Cover der Woche

Juni 12, 2012


TV-Tipp für den 12. Juni: Solaris

Juni 12, 2012

RTL Nitro, 20.15

Solaris (USA 2002, R.: Steven Soderbergh)

Drehbuch: Steven Soderbergh

LV: Stanislaw Lem: Solaris, 1961 (Solaris)

Dr. Chris Kelvin soll herausfinden, was auf der abgelegenen Raumstation Prometheus geschah. Die überlebenden Besatzungsmitglieder verhalten sich seltsam und eines Tages wacht Kelvin neben seiner quicklebendigen Frau auf. Dummerweise ist sie seit Jahren tot.

Das US-Remake von Andreij Tarkowskis Science-Fiction-Klassiker „Solaris“, den heute Zwanzigjährige nie gesehen haben. Dreißigjährige mit viel Glück. Denn nach der OFDB (und meinem Gedächtnis) lief der Film zuletzt vor sechs Jahren um Mitternacht auf Arte und die deutschen DVDs sind nicht empfehlenswert (Ton, Bild, Bonusmaterial).

Soderberghs Version ist Science-Fiction für denkende Menschen. Nicht perfekt, aber interessant.

Als Teenager war ich von Lems Roman mächtig begeistert. Tarkowskis Film sah ich erst Jahre später im TV.

mit George Clooney, Natascha McElhone, Jeremy Davies, Viola Davis, Ulrich Tukur

Wiederholung: Mittwoch, 13. Juni, 23.20 Uhr

Hinweise

Wikipedia über „Solaris“ (deutsch, englisch)

Rotten Tomatoes über „Solaris“

Stanislaw Lem über das Remake

Meine Besprechung von Steven Soderberghs „Contagion“ (Contagion, USA 2011)

Meine Besprechung von Steven Soderberghs „Haywire“ (Haywire, USA 2011)

Steven Soderbergh in der Kriminalakte


Wer hat „Jack Taylor liegt falsch“ gewonnen?

Juni 11, 2012

Der Einsendeschluss ist vorbei.

Die Lostrommel wurde mehrmals herumgewirbelt, durch den Raum geworfen, aufgefangen, mit Alkohol getränkt, mit Kokain bestäubt, nochmals kreisen gelassen, ein Limerick gelesen, ein Trinkspruch gerufen – und dann wurde der glückliche Gewinner von Ken Bruens „Jack Taylor liegt falsch“ (Tolles Buch!) gezogen.

Es ist

Heike K. aus Westerstede.

Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß bei der Lektüre!

Das Buch wird gleich verschickt werden.


Lesenswerter Sammelband über die „Öffentlichkeit im Wandel“

Juni 11, 2012

Dass die Öffentlichkeit sich durch das Internet wandelt, dürfte niemand bestreiten. Die Frage ist nur, wie die neue Öffentlichkeit aussieht. Die grünnahe Heinrich-Böll-Stiftung versucht in ihrem kostenlos erhältlichen Sammelband „Öffentlichkeit im Wandel – Medien, Internet, Journalismus“ in 24 Texten darauf eine Antwort zu geben und wer sich schon länger für Netzpolitik interessiert, wird unter den Autoren und Interviewpartnern viele bekannte Namen, wie Stephan Weichert, Robin Meyer-Lucht, Peter Glaser, Geert Lovink, Markus Beckedahl, Christiane Schulzki-Haddouti, Matthias Spielkamp und Marcel Weiß entdecken.

Und natürlich gibt es in dem lesenswertem Buch nicht die eine Antwort, sondern es werden verschiedene Aspekte des Wandels beleuchtet. Aber insgesamt wird dieser Wandel, teils vielleicht zu optimistisch, begrüßt und die Chance für eine neue, politisch informierte Öffentlichkeit und einen neuen Journalismus gesehen.

Es gibt auch Aufsätze über mögliche Einnahmequellen im Netz. Denn bisher verdienen die Tageszeitungen im Netz noch kein Geld. Bislang haben sie viele Abonnenten für die gedruckten Ausgaben, die für entsprechend feste Einnahmen sorgen. Denn bis ein Abonnent sein Abo kündigt, muss einiges geschehen. Spielkamp erklärt, warum die Verlage im Netz nicht so schutzlos sind, wie sie immer wieder behaupten. Und Jeanne Collins berichtet von ihrem „Sommer auf der Content-Farm“.

