„Rambo“-Erfinder David Morrell erzählt seine Version von „Captain America“

August 16, 2011

Egal was man von der am Donnerstag im Kino startenden „Captain America“-Verfilmung hält, sie hat uns die Übersetzung des „Captain America“-Comics von David Morrell beschert.

Genau, der David Morrell, der 1972 John Rambo erfand, danach zahlreiche Bestseller schrieb und auch die Filmromane zum zweiten und dritten „Rambo“-Film schrieb. Morrell mochte beide Filme nicht und er verzichtete auch darauf, den Charakter weiter auszuschlachten. Denn damals, in den Achtzigern, hätte er mühelos mit dem Charakter viel Geld verdienen können. Zuletzt erschien bei uns sein spannender Thriller „Level 9“. Seine letzten drei Romane wurden aus unbekannten Gründen nicht mehr übersetzt.

Captain America“ ist, für alle, die die vergangenen Wochen in einer Höhle verbracht haben, eine Comicfigur aus dem Marvel-Universum. Sie wurde 1941 von Joe Simon und Jack Kirby erfunden. Captain America ist Steve Rogers, ein Hänfling, der gerne zum Militär möchte um seinem Vaterland im Kampf gegen die bösen Nazis zu dienen. Im Rahmen eines geheimen militärischen Projekts bekommt er Quasi-Superkräfte und los geht’s. „Captain America“ ist natürlich eine ultrapatriotische Serie, die vor allem das US-amerikanische Selbstbild des guten Weltpolizisten transportiert. Captain America ist also mehr die von Sylvester Stallone in „Rambo II“ und „Rambo III“ porträtierte Ein-Mann-Kampfmaschine, als der von David Morrell erfundene Outcast, der auch am Ende des Romans „First Blood“ stirbt.

Dass David Morrell seiner „Captain America“-Geschichte, die außerhalb der Kontinuität der regulären, inzwischen von Ed Brubaker geschriebenen „Captain America“-Serie spielt, einen sehr eigenen Dreh gibt, versteht sich daher von selbst.

In Afghanistan kämpft Corporal James Newman für sein Land. Als seine Einheit in einem Hinterhalt gerät, sieht er plötzlich Captain America und gemeinsam können sie Newmans Kameraden retten. Newman wird anschließend geehrt für seine Tapferkeit. Captain America hat dagegen niemand gesehen.

Kurz darauf sollen die Soldaten ein Waffenlager ausheben. Sie dringen in die Höhle ein. Durch eine Explosion werden sie verschüttet und Newman muss sich seinen Ängsten stellen, um seine Kameraden zu retten. Denn er hat furchtbare Platzangst. Und wieder hilft ihm Captain America. Während Newman den Weg aus der Höhle sucht, erzählt Captain America ihm, wie er zu Captain America wurde.

Denn Captain America ist es irgendwie gelungen, in Newmans Kopf zu gelangen.

In Wirklichkeit liegt er in der Nähe von Washington in einem schwerbewachten Labor und kämpft gegen seine rapide schwindenden Kräfte. Gleichzeitig nimmt er an einem Experiment teil. Einem Fernwarhnehmungsexperiment und der Präsident der USA meint zu Captain Americas Teilnahme: „Selbstlos wie immer. Opfert sich auf bis zuletzt.“

David Morrell lässt die Geschichte nicht im platten Patriotismus enden. Schon die in der Geschichte mantraartig immer wieder auftauchenden Worte „Mut, Ehre, Loyalität, Opferbereitschaft“ geben einen Hinweis auf das Ende. Denn diese honorigen Werte und auch soldatischen Tugenden können allzu leicht von der Regierung missbraucht werden. Captain America will aber, wie er Newman sagt, etwas anderes: „Überall im Land gibt es noch andere Männer und Frauen mit ihren Tugenden. Anständige, fürsorgliche Menschen, die bereit sind, Opfer zu bringen. Einige von ihnen sind bereits Helden, auch wenn sie sich selbst nicht dafür halten. Sie bestehen darauf, bloß ihren Job zu erledigen. Menschen, die sich für gewöhnlich halten, obwohl sie die wichtigste, heldenhafteste Arbeit der Welt leisten. Die alles tun, was ihnen möglich ist. Die stets ihr Bestes geben, um das Leben aller zu verbessern. (…) Ich nutze meine letzte Entschlossenheit, um sie dazu zu drängen, in sich hineinzuhorchen, den Edelmut und die Hingabe aufzubringen, die für das beste stehen stehen, wie Menschen sein können. (…) Mit Freuden opfere ich mein Leben, wenn die Menschen dadurch begreifen, dass jeder von ihnen es in sich hat, ein Held zu sein…dass sie alle Captain America sein können.“

