Neu im Kino/Filmkritik: „Déserts – Für eine Handvoll Dirham“ durch die Wüste

Für ein eher windiges Inkassobüro sollen Mehdi und Hamid im Süden Marokkos Schulden eintreiben. Die Schuldner sind arme Schlucker, die kein Geld haben, niemals Geld hatten und nie Geld haben werden. Sie nahmen, wie sie Mehdi und Hamid wortreich erzählen, den Kredit für Ausgaben wie eine Hochzeit auf. Danach trafen sie einige Unglücke, teils selbstverschuldet, teils nicht, und sie konnten die Tilgungsraten nicht mehr bezahlen. Aber auch ohne diese Unglücke hätten sie die Raten nicht bezahlen können. Immer wieder verstecken die Schuldner sich vor den Geldeintreibern. Einige bieten ein abgehungertes Tier oder einen Teppich als Teilzahlung an. Es ist eine frustrierende Arbeit, die von den beiden Geldeintreibern mit stoischer Ruhe erledigt wird. Manchmal haben sie Mitleid für ihre Kunden. Entsprechend schlecht sehen ihre Zahlen in der Zentrale aus. Und entsprechend gefährdet ist ihre Weiterbeschäftigung.

In der zweiten Hälfte wechselt Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler Faouzi Bensaïdi (er spielt den Lebensmittelhändler) dann von einer absurden Komödie zu einer abstrakten Rachegeschichte, die nichts mehr von dem Humor und dem Erzähltempo der ersten Hälfte hat.

Der zweite Teil beginnt, als sie auf einen Verbrecher treffen, der an ein Motorrad gefesselten ist. Später kann er sich befreien. Er ist auf einer Rachemission. Zu dritt begeben sie sich auf eine Reise, die hauptsächlich aus langen unbewegten Aufnahmen von der Wüste, viel Schweigen und sehr wenigen länglichen Monologen besteht.

Faouzi Bensaïdis neuer Film „Déserts – Für eine Handvoll Dirham“ zerfällt klar in zwei vollkommen unterschiedliche Teile. Der erste Teil ist eine Zustandsbeschreibung eines dysfunktionalen Landes und eine Satire voller Comedy und Slapstick. Es passiert ständig etwas, auch wenn die beiden Geldeintreiber bei ihrer Arbeit keinen Schritt vorankommen. Schleichender Stillstand, der von allen stoisch ertragen wird.

Die zweite Hälfte ist ein vollkommen anderer Film. Bis auf den Schauplatz und Mehdi und Hamid, die hier nur noch als Platzhalter fungieren, hat dieser Teil nichts dem ersten Teil zu tun. Die Geschichte wird immer abstrakter. Es passiert immer weniger und es ist immer unklarer, ob es sich hier um reales Geschehen, einen Traum oder eine Art Purgatorium handelt. Aber klar ist der Stillstand, der diese Stunde zu einem Kampf gegen den Schlaf macht. Über Minuten passiert nichts, während die drei Männer in die Wüste starren. Wenn einer dann doch mal etwas sagt, ist es ein bestenfalls mäßig interessanter Monolog. Das ist nicht mehr Slow-Cinema, sondern Slow-Slow-Cinema.

Außerdem ist die Komödie mit über zwei Stunden Laufzeit mindestens eine halbe Stunde zu lang geraten.

Déserts – Für eine Handvoll Dirham (Déserts, Frankreich/Deutschland/Marokko/Belgien/Katar 2023)

Regie: Faouzi Bensaïdi

Drehbuch: Faouzi Bensaïdi

mit Fehd Benchemsi, Abdelhadi Taleb, Rabii Benjhaile, Hajar Graigaa, Faouzi Bensaïdi

Länge: 120 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Filmportal über „Déserts“

Moviepilot über „Déserts“

AlloCiné über „Déserts“

Rotten Tomatoes über „Déserts“

Wikipedia über „Déserts“ (deutsch, französisch)

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