Nachdem die meisten Aufsätze über die deutsche und die US-amerikanische Öffentlichkeit gehen, muten die letzten drei Aufsätze über den Wandel der Öffentlichkeit in Russland, Weißrussland und China etwas unpassend an. Aber sie zeigen, dass es immer wieder Wege gibt, sich gegen staatliche Propaganda zu wehren. Früher mit Flugblättern und den Gründungen von Zeitungen („taz“), später mit Radiosendern und CD-Roms und jetzt, wesentlich kostengünstiger und einem potentiell größerem Publikum, im Internet.

Heinrich-Böll-Stiftung (Herausgeber): Öffentlichkeit im Wandel – Medien, Internet, Journalismus (Bildung + Kultur, Band 11)

Heinrich-Böll-Stiftung, 2012

156 Seiten

Hinweise

Heinrich-Böll-Stiftung: Seite zum Buch (mit mehreren Audiodateien), Diskussion „Qualitätsjournalismus:Neue Ansprüche und alte Werte“ und Download des Buches


Steve Wynn & The Miracle 3 – Amphetamine (Live on KEXP)

Juni 11, 2012

Die Homepage von Steve Wynn und bei Wikipedia steht auch etwas über den Musiker.


TV-Tipp für den 11. Juni: Layer Cake

Juni 11, 2012

Kabel 1, 20.15

Layer Cake (GB 2004, R.: Matthew Vaughn)

Drehbuch: J.J. Connolly

LV: J.J. Connolly: Layer Cake, 2000 (Layer Cake: Willkommen im Club)

Ein Drogenhändler der besseren Art will aussteigen. Sein Boss hat vorher noch zwei Aufträge für ihn: er soll eine Junkie-Tochter aufspüren und eine riesige Menge Ecstasy aufkaufen. Das ist beides nicht so einfach.

Allgemein abgefeierter Gangsterthriller, der leider nie in die deutschen Kinos kam. Eine euphorische Stimme: „Aktionsreicher, beinharter Thriller in bester britischer Tradition. Hervorragend gespielt, fotografiert und inszeniert, bis ins kleinste Detail präzise entwickelt.“ (Lexikon des internationalen Films)

Mit Daniel Craig, Tom Hardy, Jamie Foreman, Sally Hawkins, Burn Gorman, Sienna Miller

Wiederholung: 23.50 Uhr

Hinweise

Homepage zum Film

BBC-Interview mit Matthew Vaughn

Wikipedia über „Layer Cake“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 10. Juni: Nur die Sonne war Zeuge

Juni 10, 2012

RBB, 22.00

Nur die Sonne war Zeuge (F/I 1960, R.: René Clément)

Drehbuch: René Clément, Paul Gégauff

LV: Patricia Highsmith: The talented Mr. Ripley, 1955 (Nur die Sonne war Zeuge, Der talentierte Mr. Ripley)

Tom Ripley soll im Auftrag von Philippes Vater den Sohn nach Amerika zurückbringen. Aber Tom und Philippe verstehen sich gut und Tom gefällt das müßige Millionärsleben. Warum also nicht einfach Philippe Greenleaf umbringen und dessen Stelle einnehmen?

Grandiose Verfilmung des ersten Ripley-Romanes; obwohl der Film moralisch korrekter endet.

Neben dem ausgefeilten Drehbuch trug besonders Henri Decaes superbe Farbfotografie zum Erfolg des Films bei. Erstmals schuf Farbe jene beklemmende Atmosphäre, die bis dahin nur aus den Schwarzweiß-Filmen der Schwarzen Serie bekannt war.

Patricia Highsmith schrieb danach vier weitere Bücher mit Tom Ripley, dem ersten sympathischen Psychopathen der Kriminalgeschichte.

Mit Alain Delon, Marie Laforet, Maurice Ronet

Hinweise

Wikipedia über Patricia Highsmith (deutsch, englisch)

Times: The 50 Greatest Crime Writers No 1: Patricia Highsmith

Kaliber .38 über Patricia Highsmith (Bibliographie)

Krimi-Couch über Patricia Highsmith

Kirjasto über Patricia Highsmith

Wired for Books: Don Swain redet mit Patricia Highsmith (1987)

Gerald Peary redet mit Patricia Highsmith (Sight and Sound – Frühling 1988 )

Homepage von Alain Delon

Wikipedia über Alain Delon (deutsch, englisch, französisch)

Meine Besprechung von „Der Leopard“ (mit Alain Delon und Burt Lancaster)

Meine Besprechung von „Die Abenteurer“ (mit Alain Delon und Lino Ventura)

Alain Delon in der Kriminalakte

Kriminalakte zum 75. Geburtstag von Alain Delon


„Jack Taylor liegt falsch“, aber die Leser von Ken Bruens Noir liegen goldrichtig

Juni 9, 2012

He is the world’s worst detective. Cases get solved not because of him but despite him.

