Ein Becken voller Männer(Le grand bain, Frankreich 2018)
Regie: Gilles Lellouche
Drehbuch: Gilles Lellouche, Ahmed Mamidi, Julien Lamroschini
Der dauerkrankgeschriebene antriebslose Bertrand schließt sich einer Gruppe vor sich hin dilettierender Synchronschwimmer an. Das ändert sich, als sie an der Weltmeisterschaft teilnehmen wollen.
TV-Premiere. Bekannte Geschichte, anderes Land. In der französischen Variante von „Männer im Wasser“ und „Swimming with Men“ (oder, wenn wir das Wasser verlassen, „Ganz oder gar nicht“) wird die flott erzählte Geschichte mit einer Top-Besetzung mehr dramatisch und melancholisch als witzig durchgespielt.
Habe ich den Film nicht schon einmal gesehen? Und ist es nicht, wieder einmal, „Ganz oder gar nicht“ unter Synchronschwimmern?
Irgendwie schon. „Ein Becken voller Männer“ erzählt die Geschichte von Bertrand (Mathieu Amalric), der an einer ausgewachsenen Midlife Crisis leidet. Er ist seit Ewigkeiten arbeitslos, schluckt Antidepressiva und hängt meistens deprimiert und antriebslos in der Wohnung herum. Niemand will etwas von ihm und niemand möchte ihm einen Job geben. Immerhin liebt ihn seine Frau.
Eines Tages entdeckt er einen Zettel, mit dem eine Synchronschwimmer-Gruppe nach neuen Mitgliedern sucht. Irgendetwas spricht ihn an und er wird Mitglied der städtischen Synchronschwimmer-Mannschaft. Sie besteht aus mittelalten Männern, die sich zwar redlich, aber glücklos bemühen, so etwas wie eine stimmige Performance zu kreieren. Trotzdem entschließen sie sich, an einer Meisterschaft teilzunehmen.
Davor müssen sie, was sie bis jetzt nicht taten, zielstrebig trainieren. Denn bis zu der Schnapsidee mit der Teilnahme an der Weltmeisterschaft waren die Treffen zum Synchronschwimmen für sie eine angenehm ambitionslose Ersatzfamilie, in der sie sich vorbehaltlos akzeptierten und über bestimmte Dinge nicht gesprochen wurde. Denn sie sind alle an ihren hochfliegenden Träumen gescheitert. So sieht der eine sich immer noch als erfolgreichen Unternehmer, während er ständig Ärger mit der Bank hat. Der andere träumt immer noch von einer Karriere als Rockmusiker, während er in einer Kantine arbeitet und in einem Wohnwagen lebt.
Diese Synchronschwimmermannschaft wird unter anderem von Mathieu Amalric, Guilaume Canet, Benoit Poelvoorde und Jean-Hugues Anglade gespielt. Und allein diese hochkarätige Besetzung ist einen Blick wert.
Die ordentlich flott erzählte Geschichte nimmt sich viel Zeit für ihre Charaktere. Sie bewegt sich dabei, mehr dramatisch und melancholisch als witzig, in den etablierten Bahnen zum Finale. Bei dem erstaunt dann vor allem die Leistung der Provinz-Synchronschwimmer-Mannschaft, die wir bis dahin ins Herz geschlossen haben und die sich bis dahin kaum über Wasser halten konnte. In diesem Moment wachsen sie, angesichts der ihnen haushoch überlegenen Konkurrenz, über sich hinaus.
Der Feelgood-Ensemblefilm „Ein Becken voller Männer“ ist das Solo-Regiedebüt von Gilles Lellouche. Er war Co-Regisseur und Autor von „Die wunderbare Welt des Gustave Klopp“ und „Männer und die Frauen“. Außerdem ist er Schauspieler. In den Krimis „Der Unbestechliche – Mörderisches Marseille“ und „Point Blank – Aus kurzer Distanz“ (der Film erhält gerade ein US-Remake) übernahm er Hauptrollen.
Angesichts der derzeitigen Temperaturen ist „Ein Becken voller Männer“ besonders empfehlenswert. Immerhin entführen diese schwimmenden Männer einen über zwei Stunden in einen dunklen, angenehm kühlen Saal.
Ein Becken voller Männer (Le grand bain, Frankreich 2018)
Regie: Gilles Lellouche
Drehbuch: Gilles Lellouche, Ahmed Mamidi, Julien Lamroschini
mit Mathieu Amalric, Guilaume Canet, Benoit Poelvoorde, Jean-Hugues Anglade, Virginia Efira, Leila Bekhti, Marina Fois, Philippe Katerine, Félix Moati, Alban Ivanov
Leila freut sich auf die Rückkehr ihres Bruders Mahmoud aus dem Jemen. Sie kann ihm ihren neuen Freund Armand vorstellen und erzählen, dass sie demnächst ein Praktikum bei den Vereinten Nationen in New York absolvieren wird. Und er kann ihr von seinen Erlebnissen im Jemen erzählen.
Dummerweise kommt er mit einer massiven religiösen Klatsche zurück. Vor seiner Reise war Mahmoud ein normaler französischer Moslem, der nach dem Tod ihrer Eltern die Rolle des Familienoberhaupts für Leila und ihren jüngeren Bruder übernommen hat. Jetzt hat er nicht nur den Bart eines religiösen Fanatikers, sondern auch dessen Ansichten. Als erstes verbrennt er Leilas Reisepass. Danach verdonnert er sie zum Hausarrest und zu einem streng religiösen Leben.
Armand, Sohn intellektueller, vor der Revolution aus dem Iran geflüchteter und immer noch linkspolitisch hoch engagierter Eltern, ist verzweifelt. Aber einer der zahlreichen Flüchtlinge, die er und seine Mitkommilitonen in ihren Asylrechtsverfahren beraten, bringt ihn auf die Idee: als Frau verkleidet kann er seine Geliebte besuchen. Gesagt, getan: in einem Niqab besucht er Leila. Er behauptet, ihre Mitstudentin und beste Freundin Scheherazade zu sein.
Mahmoud, der alles für ein gottgefälliges Leben tut, verliebt sich sofort und unsterblich in die scheue Scheherazade, die all seine Avancen ablehnt.
„Voll verschleiert“ ist eine durchaus sympathische Komödie, in der Moslems und der Islam nicht als das Reich des Bösen erscheinen. Man lacht mit ihnen und nicht über sie. Es ist allerdings auch eine Komödie, die immer dann, wenn sie sich zwischen satirischer Zuspitzung und boulevardeskem Klamauk entscheiden muss, für das Boulevard entscheidet. Das ist dann so harmlos wie „Charleys Tante“, während man auf ein „Alles koscher“ (oder mehr) hofft.
Voll verschleiert (Cherchez la Femme, Frankreich 2016)
Regie: Sou Abadi
Drehbuch: Sou Abadi
mit Félix Moati, Camelia Jordana, William Lebghil, Anne Alvaro, Carl Malapa, Laurent Delbecque, Oscar Coop, Oussama Kheddam, Walid Ben Mabrouk, Miki Manojlovic