Wim Wenders erkundet Städte und Museen gerne auf eigene Faust. Er läuft los und lässt sich überraschen. Auch Barjac erkundete er so. Anselm Kiefer hatte ihm einen Plan der Anlage gegeben und ließ den gleichaltrigen Wenders losziehen. Das war 2019. Danach wusste Wenders, dass er jetzt endlich den schon seit Ewigkeiten geplanten Film mit und über Anselm Kiefer machen musste.
Der am 8. März 1945 in Donaueschingen geborene Kiefer ist einer der, vielleicht sogar der größte deutsche Künstler. Er beschäftigt sich immer wieder mit der deutschen Vergangenheit und deutschen Mythen. Erst über die Anerkennung im Ausland wurde er in den achtziger Jahren auch in Deutschland anerkannt. Die Verleihung des Wolf-Preises 1990 sorgte für eine weitere Revision der bundesdeutschen Kiefer-Rezeption. Gleichzeitig erweiterte Kiefer seinen Themenkreis von der deutschen Geschichte hin zu orientalischen Kulturen, jüdischer Mystik, Astronomie und Kosmogonien.
Seine Werk umfasst Fotografie, Künstlerbuch, Holzschnitt, Malerei, Skulptur, Bühnenbild, Installation und Architektur. Seine Werke sind oft sehr groß. In Barjac, das sich grandios als Kulisse für eine Spielfilm-Dystopie eignet, gibt es mehrstöckige Häuser, ein Amphitheater und viele weitere Installationen, die – wenn man nicht das Freilichtmuseum besuchen will – auf einer großen Kinoleinwand überwältigend gut aussehen.
Ob das unbedingt in 3D sein muss, ist dagegen eher Geschmacksache. Ich empfand die 3D-Bilder, wieder einmal, als zu dunkel und unnatürlich.
Diese Idee des ziellosen Erkundens überträgt Wenders auf seinen Dokumentarfilm „Anselm – Das Rauschen der Zeit“. Er erkundet, was oft begeht bedeutet, die Werke von Kiefer. Er zeigt ihn bei der Arbeit in seinem riesigen Atelier mit seinen Assistenten und seinem Fahrrad, das er wegen der Größe seines Ateliers benötigt. Daneben taucht Wenders in die Vergangenheit von Kiefer und die damit verbundene Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik ein. Dabei nennt er, notgedrungen, die biographischen Eckdaten.
Trotzdem ist „Anselm“ kein konventioneller Dokumentarfilm mit vielen Informationen über die porträtierte Person. Das war, um einen anderen großen deutschen Künstler zu nennen, „Beuys“ von Andres Veiel.
„Anselm“ ist, auch für Wenders‘ Verhältnisse, ein Experimentalfilm, der einen ersten Eindruck von Kiefers Werk vermittelt. Er macht neugierig auf das Werk, die Person, seine Themen und die mit ihm verbundene Rezeptionsgeschichte.

Anselm – Das Rauschen der Zeit (Deutschland/Frankreich 2023)
Regie: Wim Wenders
Drehbuch: Wim Wenders
mit Anselm Kiefer, Daniel Kiefer, Anton Wenders
Länge: 94 Minuten
FSK: ab 6 Jahre
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Hinweise
Wikipedia über „Anselm“ (deutsch, englisch), Anselm Kiefer (deutsch, englisch) und über Wim Wenders (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von Eric Fiedlers „It must schwing – The Blue Note Story“ (Deutschland 2018)
Meine Besprechung von Wim Wenders’ “Hammett” (Hammett, USA 1982)
Meine Besprechung von Wim Wenders‘ „Grenzenlos“ (Submergence, USA 2017)
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