Kleinkram – und ein kostenloses Buch

August 12, 2008

Edition Köln macht ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können: bis zum 29. August kann der zweite Kommissar-Kleefisch-Roman „Die Tango-Sängerin“, vor dem offiziellen Erscheinen, kostenlos heruntergeladen werden. Danach gibt es das Werk nur noch beim Buchhändler ihres Vertrauens.

Die Story?

Erst wanderten Kölner nach Argentinien aus, weil sie vor den Nazis flohen. Dann flohen Nazis hinterher.

Jetzt fliehen Argentinier vor der Diktatur von Videla & Co. nach Köln. Und der Kölner Kommissar Kleefisch versucht bei diesem Hin- und Her zu klären, wer es war.

In Buenos Aires handelt der Admiral mit den Kindern Gefangener. In Hamburg baut die Werft Fregatten für den Admiral. In Bonn zieht sich der Bundeskanzler eine Linie Schnupftabak und entdeckt, was ein tragisches Dilemma ist. Im Stadion Monumental unterliegen die Niederlande im Endspiel um die Fußball-Weltmeisterschaft und ganz Argentinien feiert den Admiral.

Aber am Ende der Geschichte fehlen 30.000 Menschen. Eine Tango-Sängerin ist kahl. Ein Dichter hat keine Zähne mehr. Und der Kommissar Kleefisch steht auf dem Kölner Westfriedhof vor dem Grab seiner Mama und sagt: „Mal wieder ziemlich was los. Sei froh, dass du hier so friedlich liegen kannst.“

Ein Buch, das nach dem Prinzip der Puppe in der Puppe kon­struiert ist: eins steckt im anderen, im Kriminalroman der literarische Roman, und wer anfängt zu lesen, der ist auch schon drin und verloren.

Die August-Ausgaben von The Big Thrill (schon länger) und der Krimi-Couch (noch nicht so lange) sind online.

In The Big Thrill gibt es unter anderem kurze Vorstellungen der neuen Bücher von Kathy Reichs, Eric van Lustbader, Jeffery Deaver (ein neuer Lincoln Rhyme), Joe R. Lansdale („Leather Maiden“ heißt das Teil vielversprechend) und Linda Barnes (mit dem zwölften Carlotta-Carlyle-Krimi; die ersten Carlyle-Krimis gefielen mir sehr gut), und Interviews mit Marcus Sakey und Lisa Jackson.

Grandios finde ich den Titel von Jonathan Maberrys neuem Werk: „Zombie CSU“.

Die Krimi-Couch nimmt sich unter anderem „Grabesgrün“ von Tana French, „Die Todeskarte“ von Glenn Chandler, „Fragen Sie den Papagei“ von Richard Stark (gutes Buch), „Schlaf nicht so lange“ von John Harvey (gutes Buch), „Weiße Nächte“ von Rainer Gross (Schrott), „Fettsack“ von Rex Miller (Besprechung demnächst; aber mein erster Eindruck war: Schrott), „Der Fahrer“ von Andrew Vachss (vergnüglicher Pulp, also gutes Buch) und, als Klassiker, „Der große Schlaf“ von Raymond Chandler (Kein Kommentar) vor.

Bei Bookgasm unterhält sich Matt Adder mit Jason Starr über seine neuen Bücher und Projekte und, vor allem, seine dritte Zusammenarbeit mit Ken Bruen:

It’s been a total blast and I think that’s apparent in the books. It was just a great break from solo writing to write with Ken. We laughed till it hurt and now we’re planning another book. Pretty much since the day we met we were talking about writing together, then thank God Hard Case gave us the chance to do it. It just took off from there.

BOOKGASM: Does it force you to change your writing style or work process any?

STARR: I don’t change it, but I alter it. So does Ken. If we wrote like we normally wrote, readers would be able to tell who wrote what. So I write like him and he writes like me. Still, we’re always amazed when people tell us that they assume that we alternate chapters, or that Ken writes the Irish stuff and I do the Americans. We’re always working on the same chapters at the same time and I wish I could take credit for all of the American stuff in the books.

Bei Evil-E beantwortet Michael Connelly viele, viele Fragen – auch die von Jason Starr.

„Noir of the Week“ bespricht diese Woche die William-P.-McGivern-Verfilmung “Rogue Cop” (Heißes Pflaster) und letzte Woche als Zweiteiler Alfred Hitchcocks „Shadow of a Doubt“ (Im Schatten des Zweifels).

PDFscreenplays ist umgezogen (irgendwie lag es am Darabont-Drehbuch für „Indiana Jones 4“), nennt sich jetzt PDF Movie Scripts und ist jetzt nach einigen Problemen und einigem Hin und Her wieder problemlos online erreichbar. Neue Drehbücher dort sind, ich beschränke mich nur auf einige der bekannten Titel, eine frühe Version von „Hancock“, „The incredible Hulk“, „The Happening“, „Wanted“, „The Mummy 3“ und „Hellboy 2“.

Regisseur Alex Cox (Repo Man, Sid & Nancy, Walker) hat sehr umfangreiche, informative Seite (mit vielen, vielen Drehbüchern zum downloaden). Deshalb steht da auch „2.0“.

Und diese Krimiserie würde ich gerne wieder sehen.


TV-Tipp für den 12. August

August 12, 2008

Arte, 22.45 (VPS 22.40)

The Concert for Bangladesh (USA 1972, R.: Saul Swimmer)

Damit fing’s an: George Harrison organisierte das Benefizkonzert für die Flüchtlinge aus Bangladesh und lud, damit anschließend auch viel Geld gespendet werden konnte, viele bekannte Musiker ein. Neben ihm spielten am 1. August 1971 im New Yorker Madison Square Garden Ravi Shankar, Bob Dylan, Eric Clapton, Ringo Starr, Leon Russell, Jim Keltner und Billy Preston ihre bekanntesten Lieder. Und wir können das heute im Puschenkino sehen.

Wiederholung: Samstag, 16. August, 14.10 Uhr

Hinweise

Arte zum Konzertfilm

„The Concert for Bangladesh“-Homepage

Wikipedia über das Ereignis

Unicef zum 35. Jahrestag des Konzertes


Andrew Vachss ist zurück

August 11, 2008

Mit „Der Fahrer“ betritt Andrew Vachss für ihn neues Territorium. Ältere Krimileser werden sich noch an den Mann mit der Augenklappe erinnern. In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war Andrew Vachss mit seinen Burke-Romanen sehr präsent in Deutschland. Die düsteren und umstrittenen Werke wurden übersetzt und er gab etliche Interviews in deutschen Zeitschriften. Er erzählte von seiner Arbeit als Anwalt für Kinder und Jugendliche. Er erzählte von seinem Kampf für missbrauchte Kinder. Und er schrieb die düsteren, in New York spielenden Burke-Romane, in denen ein nicht-lizensierter Privatdetektiv zusammen mit seinen Kampfgefährten Selbstjustiz an Kinderschändern übt. Dagegen war sogar Batmans Gotham City ein heimeliger Ort (Oh, Vachss schrieb 1995 auch die Batman-Geschichte „The ultimate evil“.).