Ken Bruen über Jack Taylor

In Irland gibt es keine Privatdetektive. Also erfindet Ken Bruen einen Privatdetektiv. Inzwischen gibt es auch in Galway Privatdetektive.

Hoffentlich arbeiten sie anders als der von Ken Bruen erfundene Jack Taylor.

Denn Jack Taylor ist nicht der normale Privatdetektiv, der sich Hals über Kopf in seine Fälle stürzt. Nein. Sogar der von Lawrence Block erfundene Privatdetektiv Matt Scudder wirkt gegen Jack Taylor wie ein blindwütiges Arbeitstier. Und der verbrachte einen guten Teil seiner ersten Aufträge als Detektiv im Alkoholrausch. Danach besuchte er in New York exzessiv Sitzungen der Anonymen Alkoholiker.

Taylor ist auch Alkoholiker. Oder irisch trinkfreudig.

Seit seinem Aufenthalt in London, der zwischen dem ersten und dem zweiten Jack-Taylor-Roman lag, ist er auch kokainsüchtig.

In „Jack Taylor liegt falsch“, dem zweiten Jack-Taylor-Romana, der den Macavity Award als Bester Roman erhielt und für den Anthony und Barry Award nominiert war, ist er wieder zurück in seiner alten Heimat Galway und er hat auch gleich zwei Fälle.

Jemand bringt die von allen geliebten, fast nationalheiligen Schwäne um und die Polizei kümmert sich nicht darum.

Aber die Schwan-Morde sind für Jack Taylor nur der kleinere Fall. Denn er soll herausfinden, wer mehrere Tinker (also irische Landfahrer, die dort ungefähr so beliebt sind, wie bei uns die Sinti und Roma) ermordete. Auch diese Morde interessieren die Polizei nicht.

Und Jack Taylors Ermittlungsmethoden sind definitiv nicht nach dem Lehrbuch für angehende Privatdetektive.

Dafür liest er etliche gute Bücher, die man locker in die eigene Lektüreliste aufnehmen sollte und wir erfahren einiges über den alltäglichen Rassismus in Irland.

Dieses Mal gefällt mir die Übersetzung von Harry Rowohlt besser als sein erster Versuch, Ken Bruen zu übersetzen. Obwohl mir Ken Bruens schnörkellose, harsch-poetische Prosa in den anderen Übersetzungen oder im Original immer noch besser gefällt. Denn da ist ein Junge ein „boy“ und kein „Bub“ und die Thin-Lizzie-Referenz augenfällig. Ein „career crash“ ist auch deutlicher als ein euphemistischer „Karriereknick“; – vor allem weil dieser Karriereknick für Jack Taylor bedeutet, dass die Polizei ihn vor die Tür setzte, nachdem er am Anfang von „Jack Taylor fliegt raus“, einem hohen Beamten im Dienst die Fresse polierte.

Im dritten Jack-Taylor-Roman „Jack Taylor fährt zur Hölle“ (The Magdalen Martyrs) gräbt Ken Bruen, der mit den Jack-Taylor-Romanen den Durchbruch hatte und mit Preisen überhäuft wurde, dann tief in der katholischen Geschichte des Landes. Auch in den späteren Jack-Taylor-Krimis gerät er mit der Kirche in Konflikt.

Seine volle Wirkung entfaltet der PI-Noir, wegen der vielen kurzen Rückblicke auf Ereignisse aus den vorherigen Romanen, wenn man vorher die ersten beiden Jack-Taylor-Romane „Jack Taylor fliegt raus“ und „Jack Taylor liegt falsch“ gelesen hat.

Hinweis: Die Verlosung von Ken Bruens „Jack Taylor liegt falsch“ endet morgen um Mitternacht.

