liefert den Film nun aber in seiner ursprünglichen Gesamtheit, so dass alle Figuren voll zur Geltung kommen.“

Vor allem badet diese Version noch länger in Jep Gambardellas Ennui, den anscheinend nichts mehr begeistern kann, weil er schon alles gesehen hat und das rauschhafte Leben der High Society nur eine Flucht vor der eigenen Bedeutungslosigkeit ist. Die meisten Änderungen sind – wenn ich mich noch richtig an die fabelhafte Kinoversion erinnere – Verlängerungen von Szenen und eine nächtliche Begegnung von Gambardella mit Fanny Ardant, die sich selbst spielt. Das ist schön anzusehen und überzeugt auch in der längeren Fassung, aber im Gegensatz zu Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now Redux“ sind die Veränderungen nicht so gravierend und auffällig, dass man ad hoc, eindeutig eine Fassung gegenüber der anderen bevorzugt.

Diese überbordende Liebeserklärung an Rom und Federico Fellinis Werk dürfte Sorrentinos populärster Film sein.

In seinem letzten, mal wieder top besetztem Spielfilm „Ewige Jugend“ sind die Protagonisten, deren besten Jahre schon einige Jahrzehnte zurückliegen, nicht mehr vom Leben gelangweilt. Sie verbringen den Sommer in der Schweiz in einem edlen Wellness-Tempel. Sie genießen die Ereignislosigkeit. Wobei gerade der Komponist Fred Ballinger und sein Freund, der Drehbuchautor Mick Boyle wehmütig auf ihre früheren Jahre zurückblicken und milde desinteressiert die anderen Hotelgäste beobachten und sich auch manchmal mit ihnen unterhalten. Ab und an wird Ballinger, – weil es doch nicht vollkommen ohne Story geht -, von einem Gesandten der Queen gefragt wird, ob er sein bekanntestes Stück für eine Feier dirigieren möchte. Ballinger lehnt diese Unterbrechung seines Ruhestandes zunächst ab.

In „Ewige Jugend“ gibt es noch nicht einmal die Scheinaktivitäten von Sorrentinos früheren Filmen. Handlungstechnisch passiert nichts. Visuell passiert nichts. Das hat, gerade wegen der Altersweisheit der Charaktere, durchaus seinen Reiz. Wenn man für gepflegte Langeweile und Schönheit empfänglich ist.

Die jetzt von DCM veröffentlichte 4-DVD/Blue-ray-Box enthält die Filme von Sorrentino, die bei uns im Kino liefen. Seine vor „Il Divo“ inszenierten Filme wurden bislang offiziell in Deutschland noch nicht gezeigt. Insgesamt ist die Box eine gelungene Werkschau und ein tolles Weihnachtsgeschenk für Filmfans.

Hinweis für Berliner und Berlin-Besucher: Im Rahmen einer „Hommage an Toni Servillo“ wird der Director’s Cut von „La grande Bellezza – Die große Schönheit“ am Mittwoch, den 20. Dezember, um 20.00 Uhr im Lichtblick Kino, am Freitag, den 22. Dezember, um 17.30 Uhr im Bundesplatz Kino und am Sonntag, den 24. Dezember, um 16.00 Uhr im Il Kino als OmU gezeigt.

Paolo Sorrentino – Director’s Collection

DCM

Bild: 2,35:1 (16:9 anamorph)

Ton: Deutsch, Englisch, Italienisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Interviews mit Paolo Sorrentino, Interviews mit Cast & Crew, Making-of, Trailer

Länge: 513 Minuten (4 DVDs)

FSK: ab 16 Jahre

Blu-ray identisch)

enthält

Il Divo – Der Göttliche (Il Divo, Italien/Frankreich 2008)

Regie: Paolo Sorrentino

Drehbuch: Paolo Sorrentino

mit Toni Servillo, Anna Bonaiuto, Piera Degli Espositi, Paolo Graziosi, Giulio Bosetti, Flavio Bucci

Cheyenne – This must be the Place (This must be the Place, Italien/Frankreich/Irland 2011)

