In den USA wird ein neuer Präsident gewählt und ich hoffe, dass sie gewinnt. Die ersten Zahlen wird es nach Mitternacht geben. Weil das US-Wahlsystem grotesk und dringend reformbedürftig ist, wird es einige Zeit dauern, bis es zuverlässigere Zahlen gibt. Möglicherweise Tage. Und dann wird geklagt werden.
Der notorische Lügner, verurteilte Straftäter, mehrfache Vergewaltiger, mehrfache Bankrotteur und vieles mehr, was zu einer ausufernden Aufzählung von Strafverfahren, Zivilklagen und offensichtlichen Inkompetenzen führen würde, Donald Trump wird unabhängig von den Klagen und unabhängig von den wahren Zahlen schon kurz nach Mitternacht trompeten, er habe gewonnen.
Mit etwas Glück hat er, der bislang nie die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhielt, bald viel Zeit, sich um die gegen ihn anhängigen Verfahren zu kümmern. Eigentlich hätten sie schon vor langer Zeit vor Gericht verhandelt werden sollen.
ZDF, 3sat, Phoenix, Tagesschau 24,RTL, Sat.1 und Pro7 berichten ebenfalls live aus den (wenig bis nicht) Vereinigten Staaten von Amerika.
Bereits um 20.15 Uhr gibt es im ZDF ein „ZDF spezial“ und um 21.00 Uhr eine Doku zum Wahlkampf und der Lage in den USA.
Es kann sein, dass ich zu viel über Donald Trump weiß (obwohl viele Menschen noch viel mehr über ihn gelesen haben) und zu viele Trump-Parodien gesehen habe (obwohl viele Menschen noch viel mehr gesehen haben). In jedem Fall mochte ich ihn schon nicht, als ich das erste Mal bewusst seinen Namen hörte. Das war als bei einem USA-Urlaub mit meinen Eltern unsere US-amerikanischen Bekannten uns in Manhattan den Trump-Tower zeigten und sich bewundernd über den Bauherrn äußerten. Wir sahen uns konsterniert an und dachten so etwas in die Richtung von: „Was für ein hässlich-protziges Gebäude. Was muss das für ein armseliger Mensch sein, der es nötig hat, seinen Namen so groß am Gebäude anzubringen?“
Seitdem gab es keinen Moment, in dem ich über mein erstes Urteil nachdenken musste. Im Gegenteil: Je mehr ich über Trump erfuhr, desto sicherer wurde ich in meinem Urteil, dass Trump ein absolut hohler, armseliger, nur auf den äußeren Schein fixierter Dummschätzer ist. Er hat keine Ahnung von den Themen, über die er redet und er hat keine Lust hat, sich in die Materie einzuarbeiten.
Das zeigte sich auch bei dem TV-Duell zwischen ihm und seiner damaligen Mitbewerberin um das Amt des US-Präsidenten. Ich war damals kurz vor meinem geplanten Bettgang in die Übertragung von dem Duell gestolpert und wollte mir einen kurzen Eindruck von der Performance der Kandidaten verschaffen. Ich ging davon aus, dass beide ihre Pläne überzeugend präsentieren und die Pläne des Gegners ebenso überzeugend auseinander nehmen würden. Da ich nicht genug über die konkreten Pläne wusste, würde ich, wie bei unzähligen anderen TV-Duellen, nur beurteilen können, wer der bessere Verkäufer sein würde.
Entsetzt blieb ich viel länger als geplant vor dem Computer sitzen. Der Unterschied im Niveau war einfach zu groß. Während Hillary Clinton eine Frau mit einem Plan war, die argumentieren und logisch aufeinander aufbauende Sätze formulierte, brabbelte er nur planlos herum. Ungefähr wie der Mitschüler, der einen Roman zusammenfassen soll, den er nicht gelesen hat.
Später, als ich während seiner Präsidentschaft Äußerungen von ihm hörte und las, dachte ich immer, dass ich mit jeder Minute, in der ich seinen Wortsalat folgte, dümmer wurde. Seitdem wurde es nur noch schlimmer.
Ich halte ihn immer noch für absolut ungeeignet für das Amt. Und ich verstehe nicht, warum so viele Menschen dieser Hohlbirne folgen. Sie zu durchschauen erfordert keine besonderen Fähigkeiten und geht atemberaubend schnell.
Ende der Vorbemerkung
Nach dieser langen Vorrede könnt ihr vielleicht mein Urteil über Ali Abbasis „The Apprentice – The Trump Story“ besser einordnen. Außerdem wollte ich endlich einmal die Geschichte von meiner ersten Begegnung mit Donald Trump niederschreiben. Ich halte den Film für eine Zeitverschwendung. Man erfährt nichts über Trump, was man nicht schon nach der Lektüre einiger guter Zeitungsreportagen weiß. Die sind auch informativer als dieser Film, der teils 70er-Jahre-Period-Picture ist, teils Best-of-Trump ist und dabei an der Oberfläche bleibt. Das liegt daran, dass hinter der Fassade nichts ist. Außerdem wissen die Macher nicht, ob sie ein 08/15-Biopic, eine Abrechnung mit Trump oder eine Verherrlichung von Trump machen sollen. So setzten sie sich letztendlich so zwischen die Stühle, das jeder in den Film hineininterpretieren kann, was er will und der sogar Trump, wenn er ihn sich ansehen würde, gefallen könnte, weil er am Filmende die Lektionen von seinem Lehrmeister anwendet und er letztendlich als der große Macher porträtiert wird. Diese Unentschlossenheit und eine zerfaserte zweite Hälte machen „The Apprentice“, trotz gelungener Ansätze, zu einem sehr enttäuschendem, angesichts seines Potentials sogar ärgerlichem Werk.
