Ohne Alfred Hitchcocks eleganten Einbrecherfilm „Über den Dächern von Nizza“ (To catch a thief) und die nach den ersten James-Bond-Filmen einsetzende Begeisterung für jet-settende Geheimagenten (während die echten Geheimagenten eher wie Harry Palmer waren. Naja, vielleicht noch unglamouröser.) hätte es 1968 die amerikanische TV-Serie „It takes a thief“, die bei uns „Ihr Auftritt, Al Mundy!“ heißt, wahrscheinlich nie gegeben. Denn der im Originaltitel angesprochene Dieb ist Alexander Mundy. Ein Dandy, der stolz darauf ist, das Metier seines Vaters und Großvaters fortzuführen, aus Prinzip keine Gewalt anwendet und der auch im Knast nur an seinen Ausbruch und seinen nächsten großen Coup plant.
Da bietet der Geheimdienstler Noah Bain (in der deutschen Fassung Noah Blain [keine Ahnung warum] heißt) Al Mundy einen Deal an. Er kommt frei, kann in einem großen Haus mit schönen Frauen leben und muss für ihn immer wieder Gegenstände stehlen. Denn, wie schon das im Titel angesprochene Sprichwort sagt: Man braucht einen Dieb, um einen Dieb zu fangen. Und wenn er sich nicht benimmt, kommt er wieder zurück ins Gefängnis.
In den ersten Folgen wird diese Erpressung öfters, wenn auch in einem humorvollem Tonfall, thematisiert. So gibt es auf der einen Seite einen Dieb, der Dieb bleiben will und nur ans Stehlen denkt, und auf der anderen Seite einen Geheimagenten, der einen Dieb erpresst für den Staat zu arbeiten. Als Belohnung winkt ihm nicht die Freiheit oder Geld, sondern nur das Leben in einem größeren Käfig.
In den späteren Folgen der ersten Staffel rücken dann die Agentengeschichten, die heute reichlich anachronistisch wirken, in den Vordergrund. Denn die Blockkonfrontation ist vorbei und damit auch das mühevolle Einschleusen von Agenten über verschiedene Grenzen in verschiedene mehr oder weniger fiktive Staaten im Osten, das Spiel mit falschen Identitäten, den in totalitären Staaten operierenden Untergrund-Bewegungen, die alle bemerkenswert gut englisch sprechen, und natürlich, verfolgt von einer Horde schießwütiger Kommunisten, die Flucht über die Grenze in die Freie Welt.
Doch meistens konzentrieren sich die Autoren (neben Serienerfinder Roland Kibbee auch Leslie Stevens, Dean Hargrove und Glen A. Larson) auf Al Mundys Diebstähle, lassen die Agentengeschichte eher nebenher mitlaufen und reichern die einzelnen Folgen teilweise mit zahlreichen Comedy-Elementen an. Dazu gehören Al Mundys Wortgefechte mit einem anderen Einbrecher (in „Wie klaut man ein Schlachtschiff?“), oder wenn Noah Bain widerwillig Al Mundys Part übernehmen muss, dabei auf eine in ihn verliebte Ost-Wissenschaftlerin trifft und er ihr als potentieller Überläufer die guten Seiten des Kapitalismus schildert (in „Es tritt auf: Noah Blain“), oder wenn Al Mundy, wieder einmal in Osteuropa, auf eine Untergrund-Gruppe trifft, deren Zentrale in einem noblen Modesalon ist (in „Die Radomir-Affäre“), oder wenn Al Mundy an der Riviera die heißen Enthüllungsmemoiren einer älteren, vergnügungssüchtigen Gräfin mit einem beeindruckenden Zahl früherer High-Society-Liebhaber stehlen soll (im zitatreichen Staffelfinale „Heiße Memoiren“). Sowieso werden Filmfans viele Zitate und Anspielungen auf andere Filme finden. Diese stehen allerdings nie den Capers im Weg.
Meistens muss Al Mundy aus hochgesicherten Gebäuden (damaliger Stand der Technik) etwas Wertvolles stehlen. Aber es gibt auch Variationen. So soll er „Ein Millionär hat’s schwer“ die Kronjuwelen nicht stehlen, trifft auf eine gutaussehende Einbrecherin (Ach, alle Frauen in der Serie sehen gut aus) und muss einen Scheindiebstahl durchführen, der Jahre später schamlos von Brian De Palma in „Mission: Impossible“ (wenn Tom Cruise sich in der CIA-Zentrale abseilt) kopiert wurde. In „Der falsche Engel“ soll Mundy einem südamerikanischem Diktator ein gefälschtes Gemälde unterschieben. In „Streit in der Königsfamilie“ muss er einen Thronfolger beschützen und wird, eher ungewollt, zu seinem Erzieher, Ratgeber und Vorbild (Zum Glück weiß der Junge nicht, dass Al Mundy ein Einbrecher ist). Und in „Die Radomir-Affäre“ soll Mundy die Tochter eines Biologen aus dem Ostblock schmuggeln.
