Nach der ersten Staffel gab es bei der lockeren, in San Diego spielenden Privatdetektivserie „Simon & Simon“ einige einschneidende Änderungen. So sind die Brüder umgezogen. Sie residieren jetzt im ersten Stockwerk eines kleineren Bürohauses an der Strandpromenade. Aber meistens erledigen sie ihre Arbeit in A. J.s an einem Kanal liegendem Haus. Denn inzwischen ist er bei seiner Mutter ausgezogen. Neben dem Haus hat A. J.s älterer Bruder Rick sein Schiff „Hole in the Water“ abgestellt. Ihre Mutter hat nur noch wenige Auftritte. Ihr alter Konkurrent Myron Fowler hat seine Detektei aufgegeben. Er genießt das Leben als Rentier und erledigt immer wieder Aufträge für Rick und A. J.. Von der durchaus herzlichen Feindschaft aus der ersten Staffel ist nichts mehr zu spüren. Myrons Tochter Janet ist inzwischen Assistentin des Staatsanwalts und damit die unerschöpfliche Verbindung der Simon-Brüder zu allen staatlichen Datenbanken.
Einige dieser Änderungen, besonders das Verhältnis von Rick und A. J. zu Myron, stehen im direkten Widerspruch zum Konzept in der ersten Staffel. Auch dass der Chef von San Diegos ehemals größter Detektei jetzt für die Simon-Brüder kleine Überwachungsjobs übernimmt und anscheinend ständig klamm ist, wird nicht erklärt.
Kaum geändert wurde dagegen die Mischung aus Crime und Comedy, wobei sich in der zweiten Staffel das Augenmerk der Macher noch stärker auf leichtgewichtiges und weitgehend zeitloses Entertainment richtete. Sie fanden jetzt die Formel, die „Simon & Simon“ ein langes Leben im Fernsehen bescherte. Die wenigen ernsteren Folgen fallen dagegen umso deutlicher auf.
Gleichzeitig wurde sich noch deutlicher als in der ersten Staffel in die Tradition der PI-Krimis gestellt. So ist die Doppelfolge „Mord im Paradies“, in der viele Szenen aus dem niemals ausgestrahten Pilotfilm „Pirate’s Key“ verwandt wurden, deutlich von John D. MacDonalds Bergungsexperten Travis McGee inspiriert. Wenn Rick Simon für einen Auftrag eine Provision verlangt, ist das direkt von den McGee-Krimis übernommen und wahrscheinlich waren es letztendlich nur finanzielle Gründe, warum die Serie von Florida, wo sie ursprünglich spielen sollte, nach San Diego verlegt wurde.
Die Vorlage für „Wenn’s dem bösen Nachbarn nicht gefällt“ ist Howard Brownes „In Luft aufgelöst“ (Thin air, 1954).
Wenn in „Mord mit spitzer Feder“ ein Krimibestsellerautor lange vor „Basic Instinct“ glaubt, dass ein Mörder seine Morde kopiert, dann dürfen Krimifans zum ersten Mal bei dem Namen des Autoren, Rockwell Stark, kundig mit dem Kopf nicken. Von Rockwell Stark ist der Weg zu Richard Stark (einem Pseudonym von Donald E. Westlake) nicht weit. Der Plot scheint dagegen eher einem Bestseller von; – nun aus heutiger Sicht müsste man sagen Jeffery Deaver oder James Patterson entsprungen zu sein. In jedem Fall liefert „Mord mit spitzer Feder“ eine zünftige Serienmörderjagd. Und das lange vor dem „Schweigen der Lämmer“.
Einen Blick in das Filmgeschäft liefert „Reit weiter wilder Reiter“. Schon der Originaltitel „Rough Rider rides again“ erinnert an die alten Westernserials und, wenn der Rough Rider zum ersten Mal auftaucht, an den in den USA legendären Lone Ranger. In der Folge verdient Buck Yancy (gespielt von Stuart Whitman), der früher im Kino den Rough Rider, spielte, jetzt seine Brötchen mit Rough-Rider-Auftritten in Kaufhäusern. Als der damalige Produzent einen Kinofilm mit einem anderen Darsteller drehen will, gibt es Tode und Yancy sitzt als Mordverdächtiger im Knast. Die Simon-Brüder wollen ihrem Jugendidol helfen und erfahren einiges über den Umgang von Hollywood mit seinen Stars.
Inszeniert wurde der bittersüße Abgesang von Western-Regisseur Burt Kennedy, der, wenn Rick und A. J. über den Walk of Fame laufen, länger auf dem Stern von James Garner verweilt. Kennedy drehte mit Garner die erfolgreichen Westernkomödien „Auch ein Sheriff braucht mal Hilfe“ (Support your local sheriff!, 1969) und „Latigo“ (Support your local gunfighter, 1971) und James Garner ist – das sei der Vollständigkeit halber erwähnt – als Detektiv Jim Rockford einer der legendären Privatdetektive.