Sicher, der in den siebziger Jahren in New York spielende Anfang, als Donald Trump (Sebastian Stan) in den Häusern seines Vaters die Miete eintreibt und er den skrupellosen Anwalt Roy Cohn (Jeremy Strong) kennen lernt und der ihn unter seine Fittiche nimmt, sind atmosphärisch gelungen. Das erinnert wohltuend an die damals auf der Straße gedrehten New-Hollywood-Dramen. Dafür wirkt Trump-Darsteller Sebastian Stan mit seiner Trump-Perücke wie der Bewerber für eine Trump-Parodie. Jeremy Strong steht so unter Strom, dass auch er nie wie ein echter Mensch, sondern wie eine Parodie auf einen skrupellosen Anwalt wirkt. Der 1927 geborene Cohn begann seine Karriere als fanatischer Kommunistenjäger. Er rühmte sich dafür, dass seine Arbeit entscheidend für das Todesurteil gegen Julius und Ethel Rosenberg wegen Spionage war. Kurz darauf war er Chefberater von Senator Joseph McCarthy. Danach wurde er Rechtsanwalt in New York City. Zu seinen Mandanten gehörten auch das Erzbistum New York und bekannte Mafiosi, wie John Gotti, Anthony Salermo und die Gambino-Familie. Er beriet Richard Nixon und Ronald Reagan. Ihm war egal, mit welchen legalen und illegalen Mitteln, wie Epressung mit illegalen Tonbandaufnahmen, er zum Ziel kam. Hauptsache Gewinnen und als starker Macher dastehen.
Beide sind Unsympathen. Moralbefreiter Abschaum in teuren Anzügen und noblen Wohnungen.
Die aus dieser Begegnung entstehende Filmgeschichte erzählt, wie ein skrupelloser Anwalt einem skrupellosen Unternehmer den nötigen Feinschliff verpasst. Der eine schwadroniert über Gott und die Welt, der andere saugt es begierig auf. Das ist die ganze Geschichte zwischen diesen beiden Männern.
Cohn hat Trump auch seine drei „Regeln zum Gewinnen“ aufgeschrieben, die ungefähr so lauten:
Regel 1: Angreifen. Angreifen. Angreifen.
Regel 2: Nichts zugeben. Alles leugnen.
Regel 3: Den Sieg für sich beanspruchen und niemals eine Niederlage zugeben.
Diese Regeln wendet Trump seitdem an. Dabei war und ist ihm der äußere Schein, die Fassade, wichtiger als das, was sich dahinter verbirgt. So gibt er immer noch nicht zu, dass er 2020 die US-Präsidentenwahl verloren hat. Seine Jünger folgen dem Betrüger (den ich noch nicht einmal für einen besonders guten Betrüger halte) aus kaum bis nicht nachvollziehbaren Gründen.
Abbasis Biopic „The Apprentice“ konzentriert sich auf die Beziehung zwischen Trump und Cohn von ihrer ersten Begegnung 1973 bis zu Cohns Tod am 2. August 1986. Er starb an einer HIV-Infektion. Die in den siebziger Jahren spielenden Szenen, als Trump in die Immobilienbranche mit eigenen Bauprojekten einsteigen, sind dabei die überzeugenderen. In diesen Momenten entsteht auch im Ansatz ein Gefühl für die Zeit und die Männer, die skrupellos von den Umständen profitieren wollten. Später, in den achtziger Jahren wird die Geschichte zunehmend episodischer und fahriger. Es wird von einem Ereignis zum nächsten gesprungen, mal geht es um sein Privatleben, mal um seine Beziehung zu Cohn, mal um ein neues Bauprojekt, über dessen Ablauf wir wenig bis nichts erfahren.
In diesen Momenten wird auch deutlich, wie wenig „The Apprentice“ zu erzählen hat. Das wird sogar im Film direkt angesprochen, wenn der Journalist Tony Schwartz sich mit Trump trifft. Schwartz soll Trumps Memoiren, die 1987 unter dem Titel „Trump: The Art of the Deal“ erscheinen, schreiben. Bei dem Gespräch sagt Schwartz, er sehe kein Metamotiv in Trumps Leben.
Trump entgegnet, er liebe es Deals zu machen. Deals seien der Zweck und eine Kunstform.
Das wäre ein Ansatz gewesen, um „The Apprentice“ als eine Geschichte von Deals zu erzählen. Also: wie verhandelt Trump? Was ist ein guter Deal? Was ist ein schlechter Deal? Wie gelangt er zu einem Deal? Stimmt seine Selbstwahrnehmung, dass er ein guter Dealmaker ist? Wurden seine Deals, nachdem er sich mit Cohn befreundete und Cohns Regeln folgte, besser? In jedem Fall wurde er skrupelloser.
