Duane Swierczynskis Nebenbeschäftigungen

Die Idee Text und Film miteinander zu verschmelzen ist nicht neu, aber erst jetzt, mit der zunehmenden Verbreitung von schnellen Internetverbindungen und mobilen Computern, kann sie auch auf einem hohen Niveau verwirklicht werden. Jedenfalls wenn man auf die in den USA Ende Oktober für den Apple iTunes erschienene Version von „Level 26- Dark Origins“ zugreift (andere digitale Versionen sind mir nicht bekannt). Dann kann man ohne Unterbrechung vom Roman zum Film und zurück wechseln. „Digi-Novel“ nennt ihr Erfinder Anthony E. Zuiker diese „völlig neuartige Erzählform“.

Er erfand auch die verschiedenen „CSI“-Serien und dank seiner Stellung als Produzent einer weltweit unglaublich erfolgreichen TV-Serienfamilie kann er auch für eine erfolgversprechende Umsetzung sorgen. Er hat einen exzellenten Zugang zu Studios, Schauspielern, Technikern und Autoren. Er kann das richtige Team für ein erfolgversprechendes Franchise zusammenstellen. Auch „Level 26“ ist als Franchise gedacht. Er hat bereits den Namen „Digi-Novel“ schützen gelassen, eine umfangreiche Homepage (mit einer regen Community) erstellt und die nächsten beiden „Level 26“-Bände sind für 2010 und 2011 angekündigt. Dabei bedeutet „Digi-Novel“ ganz einfach, dass es einen eigenständigen Roman gibt und an bestimmten Stellen das Lesen zum Ansehen von kurzen, die Handlung weiterführenden Filmen unterbrochen werden soll. Den Roman schrieb Duane Swierczynski. Bei uns ist er auch als Duane Louis bekannt und er ist einer der aufregenden jungen Krimiautoren, die sich erfolgreich in verschiedenen Medien tummeln.

Die Filme sind von Anthony E. Zuiker in der modernen TV-Ästhetik (irgendwo zwischen „24“ und „CSI“) gedreht. Die Besetzung ist mit Michael Ironside, Bill Duke, Glenn Morshower (Agent Aaron Pierce in „24“) und Kevin Weisman (Marshall Flinkman in „Alias“) sogar ziemlich prominent. Aber der wichtigste Charakter in den Filmen ist der Serienkiller Sqweegel, der von dem Artisten Daniel Browning Smith, dem „most flexible man alive“, gespielt wird.

Die Filme sind in der ersten Digi-Novel aber nur die nette Beigabe zu dem von Duane Swierczynski geschriebenen Roman „Level 26 – Dark Origins“, der weniger an Swierczynskis eigene Noir-Thriller, sondern an Zuikers „CSI“-Franchise, populäre Serien, wie „Criminal Minds“, und die sattsam bekannten Erzählkonventionen von Serien und TV-Filmen erinnert.

Das ist dann auch die Crux von „Level 26 – Dark Origins“. Die Story setzt sich vollkommen überraschungsfrei aus den altbekannten Bestandteilen zusammen. Es gibt einen Serienkiller, vom FBI Sqweegel genannt, der schlimmer als alle anderen Serienkiller ist. Er mordet bereits seit Jahrzehnten und er hinterlässt an den Tatorten keine Spuren. Noch nicht einmal genug Material für einen DNA-Test. Das FBI weiß nur deshalb von ihm, weil er sie in unregelmäßigen Abständen über seine Taten informiert. Bis jetzt gelang es nur einem Polizisten, ihn einmal fast zu schnappen. Aber Sqweegel entkam und brachte die Familie seines Jägers Steve Dark um. Heute lebt Dark zurückgezogen in Malibu, Kalifornien und seine Freundin erwartet ein Kind. Da schickt Sqweegel einem hohen Politiker ein Video von einem seiner Verbrechen und dieser zwingt Steve Dark dazu, die Jagd auf Sqweegel wieder aufzunehmen.

Dark (wir sind nicht überrascht) tut’s und bis zur alles entscheidenden Begegnung zwischen Sqweegel und Dark verläuft alles in den bekannten Serienkillerthrillerbahnen. Der Killer informiert die Polizei mit einem Abzählreim über seine künftigen Taten. Er hat (jetzt plötzlich) eine Mission und will dafür eine bestimmte Zahl von Morden innerhalb weniger Tage begehen. Er macht plötzlich unglaublich dämliche Fehler. Immerhin ist Sqweegel ein Level-26-Killer. Einer, der schlimmer und geschickter als alle anderen Killer ist. Ed Gein schaffte es nur auf Stufe 13, Ted Bundy auf 17 und John Wayne Gacy auf Stufe 22 der von den FBI-Jungs erstellten, titelgebenden Eingruppierung von Mördern nach ihrer Bösartigkeit. Außerdem verfügt Sqweegel über viel Geld und unglaublich gute Verbindungen. Er wählt weltweit seine Opfer nicht zufällig aus, sondern er hat lange vor der Tat von einem ihrer Geheimnisse erfahren. Das alles wird nicht näher erklärt. Es wird auch kein Versuch unternommen, zu erklären warum Sqweegel zu Sqweegel wurde; was uns immerhin die Therapiesitzung erspart. Sqweegel ist im Buch einfach nur die langweilig-banale Inkarnation des Bösen. Allerdings ohne den Charme eines Hannibal Lector.

