Kinky Friedman hat Hausarrest

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Als vor über zwanzig Jahren das erste Kinky-Friedman-Abenteuer „Greenwich Killing Time“ erschien, war es etwas ganz neues. Denn der Held war gleichzeitig der Autor, und dieser verarbeitete große Teile seiner Biographie (seine Herkunft aus Texas, seine Karriere als respektloser Country-Musiker mit Hits wie „They ain’t making Jews like Jesus anymore“ und „Asshole from El Paso“, seine Freunde, seine quer zum Mainstream liegenden politischen Ansichten) in größtenteils fiktiven Detektivgeschichten, die vielleicht nicht immer den besten Plot, aber dafür immer sehr witzig waren. Später nutzten sich die Witze ab (der Totenkopf, die zwei gleichzeitig klingelnden Telefone) und die löchrigen Plots störten immer mehr die Lektüre. Kinky Friedman kandidierte für das Amt des Gouverneurs von Texas. Er besuchte sogar Deutschland, sein zweitliebstes Land nach allen anderen.

Auch das neue Abenteuer „Der Gefangene der Vandam Street“ des Kinkster ist, wie die vorherigen, mau. Nach einer Sauftour mit McGovern (dessen Gehör rapide nachlässt) landet Kinky im Krankenhaus. Er hat die tödlich verlaufende Form der Malaria. Nach einigen Tagen im Krankenhaus geht Kinky zurück in sein Apartment in der Vandam Street 199b. Der Arzt hat ihm strengste Bettruhe verordnet. Seine Freunde McGovern, Ratso, Brennan und Piers Akerman wollen ihren Freund pflegen, sind aber die meiste Zeit damit beschäftigt, die Wohnung zuzumüllen und sich zu betrinken.

Als Kinky eines Nachts im gegenüberliegenden Haus einen häuslichen Streit beobachtet, ruft er die Polizei. Doch die Polizisten finden die Wohnung nicht. Kinkys Freunde ermitteln halbherzig etwas herum. Denn sie glauben, dass Kinky einen weiteren Fieberanfall mit Wahnvorstellungen hatte.

Kinky beginnt, soweit es seine nicht vorhandenen Kräfte zulassen, selbst zu ermitteln.

Auf den ersten Blick klingt „Der Gefangene der Vandam Street“ nach der Kinky-Variante von „Das Fenster zum Hof“. Aber im Gegensatz zu Alfred Hitchcocks Film, blickt Kinky nicht auf einen belebten Hinterhof, sondern auf ein altes Lagerhaus und die Inspiration für Hitchcocks Film ist eine Kurzgeschichte von Cornell Woolrich, die für den Film zu einem Panorama des Lebens erweitert wurde. Ein solches Panorama gibt es in „Der Gefangene der Vandam Street“ nicht und der Plot in dem siebzehnten Kinky-Abenteuer taugt höchstens für eine Kurzgeschichte. Denn der Erzähler liegt größtenteils passiv und delirierend im Bett. Erst als Kent Perkins, ein befreundeter Privatdetektiv aus Kalifornien, in der zweiten Hälfte des Romans auftaucht, bekommen die Ermittlungen so etwas wie eine Struktur. Doch auch jetzt konzentriert Friedman sich vor allem auf das sich scheinbar endlos wiederholende Geblödel der Village Irregulars, die Kinkys Wohnung als fürsorgliche Pfleger besetzt halten und sich gegenseitig beleidigen. Das ist allerdings nur mäßig komisch. Auch dass McGovern immer wieder die Hälfte falsch versteht und Kinky immer wieder behauptet, dass diese oder jene Person aus Katzenscheiße bestehe, ist spätestens nach der dritten Wiederholung nicht mehr witzig.

„Der Gefangene der Vandam Street“ ist meilenweit von der Qualität der ersten Kinky-Friedman-Abenteuer entfernt und setzt den Trend der vorherigen Kinky-Romane nach unten fort.

Kinky Friedman: Der Gefangene der Vandam Street

(übersetzt von Gunnar Kwisinski)

Haffmans Verlag bei Zweitausendeins, 2008

240 Seiten

16,90 Euro

Originalausgabe

The Prisoner of Vandam Street

Simon & Schuster, 2004

Hinweise

Homepage von Kinky Friedman

Evolver über Kinky Friedman (6. November 2006)

Thrilling Detective über Kinky Friedman

Krimi-Couch über Kinky Friedman

Nachtrag (23. Januar 2009): Gunnar Kwisinski über das Buch

One Response to Kinky Friedman hat Hausarrest

  1. […] des neuesten Kinky-Friedman-Romans „Der Gefangene der Vandam Street“, schrieb mir eine Mail zu meiner Besprechung des Romans, die ich euch nicht vorenthalten will. Denn die von ihm erwähnten Punkte eröffnen […]

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