Seine Deals als US-Präsident und seine Pleiten (wozu auch Casinos gehören) sprechen eine andere Sprache. Danach ist er ein schlechter Dealmaker, der einfach nur an irgendeinem Abschluss interessiert ist. Er will nur ständig „Deal!!!“ brüllen, aber er ist unfähig, Deals auszuhandeln. Denn das würde ein Vertiefen in die Materie, ein Abwägen verschiedener Interessen und Güter und psychologisches Feingefühl erfordern.
In „The Apprentice“ erfahren wir nur, wie Cohn Trump den nötigen Feinschliff verpasst. Er veränderte nichts in Trumps Charakter. Er gab ihm nur einige Weisheiten mit auf den Weg, die der Faulenzer und Drückeberger Trump, der sich im Zweifelsfall auf den Einfluss und das Geld seines Vaters verlassen konnte, eigentlich schon lange davor begriffen hatte.
Die Dialoge sind eine Ansammlung ikonischer Trump-Sätze, die hier immer etwas deplatziert wirken. Es wird durchgehend ein erstaunlich sauberes Englisch gesprochen, in dem es nur wenige vulgäre Beleidigungen und Schimpfworte gibt. Angesichts des damals aus anderen Filmen, Büchern und Erzählungen dokumentierten rauen Umgangston in dem Milieu, in dem der Film spielt, wirkt das immer falsch. Trotzdem erhielt „The Apprentice“ in den USA ein R-Rating wegen „sexual content, some graphic nudity, language, sexual assault, and drug use“. In Deutschland ist er „frei ab 12 Jahre“. In Begleitung der Eltern oder einer erziehungsberechtigten Person kann der Film sogar von Sechsjährigen gesehen werden. Ob das klug ist, müssen die Erziehungsberechtigten entscheiden.
Dass Trump jetzt gegen den Film, den er wahrscheinlich nicht gesehen hat, polemisiert, erkläre ich mir so: Trump ist einfach beleidigt, dass der Film sagt, dass er früher ein Lehrling war und dass er zu seinem Lehrer aufschaute. Das kratzt an seinem Ego. Dabei wird er in dem Film als großer Macher gezeigt. Geklagt hat er, soweit ich weiß, nicht gegen den Film. Auch sonst niemand.
In den USA, wo der Film seit einigen Tagen läuft, wird er vom Publikum weitgehend ignoriert.
The Apprentice – The Trump Story (The Apprentice, USA 2024)
Regie: Alli Abbasi
Drehbuch: Gabriel Sherman
mit Sebastian Stan, Jeremy Strong, Maria Bakalova, Martin Donovan, Catherine Mcnalle, Charlie Carrick, Ben Sullivan, Mark Randall
Amerika hat die Wahl: Trump gegen Biden (The Choice 2020: Trump vs. Biden, USA 2020)
Regie: Michael Kirk
Drehbuch: Mike Wiser, Michael Kirk
Zweistündige PBS-“Frontline“-Doku über die Präsidentschaftskandidaten Joe Biden und Donald Trump.
Danach zeigt Arte von 22.15 Uhr bis 00.55 Uhr die ersten drei Teile der fünfteiligen Dokureihe „Aus der Traum? – Die Amerikaner im Wahljahr“, in der mehrere US-Amerikaner über mehrere Monate begleitet werden. Die abschließenden beiden Teile zeigt Arte kommenden Dienstag, den 3. November, ab 21.45 Uhr.
Election Game – Amerikas Wahlsystem in der Krise (Deutschland/USA 2020)
Regie: Jan Schäfer
Drehbuch: Jan Schäfer
In der 45-minütigen Doku geht es um Probleme innerhalb des US-Wahlrechts und Wahlsystems, das vor allem von den Republikanern schamlos zu ihren Gunsten manipuliert wird.
Die Doku ist Teil eines sehr sehenswerten, informativen und langen USA-Abends mit brandneuen und etwas älteren Dokus über die nicht mehr so vereinigten Staaten unter Präsident Trump.
Davor läuft um 18.45 Uhr „Liebe und Sex in den USA – Profit, Prüderie und Polyamorie“ (USA 2019), um 19.30 Uhr „Amerikas neue Gurus – Auf der Suche nach Erleuchtung“ (ebenfalls eine TV-Premiere); danach, um 21.00 Uhr „Trumps schmutziger Deal – Der Präsident und die Ukraine-Affäre“ (Frankreich 2020, noch eine TV-Premiere), um 21.55 Uhr „Macht und Machenschaften USA – Gekaufte Politik“ (Deutschland/USA 2020), um 22.40 Uhr „Bibeltreue Supermacht – Evangelikale in den USA“ (Frankreich 2019), um 23.25 Uhr „Citizen Trump – Eine amerikanische Karriere“ (Frankreich 2019), um 00.10 Uhr „Die Trumps – Aus der Pfalz ins Weiße Haus“ (GB 2017) und, nach einer kurzen „heute journal“-Verschnaufpause, um 01.20 Uhr die spielfilmlange, sehr gelungene Doku „Sex, Trump & Fox News – Aufstieg und Fall des Roger Ailes“.
