Neu im Kino/Filmkritik: Über Hirokazu Kore-edas „Broker – Familie gesucht“

In Südkorea nehmen Sang-hyun und Dong-soo in einer Kirche die Babys aus einer Babyklappe, legen sie in ein Bett und registrieren sie. Anschließend kommen sie in ein Waisenhaus. Einige der von ihren Müttern in der Babyklappe abgegebenen Babys pflegen sie nicht ein. Sie nehmen sie mit und verkaufen sie an Wohlhabende, die zu ihrem Glück noch ein Baby brauchen, aber aus verschiedenen Gründen keine Kinder adoptieren dürfen. Es ist ein illegales Geschäftsmodell, das allerdings niemand wirklich schädigt und von den Tätern rührig unbeholfen ausgeführt wird. Es gerät in Gefahr, als So-young, die in einer regnerischen Nacht ihr Baby in die Babyklappe legte, wider alle Erwartungen zurückkehrt und ihr Baby wieder haben will. Sang-hyun, der Kopf des Unternehmens und Betreiber einer kleinen Wäscherei, erklärt ihr, dass sie die besten Eltern für Woo-sung finden wollen. Nach kurzem Zögern will sie Sang-hyun und Dong-soo in ihrem klapprigen Mini-Van begleiten und ein Wort bei der Adoption mitreden. Die beiden Kindervermittler, die sich mit diesen Geschäften und anderen Arbeiten ein bescheidenes Einkommen erzielen, sind einverstanden. Sie haben auch keine andere Wahl.

Gemeinsam fahren sie los und je länger Hirokazu Kore-eda in seinem neuen Film „Broker – Familie gesucht“ sie bei ihren Versuchen, eine Familie für Dong-soo zu finden, verfolgt, umso mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass Sang-hyun und Dong-soo die untauglichsten Männer für den Job sind, weil sie die besten Ersatzväter sind, die es gibt.

Auf ihrer Odyssee durch das Land werden sie unerbittlich von Su-jin und ihrer jüngeren Kollegin Lee verfolgt. Sun-jin ist eine ständig schlecht gelaunte, ihren Arbeitsplatz Auto mit Essen zumüllende Polizistin, die aus dem Klischeebuch des Hardboiled-Detektivs stammen könnte. Sie treibt die Ermittlungen voran, weil sie San-hyun und Dong-soo für wichtige Mitglieder einer großen Menschenhändlerbande hält.

Broker – Familie gesucht“ ist kein Hardboiled-Krimi und kein anklagendes Sozialdrama, sondern eine sehr warmherzige Komödie, die von einem sanftem Humor und einer großen Liebe zu den Figuren geprägt ist. Wie sich Sang-hyun, Dong-soo und So-young während des Films näher kommen erzählt Hirokazu Kore-eda gewohnt zurückhaltend und mit einem genauen Blick auf kleine Nuancen. Sein neuester Film ist ein Wohlfühlfilm, der nichts mit den Filmen zu tun hat, die normalerweiser als Wohlfühlfilme gelabelt werden und die vor allem verlogener Kitsch sind.

Wer frühere Filme von Hirokazu Kore-eda, wie „Like Father, like Son“ (Japan 2013), „Unsere kleine Schwester“ (Japan 2015) und „Shoplifters – Familienbande“ (Manbiki Kazoku, Japan 2018) kennt, wird in seinem neuen Film viele vertraute Themen und Motive erkennen. Wieder geht es um Familien, echte und falsche, und die Frage, was eine Familie ausmacht. Es geht um Glück an Orten, an denen man es nicht erwartet.

Dieses Mal erzählt er davon in der Form eines entspannt-humorvollen Roadmovie-Märchen mit einer kleinen Noir-Krimibeigabe. Denn jedes gute Märchen hat eine böse Hexe.

Ich wollte auf keinen Fall, dass mein Film den Kindern am Ende suggeriert, es sei schlecht, geboren zu werden. Oder, dass ihre Mutter die Geburt bereut hätte. Ich wollte, dass der Film ganz klar sagt: ‚Es ist gut, geboren zu werden‘. In dieser Hinsicht ist ‚Broker‘ ein Film über das Leben.“

Hirokazu Kore-eda über seinen Film

Broker – Familie gesucht (Beurokeo, Südkorea 2022)

Regie: Hirokazu Kore-eda (alternative Schreibweise Hirokazu Koreeda)

Drehbuch: Hirokazu Kore-eda

mit Song Kang-ho, Gang Dong-won, Bae Doona, Lee Ji-eun, Lee Joo-young, Im Seung-soo, Park Ji-yong

Länge: 129 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Broker – Familie gesucht“

Metacritic über „Broker – Familie gesucht“

Rotten Tomatoes über „Broker – Familie gesucht“

Wikipedia über „Broker – Familie gesucht“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Hirokazu Kore-edas „Like Father, like Son“ (Soshite chichi ni naru, Japan 2013)

Meine Besprechung von Hirokazu Kore-edas „Unsere kleine Schwester“ (Umimachi Diary, Japan 2015)

Meine Besprechung von Hirokazu Kore-edas „Shoplifters – Familienbande“ (Manbiki Kazoku, Japan 2018)

Meine Besprechung von Hirokazu Kore-edas „La Vérité – Leben und lügen lassen“ (La Vérité, Frankreich 2019)

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