Ken Bruen: Jack Taylor liegt falsch

(übersetzt von Harry Rowohlt)

dtv, 2012

240 Seiten

8,95 Euro

Deutsche Erstausgabe

Atrium Verlag, 2010

Originalausgabe

The Killing of the Tinkers

Brandon, 2002

Hinweise

Homepage von Ken Bruen

Meine Besprechung von Ken Bruens Jack-Taylor-Privatdetektivromanen

Meine Besprechung von Ken Bruens „Jack Taylor fliegt raus“ (The Guards, 2001)

Meine Besprechung von Ken Bruens „Sanctuary“ (2008)

Meine Besprechung von Ken Bruen/Jason Starrs „Flop“ (Bust, 2006)

Meine Besprechung von Ken Bruen/Jason Starrs „Crack“ (Slide, 2007)

Meine Besprechung von Ken Bruen/Jason Starrs „Attica“ (The MAX, 2008)

Mein Porträt von Ken Bruen und Jason Starr in „Alligatorpapiere [Print] – Magazin für Kriminalliteratur – No. 2/2010“

Meine Besprechung von William Monahans Ken-Bruen-Verfilmung “London Boulevard” (London Boulevard, USA/GB 2010)

Ken Bruen in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 9. Juni: Martha

Juni 9, 2012

BR, 21.55

Martha (D 1973, R.: Rainer Werner Fassbinder)

Drehbuch: Rainer Werner Fassbinder

LV: Cornell Woolrich: For the Rest of Her Life, 1968 (Kurzgeschichte, ursprünglich erschienen in Ellery Queen’s Mystery Magazine, deutscher Titel „Für den Rest ihres Lebens“)

Unerreichte Studie einer sadomasochistischen Paarbeziehung: Helmut Salomon versucht seine Frau, die etwa dreißigjährige Martha, zu erziehen und isoliert sie dafür zunehmend von der Außenwelt. Martha hat zunehmend Angst um ihr Leben. Aber sie will auch erzogen werden.

Weil Rainer Werner Fassbinder die Rechte an der Geschichte von Cornell Woolrich nicht hatte, durfte der für das Fernsehen gedrehte Film fast zwanzig Jahre nicht gezeigt werden. Er lief nur zweimal, 1974 und 1976, im Fernsehen. Als „Martha“ 1994 in Venedig seine Kinouraufführung hatte und im November 1994 im Kino startete, waren die Kritiker begeistert.

Martha“ ist ein gut abgehangener Noir. Oder, für die Bildungsbürger: „Martha ist die ‚triviale’ Horror-Variante von Fontane Effi Briest…Von allen Filmen Fassbinders erscheint mir dieser der kompakteste, ein Film ohne Abschweifungen, zielstrebig auf einen Punkt zusteuernd.“ (Wilhelm Roth in Rainer Werner Fassbinder, Reihe Film 2, Hanser Verlag)

Mit Margit Carstensen, Karlheinz Böhm, Adrian Hoven, Barbara Valentin, Ingrid Caven, Günter Lamprecht, Peter Chatel, Salem El Hedi, Kurt Raab (und dem Bodensee, besonders Konstanz, als Kulisse)

Hinweise

Wikipedia über „Martha“ (deutsch, englisch)

Rainer-Werner-Fassbinder-Foundation

Wikipedia über Rainer Werner Fassbinder (deutsch, englisch)

Rainer Werner Fassbinder in der Kriminalakte

Wikipedia über Cornell Woolrich (deutsch, englisch)

Krimi-Couch über Cornell Woolrich

Mordlust über Cornell Woolrich

DetNovel (William Marling) über Cornell Woolrich


Kurzkritik: Adrian McKinty: Ein letzter Job

Juni 8, 2012

Dass es bei diesem Job ein Problem geben wird, ist Killian von der ersten Sekunde an klar. Denn warum sollte der Millionär Richard Coulter so versessen darauf sein, seine Ex-Frau, die mit seinen beiden Kindern verschwunden ist, zu finden. Vor allem, weil sie schon vor einigen Wochen verschwunden ist. Und warum hat die Ex den goldenen Käfig, der mit Coulters Unterhaltszahlungen üppig ausgestattet war, verlassen? Aber Killian schiebt die Bedenken beiseite. Immerhin kommt der Job, über einige Ecken, von Michael Forsythe (den wir aus Adrian McKintys früheren Romanen „Der sichere Tod“, „Der schnelle Tod“ und „Todestag“ kennen) und als Bezahlung winkt eine halbe Million Pfund; Geld das Killian gut für den Start ins bürgerliche Leben gebrauchen kann.

In Irland macht er sich auf die Suche nach Rachel. Er nimmt auch schnell die Fährte der Junkie-Braut, die von einem Versteck zum nächsten flüchtet, auf. Dabei bemerkt Killian, dass er von einem Mann verfolgt wird, der skrupellos über Leichen geht. Dieser Killer wurde ebenfalls von Coulter engagiert.