Vor der Wahl zum Senat und Repräsentantenhaus im November 2018 holte Michael Moore zu einem Rundumschlag gegen US-Präsident Donald Trump aus. Er fragt, wie es passieren konnte, dass ein offensichtlich unqualifizierter Chaot, Egozentriker, Lügner und Rassist gewählt wurde und er zeigt den Widerstand gegen ihn. In etwas über zwei Stunden entsteht ein Porträt der USA, im typischen Michael-Moore-Stil, bei dem man erstaunt sieht, was man, angesichts immer neuer Skandale, Unfähigkeiten und Lügen, schon vergessen hat. Denn dieser Film ist nur eine Skandalchronik der ersten beiden Jahre.
TV-Premiere zu einer unmöglichen Uhrzeit. Immerhin sind die Wiederholungen teilweise zu normaleren Uhrzeiten. Oder man besucht die Mediathek.
Vor der Wahl zum Senat und Repräsentantenhaus im November 2018 holte Michael Moore zu einem Rundumschlag gegen US-Präsident Donald Trump aus. Er fragt, wie es passieren konnte, dass ein offensichtlich unqualifizierter Chaot, Egozentriker, Lügner und Rassist gewählt wurde und er zeigt den Widerstand gegen ihn. In etwas über zwei Stunden entsteht ein Porträt der USA, im typischen Michael-Moore-Stil, bei dem man erstaunt sieht, was man, angesichts immer neuer Skandale, Unfähigkeiten und Lügen, schon vergessen hat. Denn dieser Film ist nur eine Skandalchronik der ersten beiden Jahre.
In den USA kam Michael Moores neuer Film „Fahrenheit 11/9“ am 21. September 2018 in die Kinos. Bei uns wenige Monate später. Normalerweise ist das kein Problem. In diesem Fall fährt es dazu, dass aus einer politischen Intervention ein historisches Dokument wurde, das zu einem großen Teil so prickelnd wie die Tageszeitung von Gestern ist. Denn mit „Fahrenheit 11/9“ wollte Michael Moore, der immer Dokumentarfilmer und Aktivist ist, die Wahl zum Senat und Repräsentantenhaus im November beeinflussen. Die Wahlergebnisse – denn es fanden noch viele weitere Wahlen und Abstimmungen statt – waren dann ein großer Erfolg für die Demokraten und somit die Trump-kritischen Kräfte. Diese Wahlen waren auch der Punkt, an dem die US-Amerikaner zum ersten Mal in einem großen Maßstab etwas tun konnten, um aus dem Schlamassel herauszukommen, in den sie mit der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA hineingerieten. Wobei, und das wird Michael Moore nicht müde in seinen vielen Interviews und öffentlichen Auftritten zu betonen, Trump nur das I-Tüpfelchen (okay, eher einige Nummern größer und auch unappetitlicher) und das unübersehbarste Symptom einer langen Entwicklung in den USA ist. Daher fragt Michael Moore sich in seinem neuesten Film auch, wie es zur Wahl von Donald Trump kommen konnte. Diese Suche nach den Ursachen verknüpft er mit zahlreichen Beispielen des Widerstands gegen Trump und seine Politik. Moore präsentiert vor allem Beispiele aus der Zeit nach der Wahl von Trump zum Präsidenten. Es sind Beispiele, die zeigen, dass sich Aktivismus lohnt. Es ist auch ein unverhohlener Aufruf, im November bestimmte Menschen zu wählen. Insofern ist „Fahrenheit 11/9“ ein zweistündiges Wahlvideo.
Dafür beschäftigt er sich mit der Flint-Wasserkrise (die bereits 2014 begann und inzwischen wohl überstanden ist), der Frauenmarsch, streikenden Lehrern, Schülern, die nach dem Schulmassaker an der Stoneman Douglas High School in Parkland, Florida, am 14. Februar 2018 zu Aktivisten gegen die Waffenlobby wurden und er begleitet eine junge Politikerin, die kandidiert, obwohl sie kaum Aussicht auf einen Wahlsieg hat.
Erstaunlich bei der Menge an den Film angesprochenen Ereignissen und Entwicklungen ist, wie viel innerhalb weniger Monate passierte und schon im Trubel der immer neuen Chaosmeldungen aus dem Weißen Haus untergegangen sind. Dabei wurde das letzte halbe Jahr und die Außenpolitik nicht berücksichtigt.
Da ist der Rückblick auf das Gespräch zwischen Michael Moore und Donald Trump in einer TV-Sendung fast schon amüsanter Rückblick in eine unschuldigere Zeit. Bitterböse ist dagegen Moores Zusammenschnitt von Donald Trump und Adolf Hitler in Bild und Ton. Es ist auch einer der vielen eindeutigen Wahlaufrufe in „Fahrenheit 11/9“.
Neben der parteiischen Haltung von Michael Moore, ist das konsequente Verzichten auf das Einblendung von Namen und Funktionen der Gesprächspartner (und teilweise Daten und Ortsnamen) ein großes Problem des Films. Denn wer in den vergangenen beiden Jahren nicht emsig die US-Nachrichten verfolgte, kann vieles nicht einordnen und wenn man von den Interviewten weder den Namen noch seine Funktion kennt, ist auch vollkommen unklar, ob es sich um eine irgendwie substantielle Meinung oder nur die Aussagen des Mannes von Nebenan handelt. Also ob es um eine Kandidatin geht, die wirklich eine reale Aussicht hat, gewählt zu werden, oder um den legendären Taxifahrer, der dem Journalisten gerade die Welt erklärt. Das gilt, zum Beispiel, für den Ex-Soldaten, den Moore in einem Lokal trifft und der ihm etwas von einem landesweiten Widerstand erzählt. Und was man von den politischen Ansichten eines Taxifahrers halten kann, kann man leicht mit einer Taxifahrt erfahren.