Und dann wurden seine neuen Werke nicht mehr übersetzt. Wahrscheinlich lag es an einem unguten Gemisch aus Umstrukturierungen im Verlag und nicht zufrieden stellenden Verkaufszahlen. In den USA veröffentlichte er dagegen acht weitere Burke-Romane und zwei Einzelwerke.

„Der Fahrer“, mit dem Andrew Vachss jetzt auf den deutschen Buchmarkt zurückkehrt ist eines seiner wenigen Einzelwerke und man muss kein Noir-Experte oder Krimifan sein, um zu wissen, wie die Story des nicht übermäßig intelligenten Fluchtwagenfahrers Eddie ausgeht. Immerhin geht es um den letzten Coup und die Liebe zur falschen Frau.

Bereits als Jugendlicher ist Eddie ständiger Gast in den verschiedenen staatlichen Besserungsanstalten. Er wurde immer wieder mit einem gestohlenen Auto erwischt. Denn er liebt das Fahren. Doch damit würde er in der Hierarchie der Gefängnisse ganz unten stehen. Also beginnt er seine Geschichte etwas aufzupäppen. Bei einer Verhaftung kommt es sogar zu einem großen Polizeieinsatz. Anschließend gibt er auch von der Polizei fälschlich erhobene Anklagepunkte zu. Danach ist seine Karriere als Fluchtwagenfahrer vorgezeichnet. Doch erst nach dem er J. C. kennen lernt und der ihn unter seine Fuchtel nimmt, beginnt Eddie wirklich Geld zu verdienen. Da plant J. C. als letzten Raubzug den Überfall auf den Geldtransporter eines Indianercasinos.

Während J. C. und Gus zur Vorbereitung immer wieder für mehrere Tage den Unterschlupf verlassen, richtet Eddie das Fahrzeug her. Bei ihm ist J. C.s Freundin Vonda. Sie kommen sich, wenig überraschend, näher.

Vachss „Der Fahrer“ ist eine feine Hommage an die klassischen Pulps. Er erzählt diese kleine Geschichte, die bequem an einem Abend gelesen werden kann, aus Eddies Sicht. Sein Erzähler ist zwar intelligent genug, um die einfachen Regeln der Gangsterwelt zu verstehen und seinen Job gut zu machen. Aber er wird niemals selbst Verbrechen planen. Er hat auch überhaupt keinen Ehrgeiz dazu – bis er Vonda trifft und die Ereignisse ihren fatalen Lauf nehmen.

Die Variationen zu anderen Noir-Gangsterkrimis liegen deshalb in den Details. Vachss skizziert die verschiedenen Orte nur kurz und nennt keine Städtenamen. So wird Eddies Geschichte fast schon zu einer nüchternen Fallstudie über das Leben eines Kleingangsters, der nie die Chance auf ein anderes Leben hatte; garniert mit einigen Anmerkungen zur Popkultur.

Denn Eddie ist ein junger Mann, der das Fahren liebt, deshalb immer nur Fluchtwagenfahrer werden wollte und der daher auch Filme über das Fahren liebt. „Moonshine Highway“, ein kaum bekannter TV-Krimi von 1996 über Schnapsschmuggler („ein kleiner Klassiker. Unterschätzt und unaufdringlich. Sehr noir.“), und „Thunder Road“ (Letzte Fahrt nach Memphis, Kilometerstein 375), der „größte Schnapsschmugglerfilm, der je gedreht wurde“ von 1958 mit Robert Mitchum, sind seine Lieblingsfilme. „Vanishing Point“ (Fluchtpunkt San Francisco) gefällt ihm auch. „Driver“, dagegen, mag er nicht, weil Ryan O’Neal „ein Fluchtwagenfahrer sein sollte, aber er machte es nicht richtig“.

„Der Fahrer“ ist ein kleiner, schnörkelloser Gangsterkrimi. Nicht mehr und auch nicht weniger.

Andrew Vachss: Der Fahrer

(übersetzt von Georg Schmidt)

rororo, 2008

224 Seiten

8,95 Euro

Originalausgabe

The Getaway Man

Vintage Books/Random House, New York 2003

Hinweise

Homepage von Andrew Vachss (deutsch/englisch)

Wikipedia über Andrew Vachss (deutsch/englisch)

Krimi-Couch über Andrew Vachss

You Tube: Vierteiliges Interview mit Andrew Vachss

UGO: Interview mit Andrew Vachss

Thrilling Detective über Burke


TV-Tipp für den 11. August

August 11, 2008

Arte, 21.15

Die Verlobung des Monsieur Hire (F 1989, R.: Patrice Leconte)

Drehbuch: Patrice Leconte, Patrick Dewolf

LV: Georges Simenon: Les fiancailles de M.Hire, 1933 (Die Verlobung des Monsieur Hire)

Wer ist der unauffällige, stets korrekt gekleidete Monsieur Hire? Ein Mädchenmörder oder nur ein harmloser Spanner?

Lecontes zu Recht hochgelobte Simenon-Verfilmung wird heute – nach zwölf Jahren – wieder gezeigt. Also: unbedingt einschalten oder aufnehmen.

Vor „Die Verlobung des Monsieur Hire“ drehte Leconte den Kassenschlager „Die Spezialisten“; ein witzig-wendungsreiches Caper-Movie. Mit „Die Verlobung des Monsieur Hire“ begann er sein Spätwerk. Der Film war, neben zahlreichen weiteren Césars, auch für den besten Film, bester Hauptdarsteller und beste Hauptdarstellerin nominiert.

„Bemerkenswert ist Monsieur Hire nicht allein durch seine exzellenten Darsteller. Er ist vielmehr ein Beispiel für Spannung, die auf Effekte verzichtet und statt dessen eine unterschwellige Bedrohung vermittelt, die Leconte nur in Details, in Gesten, Blicken und seinen verengt-verengenden Kameraperspektiven andeutet. Und wie jeder gute Thriller entpuppt sich Monsieur Hire am Ende als ein Diskurs über die menschliche Dichotomie von gut und böse, die sich häufig anders präsentiert, als auf den ersten Blick zu vermuten wäre.“ (Meinolf Zurhorst: Lexikon des Kriminalfilms – Völlig überarbeitete Neuausgabe)

„Eine faszinierende Studie von Einsamkeit und Isolation, die durch das disziplinierte Spiel Michel Blancs und Sandrine Bonnaires an Doppelbödigkeit gewinnt.“ (Fischer Film Almanach 1990)

Und noch mal in das gleiche Horn: „Durch die überzeugende filmische Umsetzung des Stoffes und die überragende Interpretation entwickelt sich eine intensive Lektion über die Ambivalenz von Gut und Böse.“ (Lexikon des internationalen Films)

Mit Michel Blanc, Sandrine Bonnaire, Luc Thullier, André Wilms

Wiederholungen

Freitag, 15. August, 14.55 Uhr

Mittwoch, 20. August, 14.55 Uhr

Montag, 25. August, 14.55 Uhr

Hinweise

Mehr von Leconte: Dienstag, 12. August, NDR, 23.00 Uhr: Intime Fremde (F 2004, R.: Patrice Leconte)

Arte zum Film

Deutsche Georges-Simenon-Fanseite


TV-Tipp für den 10. August

August 9, 2008

Das Vierte, 20.15

Botschafter der Angst (USA 1962, R.: John Frankenheimer)

Drehbuch: George Axelrod

LV: Richard Condon: The Manchurian Candidate, 1959 (Botschafter der Angst, Der Manchurian Kandidat)

Sergeant Raymond Shaw erhielt von den Sowjets im Korea-Krieg eine Gehirnwäsche. Jetzt ist er eine gefühllose Killermaschine, die einen Präsidentenkandidaten umbringen soll. Major Bennett Marco versucht den Anschlag zu verhindern.