Ein letzter Job“ ist ein schnörkelloser Hardboiled-Gangsterroman mit satten Impressionen vom irischen Hinterland, inclusive einem Besuch bei den Tinkern. Das erfreut das Herz des Genrejunkies, der auch dankbar die kleinen Abweichungen aufnimmt.

Killian ist dabei, wie wir schon bei der ersten Begegnung mit ihm erfahren, ein guter Verhandler, der seine Ziele vor allem mit Worten erreichen will. Auch wenn er fähig ist, Gewalt anzuwenden.

Nur am Ende hätte ich gerne noch einen weiteren Satz gehabt. So kommt es für meinen Geschmack etwas zu abrupt.

Davon abgesehen ist das Einzelwerk ein verdammt guter Einstieg in die düstere Welt von Adrian McKinty.

Adrian McKinty: Ein letzter Job

(übersetzt von Peter Torberg)

Suhrkamp Nova, 2012

400 Seiten

14,99 Euro

Originalausgabe

Falling Glass

Serpent’s Tail, 2011

Hinweise

Blog von Adrian McKinty

Wikipedia über Adrian McKinty

Krimi-Couch über Adrian McKinty

 


TV-Tipp für den 8. Juni: Welt am Draht

Juni 8, 2012

Arte, 20.15

Welt am Draht (D 1973, R.: Rainer Werner Fassbinder)

Drehbuch: Fritz Müller-Scherz, Rainer Werner Fassbinder

LV: Daniel F. Galouye: Simalacron-3, 1964 (Welt am Draht, Simulacron 3, The 13th Floor)

Nach dem mysteriösen Tod von Professor Vollmer übernimmt sein engster Mitarbeiter, Dr. Fred Stiller, die Leitung von „Simulacron 1“, einem Projekt in dem eine künstliche Welt erschaffen wurde, die präzise Vorhersagen über die reale Welt machen kann. Bald fragt Stiller sich, ob er Teil eines anderen Simulacron-Projekts ist und daher in einer künstlichen Welt lebt.

Rainer Werner Fassbinder dreht für das Fernsehen einen Science-Fiction-Zweiteiler und lädt dafür neben seinem Clan auch ungefähr alles, was damals Rang und Namen hatte, ein. Das Ergebnis ist toll und wurde in den vergangenen Jahren, nachdem der Film jahrelang nicht mehr im Fernsehen lief, auch gewürdigt. Neben den „Matrix“-Vergleichen (wonach „Welt am Draht“ ein Vorläufer von „Matrix“ ist und die Brüder Andy und Larry Wachowski etliche Ideen aus Fassbinders Film geklaut haben) hat vor allem die 2010 auf der Berlinale präsentierte restaurierte Fassung, mit anschließender DVD-Auswertung, einen entscheidenden Anteil an der Wiederentdeckung des Klassikers, der fragt, wie real die Wirklichkeit ist. Allerdings ist „Welt am Draht“ aus heutiger Sicht auch arg betulich inszeniert.

Dennoch: so gut konnte das deutsche Fernsehen sein.

Ach ja: Arte zeigt erstmals im TV die restaurierte Fassung.

mit Klaus Löwitsch, Barbara Valentin, Mascha Rabben, Karl-Heinz Vosgerau, Wolfgang Schenck, Günter Lamprecht, Ulli Lommel, Adrian Hoven, Ivan Desny, Joachim Hansen, Kurt Raab, Margit Carstensen, Peter Chatel, Ingrid Caven, Gottfried John, Christine Kaufmann, Rainer Langhans, Bruce Low, Eddie Constantine, Walter Sedlmayr, Elhedi Ben Salem, Peter Kern, Werner Schroeter, Magdalena Montezuma

Hinweise

Wikipedia über „Welt am Draht“ (deutsch, englisch)

Arte über die Fassbinder-Reihe

Rainer-Werner-Fassbinder-Foundation

Wikipedia über Rainer Werner Fassbinder (deutsch, englisch)

Rainer Werner Fassbinder in der Kriminalakte

 


Die KrimiZeit-Bestenliste Juni 2012

Juni 7, 2012

Die KrimiZeit-Bestenliste für den Sommermonat Juni (nach dem Kalender, nach dem Kalender) ist online:

1 (1) Fred Vargas: Die Nacht des Zorns

2 (-) Peter Temple: Tage des Bösen

3 (5) Matthew Stokoe: High Life

4 (7) Don Winslow: Die Sprache des Feuers

5 (3) Oliver Bottini: Der kalte Traum

6 (10) Carol O’Connell: Tödliche Geschenke

7 (-) David Ignatius: Der Deal

8 (4) Donald Ray Pollock: Das Handwerk des Teufels

9 (-) Michael Robotham: Der Insider

10 (8) John Hart: Das eiserne Haus

In ( ) ist die Platzierung vom Vormonat.