Ein anderes großes Problem des Films ist, dass Moore kein großer Theoretiker ist. Eine wirkliche Argumentation und Analyse ist im Wust der einzelnen Beispiele kaum erkennbar. Er unterscheidet dann nicht mehr zwischen Republikanern und Demokraten. Es geht dann unterschiedslos gegen das gesamte Establishment, das sich nicht um den kleinen Mann kümmert. Da werden Meinungen und Vorurteile gegen die Elite in Washington bestätigt. Der Zuschauer wird nicht zum Nachdenken aufgefordert und es gibt auch keine, die eigene Weltsicht in Frage stellende Erkenntnisse.
Der Titel „Fahrenheit 11/9“ ist selbstverständlich eine Anspielung auf seinen erfolgreichen Film „Fahrenheit 9/11“ (über den Anschlag auf das World Trade Center und die Folgen). Wer sich mit Michael Moore so richtig amüsieren will, sollte sich seinen vorherigen Film „Where to invade next?“ (USA 2015) ansehen. Dafür besuchte er viele europäische Länder und suchten nach Ideen, die die USA übernehmen könnte. Er fand glückliche Arbeiter, mit bezahltem Urlaub und Weihnachtsgeld, Arbeitgeber, die ihren Arbeitern das freiwillig geben, Schüler, die leckeres Essen bekommen und Studierende, die sich für ihr Studium nicht haushoch verschulden müssen. Während Michael Moore ungläubig lauschte, kam ich aus dem Lachen nicht mehr heraus. Denn eigentlich alles, was Moore entdeckte und für gut befand, ist für uns Europäer als Teil des Sozialstaats selbstverständlich. Dieser Film ist heute noch so aktuell wie damals. Das kann über „Fahrenheit 11/9“ so nicht gesagt werden.
Fahrenheit 11/9 (Fahrenheit 11/9, USA 2018)
Regie: Michael Moore
Drehbuch: Michael Moore
mit Michael Moore, Donald Trump, Barack Obama, Katie Perry
Mission Wahrheit – Die New York Times und Donald Trump(The Fourth Estate, USA 2018)
Regie: Liz Garbus
Drehbuch: Liz Garbus
Vierteilige, gut vierstündige Doku-Miniserie, die im Mai und Juni auf Showtime lief. Arte zeigt die gesamte Serie an einem Abend. Garbus begleitete nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA die Reporter der New York Times bei ihrer Arbeit und unterhielt sich mit ihnen darüber. Ein spannender Einblick in die Arbeit einer Tageszeitung.
Vor über einem Jahr hätte ich James Comey ausführlich vorstellen müssen. Dann wurde er am 9. Mai 2017 von US-Präsident Donald Trump auf eine sehr schäbige, weltweit beachtete Weise entlassen.
Davor war der via Fernsehen geschasste, von Barack Obama berufene FBI-Direktor Comey, falls man nicht in den USA lebte oder sich brennend für die US-Politik interessiert, nur im Zusammenhang mit den Ermittlungen des FBI gegen Hillary Clinton über ihren unsachgemäßen E-Mail-Gebrauch bekannt. Der Vorwurf wurde vor allem von den Republikanern breit skandalisiert. Am 5. Juli 2016 verkündete Comey öffentlich die Einstellung der Ermittlungen. Wenige Tage vor dem Wahlsonntag verkündete er, aufgrund neuer Erkenntnisse, die Wiederaufnahme und kurz darauf, immer noch vor dem Wahlsonntag, die endgültige Einstellung des Verfahrens. Beides wurde von einem gewaltigen Medienrummel und Wahlkampfgetöse begleitet.
Diese Geschichte hat jetzt ein offizielles Ende. Am 14. Juni 2018 veröffentlichte der Generalinspekteur des Justizministeriums einen fünfhundertseitigen Bericht, der Comey von einer politischen Motivation freisprach. Die Ermittlungen seien konform zu den bestehenden Regeln geführt worden. Aber Comey sei bei seinem Umgang mit der Öffentlichkeit von Standards und geltenden Prozeduren des FBI und des Justizministeriums abgewichen. LINK
In seinem Buch „Größer als das Amt: Auf der Suche nach der Wahrheit – Der Ex-FBI-Direktor klagt an“ schildert Comey ausführlich seine Motive und auch etliche Hintergründe zu den FBI-Ermittlungen gegen Hillary Clinton, die sich zu dem Zeitpunkt um das Amt des US-Präsidenten bewarb. Die Versuche Russlands, die US-Wahl zu beeinflussen, erwähnt Comey kurz und ohne irgendwelche Geheimnisse, die Ermittlungen gefährden könnten, zu verraten. Als Zeitungsleser ist man da schon seit Monaten besser informiert.