2004 kam Jonathan Demmes durchaus gelungenes Remake “Der Manchurian Kandidat” (seltsamerweise fand ich im Kino die Prämisse – trotz der besseren technischen Möglichkeiten – unglaubwürdiger als in den alten Agentenfilmen. Liegt vielleicht auch daran, dass die Industrie die Politik nicht mit einer komplizierten Gedankenwäsche überzeugen muss. Etwas Kleingeld tut’s auch.) in die Kinos.

Frankenheimers Semi-Klassiker, der damals einen erfolgreichen Kinostart hinlegte, in den USA von der Kritik gelobt wurde und von Frank Sinatra nach der Ermordung Kennedys aus dem Verleih genommen wurde – bis 1987. Für das deutsche Publikum wurde die Gehirnwäsche an den amerikanischen Soldaten, mehr oder weniger das Herz des gesamten Films, fast vollkommen herausgeschnitten.

Der Filmdienst hielt beim Filmstart in Deutschland nichts von dem Werk: „Der Film ist so durch und durch amerikanisch im schlechten Sinne, dass einem förmlich übel werden kann. (…) das alles wird zu einer mysteriösen Kolportagegeschichte vermengt, die Glaubwürdigkeit und Sachlichkeit zugunsten faustdicker Polemik über Bord wirft. Dabei bedient man sich einer Typologie, die bestenfalls für Groschenheft-Niveau reicht.“

Ganz anders liest es sich in Gerald Pratleys schönem Buch „The Films of John Frankenheimer“: „The impact of this film war enormous…It established him as the most important film-maker at work in America or elsewhere. …’The Manchurian Candidate’, based on Condon’s book which Axelrod follows faithfully in his screenplay, provoked its expected share of criticism and cries for censorship. Fortunately, the film was too great an achievement, both commercially and artistically, to go down before it.”

Mit Frank Sinatra, Laurence Harvey, Janet Leigh, Angela Lansbury, Henry Silva

Hinweise

Wikipedia über Richard Condon (deutsch [kryptisch]/englisch)

Kirjasto über Richard Condon

Wired for Books: Don Swain redet mit Richard Condon (1982, 1986, 1990 – jeweils eine knappe halbe Stunde)

You Tube: eine schöne „Manchurian Candidate“-Montage


TV-Tipp für den 9. August

August 9, 2008

Kabel 1, 20.15

Der Schneider von Panama (USA/Irl./GB 2001, R.: John Boorman)

Drehbuch: John le Carré, John Boorman, Andrew Davis

LV: John le Carré: The Tailor of Panama, 1996 (Der Schneider von Panama)

Für den britischen Geheimagenten Osnard ist Panama die Endstation, bis er den Nobelschneider Pendel kennen lernt und von ihm – gegen Geld – brisante Regierungsgeheimnisse (die vollkommen erfunden sind) anvertraut bekommt.

Köstliche und sehr britische Demontage der Spionagewelt. Mit Sicherheit viel näher an der Realität, als die Bond-Abenteuer. Brosnan zieht hier als Geheimagent sein Image durch den Kakao.

Das neue Buch „A most wanted Man“ von John le Carré erscheint am 23. September 2008 in seiner Heimat. Eine deutsche Veröffentlichung ist noch nicht angekündigt.

Mit Pierce Brosnan, Geoffrey Rush, Jamie Lee Curtis, Harold Pinter

Hinweise

Homepage von John le Carré

Wikipedia über John le Carré (deutsch/englisch)

Krimi-Couch über John le Carré

Kirjasto über John le Carré

The Salon Interview mit John le Carré (1996)

Charlie Rose redet mit John le Carré (1996)

Meine Besprechung von John le Carrés „Geheime Melodie“ (The Mission Song, 2006)

Ein Buch über John le Carré


Ein Spiel mit echten Menschen

August 8, 2008

„Der Prototyp von Scavenger kann ohne euch nicht gelingen.“

Am Ende von „Creepers“ lagen Frank Balenger und Amanda Evert verletzt am Strand von Asbury Park, New Jersey, während hinter ihnen das Paragon Hotel abbrannte. In den folgenden Monaten heilten die beiden ihre Wunden und begannen in New York ein gemeinsames Leben. Eines Tages erhält Balenger die rätselhaft-liebevoll gestaltete Einladung zu einem Vortrag des Manhattan History Club über Zeitkapseln.

Sie gehen hin – und als Balenger wieder wach wird, liegt er am Strand von Asbury Park, New Jersey.

Seine Freundin Amanda wird dagegen in einer hermetisch abgeriegelten, einsam gelegenen Hütte wach. Bei ihr sind der Irak-Veteran Ray Morgan, die Seglerin Bethany Lane und das Bergsteigerpaar Derrick und Vivian Montgomery. Sie alle haben, wie Amanda, lebensbedrohende Situationen überlebt. Die Öffentlichkeit sieht sie als Helden.

Eine Stimme aus einem Lautsprecher sagt ihnen, dass sie jetzt Teil des Spiels „Scavenger“ seien. Sie hätten vierzig Stunden, um eine bestimmte Menge Aufgaben zu erfüllen. Wenn sie das nicht tun oder versagen, werden sie, wie die Figuren in einem Computerspiel, sterben. Auch Balenger ist, wie er erst im Laufe seiner Suche nach Amanda, begreift, ein Teil des Spiels. Doch schnell hält er sich, wie er glaubt, nicht mehr an die Spielregeln.

„Level 9“ ist ein würdiger Nachfolger für das klaustrophobische „Creepers“. Während Morrell sich damals von den Urban Explorers inspirieren ließ, hat er sich jetzt, wie sein informatives Nachwort verrät, von dem Phänomen der Zeitkapseln, GPS-Schatzsuchen und Videospielen und deren Metaphysik inspirieren lassen. Diese Informationen fügt Morrell gekonnt als Teil des Spiels und der Suche von Balenger nach seiner Geliebten Amanda in die spannende, weitgehend in der freien Natur spielende Geschichte ein.

„Level 9“ ist, trotz seines schwachen Endes (aka das Spiel beendende „Level 9“), als echter Pageturner eine ideale Sommerlektüre.

