Bereits vor fünf Jahren spielte Kim Basinger in dem kleinen, feinen Thriller „Final Call“ eine Mutter in Lebensgefahr. In „Final Call“ war sie allerdings die meiste Zeit eingesperrt und ein junger Mann durfte die Lauferei erledigen. In ihrem neuesten Film „While she was out“ ist sie wieder in Lebensgefahr. Dabei geht diese Gefahr für die im Film zweifache Mutter und Hausfrau Della (Kim Basinger) in dem noblen Haus in einer geschlossenen Wohnanlage nicht von ihrem Ehemann, der sich zu Hause kaum beherrschen kann und sie auch vor den Kindern schlägt, aus.
Nein, die Gefahr geht von einer gemischtrassigen vierköpfigen Kleinstadt-Gang aus. Denn als diese mit ihrem Auto im Vorweihnachtstrouble auf dem Parkplatz vor der Shopping-Mall zwei Parkplätze blockieren, steckt Della ihnen einen geharnischten Zettel hinter den Scheibenwischer. Ihr Anführer Chuckie (Lukas Haas) ist fassungslos. Eine Frau beleidigt ihn. Er stellt sie nach ihrem Einkauf auf dem inzwischen verwaisten Parkplatz zur Rede. Der Sicherheitsbeamte der Shopping-Mall versucht den Streit zu schlichten. Chuckie fuchtelt mit seiner Pistole herum und ein Schuss löst sich. Della weiß, dass sie als Zeugin jetzt in Lebensgefahr schwebt. Sie flüchtet. Ihre Fahrt endet in einer sich im Bau befindliche Siedlung. Dort beginnt sie mit einem roten Werkzeugkoffer in der Hand zuerst in der Siedlung und später im Wald um ihr Leben zu kämpfen.
Dass sie in der folgenden Stunde die Jugendlichen der Reihe nach, bis zur Konfrontation mit ihrem Anführer Chuckie, mit den verschiedenen in ihrem roten Stahlköfferchen enthaltenen Werkzeugen besiegen kann, gehört zum Genre. Auch, dass sie alle bemerkenswert schnell und sicher durch den dunklen Wald laufen können, widerspricht zwar jeder Lebenserfahrung, aber auch das gehört zu den vertrauten Regeln. Überraschend ist dagegen schon, wie direkt, schmutzig und auch blutig Dellas Morde von Susan Montfort inszeniert werden. Da muss sie sich nicht vor ihren männlichen Kollegen verstecken. Und dass die Regiedebütantin Ahnung vom Genre hat, zeigt sie auch in den Interviews zum Film und ihrer Mitproduzententätigkeit für den grandiosen Comedy-Thriller „Shoot ’em up“.
Ihr Debüt „While she was out“ ist ein geradliniger, angenehm kurzer Thriller, der mit einigen überraschenden Twists aufwartet und nicht mit überflüssigen, psychologisierenden Subplots nervt. Denn in neunzig Minuten darf sich auf die Hauptsache konzentriert werden: den gnadenlosen Kampf einer Frau ums Überleben in einer feindlichen Umgebung.
Der feministische Thriller ist auch eine schwarzhumorige Warnung gegen sexuelle Gewalt in der Ehe. “While she was out“ kann als fast in Echtzeit ablaufende Entwicklungsgeschichte oder, mit dem gleichen Ergebnis, als Traum gelesen werden. In der zweiten Lesart, die durch die klare Trennung der drei Akte in verschiedene Orte und teilweise auch andere Stile möglich ist, wäre alles, was Della nach ihrem Einkauf in der Shopping-Mall zustößt, ein Traum. Ein Traum, in dem Männer sie töten wollen und der einzige Ausweg aus der Welt der männlich dominierten Gewalt Gegengewalt ist. Dieser zweite Akt ist realistischer inszeniert als Dellas Einkauf im Einkaufszentrum. Dort schwebte sie fast wie ein Geist durch den vorweihnachtlichen Trouble. Sie war immer von den anderen Menschen getrennt. Sie beobachtete, aber sie agierte nicht und reagierte kaum. Als sie eine lange nicht mehr gesehene Schulfreundin trifft, reagiert sie unsicher und ausweichend. Erst im Wald, gejagt von einer Kleinstadtbande mordlüsterner, großmäuliger, aber auch ängstlicher und etwas dummer Jungs (was nicht allzuweit von der Realität entfernt ist) wird sie wieder lebendig. Es ist als ob sie aus ihrem Traum – der zum Alptraum gewordenen Ehe – erwacht und wieder zu der Frau wird, die sie einmal war.
Kim Basinger ist natürlich der Star des Films. Die anderen Schauspieler sind vor allem aus dem TV bekannt und stehen meist noch am Anfang ihrer Karriere. Craig Sheffer gehörte zum Ensemble der Serien „One Tree Hill“ und „Teen Wolf“. Lukas Haas trat zuletzt in einigen „24“-Folgen, „President Evil“, „Alpha Dog“ und „Last Days“ auf. Als Kind und Jugendlicher war der 1976 geborene unter anderem in „Der einzige Zeuge“, „Music Box“ und „Mars Attacks“ dabei. Luis Chávez trat in „Ocean’s Thirteen“, mehrmals als Mitschüler in der ersten Staffel von „Terminator S. C. C.“ und, als Ensemblemitglied, in der neuen Glen-Mazzara-Serie „Crash“ (Mazzara war auch bei „Nash Bridges“, „The Shield“ und „Standoff“ dabei.) auf. Sie alle sind glaubwürdig in ihren Rollen.
Als Bonusmaterial gibt es einen deutschen und einigen amerikanischen Trailer und ein fast halbstündiges, nicht sonderlich tiefschürendes „Making-of“. Da hätte der Interviewer einige bessere Fragen stellen sollen. Der auf der amerikanischen DVD enthaltene Audiokommentar von Susan Montford und Don Murphy (der zusammen mit ihr „Shoot ’em up“ produzierte) fehlt leider.
„While she was out“ ist ein kleiner, knackiger und sehr kurzweiliger Überlebensthriller mit einigen akzeptablen Logiklöchern und der immer noch verdammt gut aussenden Kim Basinger. Diese knapp neunzig Minuten hätte ich gerne auch auf der großen Leinwand gesehen.
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While she was out (While she was out, USA 2008)
Regie: Susan Montford
Drehbuch: Susan Montford
LV: Edward Bryant: While she was out, 1988 (Kurzgeschichte)
mit Kim Basinger, Lukas Haas, Craig Sheffer, Jamie Starr, Leonard Wu, Luis Chávez
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DVD
Bild: 1,85:1 (16:9)
Ton: Deutsch, Englisch (DTS, Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Making of, 2 Originaltrailer
FSK: ab 16 Jahre
Länge: 82 Minuten
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Hinweise
Bloody Disgusting: Interview mit Susan Montfort zu „While she was out“
Den of Geek: Interview mit Susan Montfort zu „While she was out“
Russell Trunk: Interview mit Susan Montfort
Shock Till You Drop: Interview mit Susan Montfort und Don Murphy zu „While she was out“
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