Comey schildert auch ausführlich seine Begegnungen mit Donald Trump. Comey traf Trump zum ersten Mal nach der Präsidentenwahl. Und wer seit November 2016, als Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde, die Medien aufmerksam verfolgte, wird auf diesen Seiten nichts Neues erfahren.
Überraschend ist Comeys Beobachtung, dass ihn Trump und seine Entourage an die New Yorker Mafia der achtziger Jahre erinnert. Damals verdiente Comey sich seine ersten Sporen als Staatsanwalt bei Verfahren gegen Mafiosi. Dieser ziemlich kurze Einblick (für mich hätte er darüber bis zum Start von „Gotti“ [noch kein deutscher Starttermin] ganze Bücher füllen können) und seine Erinnerungen an seine Zeit als United States Deputy Attorney General, was ihn zum Stellvertretenden Justizminister und zweithöchsten Beamten im Justizministerium machte, füllen weniger als die Hälfte des Buches. Comey war vom 9. Dezember 2003 bis zum 15. August 2005 Stellvertretender Justizminister. Damals war George W. Bush Präsident. In seiner Amtszeit beschäftigte Comey sich mit dem NSA-Abhörprogramm „Stellar Wind“ und der Foltererlaubnis, die nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 bewilligt und geheim gehalten wurden. Beides wurde, als Comey sein Amt erhielt, schon lange praktiziert. Beides lehnte er ab. Beide Male hielt er die juristischen Gutachten, die sich für die Maßnahmen aussprachen, für schlechte Gefälligkeitsgutachten. Außerdem hatte er als Staatsanwalt bei der Frage, wie man Verdächtige auch ohne Folter zu Geständnissen bewegt, reichhaltige Erfahrungen aus seiner New Yorker Zeit.
Diese Episoden illustrieren seine großen Themen: die Frage, nach der richtigen Führung und die nach der richtigen Entscheidung, die von bleibenden Werten bestimmt werden. Dabei versteht Comey, der fast sein gesamtes Berufsleben im Staatsdienst verbrachte, sich als Beamter, der eine Institution vertritt und diese Institution, ihre Werte und die Werte der Gesellschaft müssen geschützt werden. Sie sind größer als die Person, die das Amt für eine bestimmte Zeit bekleidet. Dabei zieht Comey einen klaren Strich zwischen der apolitischen, sich nur nach dem Gesetz richtenden, diese objektiv und ohne Ansehen der Person anwendenden und von politischen Begehrlichkeiten freien Arbeit der Institutionen und der Politik, die Recht und Regeln je nach Opportunität anwendet. Das ist eine etwas unterkomplexe Sicht der Welt, die dazu führt, dass Verwaltung, Politik und Gesellschaft klar voneinander getrennt sind und sich nicht beeinflussen. In dieser Welt liefert die Verwaltung der Politik die objektiven Ratschläge.
Comey inszeniert sich als gänzlich unpolitischen Menschen. Als einen Staatsdiener, der den Auftrag der von ihm vertretenen Institution möglichst umfassend vertreten will. Dass er im Wahlregister bis 2016 als Republikaner eingetragen war, erwähnt er in einem Nebensatz. Dass er Geld für die Kampagnen der republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain und Mitt Romney spendete, erwähnt er nicht. Dass die meisten FBI-Agenten konservative, weiße Männer sind und er als FBI-Direktor versuchte, das zu ändern, erwähnt er. Dass die USA eine zutiefst rassistische und gespaltene Gesellschaft ist, erwähnt er dagegen höchstens in einem Halbsatz. So als hätte das keinen Einfluss auf die Arbeit von Justiz und Polizei.
Dafür geht er ausführlicher auf die Frage ein, wie gute Führung aussieht, welche Führungscharaktere seine verschiedenen Vorgesetzten (u. a. Rudy Guiliani) waren und wie er Teams und Organisationen führte. Comey plädiert dabei klar eine ethische Führung, in der der Chef durch sein Vorbild führt. Als er Trump das erste Mal trifft, bemerkt er: „Der ‚Führer der freien Welt‘, der selbst ernannte großartige Business-Tycoon, hatte das Kernprinzip von ethischer Führung nicht verstanden: Sie wird nie Loyalität verlangen. Nur diejenigen, die mit Furcht herrschen – wie ein Mafiaboss -, fordern persönliche Loyalität. Moralisch integre Führungspersönlichkeiten sorgen sich zutiefst um diejenigen, die sie führen und bieten ihnen Aufrichtigkeit und Anstand, Engagement und eigene Opfer. Sie setzen Vertrauen in ihre Leute, und das erzeugt Ergebenheit. Sie kennen ihr Talent, aber auch ihre Grenzen – wenn es darum geht, zu verstehen und zu argumentieren, darum, die Welt so zu sehen, wie sie ist, nicht wie sie sie gerne hätten. Sie sagen die Wahrheit und wissen, dass man, um kluge Entscheidungen zu treffen, Menschen braucht, die einem die Wahrheit sagen. Und damit sie diese Wahrheit zu hören bekommen, erzeugen sie eine Umgebung mit hoher Motivation und gründlicher Überlegung – ‚Liebe‘ ist dafür kein zu großes Wort. In so einer Umgebung entstehen dauerhafte Bindungen, und außergewöhnliche Errungenschaften werden möglich. Mit ethischem Führungsstil ist es nicht vereinbar Loyalität zu fordern.“
Dieses Konzept, das sich als roter Faden durch das Buch zieht und das Comey an mehreren Stellen ausführlicher erläutert, ist der vollständige Gegenentwurf zur Trumpschen Führung – und Comey bringt dieses Konzept an, um Trump allein schon auf dieser Ebene maximal zu – – – ähem, vollkommen nachvollziehbar aufzuzeigen, dass Donald Trump vollkommen ungeeignet für das Amt ist. Und auch ungeeignet ist, um irgendein Unternehmen, das mehr als eine Handvoll Mitarbeiter hat, zu leiten.