Regie: Paolo Sorrentino

Drehbuch: Umberto Contarello, Paolo Sorrentino

mit Sean Penn, Frances McDormand, Judd Hirsch, Eve Hewson, Harry Dean Stanton, David Byrne, Kerry Condon, Joyce van Patten, Heinz Lieven

La grande Bellezza – Die große Schönheit (La grande Bellezza, Italien/Frankreich 2013)

Regie: Paolo Sorrentino

Drehbuch: Paolo Sorrentino, Umberto Contarello

mit Toni Servillo, Carlo Verdone, Sabrina Ferilli, Carlo Buccirosso, Iaia Forte, Pamela Villoresi, Fanny Ardant

Ewige Jugend (Youth, Italien/Frankreich/Schweiz/Großbritannien 2015)

Regie: Paolo Sorrentino

Drehbuch: Paolo Sorrentino

mit Michael Caine, Harvey Keitel, Rachel Weisz, Paul Dano, Jane Fonda, Mark Kozelek, Robert Seethaler, Alex Macqueen

Hinweise

Rotten Tomatoes über Paolo Sorrentino

Wikipedia über Paolo Sorrentino (deutsch, englisch, italienisch)

Meine Besprechung von Paolo Sorrentinos „Cheyenne – This must be the Place“ (This must be the Place, Italien/Frankreich/Irland 2011)

Meine Besprechung von Paolo Sorrentinos „La grande Bellezza – Die große Schönheit“ (La grande Bellezza, Italien/Frankreich 2013)


Neu auf Netflix/Filmkritik: „Okja“, der Film über den Cannes sich ärgerte

Juli 6, 2017

 

Okja“, der neue Film von „Snowpiercer“-Regisseur Bong Joon Ho, lief dieses Jahr in Cannes im Wettbewerb und er wurde – Filmfestivals haben in ihrer Gruppendynamik etwas von Musikfestivals – mit Buhrufen begrüßt. Jury-Präsident Pedro Almodóvar sagte zum Festivalauftakt, dass er sich nicht vorstellen könne, eine Film auszuzeichnen, der nicht auf der großen Leinwand laufe. Es gab eine Diskussion über die Regeln für eine Teilnahme am Cannes Filmfestival.

Wir erfuhren, dass in Frankreich Filme, erst 36 Monate (3 Jahre!) nach dem Kinostart als VoD ausgewertet werden dürfen.

Für das Cannes-Filmfestival wurden die Regeln geändert. Ab nächstem Jahr müssen Filme, die im Wettbewerb gezeigt werden, einen Kinostart in Frankreich haben.

Der Grund für diese Aufregung war, dass „Okja“ von Netflix produziert wurde und der Streamingdienst zum ersten Mal am Festival teilnahm. Und wie alle Netflix-Produktionen wird auch „Okja“ nicht im Kino, sondern nur auf Netflix gezeigt. Leider. Denn „Okja“ ist ein guter Film.

Okja ist ein elefantengroßes Schwein, das in den abgelegenen Bergen von Südkorea aufwächst. Es gehört zu einer Gruppe von gentechnisch modifizierten Schweinen, die vor zehn Jahren von Lucy Mirando (Tilda Swinton) an verschiedene Orte auf dem Globus verteilt wurden. So soll herausgefunden werden, was in jeder Beziehung die optimalen Bedingungen für die Aufzucht eines Schweins mit sind. Es ist ein Projekt der Mirando Coprporation, das den Menschen mit einer sentimentalen Geschichte gentechnisch verändertes Fleisch schmackhaft machen soll. Nach zehn Jahren soll das schönste Schwein prämiert und der staunenden Öffentlichkeit präsentiert werden.

Jetzt ist es soweit und Mija (An Seo Hyun) erfährt, dass ihr bester Freund Okja sie verlassen muss – und als Schnitzel enden wird. Um sie zu retten verfolgt sie sie um die halbe Welt bis nach New York.