Als Roman ist „Level 26 – Dark Origins“ daher nicht mehr als ein austauschbarer, banal-langweiliger Serienkillerthriller, der sich immer wie die Romanfassung des „TV-Thriller of the Week“ durchaus flott, wenn auch gerade am Anfang etwas holprig, wegliest und nach der Lektüre sofort vergessen ist.

Die Idee einer Digi-Novel wurde dagegen schon ziemlich gut umgesetzt. Vor allem die Filme mit dem sich unmöglich verrenkendem Sqweegel sind eindeutig für’s Auge gedacht. Duane Swierczynski unternimmt auch keinen Versuch, das zu beschreiben. Störend ist beim Lesen allerdings die Aufforderung, alle zwanzig Seiten eine Pause einzulegen und am PC die nächste „Cyberbrücke“ (Zuiker) anzusehen. Ungefähr nach der dritten Pause liest man dann den Krimi ganz traditionell in einem Rutsch durch und sieht sich danach die Filme an.

Bei den im X-Men-Kosmos spielenden „Cable“-Comics, die Duane Swierczynski für Marvel schreibt, kann er sich innerhalb einer bestehenden Welt austoben. Er hat den Nebencharakter Nathan „Cable“ Summers, ein Mutant und Söldner, ausgewählt und lässt ihn in verschiedenen Jahren in der Zukunft Abenteuer erleben. Cable soll ein für das Überleben der Mutanten wichtiges Mutantenbaby beschützen. Er taucht mit dem Baby im Zeitstrom unter. Dummerweise hat die Maschine, die Cable und dem Baby ein Verschwinden in der Zukunft gestattete einen Defekt. Sie können nur immer weiter in die Zukunft flüchten. Gejagt werden sie von dem ehemaligen X-Man Lucas Bishop. Er kam aus einer totalitären Zukunft und er glaubt, dass das Baby für eben diese Zukunft verantwortlich ist. Deshalb will er es töten.

Diese Prämisse ermöglicht es Duane Swierczynski, viele Kämpfe zwischen Cable und Bishop und viele verschiedene zukünftige Welten zu erfinden. Auch in dem zweiten „Cable“-Sammelband „Heimatfront“ kloppen die beiden Kontrahenten sich ausgiebig. Außerdem erfahren wir einige weitere Hintergründe über Cables Mission.

Diese Comic-Serie ist vor allem etwas für die Swierczynski-Komplettisten (Hey, es ist X-Men und es ist SF.) und natürlich die Fans der X-Men.

Duane-Swierczynski-Fans müssen dagegen auf den nächsten Roman von Duane Louis warten. „Schnelle Beute“ ist von Heyne für April 2010 angekündigt.

Anthony E. Zuiker/Duane Swierczynski: Level 26 – Dark Origins

(übersetzt von Axel Merz)

Lübbe, 2009

432 Seiten

14,99 Euro

Originalausgabe

Level 26 – Dark Origins

Dutton 2009

Duane Swierczynski (Autor)/Michel Lacombe (Zeichner)/Ariel Olivetti (Zeichner): Cable 2: Heimatfront

(übersetzt von Michael Strittmatter)

Marvel Deutschland, 2009

100 Seiten

12,95 Euro

Enthält

Cable 6: Homefront (Oktober 2008, Heimatfront)

King-Size Cable Spectacular 1: The Wolf Pit (November 2008, Die Wolfshöhle)

X-Force: Ain’t no Dog (August 2008, Bin kein Hund)

Hinweise

Homepage zu „Level 26“

Secret Dead Blog von Duane Swierczynski

Meine Besprechung von Duane Louis (Swierczynskis) „Letzte Order“ (Severance Package, 2008)

Meine Besprechung von Duane Louis (Swierczynskis) „Blondes Gift“ (The Blonde, 2006)

Meine Besprechung von Duane Swierczynskis „Cable: Kriegskind – Band 1″ (Cable: War Child – 1, 2008)

Bonus

Ein Auftritt von Gummimann Daniel Browning Smith (dem Darsteller von Sqweegel)

One Response to Duane Swierczynskis Nebenbeschäftigungen

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