Comeys Buch „Größer als das Amt“ fügt den schon jetzt bekannten Fakten einige, eher unbedeutende Facetten hinzu und es ist ein Loblied auf den braven Beamten. Im Mittelpunkt des Buches steht dabei seine Zeit als FBI-Direktor. Sie nimmt über die Hälfte des Buches ein. Seine Zeit als Stellvertretender Justizminister nimmt weitere siebzig Seiten des 384-seitigen Buches ein.
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James Comey: Größer als das Amt: Auf der Suche nach der Wahrheit – Der Ex-FBI-Direktor klagt an
(übersetzt von Pieke Biermann, Elisabeth Liebl, Werner Schmitz, Karl Heinz Siber und Henriette Zeltner)
Droemer, 2018
384 Seiten
19,99 Euro
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Originalausgabe
A higher Loyalty. Truth, Lies, and Leadership
Flatiron Books, New York, 2018
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Die schon länger ausverkaufte Lesung
James Comeys Lesung am Dienstag, den 19. Juni 2018, um 20.00 Uhr im Kino International (Karl Marx Allee 133, Berlin) wird als „einzige öffentliche Veranstaltung“ angekündigt und sie ist schon seit Tagen ausverkauft. Sie wird vom Droemer Verlag, den Yorck Kinos, der American Academy und der Wochenzeitung „Die Zeit“ präsentiert. Die Zeitung bietet auch einen Livestream an; – falls man sich nicht doch auf den Weg zum Veranstaltungssaal begeben oder immer wieder versuchen will, ob es nicht doch einige zurückgegebene Karten gibt.
Normalerweise ist das ein Buch, das man schulterzuckend ins Regal stellt. Immerhin muss man sich die Reden nicht im Internet zusammensuchen, sondern hat hier wichtige Reden einer Person gesammelt. Irgendwann holt man es vielleicht hervor, weil man ein Zitat benötigt. Aber ansonsten sind die Reden von Politikern, wenn man sich nicht wissenschaftlich damit beschäftigen muss, spätestens nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt Altpapier.
Normalerweise.
Aber im Moment leben wir nicht in normalen Zeiten.
Deshalb werden die Reden von Barack Obama, dem vorherigen US-Präsidenten, im Moment täglich wichtiger. Sie zeigen nämlich in jedem Satz, wie groß der Unterschied zwischen ihm und seinem Nachfolger ist. Der notorische Lügner, halbstarke Chaot und erklärte Militarist Donald Trump (ohne Kampferfahrung) redet von „America First“, zeichnet (fernab aller Fakten) die USA als ein Land im Bürgerkrieg und denkt, Amerika wieder (?) groß zu machen, indem er alles alleine tut. Im besten Fall führt sein erratisches Gerede dazu, dass es bei seinem Abgang nur der USA in jeder Beziehung schlechter geht.
Barack Obama sprach in seinen Reden auch von den Problemen, vor denen die USA und die Welt stehen und der Rolle, die die USA übernehmen müsse.
Wenn man mehrere der in „Worte müssen etwas bedeuten – Seine großen Reden“ von Birgit Schmitz zusammengestellten Reden, die Obama zwischen 2004 und 2016 an verschiedenen Orten auf dem Globus hielt, durchliest bemerkt man schnell immer wieder auftauchende Themen: der Glaube an den amerikanischen Traum und die liberale Gesellschaft, die Kraft von Ideen und Menschen, die die Welt zu einem besseren Ort machen wollen, die wichtige Rolle der Zusammenarbeit von Menschen und Staaten für eine bessere Welt und Glaube an die fundamentale Gleichheit aller Menschen. Obama betont immer das Verbindende und stellt es immer in den Zusammenhang einer globalen Politik für eine friedlichere Welt und dem Erhalt der Welt für die nachfolgenden Generationen.
Das sind selbstverständlich keine wirklich in die Tiefe des philosophischen und politikwissenschaftlichen Denken gehenden Reden, in denen mit Zitaten und Namen um sich geworfen wird, sondern eher grundvernünftige, alltagstaugliche Auslegungen christlicher und philosophischer Gedanken, die auch, zum Beispiel in seiner Rede zum Empfang des Friedensnobelpreises zeigen, in welchem Zwiespalt der Präsident des mächtigsten Landes der Erde bewegt. Denn er ist auch oberster Befehlshaber des Militärs.
Die Reden sind auch das vollständige Gegenprogramm zu dem jetzigen US-Präsidenten.