David Morrell: Level 9

(übersetzt von Christine Gaspard)

Knaur, 2008

416 Seiten

7,95 Euro

Originalausgabe

Scavenger

CDS Books, 2007

Hinweise

Homepage von David Morrell

Scavenger – The Game

Krimi-Couch: David Morrell – Eine Theorie über Thriller (2007)

Subterranean Press: Interview mit David Morrell über „Scavenger“ (und „Creepers“)

ITW: Interview mit David Morrell über “Scavenger”

ITW: „Between the Lines“-Interview mit David Morrell: The Making of a Bestseller (2008 )

Meine Besprechung von David Morrells „Creepers“


TV-Tipp für den 8. August

August 8, 2008

Arte, 21.00

Sex Traffic (GB 2004, R.: David Yates)

Drehbuch: Abi Morgan

Der für zahlreiche wichtige Preise nominierte und vielfach ausgezeichnete Zweiteiler schildert anhand des Schicksals zweier Moldawierinnen die internationalen Geschäfte von Mädchenhändlern und das menschenverachtende Zusammenspiel von Politik, Organisierter Kriminalität und Organisationen, die sich an dem gewinnbringenden Geschäft mit der Zwangsprostitution bereichern.

Stellvertretend für die vielen positiven Stimmen: „Der ambitionierte, engagiert recherchierte und überzeugend gespielte (Fernseh-)Film operiert geschickt mit spannenden Genremitteln, ohne sie zum Selbstzweck werden zu lassen.“ (Lexikon des internationalen Films)

Arte zeigt heute beide Teile des Zweiteilers.

Mit John Simm, Wendy Crewson, Anamaria Marinca, Maria Popistasu, Chris Potter, Robert Joy,

Wiederholungen

Teil 1: Donnerstag, 14. August, 01.05 Uhr (Taggenau!)

Teil 1: Montag, 18. August, 03.00 Uhr (Taggenau!)

Teil 2: Mittwoch, 21. August, 00.50 Uhr (Taggenau!)

Teil 2: Montag, 25. August, 03.00 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Arte zum Film

Scotland on Sunday: Interview mit Abi Morgan (9. März 2008 )


Parker besucht Neu-England

August 6, 2008

Endlich wird Richard Stark wieder ins Deutsche übersetzt. Denn Donald E. Westlake schreibt bereits seit 1997 unter dem Pseudonym Richard Stark neue Parker-Romane. Parker, für die, die ihn noch nicht kennen, ist ein eiskalter Profigangster. Seinen ersten Auftritt hatte er 1962 in „The Hunter“ (Jetzt sind wir quitt; Payback). Der Roman wurde, für die Älteren 1967 von John Boorman mit Lee Marvin als „Point Blank“ (Klassiker), für die Jüngeren 1999 von Brian Helgeland mit Mel Gibson als „Payback“ (Schrottfilm), verfilmt. Bis 1974 schrieb Richard Stark fünfzehn weitere Parker-Geschichten. Etliche wurden, mehr oder weniger erfolgreich, mit verschiedenen, oft bekannten Schauspielern, die alle wegen der von Stark abgeschlossenen Verträge nie „Parker“ hießen, verfilmt. Dann schrieb er über zwanzig Jahre keine weiteren Parker-Abenteuer und auch keine weiteren Bücher als „Richard Stark“. Seit der Rückkehr 1997, ganz unspektakulär „Comeback“ betitelt, erschienen acht weitere Parker-Abenteuer, die sich nur in der Länge von den früheren Parker-Geschichten unterscheiden. Sie sind etwas länger, aber nach heutigem Standard immer noch unglaublich kurz und gefüllt mit mehr Handlung als ein halbes Dutzend Bestseller.

Zsolnay veröffentlichte jetzt – und das ist der kleine Wermutstropfen bei seinem neuen Auftritt in Deutschland – mit „Fragen Sie den Papagei“ den vorletzten Parker-Roman. Der bislang letzte, „Dirty Money“, erschien in den USA im April. Zusammen mit „Nobody runs forever“ bilden die drei Romane eine kleine Trilogie. Denn „Fragen Sie den Papagei“ schließt sich unmittelbar an „Nobody runs forever“ an.

Parker flüchtet nach einem teilweise fehlgeschlagenen Überfall vor den Polizeihunden in die Berge. Er trifft den Einzelgänger Tom Lindahl, der einen todsicheren Plan zum Stehlen der Rennbahn-Wettgelder bei seinem früheren Arbeitgeber hat. Parker ist nicht sonderlich begeistert, während die Polizei ihn jagt, zusammen mit einem Amateur einen Diebstahl zu begehen. Doch Lindahl erpresst ihn und in dem kleinen, beschaulichen Ort, in dem Lindahl lebt und die Bewohner als Höhepunkt ihrer kriminellen Karriere eine Ampel bei Rot überfahren, geraten die Dinge schnell außer Kontrolle, es gibt Tote und Parker wünscht sich wieder zurück in die Gesellschaft von Gangstern. Denn diese sind immerhin berechenbar.

„Dirty Money“ spielt wenige Tage nach „Fragen Sie den Papagei“. Parker kehrt gerade zu seiner Freundin Claire zurück, als er erfährt, dass Nick Dalesia einen U. S. Marshal ermordete und flüchtig ist. Dalesia hatte in „Nobody runs forever“ zusammen mit Parker und Nelson McWhitney den Geldtransporter der Bank überfallen. Während McWhitney entkommen konnte, wurde Dalesia, als er einen Teil der Beute ausgab, verhaftet.

Parker weiß, dass er jetzt die in einer verlassenen Kirche versteckte Beute holen muss. Denn Nick Dalesia wird sie wahrscheinlich für sich hohlen und – was noch wahrscheinlicher ist, weil er an der Ostküste niemanden kennt – vorher von der Polizei geschnappt werden und dann, für eine geringere Strafe, seine Mitverbrecher und das Versteck der Beute verraten.

Parker, Claire, Nelson McWhitney und die ebenfalls bereits aus „Nobody runs forever“ bekannte Kopfgeldjägerin Sandra Loscalzo machen sich auf den Weg in das beschaulich-herbstliche Neu England. Offiziell wollen sie sich als „leaf peepers“ (Laubbeobachter) unter die Touristen mischen. Doch überall hängen Fahndungsplakate mit Parkers Bild herum und Detective Gwen Reversa sucht immer noch das gestohlene Geld und die Diebe.

„Dirty Money“ ist, wie auch alle vorherigen Parker-Romane, ein schneller, amoralischer, schwarzhumoriger Hardboiled-Gangsterkrimi, der eine überragende Serie spannend fortsetzt.

Und, für Neueinsteiger, das Gute bei den Parker-Romanen ist, dass sie vollkommen unabhängig voneinander gelesen werden können. Die letzten drei sind (wie die ersten Parker-Romane) nur deshalb eine Trilogie, weil der Verleger das für verkaufsfördernder hält und Richard Stark einige Charaktere und lose Fäden aus den vorherigen Büchern wieder aufgenommen hat. Ansonsten ist, für die Deutschen, „Fragen Sie den Papagei“ einfach der neue Parker-Roman.

