Neu im Kino/Filmkritik: Über den chilenischen Western „Colonos“

1901 schickt der chilenische Landbesitzer José Menéndez einen kleinen Trupp los. Offiziell sollen der britische Lieutenant MacLennan, der US-amerikanische Söldner Bill und das einheimische Halbblut Segundo in Feuerland sein ihm von der Regierung zugewiesenes Land und Transportwege sichern. In Wirklichkeit sollen sie die dort lebende indigene Bevölkerung beseitigen. Die Mission wird zu einer ziemlich blutigen Angelegenheit, die nichts von dem Pioniergeist klassischer Westerngeschichten hat. Es ist ein sich in seinem gesamten inhumanen Umfang langsam entfaltender Alptraum in einem menschenleeren Land.

Felipe Gálvez erzählt in seinem Debütfilm „Colonos“ von einem vergessenen Teil der Vergangenheit Chiles, nämlich der blutigen Kolonisierung Feuerlands, als eine Mischung aus wenig Fiktion und viel historischer Wahrheit. So gab es den Landbesitzer Menéndez, MacLennan und den im Zentrum des Films stehenden Völkermord an den in Feuerland lebenden Selk’nam.

Gálvez sagt über seinen Western, er sei keine „true reconstruction of history. Rather it is a reflection on how fiction, and especially cinema, can modify and distort it, and even rewrite it.“ Dabei setzt er einiges an historischem Wissen über die Geschichte Chiles voraus.

Er erzählt seinen düsteren Western in langen, statischen Einstellungen und in zwei großen Erzählblöcken. Im ersten, knapp siebzig Minuten langen Teil erzählt er die Geschichte von MacLennan, Bill und Segundo. In der letzten halben Stunde, die sieben Jahre später spielt, untersucht Vicuna, ein Gesandter des chilenischen Präsidenten, die damaligen Ereignisse. Er unterhält sich, getrennt und in deren Häusern, mit Menéndez und Segundo.

Colonos“ ist ein sperriger Arthaus-Western (mit der Betonung auf Arthaus) für ein begrenztes Publikum.

Colonos (Los Colonos, Argentinien/Chile/Dänemark/Deutschland/Frankreich/Schweden/Taiwan/Großbritannien 2023)

Regie: Felipe Gálvez

Drehbuch: Felipe Gálvez, Antonia Girardi

mit Mark Stanley, Camilo Arancibia, Benjamin Westfall, Alfredo Castro, Mishel Guana, Agustin Rittano, Sam Spruell, Marcelo Alonso

Länge: 100 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Internationler Titel: The Settlers

Hinweise

Filmportal über „Colonos“ (die Freuden internationaler Filmfinanzierung)

Moviepilot über „Colonos“

Metacritic über „Colonos“

Rotten Tomatoes über „Colonos“

Wikipedia über „Colonos“ (deutsch, englisch)

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