Für die damaligen Zuschauer in den USA war die Liste der Gaststar in dieser Folge sicher erstaunlich. Mit Stuart Whitman (The Cimmeron Strip), Alan Hale Jr. (Casey Jones), Pat Buttram (The Gene Autry Show), Jock Mahoney (The Range Rider), John Russell (The Lawman) und Hal Needham (Have Gun, Will Travel; der später als Stuntman und Regisseur [Smokey and the Bandit, The Cannonball Run] noch bekannter wurde) spielten etliche Stars von Westernserien aus den fünfziger und sechziger Jahren, den Jugendjahren von Rick und A. J. Simon, mit. Die meisten treffen sie in Hollywood in einem Western-Saloon, in dem sich die Altstars an früher erinnern und schnell eine zünftige Kneipenschlägerei inszenieren.
Und auf einem Türschild steht als Name eines Mieters „Siegel, D.“, was ein deutlicher Hinweis auf den Regisseur von „Dirty Harry“ ist. Weniger deutlich ist der Hinweis auf den bei Krimifans bekannten, von Ross Macdonald erfundene Privatdetektiv Lew Archer als „Archer, J.“.
In „Diamanten fallen nicht vom Himmel“ gibt es eine deutliche Hommage an „Der unsichtbare Dritte“. Bei Hitchcock wurde Gary Grant mitten im Nirgendwo von einem Flugzeug gejagt. In der Krimiserie versucht der Pilot die Brüder mit Handgranaten zu töten. Der Anfang der Szene, wenn kurz vor der Attacke des Flugzeugs ein Mann aus einem Bus aussteigt und von einigen Freunden abgeholt wird, ist direkt von Hitchcock geklaut.
In den anderen Folgen gibt es teilweise weniger deutliche Anspielungen, aber immer einen vergnüglichen Fall.
Es geht um Diebstähle von Gemälden, Diamanten, brandneuen Modekollektionen, die Entführung eines Delphins, um einen verfluchten Fetisch (in der neunzigminütigen Crossover-Folge zu „Magnum“), um eine Frau, die Morde vorhersieht, um eine verschwundene Zwillingsschwester, einen verschwundenen Ehemann und eine aus einem verfluchten Zimmer verschwundene Frau, einen totgeglaubten Mann, der behauptet in Schwierigkeiten zu stecken, Spielmanipulationen im American Football, Leistungsdenken an der Universität, Industriespionage, eine geheimnisvolle Frau, die verdächtigt wird, den vielgehassten Herausgeber einer Zeitschrift (der eine Liste mit den zehn aufregendsten Frauen von San Diego veröffentlichen wollte) ermordet zu haben, Sabotage in einem Vergnügungspark, die Überführung eines Oldtimers und in „The club murder vacation“ (ein weiterer liebevoller Titel, der lieblos in „Wenn einer eine Reise tut…“ übersetzt wurde) will A. J. den neuen Bestseller von James A. Michener lesen, nimmt, weil sein Bruder ihn ständig stört, das Angebot von seiner Mutter auf ein Wochenende in einem Hotel an und beobachtet natürlich sofort einen Mord. Allerdings glaubt ihm der Sheriff kein Wort.
Die Liste der Gaststars hält, neben den bereits Erwähnten, einige Überraschungen bereit. Morgan Fairchild, Joe Mantegna, Don Stroud, Broderick Crawford, Lisa Eilbacher, June Allyson, Ray Walston, Monte Markham, Henry Gibson (ich sage nur „Blues Brothers“ und „Boston Legal“), Eddie Albert, Robert Ginty (einige Episoden als Gerichtsmediziner Jerry Reiner), Ed Lauter, Robert Englund und Richard Kiel traten auf.
In Deutschland wurden die Folgen kunterbunt durcheinander gezeigt. Einige Folgen wurden nie gezeigt. Sie sind in den Halbstaffelboxen im Original mit optionalen Untertiteln enthalten. Bei „What’s in a gnome?“ mag das am Thema gelegen haben. Denn der Täter ist ein psychisch kranker Vietnam-Veteran. Bei „Psyched out“ kann es an der Darstellung von Experimenten und dem daraus entstehendem Übermenschen-Denken der Studenten gelegen haben. Bei „The Skeleton who came out of the closet“ waren es wahrscheinlich irgendwelche senderinternen Gründe. Denn mit dem zweimaligen James-Bond-Bösewicht Richard Kiel hat die Folge sogar einen weltweit bekannten Gaststar.
Auch die zweite Staffel von „Simon & Simon“ bietet kurzweilige Unterhaltung, die heute von Serien wie „Castle“, „The Mentalist“, „Monk“, „Psych“ (die alle als Berater für die Polizei arbeiten und damit keine richtigen Privatdetektive sind) und „Burn Notice“ (der die Arbeit ohne Lizenz erledigt), unter leicht geänderten Vorzeichen, fortgeführt wird.
