Es gibt die einen Weihnachtsfilme. Und dann gibt es noch die Weihnachtsfilme für Menschen, die eigentlich keine Weihnachtsfilme mögen. Also nicht, weil sie lieber „Stirb langsam“ oder „Kevin – Allein zu Haus“ gucken, sondern die lieber eine dieser Schlachtplatten gucken, in denen das Blut in Fontänen über die Leinwand spritzt, während ein psychopatischer Killer munter mehr oder weniger sündige junge Frauen und Männer abschlachtet.
Für die wurde auf den ersten Blick „Silent Night, Deadly Night“ gemacht. Es handelt sich um ein Remake von Charles E. Sellier jr. Horrorfilm „Stille Nacht, Horror Nacht“ (Silent Night, Deadly Night, 1984). Bei uns erschien das Werk im Dezmber 1987 auf Video. Fast schon wohlwollend nannte der Fischer Film Almanach den Film „makabren Unsinn“. Das Lexikon des internationalen Films meinte „Wir raten ab.“
In den USA entstanden bis 1991 vier Fortsetzungen. 2012 gab es eine weitere und jetzt „Silent Night, Deadly Night“. Die Macher nennen ihren Film ein Reboot. Aber sie hätten wohl auch „lose inspiriert von“ oder „eine weitere Fortsetzung“ sagen können.
Jedenfalls begibt sich in dem von Mike P. Nelson geschriebenem und inszeniertem Horrorfilm der junge Drifter Billy jedes Jahr vor Weihnachten auf eine Mordtour. Anstatt Türen vom Adventskalender zu öffnen, tötet er jeden Tag im Dezember bis zu Heiligabend eine Person, die – und jetzt spoilere ich etwas – den Tod verdient haben. Als Kind musste Billy ansehen, wie seine Eltern von einem Nikolaus ermordet wurden. Danach gab es eine Art Geistübertragung von dem sterbenden Nikolaus auf den jungen Billy. Seitdem erkennt er böse Menschen. Diese bringt er dann um.
Vor dem blutigen Töten kämpft der mordlüsterne Nikolaus-Geist mit Billys Geist in Billys Kopf darüber, wer wann den Tod verdient hat. Wie in den „Venom“-Superheldenfilmen hören wir die streitenden Stimmen in Billys Kopf. Was bei „Venom“ der ziemlich witzige Kampf zwischen einem außerirdischem Symbiont und seinem Wirtskörper ist, ist in „Silent Night, Deadly Night“ die günstige und effektive Darstellung von Schizophrenie in einem Film. Diese Idee mit der Stimme im Kopf läuft sich schnell tot.
Der Rest in Mike P. Nelsons in der Gegenwart spielendem Horrorfilm ist eine wenig durchdachte Mischung aus einer durchaus witzige Idee für Billys allweihnachtliche Mordserie und einer schlechten Umsetzung. Die Logiklöcher haben epische Ausmaße. Die Behauptung, dass Billy nur böse Menschen tötet, rechtfertigt auf der einen Seite die Taten, lässt auf der anderen Seite aber jede Diskussion über die Taten vermissen. Eigentlich sind sie nur eine primitive Entschuldigung, um Menschen umzubringen und sich dabei gut zu fühlen. Denn hier ist der Mörder nicht der Bösewicht, der den Tod verdient, sondern der Gute, der böse Menschenkinder bestraft. Die Morde, der Grund für den Slasher-Fan, sich solche Filme anzusehen, sind zwar halbwegs blutig, aber rar und schneller vorbei als ein Axthieb.
Die Verlegung in die Gegenwart macht die Geschichte vollends unglaubwürdig. Spätestens nachdem Billy am Filmanfang in einem Motel einen Polizisten ermordet und fast von den Kollegen des toten Polizisten geschnappt wird, hätte eine großflächige Fahndung nach ihm beginnen müssen. Und dann wäre Billy, so wie er Spuren hinterlässt, schnell geschnappt worden.
„Silent Night, Deadly Night“ ist nicht der Weihnachtsfilm für den Slasher-Horrorfilmfan, sondern bestenfalls nicht sättigendes Graubrot.

Silent Night, Deadly Night (Silent Night, Deadly Nght, USA 2025)
Regie: Mike P. Nelson
Drehbuch: Mike P. Nelson (nach dem Drehbuch von Michael Hickey zu „Silent Night, Deadly Night“ [USA 1984])
mit Rohan Campbell, Ruby Modine, Mark Acheson, David Lawrence Brown, Erik Athavale, David Tomlinson
Länge: 96 Minuten
FSK: ab 18 Jahre
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Hinweise
Moviepilot über „Silent Night, Deadly Night“
Metacritic über „Silent Night, Deadly Night“
Rotten Tomatoes über „Silent Night, Deadly Night“
Wikipedia über „Silent Night, Deadly Night“
Meine Besprechung von Mike P. Nelsons „The Domestics“ (The Domestics, USA 2018)
Veröffentlicht von AxelB