Deshalb ist der Wermutstropfen nur für die Kenner der Originale erkennbar. Und Zsolnay will mit weiteren Parker-Romanen Abhilfe schaffen (natürlich nur, wenn die Zahlen stimmen).

Nachtrag, 8. 8. 08: Im Frühjahr 2009 erscheint die deutsche Ausgabe von „Nobody runs forever“. Der deutsche Titel steht noch nicht fest.

Richard Stark: Fragen Sie den Papagei

(übersetzt von Dirk van Gunsteren)

Zsolnay, 2008

256 Seiten

16,90 Euro

Originalausgabe

Ask the Parrot

Mysterious Press, 2006

Richard Stark: Dirty Money

Grand Central Publishing, 2008

288 Seiten

17 Euro (circa)

Hinweise

Homepage von Donald E. Westlake

Meine ausführliche Vorstellung von Parker und seinen Erben in der Spurensuche

Meine Besprechung von Richard Starks „Ask the Parrot“

Richard-Stark-Seite des Zsolnay Verlages


TV-Tipp für den 7. August

August 6, 2008

ARD, 23.15

L. A. Crash (USA 2004, R.: Paul Haggis)

Drehbuch: Paul Haggis, Robert Moresco

Oscarprämiertes Episodendrama über die zufälligen Begegnungen von Menschen verschiedener Ethnien und Schichten in Los Angeles. Das alles zusammenhaltende Thema ist Rassismus.

2005 war das Jahr für Paul Haggis. Nachdem er jahrelang in Hollywood arbeitete, hatte er endlich seinen großen Durchbruch. Zuerst verfilmte Clint Eastwood sein Oscar-nominiertes Drehbuch „Million Dollar Baby“. Danach schrieb Haggis, wieder für Clint Eastwood, das ebenfalls Oscar-nominierte Drehbuch für „Letters from Iwo Jima“ und „Flags of our Fathers“, leistete gutbezahlte Arbeit an den Drehbüchern der beiden Daniel-Craig-Bond-Filme und erhielt für „L. A. Crash“ unter anderem den Oscar für das beste Original-Drehbuch und den besten Film. Auch sein zweiter Spielfilm „Im Tal von Elah“ überzeugte – jedenfalls die wenigen Menschen, die ihn im Kino gesehen haben.

Mit Sandra Bullock, Don Cheadle, Matt Dillon, Jennifer Esposito, Brandan Fraser, Terrence Howard, Chris „Ludacris“ Bridges, Thandia Newton, Ryan Phillippe, Larenz Tate, Michael Pena, William Fichtner

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Film-Zeit über “L. A. Crash“

Film School NYFA: Guest Lecture: Paul Haggis – Part 1

Kriminalakte über „Im Tal von Elah“ von Paul Haggis


Die Forensiker aus Las Vegas und Miami ermitteln

August 6, 2008

Im Sommer gibt es zwar keine CSI-Pause, aber Vox und RTL präsentieren nur Wiederholungen von teilweise schon öfters gezeigten Folgen. Das ist – auch weil TV am Strand nicht so toll ist – eine gute Gelegenheit, sich einen CSI-Roman zu schnappen. Denn in diesen Romanen werden neue Fälle mit den bekannten Teams erzählt. Zuletzt sind zwei „CSI: Miami“-Romane von Donn Cortez (dessen Thriller „Closer“ demnächst bei Knaur erscheint) und, als Taschenbuch, ein CSI-Las-Vegas-Roman von Max Allan Collins erschienen.

Nach dieser Vorrede wollen eingefleischte CSI-Fans jetzt, vor dem Kauf, nur wissen, ob die Romane sich an das Serienkonzept halten. Sie tun es.

Für Krimileser, die vor allem einen guten Roman lesen wollen, ist es etwas komplizierter.

In dem „CSI: Miami“-Roman „Todsicheres Alibi“ bringt Donn Cortez die mit „Mörderisches Fest“ begonnene Geschichte des Kampfes zwischen Horatio Caine und dem Magier Abdus Pathan, der „Brillante Batin“, zu einem Ende. In „Mörderisches Fest“ konnten Caine und seine Leute Pathan seine Taten nicht nachweisen. Jetzt glauben die CSIler, dass Pathan auf einem Schrottplatz neun Männer erschoss. Allerdings hat Pathan wieder ein bombensicheres Alibi. Bei ihren weiteren Ermittlungen vermuten die CSIler, dass Pathan der international gesuchte, skrupellose Terrorist ‚Der Hase’ ist, der inzwischen auch eine schmutzige Bombe besitzt.

Erst als das Kreuzfahrtschiff Heart’s Voyage, auf dem Pathan als Zauberer arbeitet, entführt wird, beginnt Caine die Puzzleteile richtig zusammen zu setzen. Eine der Geisel an Bord ist sein Mitarbeiter Eric Delko, der seine Freundin Marie beschützen will.

„Todsicheres Alibi“ ist, wie es sich für „CSI: Miami“ gehört, eher actionlastig und stärker als Thriller angelegt. Das wird besonders im letzten Drittel, wenn die CSIler langsam den Plan des Terroristen durchschauen und ihn verhindern wollen, deutlich.

„Im freien Fall“, der zweite neue „CSI: Miami“-Roman von Donn Cortez folgt dagegen mit drei parallelen Fällen dem gängigen CSI-Whodunit-Prinzip.

Horatio Caine und Calleigh Duquesne suchen den Mörder des Ballonfahrers Timothy Breakwash. Im Ballon, dem Tatort, gibt es zwar keine Spuren von einem Täter und auch keine von der Schusswaffe, aber auch ein Selbstmörder schießt sich nicht in sein rechtes Auge.

Im zweiten Fall versuchen Eric Delko und Ryan Wolfe herauszufinden, warum es auf einem Jacht zu einem tödlichen Schusswechsel zwischen dem Bootsbesitzer und seinen Gästen, einer nach ihrem Aussehen und ihren Waffen bunten Mischung aus russischen und kubanischen Gangstern, die anscheinend gerade ein Geschäft abwickeln wollten, und Kleingangstern aus Florida, die das Boot überfallen wollten, gekommen ist. Dabei müssen die CSIler vor allem herausfinden, welches Geschäft der Bootsbesitzer Jovan Dragoslav auf seinem Boot abschließen wollte.

In dem dritten Fall wurde Kolumnist Hiram Davey, der gerade ein von wahren Ereignissen inspirierten Enthüllungsroman über die High Society von Miami schreiben wollte, ermordet. Natalia Boa Vista und Frank Tripp haben schnell mehr als genug Verdächtige.

Die drei Fälle sind ordentlich geplottet und die Lösung ist auch überraschend. Allerdings bleiben bei Donn Cortez die einzelnen Charaktere, besonders natürlich die der Verdächtigen, blass und die Ermittlungen werden sehr kleinteilig geschildert. Da überträgt sich teilweise die Langsamkeit und Zähigkeit polizeilicher Ermittlungen auf den Leser.