Dennoch wird beim Wiedersehen von „Simon & Simon“, neben den Achtziger-Jahre-Serien „Magnum“, „Das Modell und der Schnüffler“ und „Remington Steele“ (Wann erscheint die Serie bei uns auf DVD?), der Wunsch nach einer neuen guten Privatdetektivserie wach. Denn immer nur Polizisten und freiberufliche Berater der Polizei sind auf lange Sicht einfach langweilig.
Simon & Simon – Staffel 2 (USA 1982/1983)
Erfinder: Philip DeGuere
mit Gerald McRaney (Rick Simon), Jameson Parker ( Andrew Jackson ‚A.J.‘ Simon), Jeannie Wilson (Janet Fowler), Eddie Barth (Myron Fowler), Mary Carver (Cecilia Simon)
–
DVD
Simon & Simon – Staffel 2.1
Koch-Media
Bild: 1.33:1 (4:3)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: Deutsch (nur bei den nicht synchronisierten Folgen, optional)
Bonusmaterial: 16-seitiges Booklet, „Magnum“-Crossover-Episode „Die Rache des Sonnengottes“ (in verschiedenen Schnittfassungen und Synchronisationen)
Länge: 567 Minuten (12 Episoden auf 4 DVDs)
FSK: ab 12 Jahre
–
Simon & Simon – Staffel 2.2
Koch-Media
Bild:1.33:1 (4:3)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)
Bonusmaterial: 12-seitiges Booklet
Länge: 518 Minuten (12 Episoden auf 3 DVDs)
FSK: ab 12 Jahre
–
Die Fälle der zweiten Staffel
Die Smaragdenmieze (Emeralds are not a girl’s best friend)
Regie: Lawrence Doheny
Drehbuch: Richard Chapman
–
Liebe unter Wasser (Mike & Pat)
Regie: Sigmund Neufeld Jr.
Drehbuch: Richard Chapman
–
Rot macht tot (Guessing game)
Regie: Vincent McEveety
Drehbuch: James Crocker
–
Eine Hirschkuh kommt selten allein (Art for Arthur’s sake)
Regie: Vincent McEveety
Drehbuch: Bob Shayne
–
Diamanten fallen nicht vom Himmel (The ten thousand dollar deductible)
Regie: Bernard McEveety
Drehbuch: Bill Dial
–
Reit weiter wilder Reiter (Rough rider rides again)
Regie: Burt Kennedy
Drehbuch: Michael Piller
–
Meine Schwester bin ich (Sometimes dreams come true)
Regie: Bernard McEveety
Drehbuch: James Crocker
–
Guten Tag, ich bin dein Mann (The last time I saw Michael)
Regie: Vincent McEveety
Drehbuch: James Crocker
–
Ein Huhn spielt falsch (Fowl play)
Regie: Burt Kennedy
Drehbuch: Donald R. Boyle
–
Wenn’s dem bösen Nachbarn nicht gefällt (Thin air)
Regie: Bernard McEveety
Drehbuch: Bob Shayne, Philip DeGuere
LV: Howard Browne: Thin air, 1954 (In Luft aufgelöst)
–
Mord mit spitzer Feder (Murder between the lines)
Regie: Sigmund Neufeld Jr.
Drehbuch: Mike Lloyd Ross
–
Psyched out
Regie: Sigmund Neufeld Jr.
Drehbuch: Paul A. Magistretti
–
Mord im Paradies (Pirate’s Key)
Regie: Corey Allen
Drehbuch: Philip deGuerre
–
Wenn einer eine Reise tut… (The club murder vacation)
Regie: Burt Kennedy
Drehbuch: Bill Dial
–
Ein Mensch stirbt nicht vom Chip allein (It’s only a game)
Regie: Vincent McEveety
Drehbuch: Richard Chapman
–
Modemachers Meuchelmord (Design for killing)
Regie: Bernard McEveety
Drehbuch: James Crocker
–
Die Schönen und die Toten (The list)
Regie: Burt Kennedy
Drehbuch: Michael Piller
–
What’s in a gnome?
Regie: Sigmund Neufeld Jr.
Drehbuch: Paul A. Magistretti
–
Zum Glück geht’s Stück für Stück (The secret of the chrome eagle)
Regie: Vincent McEveety
Drehbuch: Mike Lloyd Ross
–
Zimmer, Zoff und Zofe (Room 3502)
Regie: Sigmund Neufeld Jr.
Drehbuch: Alan Brennert
–
Roter Hund heißt seine Tante (Red dog blues)
Regie: Vincent McEveety
Drehbuch: Deborah R. Baron, Patricia Rae Moran
–
The skeleton who came out of the closet
Regie: Paul Krasny
Drehbuch: James Crocker
–
Hinweise
Wikipedia über „Simon & Simon“ (deutsch, englisch)
Fernsehserien über „Simon & Simon“