Peter Temple, Matthew Stokoe, Don Winslow, David Ignatius und Donald Ray Pollock wünsche ich auch viele Leser.

Ebenso George Pelecanos („Ein schmutziges Geschäft“) und Adrian McKinty („Ein letzter Job“ [Lobeshymne folgt]).

Ansonsten: eine ziemlich männerlastige Liste.


TV-Tipp für den 7. Juni: ECHO Jazz 2012

Juni 7, 2012

MDR, 23.35

ECHO Jazz 2012

Wahrscheinlich weil der ECHO-Jazzpreis der Deutschen Phono-Akademie in Dresden verliehen wird, sieht der MDR sich genötigt, über die Preisverleihung zu berichten. Dieter Moor moderiert, es wird Lob- und Dankesreden und, hoffentlich, auch etwas Musik geben.

Die Preisträger sind schon bekannt und auch veröffentlicht.


„Sparks“ – ein Kurzfilm nach einer Geschichte von Elmore Leonard

Juni 6, 2012

Sparks“ (USA 2009) ist ein von Schauspieler Joseph Gordon-Levitt (Killshot, Inception, 50/50) geschriebener und gedrehter Kurzfilm mit Carla Gugino, Eric Stoltz und Xander Berkeley. Gordon-Levitts Regiedebüt basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Elmore Leonard, die zuerst in dem von Otto Penzler herausgeben Sammelband „Murder and Obsession“ (1999) und später in „When the Women come out to dance“ (2002), einem Sammelband mit neun Elmore-Leonard-Kurzgeschichten in dem auch „Fire in the Hole“, die Geschichte, die die tolle TV-Serie „Justified“ mit Timothy Olyphant als US Marshal Raylan Givens inspirierte, erschien.

Obwohl Gordon-Levitt die Dialoge (so meine Erinnerung, die ich schnell mit einem Blick in die Kurzgeschichte überprüfte) getreulich von Elmore Leonard übernahm, funktioniert der Kurzfilm besser als leicht experimentelles Experiment.


Michael Connelly – mit George Pelecanos und Richard Castle

Juni 6, 2012

Schon etwas älter, aber eben bei meiner George-Pelecanos-„Ein schmutziges Geschäft„-Recherche entdeckt:

Michael Connelly und George Pelecanos beantworten einige Fragen zu ihren damals neuen Büchern:

Michael Connelly beantwortet einige Publikumsfragen, die ihm Richard Castle vorliest:

Das erinnert mich daran, dass ich unbedingt wieder ein Buch von Michael Connelly lesen muss.

 

 

 


R. i. P. Ray Bradbury

Juni 6, 2012

Ray Bradbury (22. August 1920 – 5. Juni 2012)

Ich hab’s eben erfahren: der Science-Fiction-Autor Ray Bradbury ist tot.

Er schrieb unter anderem „Fahrenheit 451“ (verfilmt von Francois Truffaut), „Die Mars-Chroniken“, zahlreiche Kurzgeschichten und auch Drehbücher, unter anderem für „Alfred Hitchcock präsentiert“.

Demnächst werden wohl weitere Nachrufe folgen.

Bis dahin hilft ein Blick auf seine Homepage, Wikipedia (deutsch, englisch) und in der Kriminalakte wurde er auch einige Male erwähnt.

Die ersten Nachrufe gibt es bei People, SpiegelOnline und Hollywood Reporter.

 


Spero Lucas wickelt in George Pelecanos‘ „Ein schmutziges Geschäft“ ab

Juni 6, 2012

Spero Lucas ist ein Kriegsveteran, der jetzt in Washington, D. C., seine Brötchen als Ermittler für den Anwalt Tom Petersen und als Wiederbeschaffer verdient. Er verlangt, wenn er erfolgreich ist, vierzig Prozent des Wertes des verlorenen Gegenstandes. Ältere Krimifans dürften sich an John D. MacDonalds Wiederbeschaffungsexperten Travis McGee erinnern.