Dieses Problem hat Max Allan Collins nicht. In seinem CSI-Roman „Die Last der Beweise“ muss das Forensiker-Team aus Las Vegas in zwei Fällen ermitteln, die entsprechend der TV-Serie auf die beiden Hauptermittler Gil Grissom und Catherine Willows aufgeteilt wurden.

Der neue Fall für Gil Grissom beginnt unspektakulär, aber mit einem außergewöhnlich guten Zeugen. David Benson hat auf einer nächtlichen Fahrt gesehen, wie ein Mann eine in einen Teppich eingewickelte Frau in der Wüste ablegte. Er konnte sich einen Teil des Nummernschildes notieren und kann sogar Auto und Täter beschreiben. Grissom, der natürlich in erster Linie den Beweisen glaubt, erhält seinen ersten Schock, als sie die Leiche obduzieren. Es ist die seit drei Wochen verschwundene Candace Lewis, Assistentin von Bürgermeister Daryl Harrison. Ab jetzt befindet sich Grissom in den von ihm gehassten Fronten eines politischen Krieges zwischen dem Bürgermeister Darryl Harrison, seinem politisch ambitionierten Vorgesetzten Sheriff Brian Mobley, dem FBI und dem Leiter der Tagschicht Conrad Ecklie, der vorher den Fall bearbeitet hat. Denn Lewis war auch die Geliebte des Bürgermeisters und damit deuten alle Spuren in das politische Milieu.

Auch der zweite Fall in „Die Last der Beweise“, der von dem Team Catherine Willows und Nick Stokes ermittelt wird, ist nicht weniger brisant. Sekretärin Janice Denard hat im Drucker ihres Chefs Ruben Gold kinderpornographische Bilder gefunden. Wenn das die Öffentlichkeit erfährt, wäre die renommierte Werbeagentur ruiniert. Deshalb ist auch in diesem Fall von den Ermittlern viel Fingerspitzengefühl gefragt. Da ist es gut, dass die Werbeagentur hilfsbereit ist und den CSIlern Kopien ihrer Festplatten erlaubt.

Ihre erste Spur führt zu Ben Jackson. Von seinem Computer stammt der Druckauftrag. Doch Jackson hat ein Alibi und der Choleriker Gary Randle verweigert Willows seine Fingerabdrücke. Ist er der gesuchte Pädophile oder nur ein auf seine Bürgerrechte bedachter Mann oder ist er, wie er, nachdem die CSIler weitere Beweise gegen ihn finden, behauptet, das Opfer eines Komplotts? Willows, Stokes und der Computerexperte Tomas Nunez sehen sich die elektronischen Beweise genau an und machen einige überraschende Entdeckungen.

Der vierte CSI-Roman „Die Last der Beweise“ von Max Allan Collins ist, wie nicht anders bei ihm zu erwarten, ein gut geplotteter Whodunit, der sich genau an das TV-Format hält, aber mit vielen Informationen über Forensik und Computernetzwerke weit über eine normale Serienfolge hinausgeht. Außerdem sind die Charaktere mit wenigen Worten glaubwürdig gezeichnet.

„Die Last der Beweise“ ist eine spannende Lektüre, auch wenn ich gerne wieder eines der anderen Werke von Max Allan Collins (also seiner nicht mit Hollywood zusammenhängenden Werke) auf Deutsch lesen würde. Denn dann ist Collins, wie er unter anderem in dem Shamus-nominierten „Deadly beloved“ zeigt, an keine Vorgaben gebunden.

Donn Cortez: CSI: Miami – Todsicheres Alibi

(übersetzt von Frauke Meier)

vgs, 2008

312 Seiten

17,95 Euro

Originalausgabe

CSI: Miami – Harm for the Holidays – Heart Attack

Pocket Books, 2006

Donn Cortez: CSI: Miami – Im freien Fall

(übersetzt von Frauke Meier)

vgs, 2008

312 Seiten

17,95 Euro

Originalausgabe

CSI: Miami – Cut and run

Pocket Books, 2007

Max Allan Collins: CSI: Crime Scene Investigation – Die Last der Beweise

(übersetzt von Frauke Meier)

vgs, 2008

416 Seiten

9,95 Euro

Originalausgabe

CSI: Crime Scene Investigation – Body of Evidence

Pocket Books, 2003

Hinweise

Homepage von Donn Cortez

Homepage von Max Allan Collins

Weitere Besprechungen und Hinweise auf Informationen über „CSI“, „CSI: Miami“ und „CSI: New York“ (und was Sie dort nicht finden, aber in der Kriminalakte abgelegt wurde, finden Sie über die Suchen-Funktion)


TV-Tipp für den 6. August

August 6, 2008

ARD, 21.45

Sex-Sklavinnen (Can 2005, R.: Ric Esther Bienstock, Franca Cerretti)

Drehbuch: Ric Esther Bienstock

Wenn ich richtig recherchiert habe: Halbstündige Fassung der spielfilmlangen, preisgekrönten Doku „Sex Slaves“ über Frauenhandel in Europa. Jedenfalls eine sehenswerte Vorbereitung für übermorgen. Dann zeigt Arte den Zweiteiler „Sex Traffic“.

Hinweise

ARD über die die Doku

Homepage zu „Sex Slaves“

BKA: Lagebilder Menschenhandel


Cover der Woche

August 5, 2008


Die Shamus-Nominierungen 2008

August 5, 2008

Die Private Eye Writers of America (PWA) haben die Nominierungen für den 27. Shamus Award bekanntgegeben. Nominiert wurden diese Werke (mit diesen PIs):

Best Hardcover

Head Games von Thomas B. Cavanagh, featuring Mike Garrity

Soul Patch von Reed Farrel Coleman, featuring Moe Prager

The Color of Blood von Declan Hughes, featuring Ed Loy

A Welcome Grave von Michael Koryta, featuring Lincoln Perry

A Killer’s Kiss von William Lashner, featuring Victor Carl

Best Paperback Original

Songs of Innocence von Richard Aleas, featuring John Blake

Exit Strategy von Kelley Armstrong, featuring Nadia Stafford

Stone Rain von Linwood Barclay, featuring Zack Walker

Deadly Beloved von Max Allan Collins, featuring Ms. Michael Tree

Blood of Paradise von David Corbett, featuring Jude McManus

Best First Novel

The Cleaner von Brett Battles, featuring Jonathan Quinn (Die deutsche Ausgabe “Der Profi“ erscheint im November bei Goldmann.)

Keep It Real von Bill Bryan, featuring Ted Collins

Big City, Bad Blood von Sean Chercover, featuring Ray Dudgeon

When One Man Dies von Dave White, featuring Jackson Donne

The Last Striptease von Michael Wiley, featuring Joe Kozmarski

Best Short Story

„Kill the Cat“ von Loren D. Estleman, in “Detroit Noir”, featuring Amos Walker

„Trust Me“ von Loren D. Estleman, in Alfred Hitchcock Mystery Magazine, Juni 2007, featuring Amos Walker

„Open Mike“ von James Nolan, in “New Orleans Noir”, featuring Vincent Panarello

“Hungry Enough“ von Cornelia Read, in “A Hell of a Woman”, featuring Philip

„Room for Improvement“ von Marilyn Todd, in Ellery Queen Mystery Magazine, Dezember 2007, featuring Lois Hepburn

Die Gewinner werden am 10. Oktober auf der Bouchercon World Mystery Convention verkündet.

