DVD-Kritik: Der beschnittene „Kojak“

Vor fünf Jahren wurde die erste Staffel von „Einsatz in Manhattan“, wie „Kojak“ in Deutschland hieß, veröffentlicht und sie verkaufte sich wohl nicht so toll. Denn erst jetzt wurde die zweite Staffel der in den siebziger Jahren weltweit erfolgreichen Polizeiserie mit Lt. Theo Kojak von Revier Manhattan Süd als Helden (Kennzeichen: Glatze, Lolli, immer gut gekleidet, immer einen sarkastischen Spruch auf den Lippen) veröffentlicht.

Die dritte Staffel ist für Anfang Dezember angekündigt und man kann nur hoffen, dass dann einige Fehler der jetzt vorliegenden Veröffentlichung nicht wieder gemacht werden. Denn so hübsch das Cover auch ist, der Inhalt ist eine einzige Enttäuschung. Universum veröffentlichte nicht die Originalfolgen, sondern die deutschen Fassungen. Diese wurden, aufgrund des damaligen ARD-Sendeschemas, bei der Erstausstrahlung gnadenlos von knapp 50 Minuten auf unter 45 Minuten gekürzt. Damit ist die zweite Staffel für Filmfans mit filmhistorischen Ambitionen wertlos. Bei der ersten Staffelbox wurden dagegen die Originalversionen auf die DVDs gepresst und es kam dann bei den damals gekürzten Passagen zu einen Sprachwechsel vom Deutschen ins Englische (der mich, weil ich mir die Folgen im Original ansah, nicht störte).

Die Bildqualität der einzelnen Folgen der zweiten „Kojak“-Staffel schwankt von Folge zu Folge zwischen abgenudelt-matschigem VHS-Tape und halbwegs scharf, aber viel zu hell und immer wieder mit falschen Farben; wobei in den späteren Folgen das Bild besser wird (oder man sich einfach an die Qualität gewöhnt hat). Insgesamt ist das Bild, im Vergleich zu anderen TV-Serien, die ähnlich viele Jahre auf dem Buckel haben, durchgehend entsetzlich schlecht.

Da ist der Verzicht auf Untertitel und Bonusmaterial (abgesehen von drei Texttafeln zur Serie und einer auf der Innenseite des Covers abgedruckten Episodenguide) nur konsequent.

Neben der grottigen Umsetzung fällt, vor allem in den ersten Folgen der zweiten Staffel, auf, wie sehr „Kojak“ in den vergangenen fünf Jahren alterte. Denn 2005 war in Deutschland die Zeit vor „The Wire“, „The Shield“, „Criminal Minds“, „The Closer“, „Dexter“, „The Mentalist“ und „Castle“ (um nur einige Polizeiserien [großzügig definiert] zu nennen).

Es gab „CSI“, „Wolffs Revier“ (bis 2006), „SK Kölsch“ (ebenfalls bis 2006), „Im Namen des Gesetzes“ (damals zwischen Einstellung und Reboot schwankend, inzwischen eingestellt), einige glücklose Serienversuche der Privaten, wie „Der Elefant – Mord verjährt nie“, und einige immerhin quotentechnisch erfolgreiche Serienstarts der Öffentlich-Rechtlichen, wie „Kommissar Stollberg“ (ab Oktober 2006), „Der Kriminalist“ (ab Dezember 2006), „Soko Köln“ (ab Oktober 2003), „Soko Wismar“ (ab Oktober 2004), „Soko Wien“ (ab Oktober 2005) und „Der Alte“ wurde von dem 1924 geborenen Rolf Schimpf gespielt.

Gegen diese, oft miesepetrig durchs Bild schlurfenden, Ermittler war Kojak (gespielt von dem 1922 geborenen Telly Savalas in der Rolle seines Lebens) ein Jungbrunnen, der wohlige Erinnerungen an die Vergangenheit weckte.


Gegen die neuen Helden ist Lt. Theo Kojak ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit. Einer Zeit als Computer und Handys noch Science-Fiction waren. Dafür wird vor allem in den ersten Folgen auffällig oft in Telefonzellen telefoniert und in Lokalen gibt es an der Theke Telefone. Die Kriminaltechnik spielt in den Ermittlungen eine viel unbedeutendere Rolle. Allerdings war sie auch nicht so unwichtig, wie vor allem in den ersten Folgen der zweiten Staffel von „Kojak“ immer getan wird. Dass niemand auf DNA-Spuren achtet, ist nachvollziehbar, aber dass Täter wie Ermittler lässig überall ihre Fingerabdrücke hinterlassen mutet schon seltsam an und stört sehr beim Ansehen. Besonders in der Folge „Kaufpreis für einen Richter“ ist es komplett unglaubwürdig, dass Profiverbrecher ohne Handschuhe einen durchaus komplizierten Selbstmord inszenieren.