Jetzt übernimmt Lucas für den im Gefängnis sitzenden Drogenhändler Anwan Hawkins den Auftrag, zwei verschwundene Dreißig-Pfund-Drogenpakete zu finden. Sie wurden, im Abstand von drei Wochen, von einem Paketboten vor einer Haustür abgelegt und geklaut, bevor die Hawkins‘ unterstehenden, etwa zwanzigjährigen Drogenkuriere Tavon Lynch und Edwin Davis sie sich nehmen konnten.

Kurz darauf verschwindet ein drittes Paket, Lynch und Davis werden erschossen und ein filmbegeisterter Schuljunge hat gesehen, dass die beiden Drogenkuriere einem Polizisten das Paket gegeben haben. Auch die Spur in dem Doppelmord führt Lucas zur Polizei.

Mit „Ein schmutziges Geschäft“ will George Pelecanos, der Chronist Washingtons abseits der großen Politik, eine neue Serie beginnen und im ersten Band werden Pelecanos-Fans viele bekannten Themen und Elemente erkennen. Die ausführlichen Schilderungen des Lebens der kleinen Leute, der Fokus auf Probleme im heutigen Amerika (wobei Pelecanos, wie Bruce Springsteen in seinen Liedern, in seinen in verschiedenen Jahrzehnten spielenden Romanen auch eine Geschichte des Verfalls von Werten und dem Verlust des amerikanischen Traums erzählt), der sozialarbeiterische Touch, die Frage, wie die verschiedenen Ethnien miteinander umgehen, die Bedeutung der Populärkultur für seine Charaktere, die Nennungen von Liedern, Filmen, Büchern und Autoren, die Frage nach der Verantwortung des Individuums für seine Familie, vor allem die Beziehungen zwischen Vätern und Söhnen, die Frage, wie man mit den Folgen seiner Entscheidungen umgeht und sein Leben gestaltet, wie man anständig bleibt in einer Welt, in der die eigenen moralischen Werte mit den Umständen kollidieren. Und, selbstverständlich, die Darstellung des Verbrechens als integralen Teil des Lebens in einer multiethischen Großstadt, die vor zwanzig Jahren auch die Mordhauptstadt der USA genannt wurde und in der 2011 immer noch über hundert Morde verübt wurden.

So versucht der ebenfalls filmbegeisterte Spero Lucas dem Schuljungen zu helfen, obwohl er selbst keine Ahnung hat, was er aus seinem Leben machen soll. Er findet die Drogenkuriere und seinen Auftraggeber, einen Drogenhändler der als Vater eines fast erwachsenen Sohnes aus dem Geschäft aussteigen will, durchaus sympathisch. Und der korrupte Polizist wurde wegen seines Vaters korrupt. Am Ende mündet alles, ohne dass sich wirklich etwas ändert, in einem Western-Showdown.

Das ist Pelecanos pur.

Ebenso steht in Pelecanos, der auch für die TV-Serien „The Wire“ und „Treme“ schrieb, fein konstruierter Geschichte „Ein schmutziges Geschäft“ nicht der nach den Thriller-Bestseller-Regeln formulierte überraschende Plot à la Jeffery Deaver oder Harlan Coben, sondern die Beschreibung des Alltags der Charaktere, die sich wie abgelauscht zu lesenden Gespräche und die sich daraus ergebenden Verwicklungen im Zentrum. Das erinnert dann eher an Elmore Leonard und Leonards Klassiker „Nr. 89 unbekannt“ (Unknown Man No. 89, 1977) wird von Pelecanocs auch mehrmals erwähnt.

Nachdem Pelecanos seine vorherigen Romanen immer durchgehend mulitperspektivisch erzählte, beschränkt er sich in „Ein schmutziges Geschäft“, bis auf wenige Szene, auf Spero Lucas‘ Perspektive; – fast wie in seinen frühen Romanen, den in der ersten Person erzählten, nicht übersetzten Nick-Stefanos-Privatdetektivromanen,

So ist „Ein schmutziges Geschäft“ auch eine Rückkehr zu einem einfacheren Erzählen mit weniger offensichtlich autobiographischen Elementen. Denn während in „Kein Weg zurück“ (The Way Home, 2009), „The Turnaround“ (2008) und „Der Totengarten“ (The Night Gardener, 2006) die Probleme von liebevollen Eltern und ihren pubertierenden Kindern, immerhin ist Pelecanos dreifacher Vater, stark im Vordergrund standen, ist der 29-jährige Spero Lucas noch ein Drifter ohne feste Beziehungen, aber mit Freunden und Bekannten, für die er freiwillig Verantwortung übernimmt. Fast wie die klassischen Privatdetektive.

