Anna Mai serviert ein „Broilerkomplott“

Mai 26, 2025

Die Aktion von Antonia Hansen, angehende Anwältin, und ihren aktivistischen WG-Freunden in der Tiefgarage der Investitionsbank Brandenburg war bestenfalls halb durchgeplant. Und danach, als sie beobachten, wie ein Killer den Fahrer von Beate Scherer tötet und die Leiche im Kofferraum ihres Autos versteckt, improvisieren sie. Vor allem verfolgen sie das Auto aus Potsdam in die brandenburgische Einöde, wo sich noch nicht einmal Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Aber erstaunlich viele Verbrecher treffen im Sonnenhof aufeinander. Dort plant Scherer, als Erweiterung ihres Broilerimperiums, die größte Geflügelmast in Ostbrandenburg.

In dem Dorf streiten die Einheimischen sich wegen der neuen Hühnerfabrik. Die Fronten, auch in Familien, verlaufen zwischen erwarteten finanziellen Einnahmen und erwartbaren Umweltschäden. Eine neugierige Polizistin, die gerne Kriminalpolizistin wäre, schnüffelt in ihrer Freizeit in dem Fall herum. Und auf einem Hof steht ein geklauter Scherer-Tiefkühllaster mit wertvollem Inhalt.

Anna Mais Krimidebüt „Broilerkomplott“ spielt zwar in der Provinz, aber ein typischer Regiokrimi mit skurillen Typen und lustigem Humor ist ihr Krimi nicht. Eher schon orientiert sie sich an US-amerikanischen Hardboiled-Gangsterkrimis, in denen in der Provinz wegen einer Unmenge Geld oder Drogen plötzlich die Hölle los ist und Menschen sich auf möglichst groteske Art umbringen und beim Beseitigen von Leichen an alles denken; – außer einem Anruf bei der Polizei.

Im Gegensatz zu diesen schwarzhumorigen und oft sehr zynischen Gangsterkrimis hat Anna Mai deutlich mehr Respekt vor dem Leben und der körperlichen Unversehrtheit ihrer lebensnah gezeichneten, ziemlich normalen Figuren. Und das ist gut so. Denn Brandenburg ist nicht das US-amerikanische Hinterland.

Souverän wechselt Mai zwischen den verschiedenen Handlungssträngen und treibt so die Geschichte spannend voran.

Zusätzlich gibt es eine homöopathische Dosis Umweltpolitik, weil Toni und ihre WG-Freunde radikale Tierschützer sind und sie mit ihrer Aktion am Buchanfang auf das Leid von Hühnern (aka Broiler) in der Massentierhaltung hinweisen wollen.

Broilerkomplott“ ist eine flotte Sommerlektüre von angenehmer Länge. Also eigentlich der idelae Kriminalroman für einen Nachmittag an einem stillen Gewässer in Brandenburg oder anderswo. Gerne mit veganen Broilern im Anschluss.

Anna Mai: Broilerkomplott

ariadne/Argument Verlag, 2025

272 Seiten

15 Euro

Hinweise

Ariadne über das Buch

Homepage von Anna Mai


Leipziger Buchmesse 2025: viele nette Menschen und noch mehr Bücher

März 31, 2025

296.000 Besuchern kamen dieses Jahr zur Leipziger Buchmesse. Das waren 13.000 Besucher mehr als 2024. Entsprechend begeistert sind die Veranstalter. 2040 Aussteller aus 45 Ländern und das diesjährige Gastland Norwegen präsentierten Bücher und manchmal auch andere Dinge. Vom Donnerstag, den 27. März, bis zum Sonntag, den 30. März, gab es mit 2800 Lesungen und Diskussionen an 330 Leseorten ein ziemlich volles Programm auf dem Messegelände und in Leipzig.

Schon Tage vorher wurde der Vorverkauf von Eintrittskarten für den Samstag eingeschränkt.

Auch am Freitag, meinem Messetag, ist es gut voll. Vor allem in der Comic- und Mangahalle ist zwischen den Cosplayern (viele, sehr viele, wirklich sehr viele) und den nicht verkleideten Manga-Fans kein Durchkommen. In den anderen Hallen geht es dagegen deutlich ruhiger zu und in all dem Gedränge bleibt Zeit für Gespräche mit alten und neuen Bekannten, die ich hoffentlich alle spätestens nächstes Jahr wieder sehen werde.

Sebastian Fitzek signiert laut Ankündigung (ich habe nicht neben ihm gestanden und die Zeit gestoppt) mehrere Stunden Bücher.

Bei den anderen Autoren sind die Signierstunden laut Ankündigung kürzer. Mein Eindruck ist allerdings, dass sie auch außerhalb der Signierstunde gerne Bücher signieren oder spontan Bilder hineinmalen.

Und es werden überall wie verrückt Bücher gekauft. Die Verleger freuts, weil sie die Heimfahrt mit deutlich weniger Gepäck antreten können.

Das Wetter ist tagsüber fantastisch. Nachdem ich schon eine verschneite Messe erlebte und es letztes Jahr so kalt nieselte, dass schon ein kurzes Luftschnappen eine Zitterpartie war, ist es dieses Jahr so warm und sonnig, dass ein guter Teil des Messetrubels nach Außen verlagert wird.

Nachdem meine letzte Bücher-Jahresbestenliste rein männlich war, will ich dieses Mal wieder mehr Romane von Frauen drin haben. Die druckfrischen Debüts von Anna Mai und Malin Thunberg Schunke – die ich beide zufällig traf – sind dabei heiße Anwärterinnen für einen solchen Platz.

Anna Mai mit ihrem Roman „Broilerkomplott“ (Ariadne/Argument Verlag) und ihrer Verlegerin Else Laudan (in diesem Fall von rechts nach links)

Malin Thunberg Schunke mit ihrem Roman „Ein höheres Ziel“ (Polar Verlag), ausgezeichnet als bestes Debüt von der Schwedischen Krimi Akademie

Mit dem Feierabend-Gongschlag geht es dann in Richtung Sonnenuntergang: