(Bald) Neu im Kino/Filmkritik: „Die Kinder der Utopie“ – nur am 15. Mai im Kino

Die große Kinoauswertung erfolgt am Mittwoch, den 15. Mai, in vielen deutschen Kinos und mit anschließenden Publikumsgesprächen über das Thema des Films.

Der Film selbst ist ein Nachtrag zu Hubertus Siegerts „Klassenleben“ (2005). In dem Dokumentarfilm erzählte er von einigen Schülern an der Fläming-Schule in Berlin-Schöneberg. Seit 1975 ist sie eine Integrationsschule. In ihr werden nichtbehinderte und behinderte Kinder gemeinsam unterrichtet. Nach dem Film hatte Siegert mit dem Thema abgeschlossen.

Dann entdeckte er einen Zeitungsartikel. In dem stand, dass einer der von ihm porträtierten Grundschüler einen wichtigen Nachwuchs-Wettbewerb für Musicaldarsteller gewonnen hatte. In dem Moment fragte Siegert sich, was aus den anderen Grundschülern, die er für „Klassenleben“ porträtierte, geworden ist und was sie rückblickend über ihre Jahre auf der Fläming-Schule denken.

Die Kinder der Utopie“ ist jetzt seine spielfilmlange Antwort. Er begleitet, zwölf Jahre nach den damaligen Dreharbeiten, Christian, Dennis, Johanna, Luca, Marvin und Natalie, die sechs Hauptfiguren aus „Klassenleben“, in ihrem Alltag. Er zeigt, wie einige Jugendliche heute leben. Sie studieren, sie sind in einer Ausbildung, sie arbeiten, sie planen ihre Zukunft und sind gleichzeitig unsicher über ihren weiteren Lebensweg. Und sie erinnern sich gerne an ihre Grundschulzeit. Sie sind sich alle einig, dass sie auf einer guten Schule waren und wahrscheinlich aufgrund dieser Schule toleranter sind.

Dabei bedient Siegert sich einer Reigen-Dramaturgie, die jedem seiner Protagonisten ausreichend Raum gibt. Erst am Ende treffen sie sich alle wieder.

Siegert erzählt das, als sympathisierender Beobachter und ohne kommentierenden Erzähler, feinfühlig und mit spürbarem Interesse an den jungen Menschen. Es gibt auch einige Ausschnitte aus „Klassenleben“.

Objektivierende Fakten, Fachmeinungen und Forschungsergebnisse werden nicht erwähnt. Damit kann anhand dieses Films nicht kundig über Inklusion gesprochen werden. Er ist sogar als Initialzündung für eine Diskussion kaum geeignet. Denn bei Bildung geht es nicht darum, ob die Schüler eine gute Zeit hatten, sondern darum, was sie gelernt haben und ob das sinnvoll und wichtig für ihr weiteres Leben und für die Gesellschaft ist. Es geht auch um die Frage, ob diese Ziele besser in einer Inklusionsschule oder in Regelschulen (also einer der Schulen, die die meisten Deutschen besucht haben und besuchen) erreicht werden kann.

Insofern ist „Die Kinder der Utopie“ ein „14 Jahre später“-Appendix zu „Klassenleben“, der ohne die Kenntnis von „Klassenleben“ etwas sinnfrei ist. Schließlich liest man bei einem Buch auch nicht nur den Epilog.

Die Kinder der Utopie (Deutschland 2019)

Regie: Hubertus Siegert

Drehbuch: Hubertus Siegert

Länge: 84 Minuten

FSK: ab 0 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film (umfangreich und mit den Kinos, die den Film zeigen)

Filmportal über „Die Kinder der Utopie“

Moviepilot über „Die Kinder der Utopie“

Meine Besprechung von Hubertus Siegerts „Beyond Punishment“ (Deutschland 2015)

Nachtrag: der Abend in Berlin:
Cineplex ADRIA Filmtheater, Filmbeginn 20.15 Uhr:
Gäste: Annette Frier (Schauspielerin), Christiane Wendt (Fläming-Schulleiterin), Denise Linke (Journalistin & Autorin)
Moderation: Susanne Bauer (Redaktionsleiterin „Krauthausen – face to face“)

Filmtheater am Friedrichshain, Filmbeginn 18.30 Uhr:
Gäste: Hubertus Siegert (Filmemacher), Svenja Hartmann (Publizistin), Jürgen Dusel (Bundesbehindertenbeauftragter), Jenny Lau (Schauspielerin, Theater RambaZamba)
Moderation: Gesa Ufer (Radio Eins)

Delphi LUX, Filmbeginn 19.30 Uhr:
Gäste (Saal 2 / mit Gebärdensprachdolmetschung): Kerstin Griese (Parl. Staatssekretärin, Bundesministerium für Arbeit und Soziales), Anne Gersdorff (Integrationsberaterin), Ina Döttinger (Bertelsmann Stiftung), Fred Ziebarth (ehem. Jugendpsychotherapeut an Fläming-Grundschule),
Moderation: Graf Fidi (Rapper & Inklusionsbotschafter)
Gäste (Saal 6): Raúl Krauthausen (Inklusions-Aktivist & „Gesicht der Kampagne“), Christine Braunert-Rümenapf (Landesbehindertenbeauftragte Berlin), Leo Gergs (ehem. Schüler der Fläming-Grundschule)
Moderation: Lena Steenbuck (Landeszentrale für pol. Bildungsarbeit Berlin)

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