Alle Folgen der ersten Staffel von „Ihr Auftritt, Al Mundy!“ sind lockere Unterhaltung, die gelungen Humor mit Suspense und Action verbinden und öfters wie ein kleiner Spielfilm wirken. Dazu tragen auch die teils heute noch bekannten Gaststars, wie Senta Berger, John Saxon, Leslie Nilsen, Raymond Burr, Anthony Zerbe, Strother Martin, Bill Bixby, Stuart Margolin und Ida Lupino , bei. Zu den filmischen Erben von „Ihr Auftritt, Al Mundy!“ gehört die ebenfalls sehr unterhaltsame, stylishe britische Serie „Hustle“.
Die DVD
Polyband hat die erste Staffel auf zwei Boxen aufgeteilt und jeweils mit einem informativem Booklet versehen. Auf der ersten Box ist auch die deutsche Synchron-Fassung des für uns umgeschnittenen Pilotfilms enthalten.
Die deutsche Synchronisation wurde von Rainer Brandt, der mit seiner Schnodder-Synchronisation auch für die deutschen Fassungen von „Die Zwei“, „Mini-Max“, „Tennisschläger und Kanonen“ verantwortlich war, erledigt. Sie ist – höflich formuliert – Geschmacksache, erfreut die Nostalgiker und geht mit den Originaldialogen ziemlich freizügig um. Heute hört sich der Mix aus verschiedenen Dialekten, Gossensprache und Jugendjargon ziemlich altmodisch an. Die Originalfassung ist dagegen zeitlos elegant. Dort gibt es auch den schönen, die Prämisse vorstellenden Dialog:
„We’re not asking you to spy. We’re just asking you to steal.“ (Noah Bain)
„Let me get this straight: you WANT me to steal?“ (Al Mundy)
Das Bild wurde digital remastered und ist entsprechend gut. Die einkopierten Archivaufnahmen, die oft eine lausige Bildqualität haben (selbstverständlich wurde nicht vor Ort, sondern in Hollywood gedreht), fallen allerdings negativ auf.
Ihr Auftritt , Al Mundy! (It takes a thief, USA 1968)
Erfinder: Roland Kibbee
mit Robert Wagner (Al Mundy), Malachi Throne (Noah Bain)
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DVD
Ihr Auftritt, Al Mundy! – Staffel 1.1
Polyband
Bild: 1,33:1 (4:3)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: teilweise deutsch
Bonusmaterial: Booklet (20 Seiten), Pilotfilm in der deutschen Schnittfassung
Laufzeit: 470 Minuten (Pilotfilm und 7 Folgen)
FSK: ab 12 Jahre
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Ihr Auftritt, Al Mundy! – Staffel 1.2
Polyband
Bild: 1,33:1 (4:3)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0)
Untertitel: teilweise deutsche
Bonusmaterial: Booklet (16 Seiten)
Laufzeit: 390 Minuten (8 Folgen)
FSK: ab 12 Jahre
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Die ersten Aufträge für Al Mundy
Eine Chance für den Playboy (A thief is a thief/A magnificent thief)
Regie: Leslie Stevens
Drehbuch: Roland Kibee, Leslie Stevens
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Ein Millionär hat’s schwer (It takes one to know one)
Regie: Leslie Stevens
Drehbuch: Leslie Stevens
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Abenteuer am Schwarzen Meer (When boy meets girl)
Regie: Don Weis
Drehbuch: Dean Hargrove
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Empfang in der Botschaft (A very warm reception)
Regie: Don Weis
Drehbuch: Leslie Stevens
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Der falsche Engel (One illegal angel)
Regie: Leonard J. Horn
Drehbuch: Stephen Kandel
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Alles nur Design (Totally by design)
Regie: Michael T. Caffey
Drehbuch: Dean Hargrove, Alvin Sapinsley (nach seiner Geschichte)
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Der Dieb als Spion (When tieves fall in)
Regie: Don Weis
Drehbuch: Leslie Stevens
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Champagner für die Damen (A spot of trouble)
Regie: Herschel Daugherty
Drehbuch: Gene L. Coon (nach einer Geschichte von Mart Zarcoff und Gene L. Coon)
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Streit in der Köngisfamilie (When good friends get together)
Regie: Lee H. Katzin
Drehbuch: Dean Hargrove
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Jedes Täubchen ziert ein Ring (Birds of a feather)
Regie: Don Weis
Drehbuch: Glen A. Larson
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Wie klaut man ein Schlachtschiff? (To steal a battleship)
Regie: Michael T. Caffey
Drehbuch: Jerry Devine
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Es tritt auf: Noah Blain (Turnaround)
Regie: Don Weis
Drehbuch: Gene L. Coon (nach einer Geschichte von Mort Zarcoff und Gene L. Coon)
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Die Radomir-Affäre (The Radomir miniature)
Regie: Michael T. Caffey
Drehbuch: Stephen Kandel
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Ein unscheinbarer Schatz (Locked in the cradle of the keep)
Regie: Leonard J. Horn
Drehbuch: Dick Nelson
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Bude, Dame, König, Reichsapfel (A matter of Royal larceny)
Regie: Michael T. Caffey
Drehbuch: Tony Barrett
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Heiße Memoiren (The lay of the land)
Regie: Don Weis
Drehbuch: Richard Collins, Alvin R. Friedman (nach einer Geschichte von Richard Collins)
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Hinweise


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