In dem Moment ist die Freundschaft zwischen Mija und Okja fest etabliert. Gerade am Anfang, wenn die zwei durch den Wald toben, erinnern die Bilder in ihrer Verspieltheit und Warmherzigkeit an, um ein aktuelles Beispiel zu nennen, Walt Disneys „Elliot, der Drache“ (ein sehr loses Remake des Trickfilms „Elliot, das Schmunzelmonster“); einem anderen Film über die Freundschaft zwischen einem Kind und einem sehr großem Tier, das es eigentlich nicht geben dürfte. Man könnte auch jeden anderen Film über die unzertrennliche Freundschaft zwischen einem Kind und einem Tier nennen.

Bong Joon Ho erzählt Mija und Okjas Geschichte als einen kindgerechten Abenteuerfilm für die ganze Familie, der mit eindeutigen Bildern von der Massentierhaltung endet. Spätestens in dem Moment beginnt man über seine Ernährung nachzudenken.

Die Fronten zwischen Gut und Böse sind eindeutig verteilt, aber Bong Joon Ho und sein Co-Drehbuchautor Jon Ronson (der auch die Vorlagen für „Männer, die auf Ziegen starren“ und „Frank“ schrieb) verurteilen und dämonisieren niemand, während sie die Massentierhaltung und genetische Experimente (Okja ist nur deshalb so groß, damit sie besonders viel Fleisch liefern kann) eindeutig ablehnen.

Während des Films gibt es zahlreiche satirische Spitzen gegen das Fernsehen, Unterkategorie Tierdokus, internationale Konzerne, die Fleischindustrie und radikale Tierschützer. Die lustvoll übertrieben spielenden Schauspielern wie Jake Gyllenhaal (als TV-Tierdokumoderator), Paul Dano (als Anführer der friedlichen „Animal Liberation Front“ [ALF]) und Tilda Swinton (als Firmenchefin, die ihrer Firma ein neues Image verpassen will) genießen erkennbar ihre Rollen. Swinton spielte schon in „Snowpiercer“ einen hemmungslos überzeichneten Charakter. In „Okja“ ist sie eine Firmenchefin, die gleichzeitig schutzbedürftig, visionär, eiskalt, berechnend und auch etwas dumm,aber sehr von ihren Plänen überzeugt ist. Und Paul Dano als Sprecher der friedlich-radikalen, nicht vor Straftaten zurückschreckende Tierschützer ist ein wirklich netter Kerl. Wenn auch etwas realitätsfern; – was aber für fast alle Erwachsenen in dem Film gilt.

Nach „Snowpiercer“ ist Bong Joon Ho mit „Okja“ eine weitere zum Nachdenken anregende, treffsichere und pointierte Satire und Gesellschaftskritik gelungen. Dieses Mal auch und vor allem für ein jüngeres Publikum. „Snowpiercer“ hat ja nicht umsonst eine FSK-16-Freigabe erhalten.

P. S.: In den USA läuft der Film in einigen Kinos. Vielleicht gelingt es einigen deutschen Kinos, den Film zu zeigen. Denn „Okja“ ist ein Film für die große Leinwand. Zur Not auch in einem Open-Air-Kino.

Okja (Okja, USA/Südkorea 2017)

Regie: Bong Joon Ho

Drehbuch: Bong Joon Ho, Jon Ronson (nach einer Geschichte von Bong Joon Ho)

mit Tilda Swinton, Paul Dano, An Seo Hyun, Byun Heebong, Steven Yeun, Lily Collins, Yoon Je Moon, Shirley Henderson, Daniel Henshall, Devon Bostick, Woo Shik Choi, Giancarlo Esposito, Jake Gyllenhaal

Länge: 120 Minuten

FSK: ? (Neflix meint „not for kids“)

Hinweise

Netflix über „Okja“

Moviepilot über „Okja“

Metacritic über „Okja“

Rotten Tomatoes über „Okja“

Wikipedia über „Okja“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Bong Joon-hos „Snowpiercer (Snowpiercer, Südkorea/USA/Frankreich 2013)

Die Cannes-Pressekonferenz

Ein TIFF-Skype-Gespräch mit dem Regisseur


TV-Tipp für den 16. Mai: 12 Years a Slave

Mai 15, 2016

Pro7, 20.15

12 Years a Slave (12 Years a Slave, USA 2013)

Regie: Steve McQueen

Drehbuch: John Ridley

LV: Solomon Northup: Twelve Years a Slave, 1853

New York, 1841: Solomon Northup wird von Sklavenhändlern entführt und in die Südstaaten verkauft.