Eine schöne Liste mit vielen bekannten Namen. Sean Chercovers „Big City, Bad Blood“ wurde bereits für zahlreiche Preise nominiert und erhielt einige, Dave White erhielt für „When One Man Dies“ gute Besprechungen, Max Allan Collins hat mit „Deadly Beloved“ einen hübschen kleinen komplex aufgebauten PI-Roman vorgelegt (es ist der erste Romanauftritt der von ihm erfundenen Comic-Strip-Figur Ms Michael Tree, der ersten Hardboiled-Privatdetektivin), Loren D. Estleman wird in seiner Heimat immer noch geschätzt (denn übersetzt wird er schon länger nicht mehr), Cornelia Reads Debüt erschien kürzlich auf Deutsch, der erste Auftritt von Richard Aleas’ John Blake erscheint demnächst – endlich – auf Deutsch und auch „Songs of Innocence“ wurde in den USA (besonders nachdem der Krimi wegen der neuen Regeln nicht auf die Edgar-Nominierungsliste kam) breit abgefeiert.

Damit ist die diesjährige Shamus-Nominierungsliste für mich wieder eine sehr interessante Liste, bei der einige Werke spätestens jetzt auf meiner Zu-lesen-Liste stehen; einige andere liegen schon etwas länger ungelesen bei mir herum und werden jetzt liebevoll abgestaubt.


TV-Tipp für den 5. August

August 5, 2008

Arte, 00.00 (VPS 23.55)

Emmanuelle (F 1974, R. Just Jaekin)

Drehbuch: Jean-Louis Richard

LV: Emmanuelle Arsan: Emmanuelle, 1959 (Emmanuelle oder Die Schule der Lust)

Die 20-jährige Diplomatengattin Emmanuelle erlebt in Thailand die Wonnen der Sexualität.

Schon allein wegen des damaligen Kassenerfolgs und der unzähligen Nachahmer ein Softporno-Klassiker und ein kulturelles Phänomen.

“Für die siebziger Jahre war Emmanuelle ein cinematographisches Ikon, so präsent und alles erklärend wie King Kong, Clint Eastwoods Fremder ohne Namen oder Marilyn Monroe, deren weißes Kleid unter der Zugluft eines U-Bahnschachts nach oben wirbelt. Die autonome, laszive und weitgereiste Frau, die sich so entspannt wie fordernd in ihrem ausladenden Korbsessel räkelt, war zugleich Zusammenfassung und Abschluss der Träume von der sexuellen Revolution, zumindest im Reich der Bilder. Alle mussten sie hassen, die Rechten wegen ihrer Unmoral, die Linken wegen ihrer konsumistischen Korruption, die Ästheten wegen der Neuschaffung der Frau aus dem Geist der Modefotografie, die Ethiker wegen ihres verschlingenden Kolonialismus und die Feministen wegen der offensichtlichen Lust, mit der sie sich nach den Wünschen der Männer inszenierte. Und doch war Emmanuelle exakt die richtige Frau zur richtigen Zeit; sie lockte Menschen ins Kino, die sich nie einen ‚gewöhnlichen’ Sexfilm angesehen hätten, sie brachte Frauen dazu, ihre Hemmungen zu überwinden und ein Kino zu betreten, das auf einigermaßen niedere Instinkte abzielte, sie ästhetisierte noch einmal die Welt der trostlos bekehrenden Blicke und brachte das erotische und das soziale Ideal zusammen; ein System der Lust zu errichten in einer Überfluss-Welt, in der es Mangel nur an einem gab: an einem sinnvollen gesellschaftlichen Projekt.“ (Georg Seeßlen: Erotik – Ästhetik des erotischen Films, 1996)

Emmanuelle war damals ein Kinohit (4 Millionen Zuschauer in Paris; die ersten fünf Emmanuelle-Filme hatten in Europa 350 Millionen Zuschauer), war in einigen Ländern verboten und auch in Deutschland waren damals die ungekürzten Fassungen indiziert. Und heute? Klassiker, Guilty Pleasure oder nur weichgezeichnete Langeweile, die höchstens historisch interessant ist?

Mit Sylvia Kristel, Alain Cuny, Marika Green, Daniel Sarky

Wiederholungen

Samstag, 16. August, 03.00 Uhr (Taggenau!)

Dienstag, 19. August, 01.00 Uhr (Taggenau!)

Donnerstag, 28. August, 03.00 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Arte über den Film

Wikipedia über Emmanuelle

The Independent: Interview mit Sylvia Kristel (30. Juni 2007)


Fucking up someone else’s day

August 4, 2008

Whether your monster is a werewolf or a serial killer or a bank robber, it boils down to somebody fucking up someone else’s day.

Tom Piccirilli

Das erste Mal las ich in Duane Swierczynkis Secret Dead Blog von Tom Piccirilli. Er wies mit einem Zitat auf ein Interview mit Piccirilli in Allan Guthries Noir Zine hin. Ich musste laut lachen und setzte Tom Piccirilli sofort auf meine Zu-lesen-Liste. Piccirilli kommt aus dem Horrorgenre und erhielt mehrere Bram-Stoker-Awards (mit „The Night Class“ setzte er sich 2002 gegen Stephen King und Chuck Palahniuk durch). Vor wenigen Tagen erhielt er für „The Midnight Road“ von der ITW den Preis für das beste Thriller-Taschenbuch des Jahres. In Deutschland erschien bislang nur vor acht Jahren sein Bram-Stoker-Award-nominiertes Debüt „Dark Father“ als „Söhne des Bösen“. In seiner Heimat veröffentlichte er seitdem fast zwanzig Romane und über 150 Kurzgeschichten.

Vor wenigen Wochen publizierte der Heyne Verlag in seiner Hardcore-Reihe mit „Killzone“ einen seiner neuesten Romane. Er erzählt die Geschichte von Eddie Whitt, der den Serienkiller Killjoy finden will. Killjoy brachte vor fünf Jahren seine Tochter Sarah um. Seine Frau Karen lebt seither in einer Nobel-Irrenanstalt. Seit Jahren schreibt Killjoy ihm rätselhafte Briefe. Der letzte perverse Spielzug von Killjoy ist, dass er, als Zeichen seiner Buße, den Eltern der von ihm ermordeten Kinder andere Kinder gibt. Denn während Killjoy zuerst perfekte Familien zerstörte, rettet er jetzt Kinder aus dysfunktionalen Familien. Seitdem feiern die Medien Killjoy als Volkshelden. Doch Eddie Whitt kann nicht verzeihen.