Insofern erzählt David Morrell in „Captain America – Der Auserwählte“ in den langen Rückblenden zwar die bekannte Entstehungsgeschichte von Captain America, aber er verleiht ihr seinen eigenen Dreh. Es geht nicht mehr um Patriotismus, sondern um Tapferkeit und Nächstenliebe.

Und, immerhin sind Morrells Bücher durchaus seitenstark und „Captain America – Der Auserwählte“ ist sein erster Comic, erzählt er die Geschichte sehr bildhaft mit sehr wenigen und eher knappen Dialogen, die manche Comicautoren als ziemliche Schwätzer erscheinen lassen.

David Morrell (Autor)/Mitch Breitweiser (Zeichner): Captain America – Der Auserwählte (Marvel Exklusiv 93)

(übersetzt von Andreas Kasprzak)

Panini Comics, 2011

152 Seiten

16,95 Euro

Originalausgabe

Captain America: The Chosen, Vol. 1 – 6

Marvel, November 2007 – März 2008

Hinweise

Marvel über Captain America (auch hier)

Deutsche Homepage zum Film „Captain America“

Amerikanische Homepage zum Film „Captain America“

Film-Zeit über „Captain America“

Wikipedia über Captain America (deutsch, englisch)

Homepage von David Morell

Meine Besprechung von David Morrell „Level 9“ (Scavenger, 2007)

Meine Besprechung von David Morrells „Creepers“ (Creepers, 2005)

David Morrell in der Kriminalakte

Und jetzt gibt’s noch den Filmtrailer


TV-Tipp für den 17. August: Der ewige Gärtner

August 16, 2011

Sixx, 20.15

Der ewige Gärtner (GB/D 2005, R.: Fernando Meirelles)

Drehbuch: Jeffrey Caine

LV: John le Carré: The constant gardener, 2001 (Der ewige Gärtner)

Der in Kenia lebende Diplomat Justin Quayle will herausfinden, wer seine politisch aktive Frau Tessa umbrachte.

Gute le-Carré-Verfilmung, die auch dem Autor gefällt.

Mit Falph Fiennes, Rachel Weisz, Danny Huston, Peter Postlethwaite, Anneke Kim Sarnau

Wiederholung: Donnerstag, 18. August, 00.05 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Homepage von John le Carré

Meine Besprechung von John le Carrés „Geheime Melodie“ (The Mission Song, 2006)

Meine Besprechung von John le Carrés “Marionetten (A most wanted man, 2008)

Meine Besprechung von John le Carrés „Verräter wie wir“ (Our kind of traitor, 2010)

John le Carré in der Kriminalakte


Cover der Woche

August 16, 2011


Kleinkram

August 16, 2011

Bevor ich den Überblick verliere:

Ein sehr lesenswerter Artikel über das Chaos hinter den Kulissen bei der zweiten Staffel von „The Walking Dead“ (und warum Showrunner Frank Darabont gefeuert wurde).

Für die zweite Staffel (mehr Folgen, weniger Geld) befürchte ich das Schlimmste.

Das Fantasy Filmfest startet. Am Samstag, den 20. August, gibt es hier in Berlin um 12.30 Uhr auch ein Special Screening des „The Walking Dead“-Pilotfilms für lau.