Steve McQueens grandioser Film schildert die wahre Geschichte von Solomon Northup, für die er, unter anderem, den Oscar als Bester Film erhielt.

Mehr über den Film gibt es in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Chiwetel Ejiofor, Michael Fassbender, Lupita Nyong’o, Benedict Cumberbatch, Brad Pitt, Paul Dano, Paul Giamatti, Sarah Paulson, Alfre Woodard

Wiederholung: Dienstag, 17. Mai, 00.55 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film (dito)

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „12 Years a Slave“

Moviepilot über „12 Years a Slave“

Metacritic über „12 Years a Slave“

Rotten Tomatoes über „12 Years a Slave“

Wikipedia über „12 Years a Slave“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Steve McQueens „Shame“ (Shame, Großbritannien 2011)

Meine Besprechung von Steve McQueens „12 Years a Slave“ (12 Years a Slave, USA 2013)


TV-Tipp für den 5. Februar: Cowboys & Aliens

Februar 5, 2016

Pro 7, 20.15

Cowboys & Aliens (USA 2011, Regie: Jon Favreau)

Drehbuch: Roberto Orci, Alex Kurtzman, Damon Lindelof, Mark Fergus, Hawk Ostby (nach einer Geschichte von Mark Fergus, Hawk Ostby und Steve Oedekerk [klingt nach einer sehr langen Entwicklung])

LV: Scott Mitchell Rosenberg: Cowboys & Aliens, 2006 (Cowboys & Aliens)

Buch zum Film: Joan D. Vinge: Cowboys & Aliens, 2011

Wilder Westen: Aliens versuchten schon damals, die Erde zu besetzen. Aber dieses Mal legen sie sich mit „James Bond“ und „Indiana Jones“ an. Klarer Fall, wer die besseren Karten hat.

Vergnüglicher, starbesetzter, etwas unterschätzter Western, der gerade in seinen traditionellen Teilen gefällt, und viel besser als die Box-Office-Bombe „Lone Ranger“ ist.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung des Films und der Vorlage.

mit Daniel Craig, Harrison Ford, Abigail Spencer, Buck Taylor, Olivia Wilde, Sam Rockwell, Clancy Brown, Paul Dano, Adam Beach, Noah Ringer, Keith Carradine, Walton Goggins

Wiederholung: Samstag, 6. Februar, 23.25 Uhr

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

You Tube: der Kanal zum Film und der Kanal mit den Interviews (Jon Favreau unterhält sich mit den Beteiligten)

Film-Zeit über „Cowboys & Aliens“

Metacritic über “Cowboys & Aliens”

Rotten Tomatoes über “Cowboys & Aliens”

Wikipedia über “Cowboys & Aliens” (deutsch, englisch) und über die Vorlage (deutsch, englisch)

Go into the Story: Interview mit den Drehbuchautoren Roberto Orci und Alex Kurtzman über “Cowboys & Aliens”

Platinum Studios: Homepage zum Comic

Meine Besprechung von Jon Favreaus „Cowboys & Aliens“ (Cowboys & Aliens, USA 2011)

Meine Besprechung von Jon Favreaus „Kiss the Cook – So schmeckt das Leben“ (Chef, USA 2014)


