Nachdem sein Yakuza-Boss offiziell seine Bande aufgelöst hat, ist „Phoenix“ Tetsu Watari arbeitslos. Aber die anderen Yakuza-Banden glauben nicht an die Auflösung von Kuratas Bande und von Tetsus Ruhestand. Sie versuchen ihn umzubringen. Eine Odyssee durch Japan und in die verschneiten Berge beginnt, in der Regisseur Seijun Suzuki eindeutig Stil über Story stellt. Diese besteht vor allem aus schon damals gut abgehangenen Gangsterfilmklischees. Die Kämpfe sind im damaligen, heute amateurhaft anmutendem Stil choreografiert. Das geringe Budget wird mit Ideenreichtum und teils extremen Stilisierungen ausgeglichen.
In seinem nächsten Film „Branded to Kill“ (1967; deutsche Premiere war 1994 als „Beruf Mörder“ in West 3) trieb er den Bruch mit Konventionen noch weiter und verlor seinen Job bei Nikkatsu. Bis zu seinem nächsten Spielfilm vergingen zehn Jahre.
„Seijun Suzuki’s sense-defying spectacle is 81 minutes of colour-saturated delirium“ (Lloyd Hughes: The Rough Guide to Gangster Movies, 2005)
„Grellbunte Farben, eine ausgefeilte Lichtsymbolik, gespreizte Dialoge und sentimentale Lieder machen aus der elegischen Krimi-Ballade eine Art japanischen Großstadtwestern mit parodistischem Touch“ (Fischer Film Almanach 1991)
Aus heutiger Sicht kann „Tokyo Drifter“ als eine Mischung aus Jean-Piere Melvilles hochgradig stilisierten Gangsterfilmen, in diesem Fall vor allem „Der eiskalte Engel“, und Quentin Tarantinos „Kill Bill“ (vor allem natürlich der Ausflug der Braut nach Japan) beschrieben werden. Dazu gibt es wild hineinkopierte Musiknummern.
Seine deutsche Premiere hatte Suzukis Film 1990 als „Tokyo Drifter – Der Mann aus Tokio“ im Kino. 1995 strahlte das ZDF unter dem Titel „Abrechnung in Tokio“ eine synchronisierte Fassung aus.
Jetzt bringt der Filmverleih Rapid Eye Movies im Rahmen seiner monatlichen Zeitlos-Reihe, die sich obskuren, unbekannten und vergessenen, aber dennoch sehenswerten Werken widmet, den Gangsterfilm wieder ins Kino. Und das ist gut so.

Tokyo Drifter (Tōkyō nagaremono, Japan 1966)
Regie: Seijun Suzuki
Drehbuch: Yasunori Kawauchi
mit Tetsuya Watari, Chieko Matsubara, Hideaki Nitani, Tamio Kawachi, Tomoko Hamakawa
Länge: 82 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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auch bekannt als „Tokyo Drifter – Der Mann aus Tokio“ (Kinotitel 1990) und „Abrechnung in Tokio“ (TV-Titel)
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Hinweise
Rapid Eye Movies über den Film
Moviepilot über „Tokyo Drifter“