So richtig hat mich kein Film so richtig angesprungen. Aber „Hell“ und „Cowboys & Aliens“ (beide schon gesehen) sind gut. „Largo Winch II: The Burma Conspiracy“ dürfte gut sein. „Red State“ (von Kevin Smith), „Perfect Sense“ (von „Young Adam“ und „Hallam Foe“-Regisseur David Mackenzie), „Point Blank“ (von Fred Cavayé; – vielleicht gefällt mir der Titel auch nur wegen Richard Starks „Point Blank“ so) und „Yellow Sea“ (noirisches Gangster-Action-Drama aus Südkorea) könnten auch gut sein und wahrscheinlich hab ich ein, zwei Filme übersehen.

Der Noir of the Week ist „Blood Simple“ von den Coen-Brüdern.

Krimi-Autor James Reasoner ist von Day Keenes „To hot to hold“ begeistert.

Die deutschen Übersetzungen der Krimis von Day Keene sind antiquarisch ziemlich gut erhältlich.

Jill Emersons „Getting off“ hat ihm auch gefallen. Kein Wunder, denn Jill Emerson ist ein altes Pseudonym von Lawrence Block.

Lawrence Block unterhält sich mit Jill Emerson. Und dann gibt es noch das.

Nina George hat im „Focus“ der neue Roman „Splitter im Auge“ von Norbert Horst gut gefallen. Mal sehen, wie er mir gefällt.

US-Krimifans sind schon länger von Megan Abbott begeistert. Ihr neuer Krimi „The End of Everything“ wird im Time Magazine abgefeiert und vielleicht wird’s dann ja auch etwas mit einer deutschen Übersetzung. Bis dahin kann im Rap Sheet ein Interview mit Megan Abbott gelesen werden.

Das ist unglaublich: Michael Blake (Drehbuchautor von „Der mit dem Wolf tanz“) soll einen „Winnetou“-Film schreiben.

Ich meine: Soll jetzt, fast fünfzig Jahre nach unseren genialen „Winnetou“-Filmen, Hollywood den wahren Wilden Westen entdecken? Oder wird’s so ein moderner Reboot?

Warten wir’s ab.

Auf „24″ (dem Wissensportal der Deutschen Filmakademie) gibt es einige neue Interviews mit Filmschaffenden.

 


TV-Tipp für den 16. August: Kommissar Süden und der Luftgitarrist

August 16, 2011

3sat, 22.10

Kommissar Süden und der Luftgitarrist (D 2009, R.: Dominik Graf)

Drehbuch: Friedrich Ani

LV: Friedrich Ani: Süden und der Luftgitarrist, 2003

Architekt Edward Loos, ein begeisterter Luftgitarrist, verschwindet spurlos. Kommissar Tabor Süden sucht ihn.

Zweite Süden-Verfilmung, bei der Ani und Graf keine Gefangenen machen. Dafür gab es viel Kritikerlob und den Grimme-Preis in siebenfacher Ausführung.

Mit Ulrich Noethen, Martin Feifel, Jeanette Hain, Olivia Pascal, Nina Proll

Wiederholung: Mittwoch, 17. August, 01.40 Uhr (Taggenau! – und danach gibt es „Die Abenteuer des Sherlock Holmes“)

Hinweise

ZDF über Kommissar Süden (wenig, sehr wenig, fast nichts)

Meine Besprechung von Dominik Grafs „Schläft ein Lied in allen Dingen“

Meine Besprechung der von Dominig Graf inszenierten TV-Serie  „Im Angesicht des Verbrechens“

Meine Besprechung von Johannes F. Sieverts Interviewbuch „Dominik Graf – Im Angesicht des Verbrechens: Fernseharbeit am Beispiel einer Serie“

Dominik Graf in der Kriminalakte

Homepage von Friedrich Ani

Meine Besprechung von Friedrich Anis „Wer lebt, stirbt“ (2007)

Meine Besprechung von Friedrich Anis „Der verschwundene Gast“ (2008)

Meine Besprechung von Friedrich Anis “Totsein verjährt nicht” (2009)

Meine Besprechung von Friedrich Anis “Die Tat” (2010)

Meine Besprechung von Friedrich Anis „Süden“ (2011, mit Interview)

Friedrich Ani in der Kriminalakte