Neu im Kino/Filmkritik: „Love & Mercy“, die Beach Boys und Brian Wilson

Juni 11, 2015

Die Sommerhits der Beach Boys, wie „Surfin‘ USA“, „I get around“, „Fun, Fun, Fun“ und „Good Vibrations“, kennt heute noch jedes Kind. Immerhin gehören diese Songs, die vor fünfzig Jahren in 2-Minuten-Hymnen den Mythos von Kalifornien als Land des immerwährenden Sommers mit Surfbrettern, lachenden Sonnyboys und fröhlichen Mädels zementierten, zum festen Radioprogramm. Brian Wilson ist dagegen vor allem Musikfans ein Begriff. Er war der kreative Kopf der Beach Boys, viele Jahre litt er an falsch behandelten psychischen Problemen, die er erst mit der Hilfe von seiner Frau Melinda Ledbetter in den Griff bekam. Seitdem veröffentlicht der Perfektionist, mehr oder weniger regelmäßig, neue CDs, die im Schatten seines Frühwerks stehen.
Mit „Love & Mercy“ ist jetzt von Bill Pohlad ein Biopic über Wilsons Leben inszeniert worden, das nicht schlecht ist, aber an seiner Konstruktion leidet, immer wieder zu wenig in die Tiefe geht und sich zu sehr an die Brian-Wilson-Fans richtet. Denn wer die Hintergründe nicht kennt, wird sich mehr als einmal fragen, wie so etwas möglich sein kann und ob das Geschilderte wirklich den Tatsachen entspricht. Tut es, obwohl die Wirklichkeit teilweise noch absurder war.
Beginnen wir mit der Konstruktion: Bill Pohlad erzählt „Love & Mercy“ auf zwei Zeitebenen, zwischen denen er flüssig und gelungen hin und her springt. Der eine Teil spielt in den Sechzigern: die Beach Boys sind eine erfolgreiche Band. Aber Brian Wilson (Paul Dano) will mehr als flauschige Sommerhits abliefern. Während die Band ohne ihn auf Tour geht, zieht er sich ins Studio zurück. Er will die neue LP „Pet Sounds“ aufnehmen. Die Entstehung dieser 1966 veröffentlichte Rock-Symphonie wird ausführlich gezeigt. Aber wer die Platte nicht kennt und nichts über ihre Bedeutung für die Geschichte der Rockmusik weiß, sieht vor allem einen Musiker, der im Studio obsessiv einem bestimmten Sound hinterherjagt.
Der andere Teil spielt zwanzig Jahre später in den späten Achtzigern. Brian Wilson (John Cusack) wird von Dr. Eugene Landy (Paul Giamatti) behandelt und von der Welt abgeschirmt. Aber Wilson entwickelt Gefühle für die junge Cadillac-Autoverkäuferin Melinda Ledbetter (Elizabeth Banks). Das hier mögliche Psychodrama zwischen dem Arzt und seinem Patienten bleibt allerdings in den Anfängen stecken. In erster Linie wird uns die Situation präsentiert, in der Brian Wilson in diesem Moment steckt. Aber zunächst gibt es die im Film nicht erklärte Lücke zwischen dem Sechziger-Jahre-Wilson, der zwar schon psychische Probleme hatte, aber weitgehend normal funktionierte, und dem Achtziger-Jahre Wilson, der unzurechnungsfähig ist und nur unter Aufsicht vor die Haustür gehen darf, weil er anscheinend eine Gefahr für sich selbst und seine Umwelt darstellt. Dabei ist der etwas merkwürdige Wilson auf den ersten Blick ein extrem pflegeleichter Patient. Wie ein kleines Kind akzeptiert er seine Bewacher und er offenbart vor fremden Menschen, wie der Autoverkäuferin, seine tiefsten Gefühle und Verletzungen. Und er ist mit seiner Situation ganz zufrieden. Immerhin wird er beschützt und er kann, was er einige Jahre früher nicht tat, sein Haus verlassen. Nur seine neue Freundin Melinda Ledbetter möchte, je mehr sie über Wilsons Leben erfährt, die seltsame Situation ändern. Aber sie ist, auch wenn dieser Teil aus ihrer Perspektive erzählt wird, als Zufallsbekanntschaft, ein Nebencharakter.
Diese Konstruktion und die Teilung in einen Musikfilm und ein Drama hält einen auf Distanz zum Geschehen. Es gibt auch kein Greatest Hits der Band, sondern eine feinfühlige Annäherung an einen schwierigen Charakter in zwei Lebensphasen. „Love & Mercy“ vermeidet so die typischen Biopic-Fallen. Aber es bleibt auch immer der Eindruck, dass man zwei nicht zueinander passende halbe Filme gesehen hat, die ihr Potential nicht ausschöpfen. Dass nur an der Oberfläche eines Enigmas gekratzt wurde.
Für Fans von Musikfilmen ist „Love & Mercy“ natürlich ein Pflichttermin. Es ist auch ein Musikfilm, der sich für die Arbeit hinter den Kulissen und die seelischen Probleme des Künstlers interessiert, ohne diese sensationslüstern auszubeuten. Denn für den Brian Wilson der achtziger Jahre ist die Musik, die früher sein Leben definierte, unwichtig. Aber die Beziehung zu Melinda Ledbetter, mit der er immer noch verheiratet ist, wird wichtiger.