Ungefähr auf jeder Seite steht etwas, das man Donald Trump als Spruch an die Wand nageln möchte. Zum Beispiel: „Würde ist der grundlegende Gedanke, dass wir aufgrund dessen, dass wir alle Menschen sind, alle gleich geboren und von der Gnade Gottes berührt sind, unabhängig davon, wo wir herkommen oder wie wir aussehen. Jeder Mensch ist wertvoll. Jeder Mensch ist wichtig. Jeder Mensch verdient es, mit Anstand und Respekt behandelt zu werden. Die längste Zeit der Geschichte haben die Menschen das nicht erkannt. Würde war etwas, das hochrangigen und privilegierten Menschen, Königen und Respektspersonen vorbehalten war. Es war eine jahrhundertelange Revolution des Geistes notwendig, um uns die Augen zu öffnen, dass jeder Mensch eine Würde hat. Auf der ganzen Welt haben Generationen darum gekämpft, diesen Gedanken durch Gesetze und Institutionen in die Praxis umzusetzen.“
In dem Sammelband „Worte müssen etwas bedeuten“ hat Birgit Schmitz 25 Reden von Barack Obama und eine von seiner Frau Michelle Obama zusammengestellt. Es handelt sich um ihre um die Welt gegangene, vielzitierte und hochgelobte „Wenn die anderen ihre schlechteste Seite zeigen, zeigen wir unsere beste“-Rede während Hillary Clintons Wahlkampf am 13. Oktober 2016 in New Hampshire über die frauenfeindlichen Äußerungen von Donald Trump.
Leider gibt es zu den Reden keine weiteren Erklärungen und Einordnungen. Es fehlt ein Essay über Obamas Leben und Wirken und warum gerade diese Reden ausgewählt wurden. Es fehlen erklärende Worte zu den Reden, die über eine Nennung vom Ort und Tag hinausgehen. Das liest sich dann so: „Rede für eine atomwaffenfreie Welt, Prag, 5. April 2009“ oder „Rede anlässlich des Attentats auf einen Nachtclub in Orlando, Florida, Washington, 12. Juni 2016“.
Bei einigen Reden, wie seine Reden zum Wahlsieg der Präsidentschaftswahlen am 4. November 2008 und, zu seiner Wiederwahl, am 7. November 2012, in Chicago, seine Amtsantrittsrede am 20. Januar 2009 in Washington, seiner Rede zum Erhalt des Friedensnobelpreises am 10. Dezember 2009 in Oslo, zum 50. Jahrestag der Protestmärsche von Selma nach Montgomery in Selma, Alabama am 7. März 2015, ist dies selbsterklärend.
Bei anderen Reden, wie der zum Millenniumsgipfel der Vereinten Nationen am 22. September 2010 in New York (Wer kann ad hoc erklären, was auf dem Gipfel besprochen wurde und warum er wichtig ist?) oder der Eröffnungsrede der Weltklimakonferenz COP21 am 30. November 2015 in Paris oder seine „Rede beim Besuch auf Kuba“ in Havanna am 22. März 2016 oder zu verschiedenen Schießereien (Tuscon, Arizona, am 12. Januar 2011; Newton am 16. Dezember 2012, zum Attentat auf einen Nachtclub in Orlando, Florida, am 12. Juni 2016 und, wenige Tage später, in Dallas am 12. Juli 2016) hätte eine kleine Einsortierung, vielleicht auch eine kleine Wirkungsgeschichte (ich rede hier eher von einer halben als von zwei Seiten) gut getan.
Trotzdem ist „Worte müssen etwas bedeuten“ ein sehr lesenswertes und auch Trost spendendes Buch, das auf jeder Seite zeigt, dass eine andere Welt möglich ist.
Inzwischen haben Historiker die Präsidentschaft von Barack Obama in einer ersten Einschätzung als die zwölftbeste aller Zeiten einsortiert. Wenn die Beziehung zwischen dem Weißen Haus und dem Kongress besser gewesen wäre, hätte er sogar eine noch bessere Platzierung erhalten: „Obama received high marks from presidential historians for his pursuit of „equal justice for all“ and for his commanding „moral authority,“ ranking third and seventh among all former presidents in each respective category. The 44th president also cracked a top 10 ranking for his „economic management“ and public persuasion.“
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Barack Obama: Worte müssen etwas bedeuten – Seine großen Reden
Präsident Donald Trump (USA 2017, Regie: Michael Kirk)
Drehbuch: Michael Kirk, Mike Wiser
Fünfzigminütige brandaktuelle Doku über den nach aktuellen Umfragen unbeliebtesten US-Präsidenten vor Amtsantritt. Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen hat er auch nicht erhalten.
Arte über die Doku (die es bis zum 16. Febuar auch in der Mediathek gibt): „Filmemacher Michael Kirk zeichnet in seinem Porträt „Präsident Donald Trump“ die privaten und beruflichen Momente aus Trumps Leben nach, die bis jetzt keinen Platz in den großen Schlagzeilen fanden. Er beleuchtet Trumps Kindheit in Queens, seine Erfolge und Niederlagen als Geschäftsmann, Casinobesitzer und Reality-TV-Star. Aufzeichnungen aus dem Macht-Duell gegen Clinton enthüllen die Strategien, mit denen der politische Newcomer innerhalb kürzester Zeit die Mehrheit der Wähler für sich gewinnen und seine Rivalin ausstechen konnte.“