Kurzkritik: Birgit Lautenbach/Johann Ebend: Hühnergötter – Ein Hiddensee-Krimi

Erinnern Sie sich an den Auftritt des Kinderchores, bei dem alle Noten da waren, nur nicht in der richtigen Reihenfolge? Nun, bei „Hühnergötter – Ein Hiddensee-Krimi“ geht es einem ähnlich. Es ist alles da, aber nichts stimmt. Naja, die Länge ist okay.

Aber der Rest? Da wird auf der kleinen Ostsee-Insel Hiddensee ein Baby entführt. Die beiden Inselpolizisten rufen Hilfe vom Festland, die Insel wird auf den Kopf gestellt und selbstverständlich findet einer der beiden Inselpolizisten dann auch das Baby. Aber wie es dazu kommt ist ganz schlecht mit Kommissar Zufall und einem dieser Alleingänge, die Polizisten in schlechten Krimis immer machen müssen, zusammenfantasiert.

Dabei hätte aus „Hühnergötter“ ein guter Krimi und eine feine Sozialstudie werden können, wenn, ja wenn das Autorenduo recherchiert hätte, wie die Polizei ein auf einer Insel verschwundenes Kind sucht, die Charaktere schärfer gezeichnet wären, die Kindesentführerin ein Gesicht und gute Gründe für ihr Tun bekäme, die Eltern des Babys mehr als Abziehbilder wären, die Inselpolizisten (die ja in weiteren Büchern ermitteln) gute Auftritte bekämen, das Verhältnis von Haupt- und Nebencharakteren geklärt wäre (im Moment sind alle irgendwie gleich unwichtig), es einen stringenten Plot (und keine Ansammlung zusammenhangloser Szenen) gäbe und, immerhin ist „Hühnergötter“ von seiner Struktur her ein Thriller, es spannend wäre.

Aber auch dann stünde man noch vor der Frage, warum jemand auf einer Insel, von der er nicht flüchten kann, ein Baby entführen sollte. Das klingt doch sehr nach dem Wunsch des Autorenduos Birgit Lautenbach und Johann Ebend, das sich so oft wie möglich auf Hiddensee aufhält, einfach eine Geschichte auf Hiddensee spielen zu lassen und, weil Krimis halt gut laufen, diese Liebeserklärung in einen Krimi mit einem möglichst spektakulärem Fall packt.

Entstanden ist so ein biederer Krimi, der von ebenso biederen TV-Krimis inspiriert (deutsche natürlich, britische und amerikanische TV-Krimis ignoriert man ja, weil die erstens schlecht sind und zweitens sowieso nicht in Deutschland spielen können) und, trotz der wenigen Seiten, verquast ist. Aber der Untertitel „Ein Hiddensee-Krimi“ ist ja ein deutlicher Hinweis auf die anvisierte Käuferschaft.

Birgit Lautenbach/Johann Ebend: Hühnergötter – Ein Hiddensee-Krimi

(durchgesehene Neuveröffentlichung)

Goldmann, 2011

160 Seiten

7,99 Euro

Erstausgabe

Prolibris Verlag, 2005

Hinweis

Alligatorpapiere: Befragung von Birgit Lautenbach und Johann Ebend

 

One Response to Kurzkritik: Birgit Lautenbach/Johann Ebend: Hühnergötter – Ein Hiddensee-Krimi

  1. Renate Reiter sagt:

    Ich wohne auf der größten Insel Deutschlands und solche Kurzkrimis mit örtlichem Hintergrund sind interessant zu lesen, obwohl die Geschichte doch sehr abstrakt ist. Mich interessierte aber vor allem die Beschreibung unserer schönen Natur.
    Eine Kritik an die Verfasser, die nach eigenen Aussagen oft auf Hiddensee sind: Fehler wie auf Seite 30 „Um den Postkartenständer ein Pulk Tagesgäste. Schöne Grüße aus Hiddensee.“
    So etwas darf nicht passieren. Es gibt nur Karten mit dem Text. „Grüße von Hiddensee“ Schließlich lebt man hier auf der Insel und nicht in Erdhölen in der Insel.
    Mit freundlichen Grüßen
    Renate Reiter,
    Schulstraße 26c
    18556 Dranske

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