Kurzkritik: Roger Smith: Stiller Tod

Für Zeitungsleser und Krimifans ist Südafrika heute, fast zwanzig Jahre nach dem Ende der Apartheid, ein Hort der Kriminalität und es ist aus dieser Sicht schon verwunderlich, dass in dem Land 2010 die Fußballweltmeisterschaft friedlich abgehalten werden konnte und dass dort überhaupt noch Menschen leben.

Für TV-Schnulzen-Fans ist Südafrika das Paradies mit schönen Menschen die in einer schönen Landschaft über schnöde Liebesprobleme reden.

Der in Kapstadt lebende Südafrikaner Roger Smith versucht in seinem neuen Roman „Stiller Tod“, nach drei düster-blutigen Hardboiled-Thrillern, diese beiden Welten zu vereinigen; mit einer deutlichen Schlagseite zum von Kriminalität beherrschten Kapstadt.

In einer von der Außenwelt abgeschlossenen Reichensiedlung lebt der Motion-Capture-Software-Erfinder Nick Exley mit seiner Frau und seiner vierjährigen Tochter Sunny den zufriedenen Müßiggang der Reichen und Schönen. Eines Tages ertrinkt seine Tochter und, noch während er versucht, mit dem Verlust zurechtzukommen, erzählt ihm der Sicherheitsbeamte Vernon Saul, dass seine Frau einen Liebhaber hat, mit dem sie sich im Bett vergnügte, während Sunny ertrank.

Damit und mit seiner scheinbar selbstlosen Hilfsbereitschaft, die die Vorurteile von Exley über korrupte Polizisten und eine ebenso korrupte Justiz schamlos ausnutzt, setzt damit eine Serie von Verbrechen in Gang.

Denn Vernon Saul ist einer der von ihm beschriebenen korrupten, machtbesessenen Polizisten. Schamlos manipuliert er nicht nur Exley, sondern auch seine kranke Mutter und die Ex-Prostituierte Dawn, die jetzt in einem heruntergekommenen Striplokal tanzt und die er auch zu Exley bringt. Als Tänzerin für ein Musikvideo, das Exley für einen Kunden machen soll. Dabei weiß Saul, dass die Wirklichkeit, die er seinem neuen Studienobjekt (denn mehr ist Exley für ihn zunächst nicht) schildert, mit der Realität nichts zu tun hat.

So untergräbt Roger Smith zunächst die lieb gewonnenen Südafrik-Klischees – und bestätigt sie gleich darauf wieder. Dazu gibt es eine kräftige Portion „Pretty Woman“. Denn selbstverständlich wissen wir, als Dawn zum ersten Mal Exleys Haus betritt, was passieren wird.

Sowieso ahnen Hardboiled- und Noir-Fans schnell, wie sich die um einige Subplots angereicherte Geschichte der zwei Fremde in der Siedlung entwickeln wird.

Roger Smith: Stiller Tod

(übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann)

Tropen, 2012

384 Seiten

19,90 Euro

Originaltitel

Capture

Serpent’s Tail, London 2012

Hinweise

Homepage von Roger Smith

Deutsche Homepage von Roger Smith

Meine Besprechung von Roger Smiths „Kap der Finsternis“ (Mixed Blood, 2009)

Roger Smith in der Kriminalakte

 

2 Responses to Kurzkritik: Roger Smith: Stiller Tod

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