Nach der gründlich misslungenen Culture-Clash-Komödie „Monsieur Claude und seine Töchter“ ist „Amma & Appa“ das reale Gegenmodell. Denn die Regisseurin Franziska Schönenberger ist verliebt in Jayakrishnan ‚Jay‘ Subramanian, einen Künstler (er zeichnete auch die Animationen für den Film), den sie in Indien während eines Arbeitsaufenthaltes kennen lernte. Sie verliebten sich ineinander, er kam nach Deutschland und jetzt wollen sie heiraten. Aber wie bringt man das den Eltern schonend bei und wie überzeugt man die Eltern, der Ehe zuzustimmen?
Schönenberger, die auch Dokumentarfilm an der Hochschule für Fernsehen und Film in München studiert, hatte dann die Idee, die Geschichte ihrer Liebe und die Begegnung der Eltern in Indien bei Jayakrishnans Eltern in Cuddalore zu dokumentieren. Als Studienarbeit und sicher auch, um die Begegnung ihrer Eltern in ruhige Bahnen in Richtung Zustimmung zur Ehe zu lenken. Immerhin verhält man sich vor laufender Kamera anders als ohne Kamera, fremde Leute und potentielles Publikum. Auch wenn beim Dreh nicht absehbar war, dass der Bayerische Rundfunk einsteigt, der kleine Studetenfilm auf der Berlinale, dem DOK.fest und jetzt im Kino läuft.
„Amma & Appa“ schildert die Begegnung der Eltern von Franziska und Jay in Indien. Ausführlich schildern die Eltern ihre Gefühlte, Hoffnungen und Bedenken zu dieser geplanten Liebesheirat. Vor allem Jays Mutter schildert eindrücklich, was diese Ehe für sie bedeutet. Einen Bruch der Tradition und ein Verlust der Sicherheit im Alter. Denn in Indien zieht die Braut in das Haus des Bräutigams und damit ist auch die Frage der Pflege der Eltern geklärt. Jetzt würde sie allerdings ihren Sohn verlieren, der nach Deutschland zu seiner Braut ziehen will.
Diesen Gefühlen der Eltern gibt Schönenberger viel Raum, garniert mit folkloristischen Impressionen aus Indien. Über sie und ihren Freund, wie sie sich kennenlernten und was sie für Pläne haben, erfahren wir dagegen im Film nichts. Auch nicht, warum es ein Jahr dauerte, bis sie Jays Eltern zum ersten Mal besuchen durfte. Das ist emotional nachvollziehbar, hinterlässt aber auch das Gefühl, dass man nur Teile der Geschichte erfährt. Denn so wichtig die Zustimmung der Eltern für eine Heirat ist, ist – und das wird auch am Filmende von den Eltern gesagt – es letztlich eine Entscheidung des Paares, ob sie heiraten wollen.
Aber durch die Zusammenkunft der Eltern, die ungefähr im gleichen Alter sind und vor ungefähr dreißig Jahren heiraten, zeigt Schönenberger in einem Doppelporträt auch, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den unterschiedlichen Kulturen und Traditionen und wie eine Verständigung funktionieren kann.
Formal ist die sichtbare Neugierde und kindliche Lust von Schönenberger und Subramanian (der als Co-Regisseur firmiert) auf das Ausprobieren verschiedener Stilmittel in ihrer Experimentierlust zunächst erfrischend, aber letztendlich auch störend, weil eben jegliche formale Geschlossenheit fehlt und vieles auch überflüssig bis störend ist, wie die wahllos hineingeschnittenen, neuen Aufnahmen mit einer alten 16mm-Kamera, die das Flair eines Amateurfilms für den Hausgebrauch haben. Vor allem wenn die Bilder mit einem bewusst naiv gehaltenem Off-Kommentar garniert werden. Da wird das charmante Amma und Appa beim dritten Hören zu einer nervigen Marotte, die ein ernstes Problem auf das Niveau einer Nachmittags-Kindersendung, in der alles furchtbar witzig sein soll, senkt.
Amma & Appa – Eine bayerisch-indische Liebe (Deutschland 2013)
Regie: Franziska Schönenberger, Jayakrishnan Subramanian
Drehbuch: Franziska Schönenberger, Jayakrishnan Subramanian
mit Franziska Schönenberger, Jayakrishnan Subramanian, Albert Schönenberger, Christine Schönenberger, Viruthambal Subramanian, Subramanian
Länge: 93 Minuten
FSK: ab 0 Jahre
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