George Pelecanos: Ein schmutziges Geschäft

(übersetzt von Jochen Schwarzer)

rororo Taschenbuch, 2012

384 Seiten

9,99 Euro

Originalausgabe

The Cut

Regan Arthur Books/Little, Brown and Company, 2011

Hinweise

Homepage von George Pelecanos

Meine Besprechung von George Pelecanos’ “Wut im Bauch” (Hell to pay, 2002)

Meine Besprechung von George Pelecanos’ „Drama City“ (2005)

Meine Besprechung von George Pelecanos’ „Der Totengarten“ (The night gardener, 2006)

Meine Besprechung von George Pelecanos’ „The Turnaround“ (2008)

Meine Besprechung von George Pelecanos‘ „Kein Weg zurück“ (The way home, 2009)

George Pelecanos in der Kriminalakte

Und nun redet der Autor über sein schmutziges Geschäft

 


TV-Tipp für den 6. Juni: Auf der anderen Seite

Juni 6, 2012

Arte, 20.15

Auf der anderen Seite (D 2007, R.: Fatih Akin)

Drehbuch: Fatih Akin

In Hamburg nimmt ein türkischer Witwer eine Prostituierte bei sich auf. Nach ihrem Tod fährt sein Sohn nach Istanbul, um ihre Tochter zu suchen.

Auf der anderen Seite“ steht im Schatten von Fatih Akins großem Erfolg „Gegen die Wand“. Trotzdem erhielt der Ensemblefilm neben euphorischen Kritiken auch etliche Preise; unter anderem in Cannes den Preis für das beste Drehbuch, den Europäischen Filmpreis für das Drehbuch und den Deutschen Filmpreis in den Kategorien bester Film, beste Regie, bestes Drehbuch und bester Schnitt.

Sowohl auf der Dialogebene als auch in der gesamten Anlage der Geschichte findet er eine sehr überzeugende Balance aus Künstlichkeit und Realismus.“ (Lexikon des internationalen Films)

Mit Baki Davrad, Nursel Köse, Hanna Schygulla, Tancel Kurtiz

Hinweise

Homepage zum Film

Film-Zeit über „Auf der anderen Seite“

Rotten Tomatoes über „Auf der anderen Seite“

Wikipedia über „Auf der anderen Seite“ (deutsch, englisch)


Die Shamus-Nominierungen 2012

Juni 5, 2012

Die Private Eye Writers of America (PWA) haben für den diesjährigen Shamus Award folgende Privatdetektivkrimis nominiert:

Best Hardcover P.I. Novel

Bye bye, Baby, von Max Allan Collins (Forge)

1222, von Anne Holt (Scribner)

When the Thrill Is Gone, von Walter Mosley (Riverhead)

A Bad Night’s Sleep, von Michael Wiley (Minotaur)

The Highly Effective Detective Crosses the Line, von Richard Yancey (Minotaur)

Best First P.I. Novel

The Plot Against Hip Hop, von Nelson George (Akashic)

Claire DeWitt and the City of the Dead, von Sara Gran (Houghton Mifflin Harcourt)

The Ocean Forest, von Troy D. Nooe (Ingalls)

The Shortcut Man, von P.G. Sturges (Scribner)

The Stranger You Seek, von Amanda Kyle Williams (Bantam Press)

Best Paperback Original P.I. Novel

Quarry’s Ex, von Max Allan Collins (Hard Case Crime)

Threat Warning, von John Gilstrap (Kensington)

Serial, von John Lutz (Kensington)

Long Pig, von James L. Ross (Perfect Crime)

Fun & Games (Der Bewacher), von Duane Swierczynski (Mulholland)

Best P.I. Short Story

A Bullet from Yesterday, von Terence Faherty (Ellery Queen Mystery Magazine)

Mr. Monk & the Sunday Paper, von Lee Goldberg (EQMM)

Who I Am, von Michael Z. Lewin (EQMM)

Vampire Slayer Murdered in Key West, von Michael West (EQMM)

Dancer in a Storm, von L. A. Wilson (Alfred Hitchcock Mystery Magazine)

Die Preisverleihung ist auf der Bouchercon in Cleveland, Ohio, am Freitag, den 5. Oktober.

(via The Rap Sheet)


Cover der Woche

Juni 5, 2012

wegen