Love and Mercy - Plakat

Love & Mercy (Love & Mercy, USA 2015)
Regie: Bill Pohlad
Drehbuch: Oren Moverman, Michael Alan Lerner
mit John Cusack, Paul Dano, Elizabeth Banks, Paul Giamatti, Jake Abel, Kenny Wormald, Brett Davern, Graham Rogers
Länge: 122 Minuten
FSK: ab 6 Jahre

Hinweise
Englische Homepage zum Film
Deutsche Homepage zum Film
Film-Zeit über „Love & Mercy“
Moviepilot über „Love & Mercy“
Metacritic über „Love & Mercy“
Rotten Tomatoes über „Love & Mercy“
Wikipedia über „Love & Mercy“, die Beach Boys (deutsch, englisch) und Brian Wilson (deutsch, englisch)
AllMusic über die Beach Boys und Brian Wilson


TV-Tipp für den 29. Mai: Cowboys & Aliens

Mai 28, 2015

Vor „Kiss the Cook“ war „Cowboys & Aliens“

Pro 7, 20.15

Cowboys & Aliens (USA 2011, Regie: Jon Favreau)

Drehbuch: Roberto Orci, Alex Kurtzman, Damon Lindelof, Mark Fergus, Hawk Ostby (nach einer Geschichte von Mark Fergus, Hawk Ostby und Steve Oedekerk [klingt nach einer sehr langen Entwicklung])

LV: Scott Mitchell Rosenberg: Cowboys & Aliens, 2006 (Cowboys & Aliens)

Buch zum Film: Joan D. Vinge: Cowboys & Aliens, 2011

Wilder Westen: Aliens versuchten schon damals, die Erde zu besetzen. Aber dieses Mal legen sie sich mit „James Bond“ und „Indiana Jones“ an. Klarer Fall, wer die besseren Karten hat.

Vergnüglicher, starbesetzter, etwas unterschätzter Western, der gerade in seinen traditionellen Teilen gefällt, und viel besser als die Box-Office-Bombe „Lone Ranger“ ist.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung des Films und der Vorlage.

mit Daniel Craig, Harrison Ford, Abigail Spencer, Buck Taylor, Olivia Wilde, Sam Rockwell, Clancy Brown, Paul Dano, Adam Beach, Noah Ringer, Keith Carradine, Walton Goggins

Wiederholung: Samstag, 30. Mai, 22.35 Uhr

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

You Tube: der Kanal zum Film und der Kanal mit den Interviews (Jon Favreau unterhält sich mit den Beteiligten)

Film-Zeit über „Cowboys & Aliens“

Metacritic über “Cowboys & Aliens”

Rotten Tomatoes über “Cowboys & Aliens”

Wikipedia über “Cowboys & Aliens” (deutsch, englisch) und über die Vorlage (deutsch, englisch)

Go into the Story: Interview mit den Drehbuchautoren Roberto Orci und Alex Kurtzman über “Cowboys & Aliens”

Platinum Studios: Homepage zum Comic

Meine Besprechung von Jon Favreaus „Cowboys & Aliens“ (Cowboys & Aliens, USA 2011)


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