„Killzone“ ist strukturell ein eher läppischer Whodunit mit einer großen Action-Szene im letzten Drittel. Innerhalb dieser Struktur befolgt Piccirilli seinen eingangs zitierten Satz. Denn das Monster Killjoy hat das Leben von Eddie Whitt gründlich zerstört.

Piccirilli konzentriert sich in dem Roman auf das Porträt eines Mannes, der alles verloren hat; der nur noch obsessiv die immergleichen Handlungen vollzieht; der an der Schwelle zum Wahnsinn steht und der nur noch für seine Rache lebt. Außerdem bemüht Eddie Whitt sich immer wieder, ein richtiges Arschloch zu sein, mit dem man nicht mehr Zeit als nötig verbringen möchte.

„Killzone“ ist entgegen dem Image der Hardcore-Reihe nicht besonders gewalttätig, sondern absolut Noir. Doch Piccirilli gelingt es nicht, die Leiden von Eddie Whitt emotional nachvollziehbar zu machen. Das kann an dem emotional-verhärteten Charakter von Whitt liegen. Das kann, denn in angloamerikanischen Rezensionen wird immer wieder auf Piccirillis gute Sprache hingewiesen, auch an der Übersetzung liegen, die hier Feinheiten nicht übertragen hat.

Daher ist „Killzone“ kein Buch, das unbedingt gelesen werden muss. Und (ich hoffe, dass seine anderen Werke besser sind) eine schlechte Wahl um einen Autor auf einem neuen Markt zu etablieren.

Tom Piccirilli: Killzone

(übersetzt von Nicolai von Schweder-Schreiner)

Heyne, 2008

352 Seiten

8,95 Euro

Originalausgabe

The Dead Letters

Bantam Dell, New York, 2006

Hinweise

Homepage von Tom Piccirilli

Noir Zine: Allan Guthrie redet mit Tom Piccirilli

SF Scope: Kit Hawkins redet mit Tom Piccirilli

Cemetary Dance Publications: Norman Partridge redet mit Tom Piccirilli

Enter the Octopus: Matt Staggs redet mit Tom Piccirilli


TV-Tipp für den 4. August

August 4, 2008

ZDF, 20.15

Nachtschicht: Tod im Supermarkt (D 2006, R.: Lars Becker)

Drehbuch: Lars Becker

Dieses Mal sucht das Nachtschicht-Team den Mörder eines Supermarkt-Wachmanns.

Dritter Nachtschicht-Krimi, der auf seiner Plus-Seite zahlreiche ironische Anspielungen und gute Schauspieler, auf der Minus-Seite einen nicht sonderlich logischen Whodunit verbucht. Und dabei waren die ersten beiden Nachtschicht-Filme, gerade weil sie die Whodunit-Stereotypen vermieden, gut.

Mit Armin Rohde, Katharina Böhm, Ken Duken, Minh-Phai-Thi, Marie Bäumer, Devid Striesow

Hinweise

Lexikon der deutschen Krimiautoren über Lars Becker

ZDF über die „Nachtschicht“-Reihe (Vorwort zum Film: Nur wer das Genre ändert, bleibt ihm treu!)

Wikipedia über die „Nachtschicht“-Reihe


TV-Tipp für den 3. August

August 3, 2008

Kabel 1, 00.15

Evil (S 2003, R.: Mikael Hafström)

Drehbuch: Hans Gunnarsson, Mikael Hafström

LV: Jan Guillou: Ondskan, 1981 (Evil – Das Böse)

Oscar-nominierte Verfilmung des erfolgreichen, autobiographischen Romans von „Coq Rougue“-Erfinder Jan Guillou: er wuchs in den Fünfzigern in einem drakonisch geführtem Internat auf.

„Das alles ist intensiv inszeniert und nicht ohne Herz-Schmerz-Qualitäten. Packend.“ (Dirk Pilz, Zitty 21/2004)

Mit Andres Wilson, Linda Zilliacus

Hinweise

Krimi-Couch über Jan Guillou

Kaliber .38 über Jan Guillou

Kirjasto über Jan Guillou

Wikipedia über Jan Guillou (deutsch, englisch)

Die Zeit: Besprechung des Buches „Evil“

Lehrer Online über „Evil“ im Schulunterricht


TV-Krimi-Buch-Tipps online

August 2, 2008

Wer den Sommer nicht in der Strandbar mit einem guten Buch und einigen anderen Dingen verbringen möchte, kann natürlich vorm Fernseher einige ruhige Stunden mit diesen Verfilmungen von Krimis verbringen. Alligator Alfred hat sich die lange Version geschnappt, aber ein kleiner Teil konnte in der Kriminalakte archiviert werden:

passend zu den sommerlichen Temperaturen bieten die TV-Sender mit Brunetti, Wallander, van Veeteren und Jerry Cotton filmische Schonkost an.
Empfehlenswert sind dagegen Franklin J. Schaffners Henri-Charrière-Verfilmung „Papillon“, Lars Beckers drittem Nachtschicht-Film „Tod im Supermarkt“, Henri Verneuils Claude-Veillot-Verfilmung „100.000 Dollar in der Sonne“ (ein Film mit Jean-Paul Belmondo und Lino Ventura kann nicht ganz schlecht sein), John Boormans John-le-Carré-Verfilmung „Der Schneider von Panama“, Robert Aldrichs Mickey-Spillane-Verfilmung „Rattennest“, John Frankenheimers Richard-Condon-Verfilmung „Botschafter der Angst“, Raoul Walshs Western-Verfilmung von W.-R.-Burnetts „High Sierra“, Patrick Lecontes über zehn Jahre nicht mehr gezeigte Georges-Simenon-Verfilmung „Die Verlobung des Monsieur Hire“, Claude Sautets Claude-Néron-Verfilmung „Das Mädchen und der Kommissar“, „Shaft“ sorgt weiterhin in seinem Revier für Ordnung, „Arabeske“ wird weiterhin entschlüsselt, für die Westernfreunde gibt es „Mein großer Freund Shane“ und „Django“, und, als TV-Premiere, die Jan-Guillou-Verfilmung „Evil“.


TV-Tipp für den 2. August

August 2, 2008

Kabel 1, 20.15

Papillon (USA 1973, R.: Franklin J. Schaffner)

Drehbuch: Dalton Trumbo, Lorenzo Semple jr.

LV: Henri Charrière: Papillon, 1969 (Papillon)

Henri Charrière, genannt Papillon, wird 1931 zu lebenslanger Strafarbeit in der Strafkolonie Bagno auf der Teufelsinsel Cayenne in Französisch-Guayana verurteilt. Er soll einen Zuhälter ermordet haben. Kaum angekommen, denkt Papillon nur an eine scheinbar unmögliche Flucht.

Tolle Verfilmung der beeindruckenden und höchst erfolgreichen Autobiographie von Charrière. Das Nachfolgewerk „Banco“ war dann mehr episodisch.

Mit Steve McQueen, Dustin Hoffmann, Dalton Trumbo (Nebenrolle)

Hinweise

Wikipedia über Henri Charrière (deutsch, englisch)

Museum of Brodcast Communications über Franklin J. Schaffner

Prison Flicks über „Papillon“