In den späteren Folgen, so ab der zehnten Folge, wird sich dann immer stärker auf die psychologischen Aspekte konzentriert und damit ist die Arbeit der Spurensucher für den Fall unwichtig. Es gibt etliche Fälle, in denen es keinen Mord gibt oder der Mord nur eine Folge des eigentlich geplanten Verbrechens ist und es werden, vor allem in den letzten Folgen der zweiten Staffel, auch damals moderne Ermittlungsmethoden, wozu Tonbandgeräte und Videokameras gehören, benutzt.

Und diese Folgen sind bis heute von ihrer Story nicht gealtert. Aber dank zahlreicher Straßenaufnahmen, liebevoller Innenausstattungen und natürlich der Kleider stellt sich ein angenehmes Retro-Feeling ein. Außerdem wurde, was damals in Krimiserien durchaus üblich war, kein Geheimnis aus dem Täter gemacht. Normalerweise wird am Anfang sogar die Tat gezeigt und neben den Ermittlungen wird den Tätern, den Opfern und den von der Tat Betroffenen mehr oder weniger viel Zeit eingeräumt.

Insgesamt sind die 24 Fälle der zweiten „Kojak“-Staffel recht abwechslungsreich geraten. Neben psychopathischen Einzeltätern (ein in seine Nachbarin verliebter Junge in „Der Mörder wohnt neben“) und Zufallstätern (in „Verbrechen ohne Opfer“ geht eine Vergewaltigung schief), gibt es immer wieder Berufsverbrecher, für die Mord und auch die Verhaftung einfach zum Berufsrisiko gehören, Mafiosi (in der Auftaktfolge „Rivalen der Mafia“ und in „Warrens erster Fall“ versucht Kojak einen Gangsterkrieg zu verhindern), Terroristen (in „Souvenir aus Atlantic City“) und einige ehrliche Männer, die Selbstjustiz üben wollen (in „Wer hat Ruth Nelson getötet?“ und „Kugeln aus dem Hinterhalt“) oder die günstige Gelegenheit ergreifen.

Dazu gehört Ray Coughlin (Martin Balsam in der noirischen Episode „Die Sterne stehen auf Tod“), der als Ex-Polizist und Privatdetektiv den Selbstmord eines Klienten zum lukrativen Geschäft für sich machen will.

In „Der Mann mit der Bombe“ terrorisiert ein Bombenleger Manhattan. Die Polizei hat keine Spur und der Täter stellt auch keine Forderungen. Da hilft ein begnadeter, mehrfach verurteilter und inzwischen ehrlich gewordener Bombenbauer der Polizei beim Entschärfen einer Bombe. Bei der nächsten Bombe will er für seine Hilfe eine stattliche Entlohnung und Kojak hat einen Verdacht.

In „Der Verlierer zahlt alles“ spielt Leslie Nielsen einen brutalen Dieb, der eine Art Über-“Parker“ ist und in „Alte Träume werden wahr“ spielt Ruth Gordon („Harold & Maude“) ein Medium, das Morde vorhersieht. Was sie nicht weiß ist, dass der Täter einer ihrer Kunden ist.

Und, wie es sich für eine Polizeiserie gehört, spielen auch immer wieder die Probleme und moralischen Dilemma von Polizisten eine Rolle. In einigen Folgen rücken sie in den Mittelpunkt. In „Ein schlechter alter Freund“ wird Kojaks Untergebener Crocker mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Denn einer seiner alten Freunde wurde zum Berufsverbrecher mit Mafiakontakten, der als Schutzgelderpresser sein Geld verdient.

In „Die Erpressung“ wird die Frau von Kojaks Chef McNeill entführt. Die Entführer verlangen von Kojak, dass er Beweise verschwinden lässt.

In „Spiel mit gezinkten Karten“ behauptet ein Spitzel (der Sänger Paul Anka) gegenüber Gangstern, dass ein Polizist ihn mit Informationen versorge. Das Gerücht macht die Runde und plötzlich steht die Karriere des Polizisten auf dem Spiel.

Sowieso haben in „Kojak“ in den einzelnen Fällen auffallend oft, vor allem im Vergleich zu zeitgenössischen Krimiserien, Berufsverbrecher eine zentrale Rolle. In „Raubzug in Raten“ planen einige Diebe in einer Nacht einen großen Diebstahl. Kojak weiß, dass das Verbrechen vor seinen Augen stattfindet. Aber er weiß nicht wo.

In „Die Nacht von Piräus“ dreht sich alles um einige wertvolle Briefmarken, für die verschiedene Sammler über Leichen gehen. Anscheinend hat „Der Malteser-Falke“ für diese Folge Pate gestanden.

In diesen Folgen zeigt sich das Verbrechen als integraler Bestandteil der Gesellschaft. Die Polizei kann nur noch Schadensbegrenzung leisten. Insofern bereitet „Kojak“ späteren Krimiserien wie „Miami Vice“ vor.

Kojak – Einsatz in Manhatten – Staffel 2 (Kojak, USA 1974/1975)

Erfinder: Abby Mann

mit Telly Savalas (Lt. Theo Kojak), Dan Frazer (Capt. Frank McNeil), Kevin Dobson (Det. Bobby Crocker), George Demosthenes Savalas (Det. Stavros [Bruder von Telly Savalas und, um Verwirrungen zu vermeiden, im Vorspann nur „Demosthenes“ genannt]), Mark Russell (Det. Saperstein), Vince Conti (Det. Rizzo)

DVD

Bild:1,33:1 (4:3)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 2.0 – Mono)

Untertitel: –

Bonusmaterial: 3 Texttafeln zur Serie, Episodenguide auf der Coverinnenseite

Laufzeit: 1125 Minuten (5 DVD)

FSK: ab 16 Jahre (wobei fast alle Folgen FSK-12 sind)

Lt. Kojak löst im zweiten Jahr seines TV-Serienlebens folgende Fälle

Rivalen der Mafia – Teil 1 (The Chinatown Murders, Part 1)

Regie: Jeannot Szwarc

Drehbuch: Jack Laird

Rivalen der Mafia – Teil 2 (The Chinatown Murders, Part 2)

Regie: Jeannot Szwarc

Drehbuch: Jack Laird

Verbrechen ohne Opfer (Hush now, or you die)

Regie: Charles S. Dubin

Drehbuch: Robert W. Lenski

Kojak spielt riskant (A very deadly game)

Regie: Seymour Robbie

Drehbuch: Seam Baine

Das 20-Millionen-Ding (Wall Street Gunslinger)

Regie: Richard Donner

Drehbuch: Halsted Wells

Wer hat Ruth Nelson getötet? (Slay ride)

Regie: Russ Mayberry

Drehbuch: Morton S. Fine

Zeugin wider Willen (Nursemaid)

Regie: Jerry London

Drehbuch: Joel Oliansky

Mord im Krankenhaus (You can’t tell a hurt man how to holler)

Regie: Seymour Robbie

Drehbuch: Albert Ruben

Kaufpreis für einen Richter (The best judge money can buy)

Regie: Leo Penn

Drehbuch: Gene Kearney

Souvenir aus Atlantic City (A souvenir from Atlantic City)

Regie: Daniel Haller

Drehbuch: Charles Sailor, Eric Kaldor

Die Sterne stehen auf Todesfahrt (A killing in the second house)

Regie: Christian Nyby

Drehbuch: Gene Kearney

Warrens erster Fall (The best war in town)

Regie: Richard Donner

Drehbuch: Burton Armus

Der Mörder wohnt nebenan (Cross your heart and hope to die)

Regie: David Friedkin

Drehbuch: Gene Kearney

Spiel mit gezinkten Karten (The betrayal)

Regie: Telly Savalas

Drehbuch: Joseph Polizzi

Der Verlierer zahlt alles (Loser takes all)

Regie: Allen Reisner

Drehbuch: Robert C. Dennis (nach einer Geschichte von William P. McGivern und Robert C. Dennis)

Ein Feuer auf Bestellung (Close cover before killing)

Regie: Sigmund Neufeld jr.

Drehbuch: Peter S. Fischer

Kugeln aus dem Hinterhalt (Acts of desperate men)

Regie: Jeannot Szwarc

Drehbuch: Gene Kearney

Die Königin der Zigeuner (Queen of the gypsies)

Regie: Jeannot Szwarc

Drehbuch: Gene Kearney (nach einer Geschichte von Gene Kearney und Arthur E. McLaird)

Die Nacht von Piräus (Night of the Piraeus)

Regie: Jerry London

Drehbuch: Don Rene Patterson, George Bacos

Der goldene Schlüssel (Elegy in an asphalt graveyard)

Regie: Christian Nyby

Drehbuch: Jack Laird

Der Mann mit der Bombe (The good luck bomber)

Regie: Sigmund Neufeld Jr.

Drehbuch: Ray Brenner

Ein schlechter alter Freund (Unwanted partners)

Regie: Sigmund Neufeld Jr.

Drehbuch: Burton Armus

Raubzug in Raten (Two-four-six for two hundred)

Regie: Russ Mayberry

Drehbuch: James M. Miller

Die Erpressung (The trade-off)

Regie: David Friedkin

Drehbuch: Robert E. Swanson

Alle Träume werden wahr (I want to report a dream)

Regie: Telly Savalas

Drehbuch: Gene Kearney

Hinweise

Wikipedia über „Kojak“ (deutsch, englisch)

Homepage über Telly Savalas

Deutsche Seite über Telly Savalas

Meine Besprechung von „Kojak – Einsatz in Manhattan: Staffel 1“

 

One Response to DVD-Kritik: Der beschnittene „Kojak“

  1. gallego sagt:

    Gran telefilme

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